Nach gut vier Tagen der Völlerei bei Mark in San Felipe (Mark, your Brownies were just awesome!) stiegen wir eines nicht extrem frühen Morgens wieder auf unsere nun vom Staub befreiten Velos und nahmen für rund 50 km die MEX 5 in Richtung Mexicali. Mark begleitete uns etwa 15 km, dann hiess es für ihn umkehren und zurück an die Arbeit. Wir fegten bei ganz leichtem Rückenwind auf der flachen Strasse dahin bis zu einem Militärposten, wo ein wenig in diverse Taschen gekuckt wurde. Bald durften wir weiterfahren, bogen auf die MEX 3 ab und hatten erst mal gar keinen Wind mehr. Für ein paar Minuten. Zack hatte gesagt, er habe hier starken Gegenwind gehabt, also sollten wir da Rückenwind haben. Worauf wir uns natürlich schon gefreut hatten, was dann aber selbstverständlich nicht funktionierte.
Schon vor und speziell nach der Mittagspause wurde uns das Vorwärtskommen ziemlich vermiest. Die Steigung wäre eigentlich überhaupt kein Problem gewesen, so aber krochen wir langsam dahin und nervten uns über etwas, das wir vermutlich an der gesamten US-Westküste werden "geniessen" können. Eine gewisse Unterhaltung brachte Mark ins Spiel, dessen Sitzungen verschoben worden waren und der uns mit seinem Pick-up einholte, Wasser bracht und für uns ein Wenig den Scout spielte und vorausfuhr um zu sehen, was uns da alles so erwartete. Er konnte uns sogar einen Campspot empfehlen, was wir begrüssten, denn in der sandig-flachen Ebene wäre das nicht leicht geworden. Und mit diesem Wind brauchten wir festen Boden, sonst wäre uns das Dach davongeflogen.
Wir fanden die Grube in der Nähe der Strasse dann auch und als wir Scheisse und Dornen entfernt hatten, war der Platz ganz gut geeignet (76.85 km, 5:16 Stunden). Warum es dort drin immer noch windete wie blöd, war uns nicht ganz klar, aber es schien auch hinter jedem Hügeli und überhaupt überall zu winden, also mussten wir uns eben damit abfinden. Der Abend wurde kühl und es war klar, dass die Nacht kalt werden würde, auch als der Wind ganz plötzlich den Geist aufgab und es schön ruhig wurde. Der Mond war im Moment nicht mehr so präsent und so konnten wir wieder die Sterne bewundern. Hier eine Frage an die Astronomen unter euch: Etwa in süd-östlicher Richtung funkelt ein auffallend heller Stern rot-blau. Ist das Sirius?
Wieder einmal dauerte es am Morgen eine ganze Weile, bis wir uns aus den Schlafsäcken und Pijamas geschält hatten. Wenn man eh schon die ganze Nacht lang gefrohren hat, ist es verdammt schwer, sich auszuziehen, auch wenn das, was man trägt, einen eben nicht warm gehalten hatte. Als wir auf der Strasse standen, schien zwar die Sonne, es war aber immer noch kalt. Aber immerhin ging es erst mal etwas bergauf, so dass uns wärmer wurde. Die ebenfalls eher flache Abfahrt in eine weites Tal war dann etwas ungemütlich, wir hatten aber Glück und sahen bei ein paar Häusern ein Schild mit "Sodas frías". Ok, nicht dass wir ein kaltes Getränk wollten, auf unsere Nachfrage hin bekamen wir aber auch warmen Kaffee. Und als wir später die obligate Znünipause machten, schön gemütlich in der Sonne (ohne Wind), war die Welt wieder in Ordnung.
