Samstag, 18. Juni 2011

Cartagena - Panama City: Kuna Yala und Irrsinn in Panama

Nun, der Freitag hätte eigentlich ein ruhiger letzter Tag in Kolumbien werden sollen. Diese Absicht wurde mir aber von meiner EC-Karte zunichte gemacht, die, nach nur ganz wenigen Wochen in Gebrauch, schon wieder den Geist aufgab. Ich wollte Geld für das Schiff abheben, als der Automat mir mitteilte, dass meine Karte verkehrt herum im Schlitz stecke. Das war nachweislich falsch, also habe ich es wieder und wieder versucht, aber erfolglos. Der einzige Effekt war, dass ein anderer Spruch gekommen ist, der besagte, dass die Karte nicht gelesen werden konnte. Versuche bei einer anderen Maschine oder anderen Bank brachten keinen Erfolg. Das war natürlich extrem frustrierend. Die blöde Karte hatte schon von Beginn weg gezickt, bem zweiten Versuch konnte sie aber jeweils gelesen werden. Und gerade jetzt, wo ich dringen einen Haufen Geld bauchte, lief gar nichts mehr. Ziemlich sauer wollte ich meine Bank anrufen und stellte dabei (zum zweiten Mal) fest, dass die Notrufnummer der ZKB in Kolumbien nicht funktioniert. Ach hier habe ich es bei zwei verschiedenen Telefonen probiert, der Erfolg war absolut gleich 0. Was übrig blieb, war, ein Mail nach Hause schicken (anrufen ging nicht, es war niemand da), das Problem schildern und hoffen, dass Papi zweites Mal bereit sein wird, mir eine neue Karte zu besorgen und sie mir zu schicken. Zum Glück hatte ich aber noch eine Kreditkarte, mit der man auch an Kohle rankommt, auch wenn doppelt so teuer.

Am Nachmittag gingen wir nochmals in die Caribe Plaza, eine grosse, schön kühle Mall, wo es einen Crepes & Waffers Laden hat. Dort gibt es Helados, die mit den besten europäischen Glacés mithalten können. Und wir konnten eine Weile aufatmen. Die letzten paar Tage in Cartagena waren so heiss gewesen, dass wir nachts kaum mehr schlafen konnten. Um fünf Uhr brachten wir Velos und Gepäck wie mit Kapitän Ludwig verabredet zur Anlegestelle, so dass das alles schon am Vorabend der Abfahrt auf der Stahlratte verstaut werden konnte.

Am Samstag Morgen um 9 Uhr war "Boarding Time". Als wir beim Steg warteten, brachte Ludwig die Passagiere eines gerade ankommenden Schiffes an Land und wir trafen eine Deutsche Radlerin, Silke, die alleine unterwegs ist. Da sie gerade aus Mittelamerika gekommen war und wir an News von dort besonders interessiert waren, mussten wir natürlich etwas quatschen. Bald schon mussten wir aber ins Böötli steigen und uns zur Stahlratte kutschieren lassen. Dort wartete schon das Frühstück auf uns, und was für eins!!! Da gab es eine riesige Schüssel Fruchtsalat, plattenweise Käse, Gurken, Tomaten, Schinken, Salami, frische, noch warme Baguetts, Nutella, kurz, alles, was man sich irgendwie wünschen oder was man von zu Hause vermissen könnte. Und das sollte sich noch drei weitere Male wiederholen. Unglaublich!!!

Etwa um 10 Uhr hatten wir die "Starterlaubnis" gekriegt und wir fuhren los. Ich hatte die Karte nicht so genau im Kopf gehabt und es war mir nicht bewusst gewesen, dass wir so lange unterwegs sein würden, bis wir durch die letzte Meeresenge endlich aufs offene Meer hinauskamen. Bevor das gelang, mussten wir ein letztes Mal zwischen zwei Fortalezas hindurch, die den Hafen bewachten. Da war mir schon schleierhaft, wie da Piraten je reingekommen sind, wenn man sie hier ins Kreuzfeuer hatte nehmen können. Vielleicht wurden die Festungen aber auch erst gebaut, nachdem die Stadt ein paar Mal überfallen worden war.

Festung schützt Hafeneinfahrt von Cartagena.


Noch vor dem hammergeilen Frühstück suchten wir uns eine Koje aus und hatten Glück, diese hier zu erwischen. Wir hatten zwei Einzelbetten zugesichert bekommen, dies waren aber die einzigen zwei, die auch wirklich separat waren und ein "Viererzimmer" mit fremden Männern zu teilen, wenn man hitzebedingt fast nackt schlafen möchte, wäre nicht optimal gewesen.

Unsere Koja auf der Ratte.

