Als wir in Chachapoyas losfuhren, war uns noch nicht ganz bewusst, was uns in diesen tropischen Tälern erwarten würde. Der erste Tag sollte sowieso eher easy werden. Wir hatten vor, die Catarata Gocta zu besuchen und das würde nicht sehr weit sein. Nun, war es dann auch nicht. Dass es weiter war, als die Karte mit touristischen Sehenswürdigkeiten vermuten liess, war nicht weiter überraschend. Dass wir auf den letzten fünf Kilometern fast krepierten, eigentlich auch nicht. Dieser letzte Teil war eine miese Stein-Schotterstrasse, die so steil begann, dass wir in jeder zweiten Kurve Pause machen und nach Luft japsen mussten. Ok, Training für Ecuador, dort sollen die Strassen noch schlimmer sein. Angesichts der grau-schwarzen Wolken hofften wir einfach, dass wir das Dörfli Cocachimba noch vor dem Regen erreichen würden. Was mir dadurch erschwert wurde, dass mir im ersten Gang dauernd die Kette rausfiel. Was, verdammt, war da schon wieder los???
Es tropfte schon leicht, als wir zwischen den ersten Häusern durchfuhren. Die netten Leute wiesen uns in Richtung der Hospedajes mit Angaben zu den jeweiligen Preisen. Nach dem üblichen Matratzen-Check entschieden wir uns für eine der günstigeren Unterkünfte, die für das, was geboten wurde, eigentlich immer noch relativ teuer war. Spricht für sich: fünf Minuten, nachdem uns der Señor versichert hatte, dass es immer fliessend Wasser gab, kam kein Tropfen mehr aus dem Hahn. Dafür regnete es bald darauf so stark, dass "sintflutmässig" nur der Vorname war. Mann, hat das gepisst!!! Aber wen juckts, wir hatten ein Dach über dem Kopf und der Bach floss schön brav an unserer Zimmertür vorbei und auch die Velos standen am Trockenen. Der Hinweis der Señora, dass hier noch gar nicht Regensaison sein, die beginne erst im März, machte uns aber schon etwas nachdenklich. Wie sieht es hier denn im März aus, alles unter Wasser??
Aussicht von unserem Zimmer. |
Da wir nun schon wiederholt dieses Wettermuster hatten, am Morgen sonnig, am Nachmittag äusserst nass, standen wir am folgenden Morgen früh auf und marschierten die veranschlagten zwei Stunden zum Wasserfall, der mit 771 m der Dritthöchste der Welt sein soll. Den Führer dafür hatten wir uns gespart, dafür begleitete uns Branco, ein Dorfhund. Erst führte der Weg durch Mais-, Zuckerrohr- und andere Felder, je weiter vom Dorf weg, desto weniger Spuren von Besiedlung sahen wir. Eigentlich war es am frühen Morgen noch verhältnismässig kühl, da es jedoch die ganze Zeit auf und ab ging, waren wir bald wieder schweissgebadet.
Catarata Gocta. |
Je weiter wir ins Tal vordrangen, desto urwaldiger wurde die Umgebung. Zu unserer Überraschung gab es recht weit im Wald eine weitere Hospedaje, ausser ein paar Hunden sahen wir jedoch niemanden. Immer weiter ging's in den Wald, meist steil entweder rauf oder runter. Natürlich waren diverse Vögel zu höhren, die Äffchen oder Brillenbären, die es hier geben sollte, zeigten sich aber erwartungsgemäss nicht. Und falls sich doch einmal ein Vogel auf dem Weg verirrt hatte, sorgte unser treue vierbeinige Begleiter, der im Dorf weder Huhn noch Katze auch nur schräg anschaut, dafür, dass alles in die Flucht geschlagen wurde. Immerhin gab es einige Blümchen, die nicht vor Schreck davonrannten.
Die Blume hat keine Angst vor dem Hund. |
Klar, wie immer, wenn man sich grossen, bzw. hohen Dingen annähert, verliert man sie irgendwie aus den Augen. So ging es uns auch mit dem Wasserfall, der ja aus zwei Teilen besteht, der Obere davon inzwischen aber verdeckt war. Macht nichts, der untere Teil war schon hoch und schön genug. Da wir uns dort jedoch mit nassgeschwitzten T-Shirts ein einer tiefen, schattigen Schlucht mit dauerndem ganz feinem Wasserstaub befanden, wurde uns recht bald kühl. Zum Glück waren wir so schlau gewesen und hatten unsere Regenjacken mitgebracht.