Mark hatte berichtet, dass es nun z.T. schon steil bergauf gehe und entsprechend hatten wir härtere Steigungen erwartet. Die aber nie kamen. Ohne dauerndes Gegengebläse kamen wir hier ebenso schnell vorwärts wie tags zuvor wo es eigentlich recht flach gewesen war. So waren wir happy, die Landschaft hübsch und je höher hinauf wir kamen, umso grüner wurde es. Wir hatten vorgehabt, in San Matías Wasser zu kaufen. In einem Restaurant erhielten wir die Information, dass Valle de la Trinidad/Lázaro Cárdenas (das nächste Dorf) nur 20 km entfernt waren, weshalb also etwas schleppen, was es später auch noch geben würde. Nun ging es flach und sogar leicht bergab weiter und wir flogen nur so dahin. Gegen 13 Uhr erreichten wir das Dorf, wo ein Hotel unsere Aufmerksamkeit weckte. Es war zwar noch etwas früh zum stoppen, unsere Rechnung ergab jedoch, dass wir uns fast in der Mitte der Strecke nach Ensenada befanden und nach einer Stunde Mittagspause eh keine Ewigkeiten mehr weiterfahren würden. Und die Aussicht auf zelten bei dieser Schweinekälte war auch nicht gerade motivierend. Dazu kam die Erkenntnis, dass wir seit Guerrero Negro nicht mehr für eine Übernachtung bezahlt hatten und so war die Entscheidung bald gefällt (52.68 km, (3:59 Stunden). Dass dann die ersehnte heisse Dusche eher laukalt wurde, war Pech, die Nacht unter drei Wolldecken in einem Zimmer war aber bedeutend gemütlicher als die Vorhergehende.
Wieder begann ein kalter Morgen mit einer wärmenden Steigung, sehr gut. Die war sogar so um die sieben Kilometer lang, ein "echter Berg" also. Und wieder war es oben sehr grün, es sah gar nicht mehr nach Baja California aus, so mit richtiger Landwirtschaft und Feldern. Es gab auch mehrere Dörfer, weshalb wir schon auf einen Kaffee hofften. Fanden den aber nicht innert nützlicher Frist und assen unsere Guetslis halt trocken. Kaum rollten wir über die nächste Welle stand da aber eine Lonchería am Strassenrand und ja, es gab heisse Getränke. Und somit eine zweite Pause. Gemäss Höhenlinien auf meiner Karte stand uns noch ein richtiger Hügel bevor, die Karte behauptete, dass der 1'000 m hoch sei. So recht konnten wir uns das aber nicht vorstellen und auf jenem Buckel, wo wir Mittagspause machten, vermuteten wir darum, dass es das noch nicht gewesen sein konnte. Wir würden aber alles daran legen, in möglichst tiefen Lagen zu übernachten in der Hoffnung/Annahme, dass es dort evtl. etwas weniger kalt werden würde.
Wir haben schon lange keine Felder mehr gesehen. |
Die unerwartet lange Abfahrt liess dann aber die Vermutung aufkeimen, dass da keine weiteren Hügel mehr kommen würden, zumindest nicht an jenem Tag. Im Gegenteil, wir fuhren bald durch eine sehr platte Ebene mit kahlen Feldern und keinem Busch um dahinter das Zelt aufzustellen. Dafür gab es eine Pemex, wo uns erlaubt wurde, das Zelt in einer Esquinita, einer Ecke zu aufzubauen (knappe 84 km, 5:25 Stunden). Besonders chic war dieses Pemex-Camp zwar nicht, aber was soll's. Wirklich warm wurde die Nacht auch diesmal nicht, ich hatte aber noch ein paar wenige Sachen mehr zum anziehen gefunden und frohr darum etwas weniger als zwei Nächte zuvor. Aber bei 4 Grad im Zelt aufzustehen, war trotzdem nicht witzig *frierschlotterchalt*. Das war unser letztes Pemex-Camp gewesen, dass jene kalte Nacht zwei Tage zuvor unser letztes Wildcamp in Mexiko gewesen war, hatten wir zu jenem Zeitpunkt noch nicht mitgeschnitten, da zelten zwischen Ensenada und Tijuana aber eher unwahrscheinlich war, wurde uns das nun schon bewusst.
Wieder ging es erst bergauf, wunderbar. Es folgte eine Bajada und nochmals eine etwas längere Subida. Die Landschaft sah auch hier eher aus wie ein Tal in den Schweizer Alpen denn wie die Baja. Oder, bei genauerem Hinschauen, wie gewisse Orte in Guatemala oder sonst wo in Lateinamerika. Blickte man gerade aus, sah man hübsche Berge, blickte man aber den Hang hinunter, sah alles eher nach Müllhalde aus. Wir sind eben immer noch in Mexiko.
