Bevor ich
Banff verlassen konnte, musste noch ein Problem gelöst werden. Da Martina in
Prince George angekündigt hatte, sie werde von Banff aus nach Edmonton fahren,
musste ich mir von zu Hause mein Zelt schicken lassen. Das hatte soweit
geklappt und das Paket wartete in Banff auf der Post schon auf mich. Soweit so
gut. Mami und Papi, danke für das schnelle schicken! Wie sich aber
herausstellte, fehlten Stangen und Heringe. Hmmm, was nun? Die express
nachschicken lassen? Es war Samstag Abend, vor Montag würde da gar nichts gehen
und vier bis fünf Tage würde das vermutlich auch dauern. Stangen im Dorf
kaufen? Aber verkauft den jemand einfach nur Stangen ohne Zelt dazu? Das galt
es herauszufinden und schon der erste Laden hatte Zeltstangen im Sortiment. Nun
aber natürlich nicht genau die gewünschte Länge und auch nicht schön leichte
Alu- sondern ziemlich schwere Plastikstangen. Die sich aber immerhin gut
absägen liessen, dass die eine Stange etwas zu kurz war, liess sich nicht
ändern. Heringe zu finden, war auch kein Problem. Im Grossen und Ganzen war das
Problem also überraschend schnell „gelöst“, bzw. für die Strecke bis nach
Vancouver brauchbar improvisiert.
Nach
einigen Tagen in Banff, inkl. Einem Besuch der heissen Quellen, hiess es dann
Abschied nehmen. Von Martina vorübergehend, von Alvaro definitiv. Der Clown war
schliesslich auf dem Weg nach Ushuaia, sehr schnell werden wir uns also nicht
mehr über den Weg laufen. Es war unterhaltsam gewesen, mit ihm zu fahren, auch
wenn mir seine Weigerung, irgendwelche Nationalpark-Regeln zu akzeptieren, mit
der Zeit etwas auf die Nerven gegangen war. Ich war nun gespannt, wie es sich
anfühlen würde, nun alleine unterwegs zu sein, sich auf niemanden mehr
„eintunen“ zu müssen und tun und lassen, was mir gerade einfällt. Was natürlich
auch heisst, jeden Entscheid selber zu treffen und alles, das erledigt sein
will, selber zu machen. Ein kurzer Besuch im Safeway stellte die Versorgung mit
Brot für die nächsten zwei Tage sicher und schon ging es los, zurück in
Richtung Lake Louise. Den ersten Teil der Strecke kannte ich, auf dieser
Strasse waren wir nach Banff gekommen.
Vermillion Lakes am Morgen. |
Dass ich
hier leichten Gegenwind haben würde, war anzunehmen gewesen, auf dem Hinweg
hatten wir einen Rückenhauch gehabt. Bei Castle Rock bog ich auf den HWY 93 ab
und nun ging es auf den etwas über 1‘600 m hohen Vermillion Pass hinauf. Um das
etwas amüsanter zu machen, blies der Wind nun aus allen Rohren, selbstverständlich
immer noch von vorne. Auf dem Weg nach oben entdeckte ich zwei Ciclistas vor
mir, die auf der Passhöhe oben auf mich warteten. Sonia und Manfred aus
Würzburg. Im Weiterfahren plauderten wir etwas und als sie bei einer Raststätte
anhielten, flitzte ich weiter den Hügel hinunter. Da die Strasse nun langsam
die Richtung änderte und sich gegen Süden drehte, hätte ich eigentlich
angenommen, dass ich irgendwann Rückenwind haben würde. Dieser Luft war die
Himmelsrichtung jedoch scheissegal, sie blies ganz einfach dem Tal nach, ergo war
nichts mit Rückenwind.
In Banff
hatte ich die Kilometerangaben der Karte zusammengerechnet und bin auf knapp
1‘400 km bis Vancouver gekommen. Bei einem Durchschnitt von 70 km pro Tag würde
das 20 Tage dauern und ich hatte etwas mehr als einen Monat bis zu meinem Flug
am 1. Oktober. So konnte ich es also gemütlich nehmen und als ich kurz nach 16
Uhr ein Strässchen entdeckte, das aussah als führe es zum Vermillion River
hinunter, ging ich das auskundschaften. Ich befand mich nun im Kootenay
National Park und Wildcampen war immer noch illegal, viele Optionen blieben mir
allerdings nicht, wenn ich keine teure Lodge bezahlen wollte. Wollte ich nicht
und so entschloss ich mich, mich an diesem wunderschönen, ruhigen Örtchen
niederzulassen. Der Fluss war zwar nicht in Sichtweite, dafür hatte ich meinen
privaten kleinen Bach. Freut euch des Lebens... (70.69 km in 4:29 Stunden). Eine
unangenehme Überraschung erwartete mich, als ich das Zelt aufstellte und sah,
dass viele der unzähligen Flicken, die Exped auf meinen durchlöcherten
Zeltboden geklebt hatte, schon wieder weg oder sich am ablösen waren. Ist denn
dieses Oberhabasch-Unternehmen zu überhaupt nichts in der Lage?!? Die Matten
platzen am Laufmeter, Reissverschlüsse gehen kaputt und Zeltböden sind schon
nach einem halben Jahr Gebrauch futsch und diese Waschlappen bringen es nicht
mal fertig, das tauglich zu flicken!?! Muss zugeben, bin langsam aber sicher
frustriert und werden den Damen und Herren ein entsprechendes Mail schicken.