Unterer Teil der Catarata Gocta. |
Wir gingen so nahe an den Wasserfall heran, wie wir glaubten, unseren Kameras zumuten zu können. Bei Sonnenschein wäre es wohl unterhaltsam, in den Wasserstaub zu stehen, bei den aktuelle Temperaturen war die Vorstellung nicht so verführerisch. Nach etwa einer Stunde Fotos machen und Znüni essen, machten wir uns auf den Rückweg. Ich war etwas überrascht, dass wir hier keine weiteren Leute antrafen, diese Catarata schien ja eigentlich ein wichtiges Touristenziel zu sein. Aber umso besser, so hatten wir den Wald für uns allein und es gelang uns problemlos, einige Fotos von zwei Gallitos de las Rocas, den Nationalvögeln Perus zu schiessen.
Gallito de las Rocas, Perus Nationalvogel. |
Auf dem Rückweg trafen wir schliesslich drei Gruppen mit Führer, die auf dem Weg zum Wasserfall waren und waren froh, so früh gegangen und völlig ungestört gewesen zu sein. Um 11 Uhar waren wir wieder zurück bei der Hospedaje, packten unsere Sachen und fuhren los in Richtung des nächsten Dorfes, Pedro Ruiz. Die Señora des Hauses hatte mir noch eine Plastikplanne geschenkt, in der ich meinen Rucksack einpackte in der Annahme, dass der Himmel weiterhin jeden Nachmittag die Schleusen öffnen würde.
Wir holperten zur Hauptstrasse hinunter und von dort aus ging es zügig weiter, meistens abwärts, manchmal aufwärts und immer schön warm, bzw. heiss. Am frühen Nachmittag hatten wir Pedro Ruiz erreicht und standen dort erst mal vor einer Absperrung. Wir fragten nach einem von anderen Ciclistas empfohlenen Hostal und schoben unsere Velos an Hindernis vorbei die Strasse hoch. Dort sahen wir eine Bühne mit Musikinstrumenten und grossen Boxen die Strasse versperren. Aha, da wurde irgendein Anlass vorbereitet. Mit nochmaliger Hilfe der Einheimischen fanden wir auch das erwähnte Hostal, das zwar günstig, sonst aber nicht überwältigend war. Aber für eine Nacht ok. Und fast das wichtigste: die Dusche, und zwar die kalte Dusche, funktionierte. Uff, unglaublich, wie erfrischend Wasser doch sein kann.
Den Rest des Nachmittags spazierten wir durch die Strassen, probierten neue, unbekannte Früchte, kauften supergünstige und megafeine Mangos und schauten uns das Städtchen an. Ich suchte, und fand, einen Velomech, der mir meine Zahnräder wieder fest anziehen konnte. Dass die Gangschaltung mit diesem Gewackel nicht funktionieren konnte, war mir auch klar. Jertzt ist zwar nicht alles perfekt, aber schon viel besser. Die Nacht in Perdo Ruiz war leider nicht gerade ruhig gewesen, was auch immer das für ein Fest gewesen war, es war ortsüblich laut gewesen.
Am Morgen darauf war die Landschaft erst sehr ähnlich wie schon seit ein paar Tagen. Eine schmale, steile Schlucht mit hohen, grünen Berghängen auf beiden Seiten. Auf der Karte hatte das eher nach einem offenen, weiten Tal ausgesehen. Von diesen steilen Hängen schienen auch regelmässig Drecklawinen und Felsbrocken auf die Strasse zu donnern, an einigen Stellen war die Strasse Kubikmeterweise weggerissen und in den Fluss gestürzt, an anderen Orten mit Erde überschüttet. Das schien die Leute aber nicht weiter zu beeindrucken, einen Abbruch kann man absperrren, über Dreck drüberfahren. Hier ging es mehrheitlich noch bergab, jedoch mit einigen wenigen fiesen, weil sehr steilen und unasphaltierten Zwischensteigungen, die jeweils zu regelrechten Schweissexplosionen führten. Es gab auch viele Baustellen, d.h. irgendwas wurde an der Strasse gearbeitet, was natürlich immer lobenswert ist und worüber man sich nicht beklagen soll, auch wenn man manchmal etwas aufgehalten wird. Später wurden die Berge, zwischen denen wir hindurchfuhren, niedriger und flacher und nach einigen weiteren Kilometern befanden wir uns in dem erwarteten weiten, grünen Flusstal, in dem auch intensiv Landwirtschaft betrieben wurde.