Einmal mehr passierte nicht sonderlich viel. Wir fuhren den ganzen Tag mit Motor, da um diese Jahreszeit kaum Wind herrscht. So viel zum Thema "Segel"schiff. Am nächsten Morgen stand ich extra früh auf, um den Sonnenaufgang bewundern zu können. Da der Horizont ziemlich dunstig war, war das nicht gerade überwältigend. Ich schnappte mir ein Buch der umfangreichen Bibliothek und verzog mich bald ins Schiffsinnere. Draussen wurde mir zuviel geraucht (von Passagieren und Crew) und zeitweise regnete es auch. So verpasste ich fast unsere Ankunft in Coco Bandero, inzwischen war ich nämlich eingeschlafen. Das hat dann aber ungefähr so ausgesehen:

Aussicht durch's Bullauge.

Das heisst, in Realität regnete es gerade und es war unangenehm kühl. Da wir aber der Ansicht waren, dass, wenn wir schon hier wären, wir auch baden gehen müssten, zogen wir uns um und juckten ins Meer. Der erste Eindruck war, dass das Wasser viel salziger war als in Cartagena, der zweite Eindruck war, dass das Wasser wärmer war als die Luft. Wir schwammen mal kurz zur einen, dann zur anderen Insel, die nahe beieinander lagen. Die Ratte hatte dazwischen geankert. Eigentlich wäre grillen am Strand geplant gewesen, der Regen vermieste den Spass aber, so assen wir eben auf dem Schiff.

Später in am Abend klarte der Himmel auf und die Crew verschiffte eine Menge Bier, Rum und was auch immer auf die Insel, damit wenigstens das Strandbesäufnis noch stattfinden konnte. Da wir in der ersten Nacht auf dem Schiff wenig geschlafen hatten und müde waren, hatten Martina und ich erst nicht so Lust, da hinzugehen. Andererseits klang ein kleiner Schwumm in der Nacht ganz verlockend uns so schlüpften wir nochmals in die Badekleider und sprangen ins schwarze Wasser und padelten zur Insel rüber. Da Besäuffnisse, weder am Strand noch sonst irgendwo so ganz meine Sache sind, haben wir uns mehr oder weniger bald wieder. Diese Nacht wollte ich auf dem Deck schlafen, suchte mir also eine Matte, Kissen und Leintuch. Das war so zwar schön kühl, dafür gab es diverse Störungen, wie ein paar Regentropfen und die anderen Partyfritzen, die um 3 Uhr vom Strand zurückkamen. Nicht mal der nächste Sonnenaufgang war es wert, früh aufzustehen.

Coco Bandero, Kuna Yala (San Blas).

Wir blieben den ganzen Tag am selben Ort vor Anker. Martina und ich schwammen zu einer anderen, etwas weiter entfernten, ganz kleinen Insel, auf der ur zwei Palmen wuchsen. Trotzt Schnorchelausrüstung gab es im Wasser nicht viel zu sehen und meine Maske leckte und nervte ganz extrem. Da ich mein zweites Buch fertig lesen wollte, blieb ich längere Zeit auf dem Schiff im Schatten anstatt mir im Wasser einen Sonnenbrand zu holen (wie das andere vorzuziehen schienen). Am Abend war nochmals grillen geplant, der Kapitä hatte bei den Kuna eine ganze Menge Lobster bestellt. Zum Glück gab es dazu noch Salat und Reis, diese Krabbelviecher waren mir eher suspekt.

Gerade eben von der Stahlratte rübergeschwommen.

Am Dienstag Morgen um 5.15 Uhr began der Motor wieder, Krach zu machen, um 5.30 Uhr fuhren wir los. Wir hatten die "Stadt" Cartí schon um etwa 9 Uhr erreicht und ankerten wieder. Es kamen diverse Kuna aufs Schiff, einerseits einer der Immigración und einige Freunde von Ludwig. Wir frühstückten erst, dann bezahlten wir den Kapitän und konnten gleich noch unsere verbleibenden kolumbianischen Pesos wechseln. Die Leute, die mit Jeep nach Panama City fahren würden, wurden dann von einem Boot abgeholt, die Motorradfahrer und wir zwei blieben noch um direkt an Land gesetzt zu werden.

Kuna "Stadt" Cartí.


Zuerst wurden die Töffs einer um den anderen vom Kran auf dem Kai abgesetzt, dann kamen unsere beiden Drahtesel dran. Während es ziemlich kompliziert gewesen war, die Motorräder abzuladen, ohne, dass sie irgendwo hinknallten, waren unsere Velos recht simpel. Wie es sich herausstellte, war aber Martinas hinteres Schutzblech total verkrümmt und verbogen, was speziell nervte angesichts der Tatsache, dass wir für den Transport der Räder USD 50 bezahlt hatten und dafür eigentlich einen schonenden Umgang erwartet hatten. Die Ratte war aber schon abgefahren, als sie den Schaden bemerkte, zu spät um sich zu beklagen.