Nicht, dass ich eine konstruktive Antwort erwarte aber diese Leistung ist
einfach zu schwach um das kommentarlos hinzunehmen.
Ranger bzw.
Wardens tauchten in meinem hübschen aber illegalen Campspot keine auf, in der
Nacht stolperte jedoch jemand oder etwas über die Zeltschnüre. Wer wohl da
draussen rumschlich? Als ich am Morgen aufstehen sollte, dauerte es etwas
länger bis ich es schaffte, aus den Federn zu kriechen. Ich hatte gerade mal 5
°C im Zelt. Ziemlich genau 0 °C waren es draussen und das Eis, das ich vom
pflutschnassen Zelt abkratzte, sprach deutliche Sprache. So war ich dann erst
mal eine Weile damit beschäftigt, mit meinem coolen Zeltschwamm ebendieses Zelt
zu entnässen. Dieses wirklich äusserst saugfähige Teil war in dieser Situation
Gold wert. Liess das Hüttchen dann stehen und hoffte, dass die Sonne das mit
dem fertig trocknen übernehmen würde. Als ich meine wie immer in der Gegend
verstreuten Sachen zusammensuchen ging, entdeckte ich weitere Hinweise auf den
nächtlichen Zeltschnur-Stolperer. Wer bzw. was es war, werde ich nie wissen, ich
wette aber, dass es derselbe Typ gewesen war, der meinen Kocher und Pfanne
verstreut und eingesabbert und sich am Bear Vault die Zähne ausgebissen hatte.
Ok, Zähne ausgebissen ist vielleicht nicht wörtlich zu nehmen, aber ganz
offensichtlich hatte da ein Tier, ich unterstelle jetzt mal ein Bär, versucht,
an mein Futter ranzukommen. Auch die Box war noch voller Speichel, was etwas
widerlich war.
Kootenay NP-Camp. |
Hat der Attacke standgehalten. |
Dass diese
Büchse einem Angriff standhalten würde, hatte ich ja angenommen, etwas besorgt
fragte ich mich nun aber, was wohl mit dem Drybag passiert war. Der konnte
keinen Zähnen standhalten, nicht mal denen einer Maus. Zu meiner Erleichterung
und auch Belustigung hatte der nächtliche Besucher den Sack aber nicht
gefunden. Haha, wer sagt denn, dass unsere Bärenstrategie nicht funktionierte.
Da bemühte sich einer, etwas aufzukriegen, das er nie schaffen konnte und ahnte
nicht, dass 50 m weiter noch viel mehr Food quasi auf dem Servierteller lag.
Aber ok, auch gut. Das Wetter war schön, am Vormittag windete es kaum, was will
man also mehr?
Nach
knappen 10 km kam ich zur Kootenay Park Lodge, schlich mich ins Gästeklo und
füllte eine Flasche auf und traf beim Rausgehen Sonia und Manfred. Wir
schlossen uns für den Tag zusammen, sausten miteinander dem türkisblauen
Kootenay River entlang ins Tal hinunter und strampelten gemeinsam den nächsten
Pass hoch. Unterwegs sahen wir eine Elchkuh mit Kalb ziemlich nahe an der
Strasse weiden mit Ranger als Bodyguard daneben. Wir hatten schon geglaubt, den
Pass gebodigt zu haben, als es nochmals ein ganzes Stück hinauf ging. Auch der
Wind hatte inzwischen eingesetzt, von vorne natürlich. Aber auch diese Steigung
hatte irgendwann ein Ende und wenn die beiden Deutschen auch schneller
bergaufpedalten, schob mich mein schweres Gepäck schneller den Berg hinunter.
Einziger Grund anzuhalten, war eine Gruppe Bighorn Schafe neben der Strasse.