Deja-vu: oben hübsche Berge... |
...unten Müllhalde. |
Nachdem wir diesen letzten Buckel überwunden hatten, zogen wir wieder längere Ärmel an um die 20 km lange Abfahrt nach Ensenada zu überleben. Es war so richtig schön, mitanzusehen, wie wir immer weiter in die braun-graue Smogschicht der Grossstadt hinunterkamen. Mensch, wie hatten wir das doch vermisst. Versandet-trübe Luft ist eben nicht dasselbe wie ein guter, alter Smog. Bis zur Casa de Ciclista mussten wir dann auch noch 10 km durch die Stadt pedalen, wo wir die Vorzüge des dichten Verkehrs mit Lastwagen und ständig stoppenden Bussen wieder so richtig geniessen konnten. Ein Kick, den verkehrsame Seitenstrassen eben schon nicht vermitteln können.
Wir fanden die Casa insgesamt aber ohne Probleme, auch die nette Señora Delia, die die Schlüssel für das unbewohnte Haus hütet (49.5 km, 2:48 Stunden). Sie gab uns eine kurze Einführung und schon hatten wir wieder ein Haus für uns alleine. Diesmal aber ohne Küche und nur mit kalter Dusche. Wrrrrr. Dafür mit Ciclista-relevanten Informationen, ja ganzen Büchern und Karten, die von südwärts reisenden Velölern dagelassen wurden und die wir uns nun aneigneten. Als Gegenleistung blieben mein Lateinamerika Bike Buch und Baja-Karte zurück. Seit La Paz hatten wir keinen richtig grossen Supermarkt gesehen, weshalb wir hier wider so richtig zuschlugen und Futter einkauften, mit dem wir es vermutlich fast bis nach Los Angeles schaffen würden. Auch haben wir unser Gepäck auf Überflüssiges und Verzichtbares durchsucht und einiges weggeworfen, Dinge zum heimschicken zusammengesucht und unsere Apotheken halbiert.
Nach ein paar gemütlichen (und z.T. regnerischen) Tagen in Ensenada haben wir eines frühen Sonntagmorgens das Wetter gecheckt und festgestellt, dass da oben ein paar Sterne leuchteten. Ergo würde später die Sonne scheinen. So bepackten wir unsere Drahtesel und kurvten durch die noch schön ruhigen Strassen der verschlafenen Stadt. Wir fanden sogar gleich die richtige Ausfahrt und, bevor wir Ensenada endgültig verliessen, auch noch einen Oxxo mit heissem Kaffee. Wir hatten gehört, dass Ciclistas auf der Cuota hier wirklich nicht erlaubt seien, konnten es aber natürlich nicht lassen, das auch selber zu testen. Die beiden Señores, mit denen wir diskutierten, hatten auch absolut Verständnis für unser Anliegen, besassen aber offensichtlich nicht die Autorität, einen Regelbruch zu erlauben. Also zurück auf die Libre. Zu allem Übel führte die nun sogar noch durch die Hügel, während sich die Cuota ihren Weg der Küste entlangbahnte. Wir hatten eigentlich eine flache Etappe erwartet und der Anblick der Strasse, die sich da Kurve um Kurve den Berg hochschlängelte, sorgte nicht gerade für Motivationsschübe. Dass inzwischen Wolken aufgezogen waren, störte uns im Moment nicht, uns wurde auch so bald warm genug.