Velos entladen...

Bevor wir losfuhren, mussten wir noch kurz einige Sachen umpacken, währenddessen uns ein Trupp Kuna umringte und beobachtete. Sehr anders als z. B. in Peru war das schon mal nicht. Als wir das "Hafengelände" verlassen wollten, mussten wir uns erst noch registrieren (bei wem auch immer) und einen Dollar bezahlen. Vermutlich war das so eine Art Hafensteuer gewesen. Dann galt es ernst. Ludwig hatte uns vorgewarnt, die Strasse sei zwar asphaltiert und in gutem Zustand, die Steigungen aber extrem steil. Und er hatte nicht übertriebn. Der erste Hügel war soweit noch normal, ausser dass uns dort obend die zweite Passkontrolle innerhalb etwas mehr als einem Kilometer erwartete. Die Soldaten waren aber nett und liessen uns ohne Probleme weiterfahren. Nach einer kurzen Bajada ging's eng um eine Kurve, so dass man nicht mal viel Schwung mitnehmen konnte und dann stand ich sehr schnell still bzw. musste, um nicht rückwärts wieder runterzurollen, schnell absteigen und zu schieben beginnen.

Vielleicht sieht's nicht so aus,
es war aber verdammt steil hier.

Wir schoben und schoben, zwischendrin konnten wir mal kurz ein Hügeli runterfahren, wirklich schnell sausen zu lassen getrauten wir uns kaum so steil war es. Dann kam auch schon die nächste Steigung, dann ging's kurz runter und auch schon wieder aufwärts. Hier trafen wir ein paar Strassenarbeiter, die Mitleid mit uns zu haben schinen und meinten, in zwei Stunden würden sie mit ihrem Lastwagen da rausfahren. Wenn wir wollten, könnten sie uns bis zur Panamericana mitnehmen. Da uns diese ganze Sache eher witzlos vorkam, nahmen wir das Angebot an. Wir würden noch etwas weiterschieben und dann auf sie warten. Zwei der netten Herren halfen uns noch auf den nächsten Gupf rauf und waren bis oben genauso schweissnass wie wir.

Während wir Pause machten, fanden wir, dass es wenig Sinn machen würde, hier noch zwei Stunden rumzuhängen, vor allem, da wir auf der Panam immer noch etwa 20 km vor uns hatten. So streckte ich kurzerhand den Daumen raus und siehe da, der zweite Pick-up hielt an und lud uns ein. Wir hatten von den 40 km gerade mal 5 geschafft, aber auf den verbleibenden 35 km waren wir sehr froh, dass wir da nicht aus eigenen Kräften durchmussten. Selbst vom Innern des Autos wirkten die seilen Auf und Abs noch bedrohlich und irrsinnig und der starke Motor heulte manchmal ziemlich laut bis wir wieder oben angekommen waren. Es war etwa halb vier als uns die beiden wortkargen Männer wieder ausluden, selbst mit der Camioneta hatten wir für die Strecke fast eine Stunde gebraucht.

Einmal mehr Perspektivenwechsel.

Am nächsten Morgen erwartete uns ein total anderes Szenario. Die Panamericana war bis auf wenige flache Hügel platt, dafür herrschte ein Verkehr, dass einem Angst und Bang werden konnte. D.h. die ersten paar Kilometer am frühen Morgen waren noch ok, je näher wir Panama City kamen umso schlimmer wurde es aber. Immerhin, ausser einer schwarzen Lunge passierte nichts und wir fanden nach einigen Malen nachfragen auch die gesuchte Strasse. Wie immer in einer Grosstadt gestaltete sich die Hotelsuche etwas schwieriger und die Feststellung kam bald, dass günstige Unterkünfte in Panama nicht mehr so leicht zu finden waren. Dank eines guten Reiseführers klappte es aber auch diesmal, in der Pension Las Tablas bezahlen wir für ein Zimmer mit Doppelbett USD 18, was mit Abstand das Günstigste war.

Und da wir uns in Panama befanden, stand am Morgen darauf erst mal ein Besuch des Kanals auf dem Programm. Dahin zu kommen, erwies sich als nicht ganz einfach, wenn wir nach der im Footprint erwähnten Bushaltestelle fragten, wurden wir von Ecke zu Ecke und Strasse zu Strasse geschickt. Schon mal eine Ähnlichkeit mit Kolumbien, eine Antwort zu erhalten, heisst noch lange nicht, dem Ziel auch nur ein kleines Bischen näher gekommen zu sein. Ein netter Herr konnte uns schliesslich tatsächlich helfen. Er schickte uns zum Terminal de Buses, von wo aus wir den richtigen Bus zu den Esclusas Miraflores fanden. Nun sind ja auch in Südamerika Busse längst nicht gleich Busse, hier in Panama sind sie aber oft sehr originell angemalt bzw. gesprayt und in der Nacht veranstalten einige von ihnen ein regelrechtes Lichterkonzert.

