Samstag, 30. Oktober 2010

Casa de Ciclista, Trujillo

Wie schon im letzten Bericht erwähnt, wohnen wir jetzt für ein paar Tage bei Lucho (Luis Ramirez d'Angelo) in der berühmten ersten und originalen Casa de Ciclistas in Trujillo.

Casa de Ciclista oder Casa de Amistad in Trujillo.

Ich muss zugeben, als ich auf diese Reise aufgebrochen bin, wusste ich von dieser Casa de Ciclistas noch nichts. Shame on me! Die Casa war aber etwas vom ersten, das von anderen Velofahrern erwähnt und empfohlen wurde, so dass sich mein Südamerika-Velofahrer-Allgemeinwissen bald auf dieses Must-Know erweiterte. Klar, als wir von in Argentinien und Chile waren, war dieser Velofahrer-Treff hier noch eher Theorie, das würde schliesslich Monate dauern, bis wir da ankamen.

Inzwischen haben wir es jedoch geschafft. Dank Luchos Wegbeschrieb und der Hilfsbereitschaft der Leute sind wir auch nicht lange Irrwege gefahren, sondern haben unser Ziel im chaotischen Grossstadtverkehr prompt gefunden. Totzt Beerdigung war der Empfang durch Luchos Familie herzlich. Inzwischen haben wir uns eingelebt und Lucho näher kennengelernt als er uns vor ein paar Tagen nach Chan Chan, einem riesigen archeologischen Komplex, lotste. Diese sehr persönliche Betreuung lässt einen nicht spüren, dass Martina und ich Ciclistas Nr. 1409 und 1408 sind. Lucho hat mir auch einen neuen Rückspiegel aufgetrieben, meinen alten hatte ich im Parque Nacional Huascarán verloren. Auch hat er versprochen, unsere Räder einer Spezialreinigung zu unterziehen, was ganz bestimmt nicht schaden kann.

Martina, ich und Lucho, im Hintergrund Chan Chan.

Die vielen hundert VelofahrerInnen, die vor uns da waren, haben fünf Gästebücher gefüllt, Nr. 6 ist auch schon fast voll. Für mich speziell interessant sind die Einträge von Ciclistas, die ich z.T. schon vor Monaten getroffen habe, sie auf dem Weg nach Ushuaia, ich von dort kommend. Oder die von anderen, ebenfalls nordwärts reisenden, die ich irgendwo getroffen habe, die nun aber schon viel weiter sind. Neben all diesen Normalos unter den Langzeitfahrern, haben hier auch richtige Legenden gewohnt, wie z.B. der Deutsche Heinz Stücke. Dieser Rekordhalter ist seit 1962 auf einem 3-Gang-Velo unterwegs, hat 192 Länder besucht und scheint keine Absicht zu haben, demnächst seine Reise zu beenden.

"Digitale" und "Analoge" Flamingos in Chan Chan.

Ausstattungsmässig ist die Casa sehr einfach. Es gibt zwei Zimmer für Ciclistas, eine kalte Dusche und ein Klo mit Wassertonnen-Spülung. Ich habe auch schon gehört, dass Velofahrer nicht kamen, da die Casa "in a dodgy part of town" sei. Also, sonderlich dodgig fühlen wir uns nicht, die Lage ist optimal 2 Minuten von einem Mercado entfernt. Klar, man geht nicht hierher, wenn man Luxus sucht. Man kommt hierher, weil der Austausch mit anderen Velofahrern interessant und informativ ist, und weil Lucho ein Supertyp ist, ein Original, den man einfach treffen muss.

Ausser Lucho haben wir hier natürlich noch andere, z.T. sehr spezielle Leute kennengelernt. Als wir ankamen, waren da schon Mauricio aus Kolumbien und seine mexikanische Freundin Luana, für unsere Massstäbe eher unkonventionelle Ciclistas. Beide haben recht normale Velos mit ebenso normalen Plastikkörben vorne und hinten draufgeschnallt. Sie sichern sich ihr Überleben mit Verkauf von Schmuck, Singen, Musizieren und Jonglieren auf der Strasse. Bestimmt der kreativere Lebensstil als wir normale Gringas.

Einen Tag nach uns angekommen ist Ruben Dario, ebenfalls aus Kolumbien. Ruben Dario ist mindestens einen Kopf kleiner als ich und fährt ein winziges Kindervelo. Kaum zu glauben, dass er damit von Bogatá hierher gefahren ist, und noch unglaublicher, er besitzt weder Pass noch ID oder sonst irgendwelche Papiere! Klar, alle halten ihn für einen Spinner und damit scheint er recht weit zu kommen.

Lua, Lucho Martina, Mau, Ruben Dario, Lance (Luchos Sohn) und ich.

Inzwischen ist auch noch Michela aus Italien in der Casa, eine französische Familie mit zwei Mädchen, 8- und 3-jährig, die nach einem Unfall notfallmässig nach Trujillo gekommen sind und denen es jetzt wieder gut geht, und seit heute eine weitere Familie mit zwei 15 und 13 Jahre alten Jungs. Ziemlich Full House, ist aber unterhaltsam und interessant.

Martina und ich werden auch länger als geplant hier bleiben da Lucho mich zur Teilnahme an einem Halbmarathon am 7. November "überredet" hat (als ob das schwierig gewesen wäre). Habe also gestern ein Paar Laufschuhe gekauft, für 160 Soles (ca. CHF 55) und bin eine halbe Stunde Joggen gegangen. Lief eigentlich nicht schlecht wenn man bedenkt, dass ich seit 11 Monaten kaum mehr einen Schritt gerannt bin. Mal schauen, wie fit ich mich in einer Woche kriege...

So sehen teure Salomon-Schuhe nach 11 Monate gebrauch aus,
wurde auch Zeit für einen Ersatz.


1 Kommentar:

  1. Viel Glück beim Halbmatathon! Hier wird für Chlauslauf und Silvesterlauf trainiert. Und daas mehr als nur eine Woche. Aber ob die Resultate besser sein werden?!
    Liebe Grüsse aus Bonstetten
    deine Familie

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