Es dauerte eine ganze Weile bis wir so einigermassen oben waren und nun wurde es auch recht schnell wieder kühl. Weiter vorne sah es sehr grau aus, ob nur Nebel oder Regen war noch nicht so klar. Die Landschaft bestand aus Büschen und Weiden, dazwischen standen die Häuser einiger Ranchos, nichts Aufregendes also. Bei einem Militär-Check-Point wurden wir ganz kurz ausgefragt und dann durchgewunken. Es ging jetzt leicht auf und ab bis wir das Ende des kleinen Hochplatteaus erreicht hatten, dann folgte eine coole Bajada nach La Mision, wo wir in einer Loncheria unser Lieblingsmenu, Rühreier, Bohnen und Tortillas assen. Die Tortillas waren selber gemacht und unter den besten, die wir in ganz Mexiko gegessen hatten. Nach dem Dörfli stieg die Strasse schon wieder an, diesmal aber nicht sehr lange. Bald trafen wir wieder auf die Cuota und hatten nun auch Meeresblick. Allerdings war da praktisch die gesamte Küste verbaut, mehrheitlich mit grossen Hotels und Ferienwohnungs- und -häuserkomplexen. Und selbstverständlich hatten wir nun wieder Gegenwind. Immerhin war nun das Wetter wieder etwas besser und wir waren nicht nass geworden.
Wir hatten vorgehabt, bis Rosarito zu fahren, der Abstecher in die Hügel hatte unsere Planung aber etwas durcheinander gebracht. Klar, geschafft hätten wir das schon, als wir aber um etwa 15.20 Uhr und 12 km vor Rosarito an einem Hotel vorbeikamen, entschlossen wir uns, dazubleiben (79 km, 5:24 Stunden). Bis Tijuana blieben noch rund 40 km, das würde uns am nächsten Morgen nicht aus dem Sattel hauen. Was es dann auch tatsächlich nicht tat. Sonderlich unterhaltsam wurde die Strecke aber nicht. Viel Verkehr, mehrspurige Strasse, zwischendurch Regen. Unserer Meinung nach wäre das nun nicht mehr nötig gewesen, aber anscheinend ist hier jetzt Regensaison.
..., Tequila, Sexo y Marihuana. So würde es zumindest Manu Chao ausdrücken. Für uns hiess es eher "..., Verkehr, Kälte, Regen und Ziegen". Ja, im Ernst, Ziegen. Nach diesem Schild wurde es nämlich erst mal etwas ländlich, grüne Hügel und Weiden mit gefleckten und gehörten Viechern. Wir mussten nun einen letzten Hügel erklimmen, mal mit leichten Schauern, dann wieder trocken. Der Verkehr war seit Rosarito nicht mehr sehr spassig, kein Wunder, sind Ciclistas, die dies hier als ersten Eindruck von Mexiko mitnehmen, mittelmässig traumatisiert. Die Abfahrt in die viertgrösste Stadt des Landes war dann rassant, wurde aber von mehreren Lichtsignalen unterbrochen. Dank Verkehrsschildern und kleinem Plänli im Reiseführer fanden wir das Zentrum aber problemlos. In Tijuana selber war der Verkehr sehr zivilisiert und sogar gegenüber Velos waren die Fahrer ungewohnt rücksichtsvoll. Wir gaben aber auch immer brav Handzeichen.
Die Suche nach einer Bleibe für die nächsten paar Tage dauerte nicht allzulange, und während ich rumspazierte, hatte Martina sich schon neue Freunde gemacht und wir waren in einem Coiffeurgeschäft zum Kaffee eingeladen. Wir verbrachten ein paar gemütliche Stunden mit Kaffee und Mittagessen und liessen uns anschliessend gleich noch die Haare schneiden. Zum zweiten Mal innert etwa vier Tagen. In Ensenada haben wir das nämlich schon gemacht, meine Spitzen sahen aber hinterher immer noch genau gleich malträtiert aus, jetzt ist dieses Problem mit einer Radikalkur behoben. Wir konnten uns also nicht über den Empfang Tijuana also nicht beklagen.