Bunte Busse in Panama.


 Der Chofér warf uns freundlicherweise an der richtigen Haltestelle raus. Beim Eingang zu den Schleusen fragte uns ein Wachmann, wohin wir denn wollten. Offensichtlich kommen nicht viele Touris zu Fuss dort an. Als wir uns als Besucher der Miraflores Locks zu erkennen gaben, wurden wir aber durchgelassen und bekamen noch gleich eine genaue Wegbeschreibung mit, obwohl wir nur den Pfeilen zu folgen brauchten. Auf der Brücke über einen Fluss wurde uns gleich bewusst, dass von nun an mit anderen Tieren als Zebus und Wasserbüffeln zu rechnen ist. Da unten lag nämlich ein Krokodil (oder Alligator oder Kaiman, keine Ahnung) und schaute mit leuchtenden Augen zu uns herauf. Das war bemerkenswert. Das Vieh war doch eher weit weg und seine Auge sind auch nicht gerade gross, Martinas Frage, ob der überhaupt noch lebt, war schnell und zweifellos geklärt. Ich bin sicher, dass das Kroki uns genauso genau und interessiert studierte wir wir es. Ob es sich wohl gefragt hat, wie es uns dazu bringen könnte, zum Fluss runterzukommen?

Man sieht die leuchtenden Augen hier nicht,
sie waren aber da, und zwar sehr beeindurckend.

Das Visitor Center der Schleusen war schon sehr voll und da gerade ein Filmli über die Geschichte des Kanals beginnen sollte, setzten wir uns die das total unterkühlte Teatro. Interessant war z.B. die (für mich) Neuigkeit, dass vor den Amis die Franzosen einen Versuch unternommen hatten, hier einen Kanal zu graben. Anscheinend waren sie aber von Tropenkrankeiten wie Gelbfieber und Malaria besiegt worden. Der Kanal, der 1914 schliesslich in Betrieb genommen wurde und den seither über eine Million Schiffe durchquert haben, ist schon seit einigen Jahren an seine Kapazitätsgrenze gestosse, weshalb nun ein Set weiterer Schleusen im Bau sind. Während bisher Schiffe mit bis zu 4'500 Container durchpassen, soll die nächste Generation Schleusen gross und breit genug sein für Frachter mit 12'000 Containern.

Von der Terrasse hatten wir einen guten Ausblick auf die Schleuse und die vorbeikommenden Schiffe. Kurz vor 13 Uhr kam der Tanker Conqueror an, der von vier kleinen Lokomotiven mit Stahlseilen verbunden wurde, damit er schön in der Mitte des Kanals bleibt. Viel Platz war da nicht übrig, gemäss Speaker bei den grössen Schiffen je 0.5 Meter. In der Entfernung sahen wir bereits ein grosses Kreuzfahrtschiff sich langsam nähern. In der Zwischenzeit wurde das Wasser bereits aus der Kammer des Tankers rausgelassen und das Schiff verschwand langsam zwischen den Betonwänden.

Tanker Conqueror in der Schleuse.

Als der Nippon Maru die Tore geöffnet wurden, schauten vom Tanker nur noch die höchsten Aufbauten heraus. Er wechselte in die nächste Kammer, während der Kreuzer ebenfalls langsamt runtergelassen wurde. Das alles wirkte auf uns wie in Zeitlupe, nichts passierte schnell, ausser vielleicht das Winke der Passagiere der Nippon Maru und der Tanz ihres Clowns waren in normaler Echtzeit. Wir schauten zu, bis diese beiden Schiffe die beiden "Treppenstufen" runtergebracht worden sind. Von der anderen Schleuse her konnten wir schon die beiden nächsten Schiffe sehen. Der Kanal wird seit Jahren während 24h betrieben. Tagsüber werden die grossen Schiffe durchgelassen, am Morgen vom Pazifik in Richtung Atlantik, am Nachmittag umgekehrt. In der Nacht sind die kleineren Boote dran, die jeweils zu zweit das Kammersystem durchl

Die Nippon Maru in der Schleuse,
die Conqueror ist bereits "versenkt".

Heute Morgen haben wir noch einen Ausflug zum "Casco Viejo", einem schönen historischen Viertel der Stadt gemacht. Dort wurden wir von einer Guía angesprochen und wir liessen uns für eine Führung anwerben. Das war noch ganz interessant, so konnten wir u.a. auch den Präsidentenpalast von der Nähe sehen und wir kriegten Zutritt zu einem weiteren Regierungsgebäude, das früher ein Kloster war. Dort gab es auch eine Art kleine Ausstellung zu Simón Bolívar, seinem Leben, Taten und gescheiterten Plänen.

Regierungsgebäude Panamas.