Im Tal des Río Utcubamba, plötzlich ist alles platt. |
Einige Kilometer vor dem Ziel des Tages, der Stadt Bagua Grande, mussten wir wieder vor einer Baustelle halten. Perfekter Vorwand, eine Pause zu machen. Und ebenso perfekter Vorwand, von einem der ambulanten Verkäufer ein Glacé zu kaufen. Jamm, das tat wieder einmal unglaublich gut. Durch die Baustelle zu manövrieren war dann etwas mühsam, da unasphaltiert, d.h. nasser Sand und Kies, aber auch das schafften wir und hatten schon bald darauf die Stadt erreicht. Es war aber noch nicht mal Mittag, weshalb wir uns entschlossen, weiterzufahren. Landschaftsmässig würde sich nicht mehr viel ändern, es würde also mehrheitlich wellig-flach bleiben.
Diese schwarzen Vögel wohnen hier zu Dutzenden. |
Ausser, dass wir an einem Ort diese grossen schwarzen Vögel sahen, die normalerweise über unseren Köpfen kreisen, passierte an jenem Nachmittag auf der Hauptstrasse nicht mehr viel. Erst als wir abbogen, um zum Río Marañon hinunterzufahren, wurde es interessanter. Erst wegen meinem Platten, den ich jedoch nicht vor Ort flickte, sondern einfach nochmals aufpumpte. Bis zum Dorf Bellavista, wo wir die Nacht verbringen wollten, war es nicht mehr weit, das würde schon halten. Nach mehrmaligem Nachfragen fanden wir auch den schmalen Sandweg zum Flussufer und sahen schon die Lancha, ein kleines Boot, mit dem gerade ein Töff über den Fluss gebracht wurde. Die beiden Männer waren sehr freundlich und hatten offenbar Erfahrung mit Velos im Boot. Naheliegend, diesen Tipp hatten wir ja schliesslich auch von anderen Velofahrern erhalten. Wir mussten nichts abladen, die Velos wurden mitsamt Gepäck halb ins Boot gefahren, halb gehoben und schon ging's los durch die braunen Fluten. Auch der Preis, 1.5 Soles, war das, was uns gesagt wurde, was die Sache kosten sollte, hier werden Gringas nicht abgezockt. Nett.
Überfahrt beendet, Velos ausladen. |
Die letzten drei Kilometer des Tages auf sandig-kiesigem Weg war nochmals schweisstreibend, dann hatten wir Bellavista erreicht. Das nächste Problem, wo schlafen? Die ersten beiden Unterkünfte, bei denen wir fragten, waren voll. Doch, dort oben gibt es noch etwas, nein, mehr Hospedajes gibt es im Dorf nicht. Ja, was jetzt? Aber gut, wir mussten es probieren. Und tatsächlich, wir fanden zwar kein eigentliches Zimmer, dafür ein ganzes Lokal, ausgerüstet mit zwei Betten, Klo und Dusche (!!!), und das zu einem echt günstigen Preis. Die Dame dort war wirklich meganett und hatte praktischerweise gleich noch so etwas wie ein Restaurant. Was will man mehr?
Wegen der zu erwartenden Hitze war wieder ein früher Start geplant. Um 6.10 Uhr waren wir abfahrtbereit, ich öffnete die Tür und Martina stellte fest, dass sie einen Platten hatte. Oh Shit! Ich hatte am Abend gemütlich meinen Schlauch geflickt, sie war jetzt über diese Überraschung am Morgen früh (verständlicherweise) extrem genervt und gestresst. Wie sich herausstellte, war kein Dorn oder Draht der Übeltäter, sondern der Mantel, bei dessen Innenseite sich eine Art "Naht" geöffnet hatte und vorstehende Teile den Schlauch durchgescheuert hatten. Also Reservereifen auspacken, und siehe da, das war nicht der gleiche, der war viel schmaler als der Originale. Soweit hoffentlich kein Problem, eine andere Möglichkeit, als den zu montieren hatte sie eh nicht.