Elch-Kalb. |
Bighorn Sheep. |
In Radium
Hot Springs, nun ausserhalb jeder Nationalpärke, fand Sonia, sie brauche einen
Energieschub, den wir in Form von Kaffee und Glacé auch fanden. Vielen Dank ihr
zwei, das Glacé war mega fein. Im örtlichen Visitor Center besorgten wir uns
Karten und Info betr. Übernachtungsmöglichkeiten. Ich fand heraus, dass die Rec
Site, auf die ich gehofft hatte, eine gute Velostunde entfernt war, was nicht
in Frage kam. Ich würde mich also für eine Nacht auf einem Campground meinen
neuen Freunden anhängen. So fuhren wir weiter hügeliauf, hügeliab bis
Invermere, wo wir einkaufen gingen und rausfanden, dass der CG, auf den die
beiden wollten, nur ein RV Park war. Die nächste Rec Site befand sich 5 km
entfernt auf einem Hügel. Es war schon nach 19 Uhr und wir versuchten
herauszufinden, was wohl das schlauste Vorgehen war, als uns ein junger Mann
empfahl, entlang der West Site Road ein Wildcamp zu suchen. Das war die Strasse
auf der anderen Seite des Invermere Lakes, die wir für den nächsten Tag im Auge
gehabt hatten. Auch da mussten wir zwar noch einige Kilometer aus der Ortschaft
fahren, aber immerhin in die Richtung, in die wir ohnehin wollten. Da uns
angesichts der späten Stunde jedoch bald die Geduld bei der Suche ausging,
fragten wir bei einem Haus, ob wir wohl auf deren Wiese campen dürften. „I
don’t see why not“, kam die gut kanadische Antwort und wir durften sogar
duschen, was wir natürlich nicht ablehnten (97.37 km in 6:03 Stunden).
Als ich am
Morgen darauf den netten Herrn fragte, ob es im nächsten Dorf allenfalls eine
Bibliothek mit Wifi gäbe, verneinte er, meinte aber, er habe Wifi und ich könne
das gerne nutzen. Ich nahm das Angebot an und sagte tschüss zu Sonia und Mani,
die weiterfahren wollten. Dass man zusammen mit einem Gesprächspartner nicht so
effizient arbeitet als alleine, war soweit klar, war mir aber egal. Ich hatte
es nicht eilig. David, mein Gastgeber, war sehr nett und als im Laufe des
Vormittags das Angebot kam, eine weitere Nacht dazubleiben, war ich nicht
wirklich überrascht. Und warum auch nicht, ich hatte genug Zeit um nach
Vancouver zu kommen. Als noch sein Freund Kevin auftauchte, wurde die Sache
noch unterhaltsamer. Die beiden sind Lastwagenfahrer bzw. Maschinisten und
Freunde seit ihrer Jugend. David kann aus gesundheitlichen Gründen (zwei
Herzinfarkte etc. etc.) nicht mehr arbeiten, Kevin war im Moment eine Art
pensioniert, wird jedoch wieder arbeiten, wenn die lokale Holzfabrik im Herbst
wieder öffnet. Nun, sich mit Lastwagenfahrern zu unterhalten, war mal was
anderes, Kevin ist auch begeisterter Töff-Fahrer, über deren Krach man sich
normalerweise eher nervt. Während die beiden an Davids Auto herumwerkelten,
stellte ich mein Zelt nochmals auf,einerseits um es trocknen zu lassen,
andererseits um die läppischen Flicken durch Duct Tape zu ersetzen. Über 40
runde Stücklein auszuschneiden dauerte eine ganze Weile, von den
„selbstklebenden“ Typen hatte kaum einer überlebt bzw. befand sich im besten
Falle im fortgeschrittenen Stadium der Ablösung. Nun rupfte ich die Deppen eben
gleich alle weg.
Expeds Zeltflick-Kunst. It simply sucks!!! |
Das Ziel
wäre eigentlich gewesen, am folgenden Morgen aufzubrechen, ich hatte da aber so
eine Ahnung und der Verdacht, dass die beiden Herren mich nicht so leicht
ziehen lassen würden, bestätigte sich dann auch. Ich weiss nicht mehr genau,
wie es dazu kam, aber als ich bemerkte, dass ich noch nie auf einem Motorrad
gesessen habe, konnte Kevin das nicht auf sich sitzen lassen. Er fuhr
kurzerhand zu sich nach Hause und holte eine zweiten Helm und lud mich dann auf
seine riesige Honda. Im Gegensatz zu all den mühsamen Harleys machte das Ding
aber gar nicht so viel Lärm. Wir fetzten einmal um den Lake Invermere, stoppten
um etwas gegen den Hunger zu unternehmen und als wir zu Daves Haus zurückkamen,
lohnte es sich längst nicht mehr, irgendwohin zu wollen. Aber was soll’s, eine
weitere Nacht in dem superbequemen Bett würde ich auch noch aushalten.
Velo-Verrat: Ausflug mit Kevin. |
Wie gesagt,
ich hatte es nicht eilig, musste aber langsam aber sicher doch weiterfahren um
nicht später in Stress zu geraten. Kathy, Daves Frau hatte mir eine Ladung
Energy Bites gemacht, Kügelchen aus Peanut Butter, diversen Körnlis und
getrockneten Cranberries. Das gab zwar gleich noch mehr zu schleppen, in diesem
Fall war es das aber absolut auch wert. Kathy, Dave and Kevin, thank you so much for letting me stay with you I had a great time! Es wurde fast halb eins bis ich loskam,
da sich mir keine grösseren Hindernisse in den Weg legten, schaffte ich doch
noch so einige Kilometerlis. Ein Halt wert war der Columbia Lake, der Ursprung
des riesigen Columbia Rivers, der bei Astoria an der Oregon-Washington-Grenze
in den Pazifik fliesst und den wir auf einer der längsten Brücken, die ich je
gesehen hatte überquert hatten. Sonst gab es Bauernhöfe und Heuballen zu sehen.