Dass der Libertador mit seinen Ideen von Freiheit, Demokratie und Gleichberechtigung sehr futuristisch dachte, wusste ich schon länger (darum ist er mir ja auch so sympatisch). Dass er aber meinte, dass Panama als Hauptstadt der Welt geeignet sei, finde ich interessant. Die Stadt befände sich so richtig in der Mitte der Welt und weder im Norden noch im Süden. Ok, warum nicht? Sobald Panama keinen Präsi mehr hat, der gegen den Willen seiner Leute mit Autobahnen die Küste zubauen will, könnte man wohl darüber reden...

Wenn die Welt eine Hauptstadt wählen müsste,
wäre der Isthmus von Panama für diese ehenvolle Aufgabe geeignet.
Simón Bolívar.

Die Stadt Panama ist eh irgendwie seltsam. Auf den Velos haben wir den Verkehr als Horror erlebt, weit chaotischer als zum Beispiel in Cartagena. Aus der Perspektive von Fussgängern erleben wir nun etwas, dass in Lateinamerika vermutlich einmalig ist. Autos, sogar auch Taxis halten hier freiwillig, ja bereitwillig an, wenn man die Strasse überquert, auch wenn da kein Fussgängerstreifen ist (von denen gibt es sehr wenige). Das ist eine überaus erstaunliche Tatsache, ich kann mich nicht daran erinnern, dass das in den letzten eineinhalb Jahren irgendwo vorgekommen ist. Die Stadt hat also durchaus das Zeug für eine Hauptstadt der Welt:-)

Eher negativ ist uns aufgefallen, dass Panama extrem von ausländischen, vor allem amerikanischen Futterketten überzogen ist. Ich habe hier in einem Tag mehr McDonalds u.ä. gesehen, als bisher auf der gesamten Reise. Die Vororte der Stadt sind voll von riesigen Ami-style Malls mit zum Grossteil genau den gleichen Läden, wie man sie in Nordamerika finden würde. Nach einer ausgeprägten eigenen Identität sieht das für uns nicht aus.

Panama City, im Vordergrund der Mercado de Mariscos.

Dazu noch scheint irgendwer im Land schon einmal etwas von Abfalltrennung gehört zu haben. Jedenfalls haben wir an einer Uferpromenade gleich fünf Abfalleimer gefunden für: Organico, Vidrio, Plastico, Papel und Metal, also Kompost, Glas, Plastik, Papier und Metall. Wenn das keine Errungenschaft ist. Oder wäre, der Inhalt ist überall in etwa gleich. Die gesamte Grünanlage ist aber blitzblank sauber, auch etwas, das man eigentlich kaum glauben kann.

Ob diese Abfalltrennung wohl funktioniert???

In einer Mall hier haben wir zu unserer Freude auch schon Aufkleber fast aller Mittelamerikanischen Länder gefunden. Praktisch, das erspart uns die Suche in jedem Land von Neuem. Und Länder gibt es hier recht viele auf recht engem Raum. Das kommt auch unserem Entschluss entgegen, dass jeder Grenzübertritt zum Kauf eines Sacks Chips berechtigt.

(Sorry für allfällige Tippfehler etc., zum Durchlesen dieses Geschriebsels bleibt keine Zeit mehr.)

Donnerstag, 9. Juni 2011

Cartgena de Indias: Noch mehr Missverständnisse in Kolumbien

Wir sind nun eine Woche in Cartagena, sehr viel haben wir von der Stadt aber eigentlich nicht gesehen, zumindest nicht bei Tageslicht. Bei Nacht sind wir ein paar Mal durch die Altstadt spaziert, da sind die Temperaturen viel angenehmer bzw. aushaltbar.

Nächtlicher Spaziergang in Cartagena.

Dass die Internetcafes alle klimatisiert sind, ist natürlich schön wenn man, wie wir, Stunden-, ja fast Tage darin verbringt. Da wir mit dem Velo fast 10 Minuten bis zum nächsten Strand brauchen, sind wir bisher nur einmal baden gegangen. Die Strände hier sind aber bedeutend sauberer als in Santa Marta und eigentlich durchaus einladend. Tagsüber ist es uns aber zu heiss, so bleibt noch der frühe Morgen und der Abend. Da wir aber nicht bei Dunkelheit durch die Stadt kurven wollen, kommt eben doch nur der Morgen in Frage.

Stadtmauer bei Nacht.

Die etwas längere Anwesenheit hier hat auch wieder die eine oder andere Joggingrunde möglich gemacht, hier haben sich (verregnete) frühe Morgenstunden als sehr angenehm erwiesen. Da ist es kühler und da man ohnehin nass wird, merkt man nicht, wieviel Schweiss dabei fliesst.