So, hier in Tijuana endet der Latino-Teil unserer Reise. Dazu werde ich noch ein separates Textli brösmeln. Hier aber ganz kurz zu Mexiko: Wir hatten natürlich von anderen Ciclistas viel über das Land gehört, im positiven wie im negativen Sinne. Mexiko sei das schönste Radlerland entlang der ganzen Panamericana aber mit harter Topographie und mit dem schlimmsten Verkehr, den übelsten Machos und häufiger Gringo-Abzockerei. Erst mal: alles halb so wild. Klar, das Land ist abwechslungsreich, die Berge jedoch nicht sooo krass wie man hätte annehmen können, das zentrale Hochland auch mal über hunderte von Kilometern todlangweilig. Den Verkehr fanden wir nicht so mörderisch wie wir erwartet hatten, im Gegenteil, die Autofahrer sind durchschnittlich rücksichtsvoller als in vielen Teilen Latinamerikas. Für Fussgänger trifft das ganz extrem auf die Städte der Baja California zu, da könnte jeder Schweizer was lernen, was Rücksichtnahme betrifft. Interessanterweise herrscht aber auf den Überlandstrassen der Halbinsel dafür härteres Klima als im mexikanischen Hochland, innerorts gilt die Höflichkeit gegenüber Ciclistas oft nicht. Die Männer hier sind normale Latinos, also generell respektvoll gegenüber Frauen und wir fühlten uns nicht öfters preislich verarscht als anderswo (vielleicht merkten wir es aber einfach nicht).
Also generell: Nicht gleich nervös werden, wenn ein Familienmitglied nach Mexiko geht, der normale Mexikaner ist weder Mörder, Vergewaltiger noch Narco. Die gibt es angeblich auch, sie halten sich aber meist nicht am selben Ort auf wie Touris. Und: Zwei Frauen zusammen sind nicht "allein"!
Wohnzimmer der Casa de Ciclista in Ensenada. |
Nach ein paar gemütlichen (und z.T. regnerischen) Tagen in Ensenada haben wir eines frühen Sonntagmorgens das Wetter gecheckt und festgestellt, dass da oben ein paar Sterne leuchteten. Ergo würde später die Sonne scheinen. So bepackten wir unsere Drahtesel und kurvten durch die noch schön ruhigen Strassen der verschlafenen Stadt. Wir fanden sogar gleich die richtige Ausfahrt und, bevor wir Ensenada endgültig verliessen, auch noch einen Oxxo mit heissem Kaffee. Wir hatten gehört, dass Ciclistas auf der Cuota hier wirklich nicht erlaubt seien, konnten es aber natürlich nicht lassen, das auch selber zu testen. Die beiden Señores, mit denen wir diskutierten, hatten auch absolut Verständnis für unser Anliegen, besassen aber offensichtlich nicht die Autorität, einen Regelbruch zu erlauben. Also zurück auf die Libre. Zu allem Übel führte die nun sogar noch durch die Hügel, während sich die Cuota ihren Weg der Küste entlangbahnte. Wir hatten eigentlich eine flache Etappe erwartet und der Anblick der Strasse, die sich da Kurve um Kurve den Berg hochschlängelte, sorgte nicht gerade für Motivationsschübe. Dass inzwischen Wolken aufgezogen waren, störte uns im Moment nicht, uns wurde auch so bald warm genug.
Es dauerte eine ganze Weile bis wir so einigermassen oben waren und nun wurde es auch recht schnell wieder kühl. Weiter vorne sah es sehr grau aus, ob nur Nebel oder Regen war noch nicht so klar. Die Landschaft bestand aus Büschen und Weiden, dazwischen standen die Häuser einiger Ranchos, nichts Aufregendes also. Bei einem Militär-Check-Point wurden wir ganz kurz ausgefragt und dann durchgewunken. Es ging jetzt leicht auf und ab bis wir das Ende des kleinen Hochplatteaus erreicht hatten, dann folgte eine coole Bajada nach La Mision, wo wir in einer Loncheria unser Lieblingsmenu, Rühreier, Bohnen und Tortillas assen. Die Tortillas waren selber gemacht und unter den besten, die wir in ganz Mexiko gegessen hatten. Nach dem Dörfli stieg die Strasse schon wieder an, diesmal aber nicht sehr lange. Bald trafen wir wieder auf die Cuota und hatten nun auch Meeresblick. Allerdings war da praktisch die gesamte Küste verbaut, mehrheitlich mit grossen Hotels und Ferienwohnungs- und -häuserkomplexen. Und selbstverständlich hatten wir nun wieder Gegenwind. Immerhin war nun das Wetter wieder etwas besser und wir waren nicht nass geworden.