Die Rec Site, die ich anvisiert hatte, fand ich jedoch nie und schlug mein Zelt
eben auf einer Kuhweide auf (70.63 km in 4:33 Stunden). An jenem Abend war
Vollmond, zum zweiten Mal in diesem Monat und der war so gross und goldgelb wie
selten. Megaschön, so richtige Wildcamp-Idylle.
Feuchtgebiet in der Nähe von Invermere. |
Am Morgen
darauf erwachte ich mich den ab dann üblichen rund 7-8 °C im Zelt auf. Nicht
warm, aber soweit ok. Draussen herrschten die ebenfalls üblichen 5 °C, in
Begleitung von ein paar relaxten Rindviechern. Als ich auf die Strasse einbog,
kamen da gerade zwei Ciclistas angestrampelt. Wir fuhren einige Kilometer
zusammen bis sich die Strasse verzweigte und die in die andere Richtung gingen.
Ab jener Verzweigung hatte ich zügigen Rückenwind, kam vorwärts wie der Blitz
und war total vergnügt. Bei einer Farm mit Laden stoppte ich, kaufte ein paar
Früchte, teuren Käse und Tomätlis und Brötlis. Schon ging’s weiter in Richtung
Cranbrook. ...Freut euch des Lebens, oder ich hau’der en Chnoche an Grind...
Kurz vor der Stadt bog die Strasse auf den Crowsnest Hwy ein und ab da wurde
der Verkehr ungemütlich. Und dazu drohten graue Wolken. Beim Superstore stoppte
ich nochmals. Und, wie schlau ist es wohl, so ein Velo unbeaufsichtigt vor
einem grossen Laden stehen zu lassen? Ich wusste es nicht so genau, konnte aber
ohnehin nichts anderes tun, als das Teil wohin schliessen und hoffen, dass
niemand etwas von all dem Rundherum klaut.
Nun,
geklaut hatte niemand etwas, der Wind hatte aber in der Zwischenzeit gedreht
und blies mir nun ganz schön kräftig ins Gesicht. Sauhund! Allzuweit wollte ich
darum nicht mehr pedalen, musste aber die Stadt mit all ihren letzten Häusern
hinter mir lassen. Und das dauerte noch eine ganze Weile. Im Wald folgte ich
dann aber in einem unbeobachteten Moment einer schmalen Seitenstrasse und fand
dort, so hübsch zwischen Bahngleis und Strasse, einen brauchbaren Platz (74.67
km in 5:03 Stunden). Wie fast überall war auch hier die Vegetation, abgesehen
von den Bäumen, nicht mehr wirklich grün, sondern braun. Nur noch ein paar
wenige Blüemlis brachten einige wenige kleine Farbtupfer in die Landschaft und
ich sorgte mich beim kochen jeweils etwas um trockene Gräser, die hoffentlich
nicht in Flamme aufgehen würden.
Gegenwind
ab der ersten Minute ist nicht lustig! Aber dagegen unternehmen kann man auch
nichts. So strampelte ich weiter in Richtung Süd-Südwest immer schön dem Moyie
Lake und Moyie River entlang. Einige Kilometer nach dem Käffli Yahk bog ich
Richtung Norden ab. Erst war‘s windstill und später mit coolem Schub von
hinten. So hatte ich mir das vorgestellt, Freut euch des Lebens...! Blöderweise
dauerte das nur etwa bis 14 Uhr, als meine Mittagspause um war, hatte auch der
Wind gekehrt. Was ich aber hätte erwarten müssen. Rein aus Prinzip. Fand am
Nachmittag einen wunderhübschen Platz an einem Fluss, konnte mich wegen den
Auto- und Pferdespuren aber länger nicht entscheiden, ob es schlau sei, dort zu
übernachten. Es war zwar Sonntag, am Montag aber Labor Day, ein Feiertag. Ich
blieb schlussendlich doch und es kam niemand um sich dort am Flussufer zu
besaufen (80.15 km in 5;02 Stunden).
In Creston werden grosse Kürbisse verkauft. |
Bis Creston
hatten nur noch wenige Kilometer gefehlt. Dort stoppte ich nochmals zum Futter
aufladen, ging im freundlichen Visitor Center kurz ins Internet, dann ging es
nordwärts auf dem Hwy 3A. Während links unten ein topfebenes Tal voller Felder
lag, wand sich die Strasse dem steilen Berghang entlang, selbstverständlich
non-stop auf und ab. Ein überdachter View Point bot sich zum Pause machen an,
wobei es nicht so klar war, ob es in der Sonne zu warm oder im Schatten zu kühl
war. Es summten aber noch fleissig Bienen und Hummeln um die wenigen Blumen,
die noch blühen, so dass man gar nicht meinen könnte, dass der Sommer langsam
aber sicher zu Ende geht.