Vor zwei Tagen konnten wir nun zwei Schiffe besichtigen, das eine von der Casa Viena vermittelt, das andere von Elke, der Eigentümerin des Cafés Gato Negro, zwei Türen von der Casa Viena entfernt (blaues Haus). Die Gypsy Moth haben wir als erstes besucht und Amy und Symian sowie ihre neun Monate alte Tochter waren uns sofort extrem sympatisch. Wir sagten, dass wir sehr interessiert seien, aber vor der Entscheidung noch ein anderes Boot anschauen möchten. Sym meinte, wir könnten uns tags darauf melden, das sei kein Problem. Für uns war die Sache eigentlich klar, wir wollten die Santana von Kapitän Gisbert mehr aus Prinzip noch sehen. Dieser Katamaran ist bedeutend grösser als die kleine Gypsy Moth und hat uns auch gut gefallen. Trotzdem sagten wir Amy und Sym noch am selben Abend per Mail zu und liessen uns von der Liste der Santa Ana streichen. Am nächsten Morgen gingen wir bei Elke den Vorschuss bezahlen und organisierten anschliessend Plastik um die Velos zu verpacken.

Siesta?

Als ich dann am Nachmittag meine Mails anschaute, war ich fies überrascht, als ich von der Gypsy Moth eine Absage im Briefkasten fand. Am Abend zuvor hätten zwei andere Personen das Schiff besucht und gleich eine Anzahlung geleistet. Für uns habe es jetzt keinen Platz mehr. Wir waren einigermassen empört, da wir davon ausgegangen waren, dass wir bei der Gypsy Moth, wie bei der Santana, auf einer Liste standen und bis zu unserer Entscheidung gesicherte Plätze hatten. Hätten wir gewusst, dass diese beiden letzten Betten noch offen "auf dem Markt" waren, hätten wir gleich vor Ort zugesagt. Wir schrieben auch Sym ein entsprechendes Mail, worauf er antwortete, er habe nie gesagt, dass wir einen sicheren Platz auf seinem Schiff haben und dass er erwähnt habe, dass er ohne Anzahlung keine Plätze offen halte. Dass er uns einen Platz bis zu unserer Entscheidung offenhalte, hat er wirklich nicht gesagt, wir waren davo ausgegangen, dass dem so sei, weil dies bei der Casa Viena so gehandhabt wurde. Elke hatte uns dort angesprochen und wir hatten nie in Frage gestellt, dass die Dinge bei ihr gleich laufen. Und sie hatte am Morgen, als wir bezahlt hatten, offensichtlich noch gar nicht gewusst, dass das Boot voll ist.

Klar, alles in allem war hier ganz gewiss kein so richtig falsches Verhalten von irgendwem involviert, die Kommunikation hat aber auch nicht geklappt. Sym hatte uns nämlich ganz sicher nicht gesagt, dass uns die Plätze auf seinem Schiff flöte gehen könnten, wenn wir nicht sofort zusagen. Und dass seine "Agentin" nicht wusste, dass auf der Gypsy Moth kein Platz mehr vorhanden war, und sogar noch Vorschüsse kassierte, wirkt auf uns auch nicht sonderlich professionell.

Zum Glück hatten wir unsere provisorische Reservation auf der Stahlratte noch nicht gecancellt und sie war auch sonst nicht irgendwo in den Tiefen des Universums verschwunden. Leider fährt dieses grosse Schiff erst am 11. Juni, so dass wir noch weitere vier Tage in Cartagena rumhängen müssen. Die Stadt gefällt uns zwar gut, ist aber sehr teuer und wir würden eigentlich lieber weiterfahren. Natürlich gibt es hier auch viel zu tun oder anzuschauen, aber das kostet alles Geld, welches wir jetzt eigentlich lieber in die Weiterfahrt in Panamá investieren würden. Nach vielen kleinen und wenig grösseren Missverständnissen in Kolumbien war dies ganz klar der frustrierendste Fall. Und es waren nicht einmal undeutlich sprechende Einheimische, sondern nur Gringos daran beteiligt. In Zukunft werden wir wohl einfach immer doppelt und dreifach nachfragen um sicher zu gehen, dass wir nicht nur vom selben reden und sondern auch wirklich das gleiche meinen.

Hier gibt's viele hübsche Häuser.

Inzwischen war ich auch beim Dermatologen um einen alten, aber wachsenden hellen Hautfleck anschauen zu lassen. Für ein etwa 10 - 15-minütiges Gespräch mit dem Arzt bezahlt man hier COP 80'000, was in etwa CHF 40 entspricht. Ein zweiter Termin war nötig, da der Dermatologe meinte, das Ding sei "precanceroso" und müsse entfernt werden. Precanceroso heisst wohl, dass daraus theoretisch in ferner (oder mit etwas Pech naher) Zukunft ein Krebslein rauskriechen könnte. Also habe ich nochmals 80'000 bezahlt und ewig lang gewartet. Hier gibt es eben kein Termin auf eine bestimmte Zeit. Abends um 17 Uhr geht die Praxis auf und man erhält eine Nummer, in der Reihenfolge, in der man erscheint. Das erste Mal ging das recht zackig, das zweite Mal eben nicht. Und nun hat es der schlaue Arzt nicht einmal geschafft, den ganzen Flecken zu entfernen. Werde am Montag wohl nochmals vorbeigehen und nachfragen. .... .... ....