So fuhren wir halt eben erst um 7.10 Uhr los, inzwischen war es natürlich ganz schön warm geworden. Die ersten zehn Kilometer bis zur asphaltierten Strasse brachten uns schon wieder fast zur Verzweiflung. Eigentlich sah die Strassenoberfläche gar nicht so schlecht aus, bestand aber aus viel losem Kies, Sand und Steinen und ich driftete darauf herum wie eine totale Anfängerin. Mindestens ebenso mühsam war, dass die vorbeiblochenden Autos ebendieses Kies und Sand als Geschosse missbrauchten und uns damit bombadierten. Nicht absichtlich natürlich, aber wenn man auf solchem Untergrund schnell fährt, fliegt das Zeug eben unter den Rädern hervor. Und die Region der rücksichtsvollen Autofahrer hatten wir definitiv verlassen. Martina musste ein paar Mal ihren Schlauch nachpumpen und vermutete erst, dass der neue Mantel eben noch steif gewesen war und sich jetzt mit Gebrauch und Hitze etwas ausdehnte. Der Schlauch, den sie eingebaut hatte, war zwar nicht neu gewesen, aber auch geflickte Schläuche sollten keine Luft verlieren.
Kaum auf der Hauptstrasse begann auch schon eine hübsche Subida und schon bald tropfte mir der Schweiss nur so von der Nasenspitze. Immerhin gab es auf der anderen Seite die entsprechende Bajada, die allerdings von Strassenschwellen und Polizeikontrolle unterbrochen wurde. D.h. wir wurden nicht kontrolliert, abbremsen mussten wir natürlich dennoch. Auch an jenem Tag führte die Strasse wieder durch ein weites Tal, immer sanft auf und ab und auf und ab. Martina war inzwischen auf der Suche nach einem Schattenplatz abseits der Strasse um einen neuen Schlauch zu montieren. Im kleinen Ort San Agustin gab es viele Bäume, so hielt ich an und wartete auf Martina. Vermutlich hatte sie nochmals pumpen müssen. Als sie aber lange nicht kam, nahm ich an, dass sie vor mir einen geeigneten Platz gefunden hatte und setzte mich meinerseits in den Schatten und wartete.
Als Martina schliesslich ankam, war sie ziemlich schlechter Laune, mir war aber nicht ganz klar, ob das wegen all den Platten war oder weil ich offensichtlich ihr Rufen nicht gehört hatte als sie ihren Reparaturplatz gefunden hatte. Also fuhren wir weiter durch die Hitze, immer in der Absicht, früh Schluss zu machen. Tags zuvor hatten wir über 100 Kilometer geschafft, da war es aber bewölkt gewesen. Jetzt war es sonnig, viel heisser und bis San Ignacio, wieder über 100 km, würden wir es sowieso nicht schaffen.
Auch auf jener Strecke war die Strasse teilweise beschädigt. Hier jedoch nicht wegen herunterfallenden Felsen, sondern vom Fluss angenagt, der dort bei Hochwassen offensichtlich die Kurve nicht ganz kriegt.
Gefrässiger Fluss, arme Strasse. |
Im ersten Dorf, wo wir nach Unterkunft suchten, gab es leider nichts. Blieb nur weiterfahren und hoffen, dass sich der Tipp eines Mannes als korrekt herausstellen und es sechs Kilometer weiter ein Hostal geben würde. Während dieser sechs Kilometer war dann auch Schluss mit Asphalt und wir konnten noch eine angemessene Verstaubung sicherstellen. Immerhin, der Señor hatte Recht gehabt und wir fanden die Hospedaje im Dörflein Chuchuhuasi auch gleich. Sehr günstig, äusserst einfach, aber es gab eine kalte Dusche und akzeptable Betten. Wir verbrachten den Nachmittag mit rumhängen, Guetslis kaufen und am Fluss sitzen. Für irgendwelche anderen Aktivitäten war es eh zu heiss. Selbst in der Nacht lagen wir ohne Decke und Leintuch auf dem Rücken und versuchten, so wenig wie möglich zu berühren, da alles, mit dem wir in Kontakt kamen, sofort schweissklebrig wurde.