West Kootenay Valley. |
Immer bei der Arbeit. |
Weiter
ging’s, imm auf und ab, öfters mal steil und ohne Seitenstreifen. Bald lagen
unten im Tal keine Felder mehr sondern der langgezogene Kootenay Lake, dem ich
noch zwei weitere Tage lang folgen sollte. Am Nachmittag tauchten vor mich jene
beiden Ciclistas auf, die ich schon vor Cranbrooks getroffen hatte. Als sie bei
einem Lädeli stoppten, holte ich sie ein und wir fuhren zusammen bis zum
nächsten Zeltplatz. Ich hatten dann aber keine Lust, für einen CG ohne
fliessend Wasser zu bezahlen, auch nicht, wenn wir die sage und schreibe $ 21
teilten. So fuhr ich alleine weiter auf der Suche nach einem unoffiziellen
Zeltplätzli, dass ich 3 km später auch fand (70.13 km in 4:22 Stunden). Ist
noch interessant, dass es für viele „Kurzzeit-Radler“ nicht wirklich in Frage
kommt, irgendwoanders als auf einem richtigen Campground zu übernachten.
Bis zur
Fähre von Kootenay Bay nach Balfour blieben noch hügelige 23 km. Inzwischen
brauchte ich morgens kaum mehr mehr als zwei Stunden vom Aufstehen bis zum
Losfahren, d.h. ich war um 8 Uhr auf der Strasse. Und im 9.40 Uhr beim Ferry
Terminal und hatte so noch eine Stunde Zeit bis die Fähre fahren würde. Auch
die beiden Amis tauchten bald auf und so war die Wartezeit bald um. Auf der
Fähre gab es sogar zwei kurze Stricke, mit denen man die Velos festzurren
konnte. Besser das sogleich selber machen, bevor irgend ein Idiot auf die Idee
kommen könnte, mein Velo zwecks Platz sparen unter einen Lastwagen zu schmeissen
(wie in Nicaragua vorgekommen).
Wenn ich
geglaubt hatte, die Steigungen bis dahin seien steil gewesen, wurde ich nun
eines Besseren belehrt. Die gut 35 km bis Kaslo waren schweisstreibend und
brachten meine Knie zum schmerzen. Ich kam um 14 Uhr im hübschen historischen Städtchen
an und ging mich im Visitor Center über die Region informieren. Der starke
Nordwind, der wie so oft um diese Zeit aufkam, raubte mir jede Motivation,
weiterzufahren. Das Problem wurde aber schnell klar: der Municipal CG kostete $
22 für eine Site ohne Strohm und Wasser! Ähm, ehrlich, ich weiss, dass wir hier
nicht mehr in Lateinamerika sind, aber solche Preise zahle ich nicht, nur um
mein Hüttchen aufstellen zu dürfen. Als ich so brütend an einem Tisch am
Seeufer sass, quatschten mich einige ausgewanderte Deutsche an und ich erhielt
einen warmen Kaffee. Die Sonne schien zwar immer noch, mit diesem Wind war es
aber unangenehm kalt. Ich musste nun aber eine Lösung suchen und hoffte, dass
ich mir in über 2.5 Jahren reisen immerhin ein minimales Improvisationstalent
angeeignet hatte. So fuhr ich eben doch zum Muni CG und fragte die Caretaker
Lady ob ich versuchen dürfe, eine Site zu hitchen. Die Dame war äusserst nett
und bot mir kurzerhand ein Plätzchen neben ihrem Trailer an. Gratis. Ja, so
schwierig ist das doch gar nicht, man muss nur mit den Leuten reden (60.87 km
in 4:07 Stunden). Auf dem CG gab es natürlich auch eine heisse Dusche, vier
Minuten kosteten einen Dollar, und um die Sache zu toppen, lud mich meine
Gastgeberin gleich noch zum Abendessen ein. Soll niemand behaupten, die Leute
hier seien weniger gastfreundlich als die Latinos. Man muss nur mit etwas mehr
Eigeninitiative auf sie zugehen.
Fire Hall in Kaslo. |
Stern Wheeler Moyie, Kaslo. |
Als die
nette Lady und ihr Nachbar, der auch mit dabei war, hörten, dass ich über jene
Gravel Road nach Trout Lake wollte und die Absicht hatte, unterwegs wild zu
campen, waren die Leutchen allerdings recht besorgt. Das sei Bear Country und
zwar nicht nur Schwarzbären sondern auch Grizzlies. Nicht, dass mich das soweit
beeindruckt hätte, aber wenn zwei Leute auf einen einreden, wie gefährlich
etwas ist, nun, was soll man machen. Sie, Schulbus-Fahrerin, rief kurzerhand
die Lehrerin eines kleinen Dorfes rund 40 km weiter nördlich an und fragte, ob
ich dort auf dem Schulgelände campen könnte. Das sei kein Problem, ob ich Lust
hätte, am Morgen den Kindern etwas von meiner Reise zu erzählen? Erstens kann
man da schlecht nein sagen, zweitens könnte sowas auch echt Spass machen.