Papageien mitten in der Stadt.

.... .... .... Inzwischen haben wir die Stahlratte besichtigt. Klar, sie ist nicht so elegant und familiär wie die Gypsy Moth, aber Kapitän Ludwig ist sympatisch, das Schiff ist cool und bietet natürlich weit mehr Platz als so ein kleines Segelböötli. Da gibt es auch einen Raum im Innern des Schiffes, wo die Velos vor Salzwasser sicher verstaut werden können. Da wir nun aber noch einige Tage zum vertrödeln hatten, habe ich mir wieder einmal ein Buch gekauft und zur Abwechslung Museen besucht. Schon in Bogatá hätte ich gerne das Museo de Esmeraldas gesehen, nach dem Museo de Oro war dafür aber keine Energie mehr übrig. Hier haben wir nun eine riesige Smaragdsammlung bewundert und gelernt, dass es nicht nur grüne sondern auch bläuliche, knallpinke und braune Smaragde gibt. Hat sich echt gelohn, viele der Steine waren wirklich sehr edel.

Im Museo Naval have ich nicht nur viel über verschiedene Schiffe gelesen, sondern auch über Cartagenas bewegte Vergangenheit. Als reiche Stadt an der karibischen Küste war sie ein äusserst beliebtes Ziel englischer und französischer Piraten, die die Stadt widerholt (mit offizieller Genehmigung ihrer Könige) überfallen und ausgeraubt hatten. Als Konsequenz wurde schliesslich eine Mauer um die ganze Stadt gebaut, die mehrheitlich so dick ist, dass eine zweispurige Strasse darauf Platz hätte. In jenem Museum habe ich auch erfahren, warum das Wasser in den Lagunen in Cartagena so schmutzig braun-grün ist, und eher an Flusswasser erinnert. Im Jahr 1571 bauten die Spanier den Canal del Dique, einen Kanal, der Cartagena mit dem Río Magdalena verbindet um die Kommunikation mit dem Landesinneren zu erleichtern. Leider hat das örtliche Ökosystem an diesem neuen Wasser nicht so Freude gehabt.

Cartagenas Vergangenheit ist wirklich
voller Piraten.

Um uns die Zeit zu vertreiben, haben wir auch ein paar Spaziergänge durch die Stadt unternommen, da einige Dinge bei Tageslicht eben doch besser erkennbar sind als bei Nacht. Zum Glück war es einige Tage bewölkt, sonst hätten wir das vermutlich nicht überlebt.

Martina nimmt's genau.

Während dieser urbanen Wanderungen haben wir interessante Dinge gefunden, wie z.B. komische Figuren aus Eisen aber auch, wie so oft, Situationen, die, oberflächlich betrachtet, nicht zu dem herausgeputzten Viertel passten. Tatsache ist aber, dass hier in vielen Hauseingängen und auch anderswo Obdachlose schlafen, meist auf dünnen Karton "gebettet".

Auch in Cartagena gibt es viele Obdachlose.

Natürlich hat Cartagena auch einige Pärke und wie es sich gehört, ist einer davon der Parque Bolívar mit der obligatorischen eleganten Statue des "Padre de la Patria". Könnte sein, dass dies das letzte Mal ist, dass wir dem Libertador begenen (vielleicht noch in Panamá), Mittelamerika hat aber bestimmt seine eigenen Helden, die den Spaniern einen Tritt in den Ar..... gegeben haben.

Simón Bolívar, zum letzten Mal?

Um uns, wenn auch nun minim, beschäftigt zu halten, haben wir gestern die Fortaleza San Felipe besucht. Dort war schon der Eintritt recht teuer und um zu verstehen, was wir da sehen, haben wir uns einer geführten Tour angeschlossen und nochmals einen Haufen Geld ausgegeben für etwas, dass ich schlussendlich absolut nicht gelohnt hat, da der gute Mann mit seinem Costeño-Dialekt für uns schlicht nicht zu verstehen war. Schade, diese Festung, die gut erhalten bzw. zum Teil wieder aufgebaut ist, wäre äusserst interessant. gewesen Sie weist diverse bauliche Finessen auf, die ein Eindringen sehr schwer gemacht hatten. Angeblich gibt es in und um diese Burg auch 4'000 Meter unterirdische Gänge, um die 600 Meter davon sich Besuchern (und Mücken!) zugänglich. Das Beste am anschliessenden Filmli, das wir problemlos verstanden und noch ganz amüsant war, war für mich der klimatisierte Raum.