Inzwischen waren wir mittelmässig traumatisiert von der Hitze und standen darum am folgenden Morgen schon um 4.15 Uhr auf um um 5.30 Uhr startklar zu sein. Blöderweise war es um diese Zeit aber noch zu dunkel zum Fahren und wir mussten noch eine Viertelstunde auf Tageslicht warten. Dann aber pedalten wir voller Enthusiasmus los um in der relativen morgendlichen Kühle so viele Kilometer wie möglich abzuspuhlen. Bis San Ignacio wartete nochmals eine nicht zu verachtende Steigung auf uns und wir wollten wenn irgend möglich nicht bis weit in den Nachmittag hinein den Berg erklimmen müssen.
Dieser Tag wäre das perfekte Eile-mit-Weile-Spiel geworden. Wie immer, wenn man es eilig hat, passiert irgend etwas. Wie z.B., dass Martina einen weiteren Platten hatte. Sie vermutete, dass das daran lag, dass ihre Schläuche für den schmaleren und somit engeren Mantel zu gross sind und dort drin gequetscht werden. Auf jeden Fall war der Schlauch geplatzt, als sie über einen Stein gefahren ist. So war schon wieder flicken angesagt. Da sie aber tags zuvor die kaputten Schläuch nicht repariert hatte (hat ja bis San Ignacio Zeit), musste sie das jetzt mangels weiterem Ersatzschlauch nachholen. Und da sie den schmalen Ersatzreifen nicht mehr benutzen wollte musste dort auch ein Flicken drauf. Der klebte aber nicht gut, und sie musste mit Vulkanisierlösung nachhelfen. Und während der ganzen Zeit wurden wir von vorbeifahrenden Autos mit Steinchen bespickt. Echt toll.
Da wir eben wertvolle Zeit mit Reparaturarbeiten verblödelt hatten, hielten wir gerade extra an einem Stand an, wo frischgepresster Ananassaft verkauft wurde. Uiii, war das fein. So stellt man sich reisen in den Tropen doch vor. Wundervoll. Das schienen auch die beiden Männer mit Pick-up, die auch dort sassen, so zu sehen, allerdings eher wegen der hübschen Chica mit tiefem Ausschnitt und Minijupe.
Aber unser Eile-mit-Weile-Spiel war noch nicht gewonnen. Kaum hatte die erwähnte Steigung begonnen, standen wir vor einer Baustelle und wurden informiert, dass wir eine Stunde warten mussten. Hä, ist das Ihr Ernst? Ja, absolut. Ok, ok, wir machten es uns am Strassenrand mit Guetslis gemütlich während wir langsam von Mitwartenden umringt wurden, die die Gringas en Bicicleta offensichtlich sehr interessant fanden. Bei der Frage nach unserer Route holte ich die Strassenkarte hervor, was unweigerlich immer wieder denselben Effekt hervorrief. Alle Anwesenden drängten sogleich sich um die Karte, als sei sie etwas unglaublich Exotisches oder sonst was Unerhörtes. Vermutlich hat die Mehrheit der Leute hier noch nie eine Strassenkarte gesehen.
Nach ziemlich genau einer Stunde wurde die Baustelle kurz geöffnet. Erst rasten die Autos, die oben gewartet hatten, durch als wollten sie jetzt gleich die verlorene Stunde wieder wettmachen, dann setzte auf unserer Seite ein kindisches Gedränge ein und schwupp, weg waren all die Autos. So konnten wir auch ungehindert losfahren und denn Hang raufkriechen, durch den Sand hin und her driften und den Staub geniessen.
Auf dieser Strasse gab es als Unterhaltung archeologische Werke aus längst vergangenen Zeiten zu bestaunen: Überreste einer Asphaltdecke, mal schmale Streifen, mal mehrere Quadratmeter breit. Zu welchem Zweck diese Beschichtung der Strasse gedient hatte, ist momentan noch in Untersuchung, die Vermutung lautet jedoch, dass sie Urciclistas das Leben bedeutend erleichtert hatte, da man auf Asphalt weder im Sand absäuft noch von anderen Verkehrsteilnehmern mit Steinen beschmissen wird.