Kontakt zu Kindern hatte ich schon lange keinen mehr gehabt. 40 km sind zwar etwas
wenig, aber wenn es so hügelig sein würde wie bis anhin, würde mich das wohl
nicht weiter stören. Bis Nakusp, dem nächsten grösseren Ort, waren es 190 km,
100 km davon Schotter und ich hatte knappe vier Tage dafür veranschlagt. Das
sollte so also in etwa aufgehen.
Da Kaslo
angeblich bärenfrei sei, hatte ich, zum ersten Mal seit langem, mein Zeug nicht
ausgeräumt, sondern alles in Taschen und Rucksack gelassen. Als ich dann aber
mitten in der Nacht etwas vor meinem Zelt schnaufen hörte, fand ich das doch
sehr naiv. Wäre ja oberpeinlich, wenn hier irgend so ein doofes Vieh mein Zelt
aufbrechen oder meine Taschen ausräubern würde. Nachdem ich beim Nachbarzelt
einen Reissverschluss gehörte hatte, war jedoch Ruhe. Die hatten den
Störenfried offensichtlich verjagt. Am Morgen wurde mir dann aber bewusst, dass
sie den Störenfried wohl nicht verscheucht sondern wieder ins Zelt gelassen
hatten. Der Schnaufer musste deren fetter Mops gewesen sein. Yep, Wildcamps
haben ihre Vorteile, keine Hunde und auch keine menschlichen Schnarcher.
Für den
Morgen hatte ich von Trish, der Caretakerin die Schlüssel zu ihrem Trailer
erhalten. Sie ging kurz nach 6 Uhr zur Arbeit, ich durfte es mir in ihrem
Wohnwagen gemütlich machen. Und gemütlich war es. Der Trailer ist einer jener
riesen Dinger und mit allen ausfahrbaren Teilen draussen ist das eine
regelrechte Zweizimmer-Wohnung. Und da ich keinen weiten Weg vor mir hatte,
liess ich mir Zeit und startete erst kurz vor 9 Uhr. Wie erwartet ganz schön
steil und obwohl es kühl war kam ich durchaus in Schwitzen. Mann, hoffentlich
ist die blöde Gravel Road etwas menschlicher. Trotzdem, es war hübsch und die
letzten zehn Kilomete waren sogar flach. So war ich dann schon um den Mittag
herum dort und nicht so sicher, ob ich wirklich bleiben sollte oder
weiterfahren. Die dunklen Wolken in Fahrtrichtung überzeugten mich schliesslich
zu bleiben und nun steht mein Zelt vor der Schule unter ein Dach (41.33 km in 3:01
Stunden). Extrem gemütlich ist es hier zwar nicht, da es aber seit einiger Zeit
reget, bin ich doch glücklich, dass es hier wenn auch kalt, dann zumindest
trocken ist. Auf der Wiese nebenan grast eine Hirschkuh mit zwei Jungen. Vorhin
sind sie plötzlich davorgerannt, weiss nicht, was sie erschreckt hat. Die
Mutter faucht die ganze Zeit so sonderbar und jetzt sind alle drei ab in den
Wald.
Schul-Camp in Meadwo Creek. |
Die Nacht
verlief ohne Besuche von weiteren Viechern und am Morgen verbrachte ich etwa
eine halbe Stunde in der Schule und erzählte den Kindern von meiner Reise.
Wieviel bei denen wirklich angekommen ist, weiss ich nicht, aber sie waren auf
jeden Fall herzig. Etwa um 9 Uhr setzte ich mich wieder in den Sattel und
startete meine kanpp 100 km Gravel Road and Wilderness. In Meadow Creek bin ich
ja nur geblieben, weil die Lady von Kaslo so besorgt war, dass ich wild campen
wollte, wo es in der Region doch so viele Bären habe.Über das Dach während des
Regens war ich allerdings nicht unglücklich gewesen. Nun schien die Sonne
wieder und ich genoss die guten 40 km flach dem Lardeau River entlang. Am
Morgen war es noch ziemlich kühl, die Kiesstrasse war aber in einem super
Zustand, rundherum ein wildes Pflanzen-Gewucher und zeitweise war ich etwas an
den Dempster HWY erinnert. Was auffiel, war dass es in diesem Tal noch viel
grüner war als als das trockene, braune Gras vor Creston. Es blühten auch noch
viel mehr Blumen und fühlte sich insgesamt weniger nach Herbst an. Abgesehen
mal von den Temperaturen. Und der dunkle, blau-grüne Fluss war so schön, dass
ich immer mal wieder stoppte und knipste, einfach weil es zu hübsch war um
durchzuflitzen ohne anzuhalten.