Fortaleza San Felipe.

Am Nachmittag im Carrefour fand ich die krasse Unterkühlung dann nicht mehr so witzig. Tatsache ist, dass, wenn man von drausse einen so kalten Laden betritt, einem beinahe der Schweiss, der einem den Rücken runterfliesst, gefriert. Das ist nicht lustig und man riskiert effektiv, sich hier zu erkälten, was Martina auch prompt passiert ist (es wurde ihr im Internet Café aber auf ganz fies ins Gesicht gehustet, vielleicht war auch das die Ursache).

Heute stand ein Türli zum Monasterio Santa Cruz de la Popa auf dem Programm. Das steht auf einem 185 m hohen "Berg", dem höchsten Punkt von Cartagena. Die Aussicht von dort oben auf die gesamte Stadt ist  ziemlich cool. Wir leisteten uns wieder einen Führer, den wir diesmal ohne Weiteres verstanden. Ich hatte schon irgendwo gehört oder gelesen, dass es in Cartagena keine Brunnen gäbe/gegeben habe da das Wasser, auf das man stöst, faulig und nicht trinkbar sei. Flüsse oder Bäche gibt es hier auch keine. Was denn nun die Lösung zu diesem Problem gewesen war, hatte ich aber irgendwie nicht mitgekriegt. Sie sieht folgendermassen aus: Unterhalb des nach oben offenen Hofs gibt es ein grosses Wasserreservoir. Das Regenwasser wird vom Dach in den Hof geleitet, dessen Boden wasserdurchlässig ist. So wurde während der Regenzeit offenbar genug Wasser gesammelt, und auch gleich noch gereinigt. Anscheinend haben die Spanier diese Wassersammel-Methode den Arabern abgeschaut. ....

Im Monasterio Santa Cruz de la Popa.

.... Heute war ich ein letztes Mal joggen. Zum ersten Mal waren da noch viele andere Jogger und Geher unterwegs, die meisten Gringo/as. Die scheinen aber etwas seltsam drauf zu sein, alle starren vor sich in den Boden, kaum einer grüsst. Die einzigen, von denen ein "Buenos Días" zurückkommt, sind die schwarzen Frauen, die am Strand Früchte verkaufen. Auch nicht logisch fand ich, dass bei Regen hier kaum wer joggen geht, wo es dann doch soooooooo viel angenehmer ist. Und nässer wird man bei Regen auch nicht, ob Schweiss oder Wasser ist nicht so relevant.

Dies ist nun der letzte Text aus Südamerika und der Abschied von einem mega schönen, interessanten und vielfältigen Kontinent. Oft werden wir gefragt, welches Land oder welcher Ort uns bis jetzt am besten gefallen hat. Auf diese Frage gibt es keine Antwort, die Landschaften waren zu unterschiedlich. Auch die Leute, und ebenfalls die Sprache. In einigen Ländern waren die Einheimischen recht europäisch (Argentinien, Chile), in anderen Touristen gegenüber eher gleichgültig (Bolivien), anderswo war es regional sehr verschieden (Peru). In Ecuador waren wir positiv überrascht, dass es wieder Frauen gibt, die Autofahren und in Kolumbien sind die Leute so überschwänglich, dass es uns manchmal fast zuviel war. Die Sprachschwierigkeiten hielten in Argentinien nicht so lange an, da die Aussprache gewissen erkennbaren Regeln folgte, in Chile war das nicht so einfach gewesen und in Bolivien und den peruanischen Bergen ist das Spansich so klar, dass wir überhaupt keine Probleme hatten. In Ecuador hatte ich sehr viel Kontakt mit Einheimischen, die oft Umgangssprache benutzten, was nach einmal Nachfragen aber meist geklärt war. Bacán! Kolumbianisches Spanisch ist auch nicht überall gleich, für uns war es aber of fast gar nicht verständlich.

Cartagena, in der Mitte der Frachthafen.

Nun, auf der Stahlratte können wir mit dem Kapitän Deutsch reden, die Umgangssprache unter den Passagieren wird vermutlich Englisch sein. Wir sind mal gespannt, wie Mittelamerika diesbezüglich sein wird und auch generell, was anders und was gleich ist.

@ Flo: Dass die Sonneneinstrahlung am Äquator am stärksten ist, ist schon klar. Viel mehr Auswirkung als Äquatornähe hat aber die Höhe über Meer und da wir uns nicht mehr so bald in hohe Lagen verirren werden, wird sich diesbezüglich auch nicht so bald etwas ändern. Wenn Du aber Lust hast, uns eine Tube Daylong zu schicken, würden wir das bestimmt nicht ablehnen.

Kilometerstand von Ushuaia bis Cartagena: 11'849 km.
Tschüss Südamerika, hasta luego.