Irgendwann ist Archäologie jedoch nicht mehr spannend und bald schon hatten wir wieder Hunger. Wir fanden sogar einen überdachten Platz, wo wir unser tolles Mittagessen auspackten. Toll aus folgenden Gründen: Vom Vortag blieben noch vier Brötchen und ein Pack gelbe, trockene und süsse Brötlis, an denen wir fast verstickten und die wir unmöglich mit unserem Dosenfisch kombinieren konnten. Anständiges Brot war in Chuchuhuasi nicht zu bekommen gewesen. Dieser Fisch war auch eine Story für sich. Wir hatten den in Tingo eingekauft für unsere Kuelap-Tour. Also, eigentlich hatten wir nach Tunfisch gefragt und nicht verifiziert, ob wir auch das Gewünschte erhalten hatten. Anstatt Tun hatten wir geshredderte Sardinen gekriegt, die wir dann aber nicht gegessen hatten, da es mir mega mies gegangen war und ich keinen Hunger gehabt hatte. Und unsere Sardineness-Motivation war eher unterentwickelt und so hatte ich die Dose möglichst in Vergessenheit mitgeschleppt. Dies hätte ihr grosser Tag werden sollen aber wirklich fein war das Sardinenmus nicht gewesen. Fanden wir. Die Ameisen, die wir damit fütterten, unternahmen hingegen alles, um das Zeug in ihren Bau zu schleppen. Arme Babyameisen, die jetzt tagelang Fisch essen müssen. Eine weitere, recht grosse Ameise fand Sardinen auch widerlich und zog gelbe, trockene Brotkrumen vor. Jedem das Seine, das gilt auch für Ameisen.
Und natürlich auch für uns. Und das Unsere war gestern Nachmittag eben, schwitzend und gegen Zancudos und Mücken kämpfend den Berg hinaufzustrampeln. Martina war wieder nicht in Toplaune, ihr war es wohl schlicht zu heiss. Schon seit Tagen fragte ich mich, wie wir da Kolumbien und Mittelamerika überleben sollten. Viel kühler wird es dort ja vermutlich nicht werden. Aber siehe da, plötzlich waren wir auf einer Art Passhöhe und erspähten auf der anderen Seite im Tal San Ignacio. Endlich! Wir genossen nochmals drei Kilometer rasante Abfahrt und standen dann am Rand der Ortschaft.
San Ignacio, Perus Kaffeeland. |
Nach nicht allzulanger Suche fanden wir eine Unterkunft, auch hier mit langersehnter kalter Dusche. Wobei hier in San Ignacio das Klima recht erträglich ist. Die Stadt befindet sich auf ungefähr 1'000 m Höhe und wenn es bewölkt ist, ist die Temperatur perfekt. Zu unserer Freude gibt es hier auch eine Panadería mit feinen Torten und jene Läden mit süssen Mangos, so dass unsere Welt am Abend wieder völlig in Ordnung war.
Morgen geht es weiter nach Ecuador! Ich halte mich nun schon über fünf Monate in Perú auf und habe Land und Leute lieb gewonnen. Eigentlich möchte ich hier nicht weg. Das Problem daran ist, dass ich ausreisen muss, länger als sechs Monate ist nicht möglich. Das wird sowieso schon teuer werden, da ich nur ein 3-Monatsvisum hatte. Für jeden Tag, den ich länger im Land geblieben bin, werde ich an der Grenze einen Dollar bezahlen müssen. Und schliesslich ist es die Idee einer Reise, immer weiter zu wollen/müssen/dürfen/können/sollen. Pero volveré, seguro.
Hi Monika
AntwortenLöschenCooles Veloabenteuer!! Obwohl ich eigentlich etwas ganz anderes im Zusammenhang mit Velos suchte, bin ich auf deinem Reisebericht hängengeblieben, heisst du bist auch bei google schon ziemlich bekannt ;-) Um dich noch bekannter zu machen, nehme ich dich beim nächsten Update gerne auf meinem Internetauftritt auf, würde mich über einen Link auf deinem Blog ebenfalls freuen!