Wir hatten vorgehabt, bis Rosarito zu fahren, der Abstecher in die Hügel hatte unsere Planung aber etwas durcheinander gebracht. Klar, geschafft hätten wir das schon, als wir aber um etwa 15.20 Uhr und 12 km vor Rosarito an einem Hotel vorbeikamen, entschlossen wir uns, dazubleiben (79 km, 5:24 Stunden). Bis Tijuana blieben noch rund 40 km, das würde uns am nächsten Morgen nicht aus dem Sattel hauen. Was es dann auch tatsächlich nicht tat. Sonderlich unterhaltsam wurde die Strecke aber nicht. Viel Verkehr, mehrspurige Strasse, zwischendurch Regen. Unserer Meinung nach wäre das nun nicht mehr nötig gewesen, aber anscheinend ist hier jetzt Regensaison.
Welcome to Tijuana... |
..., Tequila, Sexo y Marihuana. So würde es zumindest Manu Chao ausdrücken. Für uns hiess es eher "..., Verkehr, Kälte, Regen und Ziegen". Ja, im Ernst, Ziegen. Nach diesem Schild wurde es nämlich erst mal etwas ländlich, grüne Hügel und Weiden mit gefleckten und gehörten Viechern. Wir mussten nun einen letzten Hügel erklimmen, mal mit leichten Schauern, dann wieder trocken. Der Verkehr war seit Rosarito nicht mehr sehr spassig, kein Wunder, sind Ciclistas, die dies hier als ersten Eindruck von Mexiko mitnehmen, mittelmässig traumatisiert. Die Abfahrt in die viertgrösste Stadt des Landes war dann rassant, wurde aber von mehreren Lichtsignalen unterbrochen. Dank Verkehrsschildern und kleinem Plänli im Reiseführer fanden wir das Zentrum aber problemlos. In Tijuana selber war der Verkehr sehr zivilisiert und sogar gegenüber Velos waren die Fahrer ungewohnt rücksichtsvoll. Wir gaben aber auch immer brav Handzeichen.
Die Suche nach einer Bleibe für die nächsten paar Tage dauerte nicht allzulange, und während ich rumspazierte, hatte Martina sich schon neue Freunde gemacht und wir waren in einem Coiffeurgeschäft zum Kaffee eingeladen. Wir verbrachten ein paar gemütliche Stunden mit Kaffee und Mittagessen und liessen uns anschliessend gleich noch die Haare schneiden. Zum zweiten Mal innert etwa vier Tagen. In Ensenada haben wir das nämlich schon gemacht, meine Spitzen sahen aber hinterher immer noch genau gleich malträtiert aus, jetzt ist dieses Problem mit einer Radikalkur behoben. Wir konnten uns also nicht über den Empfang Tijuana also nicht beklagen.
Neue Frisur, alte, kaputte Hose. |
Tijuanas Tourimeile. |
So, hier in Tijuana endet der Latino-Teil unserer Reise. Dazu werde ich noch ein separates Textli brösmeln. Hier aber ganz kurz zu Mexiko: Wir hatten natürlich von anderen Ciclistas viel über das Land gehört, im positiven wie im negativen Sinne. Mexiko sei das schönste Radlerland entlang der ganzen Panamericana aber mit harter Topographie und mit dem schlimmsten Verkehr, den übelsten Machos und häufiger Gringo-Abzockerei. Erst mal: alles halb so wild. Klar, das Land ist abwechslungsreich, die Berge jedoch nicht sooo krass wie man hätte annehmen können, das zentrale Hochland auch mal über hunderte von Kilometern todlangweilig. Den Verkehr fanden wir nicht so mörderisch wie wir erwartet hatten, im Gegenteil, die Autofahrer sind durchschnittlich rücksichtsvoller als in vielen Teilen Latinamerikas. Für Fussgänger trifft das ganz extrem auf die Städte der Baja California zu, da könnte jeder Schweizer was lernen, was Rücksichtnahme betrifft. Interessanterweise herrscht aber auf den Überlandstrassen der Halbinsel dafür härteres Klima als im mexikanischen Hochland, innerorts gilt die Höflichkeit gegenüber Ciclistas oft nicht. Die Männer hier sind normale Latinos, also generell respektvoll gegenüber Frauen und wir fühlten uns nicht öfters preislich verarscht als anderswo (vielleicht merkten wir es aber einfach nicht).
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