Leuchtend blauer Lardeau River... |
...leuchtende Blumen... |
... und tausende schöne Schmetterlinge. |
Als ich den
Trout Lake erreicht hatte, dem Beginn des Lardeau Rivers, wurde die Strasse
wurde durchschnittlich schmaler und es wurde wieder ganz schön hügelig. Im
Visitor Center in Kaslo war mir gesagt worden, es sei dort steiler als die
Strecke vor Kaslo. Das hatte mich etwas geschockt und besorgt, das was ich nun
vorfand, war halb so tragisch. Schon steil, könnte man sagen, aber völlig in
Ordnung im Vergleich zur asphaltierten Strasse vor und nach Kaslo. Vorbei
ging’s an zwei „Geister-Wasserfällen“, die im Wald aus der Distanz fast
gespenstisch wirkten, erst einige Male auf und ab und dann stieg die Strasse an
auf eine Art Pass, von wo es dann wieder bergab zum See ging. Dort, einige
Kilometer vor dem Dorf Trout Lake fand ich einen genialen Spot am See, der
sich, wie sich herausstellte, auch perfekt zu baden eignete. Kühl genug um kalt
zu sein, aber doch warm genug um nicht gleich wieder rauszuspringen. Freut euch
des Lebens, aber es Bitzeli gschwind...!
Ein
weiterer Morgen begann, kühl aber sonnig, wie gehabt. Etwas mehr als 15 km
Schotter, dann rollte ich schon wieder auf Asphalt. Und hinauf auf einen Pass.
Nicht schlecht, so wurde mir wenigstens warm. Als ich oben das Schild sah, das ein
5 km langes Gefälle von 10 % versprach, zog ich mich wieder wärmer an und
flitzte dann den Berg hinunter wie schon lange nicht mehr. Einige Kilometer
nachdem ich auf den HWY 23 eingebogen war, traf ich ein Ciclista-Paar, die mir
heisse Quellen empfohlen. Nicht welche mit Eintritt und allem Drum und Dran,
sondern naturbelassene. Wie weit vom HWY entfernt die waren, konnten sie
allerdings nicht sagen. Etwa eine halbe Stunde, inkl. etwas schieben. Er hatte
einen Anhäger, sie kein Gepäck, ich würde also um einiges länger brauchen um
die warmen Tümpel zu finden. Ich hatte schon vermutet, ich hätte das Strässli
verpasst, als ich aber den erwähnten übermalten Schriftzug „St. Leon“ am Boden
sah, entschloss ich mich, da hinaufzufahren. Dass auch ich schon bald abstieg
und schob, überraschte mich nicht wirklich, ich war ja vorgewarnt. Trotzdem,
ein vollbeladenes Tourenvelo über eine steinige Strasse den Berg
hochzuschleppen hatte noch nie Spass gemacht. Als ich auf einem flachen Stück
jemanden sah, der mir sagen konnte, dass es von dort aus etwa 20 Gehminuten
waren, klang das erst nicht allzu schlecht.
Trout Lake. |
Ausser,
dass ich vermutlich langsamer war als ein normaler Spaziergänger, da ich bald
wieder schob und zerrte. Und weiter schob und zerrte. Die Velofahrer hatten eine
Art Pullout erwähnt, wo Kinderspielzeug herumliege, und danach hielt ich
Ausschau. Vergebens. Zwischendrin konnte ich ein paar hundert Meter fahren,
dann wurde die Strasse immer übler. Ich machte Pause und ass etwas und zog mein
Velo dann weiter durch Kies und Steine. Und fand die Idee inzwischen ziemlich
dämlich, aber ich war nun so weit oben, wer will da schon umkehren. Bis der
ganze Müll irgendwann keinen Sinn mehr machte und ich trotzdem umdrehte. Und
mein Velo wieder bergab schob, auf diesem Untergrund wäre ich fahrend
nirgendwohin gekommen. Weiter unten konnte ich wieder aufsitzen und bergab ging
es nun schneller vorwärts. Nach einer Weile stoppte ein entgegenkommendes Auto
und der Fahrer fragte mich, ob ich bei den heissen Quellen gewesen sei. Ich verneinte,
ic h hätte sie nicht gefunden. Ich solle ihm nachfahren, wir seien fast da.
Haha, sehr witzig! Ich kehrte also wieder um und es waren tatsächlich nur ein
paar hundert Meter zurück. Da lag als Markierung ein T-Shirt am Boden und ein
schmaler, steiler Weg führte hinunter zu dem warmen Wasser. Da gab es drei
Becken mit unterschiedlichen Temperaturen, die recht cool in den Wald und die
Felsen integriert waren. Und es war niemand sonst da. Freut euch des Lebens....
Elende Schutthalde von einer "Strasse". |
Ich war
zwar ziemlich frustriert, dass ich das mit der Wegmarkierung nicht geschnallt
hatte, aber ich hatte schliesslich schon so viel Gerümpel an Strassenrändern
liegen sehen, dass das für mich icht offensichtlich gewesen war. Und nun war
ich ja da, also was soll’s. Nach einigen Minuten im heissen Becken zog ich
schliesslich um ins Mittlere um nicht völlig zu überhitzen. Allzulange konnte
ich eh nicht mehr bleiben, ich musste schliesslich noch einen Pennplatz finden.
Was sich schlussendlich als nicht weiter schwierig herausstellte und es hatte
sogar einen kleinen Bach da. So kaputt war ich schon lange nicht mehr gewesen,
einerseits vom Velo den Berg hinauf fugen, andererseits vom heissen Wasser
(67.45 km in 5:32 Stunden). Der nächste Tag wurde dafür recht easy. Bis Nakusp
waren es nur noch rund 25 km und ich hatte von Trish von Kaslo den Namen von
Freunden erhalten, wo ich übernachten könne. Da die Leute nicht zuhause waren,
ging ich erst zum Visitor Center, wo eich ein Ciclista Paar traf, mit denen ich
dann einige Zeit lang rumhängte. Später waren auch meine Gastgeber wieder da
und ich bekam nicht nur einen Zeltplatz im Garten sondern gleich ein
gemütliches Zimmer (26.47 km in 1:52 Stunden). Duschen war wie immer cool,
frische Kleider noch viel mehr, nach neun Tagen sahen und rochen meine Hosen
und T-Shirt nicht mehr gerade salonfähig.
Netterweise
durfte ich zwei Nächte bei Janice und Wilf bleiben, was ich sehr zu schätzen
wusste, da dies sei Invermere mein erster Pausentag war. Rumhängen, compüterle
aber nicht viel tun müssen, war gerade richtig, besonders da das Wetter im
Moment nicht sonderlich gut gelaunt war. Auf eine Stellungnahme von Exped betr.
Ihrer „Flickkunst“ wartete ich vergeblich, was nicht weiter
überrascht. Bei deren „Kundendienst“ kennt man mich nachdem ich mich in zwei
Jahren zweimal über kaputte Matten beklagt hatte. Wirklich interessiert hatte
das nie jemanden und dass deren Einstellung zu ihren Kunden plötzlich ändert,
ist ja nicht zu erwarten. Finde ich krass, von einem Schweizer Unternehmen
würde man etwas anderes erwarten. Transa war auch diesmal äusserst zuvorkommend
und hat mir die Matte, die ich in Whitehorse gekauft hatte, bezahlt. Und das
ohne, dass ich das defekte Teil hätte zurückschicken müssen. Da ist auch klar,
wessen Sympathie punkten kann und wessen Image immer mehr leidet. . Etwas
verwirbelt wurde der Ruhetag von Martinas Wunsch, unseren Flug zu verschieben. Es
sei ihr langweilig in Edmonton. Nachdem die Kontaktaufnahme erst nicht recht
funktionierte, skypten wir am späteren Nachmittag und einigten uns darauf, dass
sie unseren Flug maximal eine Woche vorverschieben und ich meine Route nach
Vancouver entsprechend anpassen würde da die Zeit für das ursprünglich geplante
Zick-Zack nun nicht mehr reichte.
Als ich am
Montag Morgen aufbrechen wollte, stellte der Himmel die erste Verzögerung
sicher. Es pisste nicht nur sintflutmässig, da zogen Windböhen durch’s Land,
die mich locker vom Velo hätten fegen können. Etwa um halb zehn konnte man dann
glauben, dass das Unwetter vorüber war. Sogar etwas blauer Himmel schien
zwischen den Wolken hervor. Prächtig. Janice und Wilf, thanks for the
cozy two nights in your house and the awesome food. And Trish, thank you for making that contact.
Nach einem kurzen Stopp im Laden, wo es gute Vollkornbrötli im Angebot gab,
ging es los. Ursprünglich wäre Castlegar der nächste Zielort gewesen, da ich
nun abkürzen musste, steuerte ich Vernon und Kelowna an. Immer schön auf und ab
dem blau-grünen Arrow Lake entlang, ab Burten flacher, dafür mit viel Wind.
Na toll! |
Leuchtend blauer Arrow Lake. |
Fähre bereit zum borden. |
Bis zur
Fähre waren es 59 km, die ich in etwa vier Stunden schaffte. Als ich dort ankam,
warteten schon einige Autos und gleich darauf konnten wir für die nur kurze
Überfahrt borden. In der Rest Area auf der anderen Seite gab es Zmittag und
dann strampelte ich für den Rest des Tages bergauf. Fast jedenfalls. Es begann
ganz schön steil, zwischendrin war’s länger flach und dann wieder rauf. Bis
Kelowna, wo ich mir eine WS-Unterkunft organisiert hatte, waren es von Nakusp
aus 246 km, was in drei Tagen etwas mehr als 80 km pro Tag ergab. Als ich nach
77 km aber in einer Seitenstrasse zwei Gebäude sah, ging ich mir das anschauen
(77.08 km in 5:20 Stunden). Sah aus, wie Lagerschuppen für den
Strassenunterhalt. Oder so. Bei einem war die Front offen, beim anderen nur
eine Tür. Dort drin lag zwar einigen Grümpel, den ich aber zur Seite räumen
konnte. Danach putzte ich mit ein paar zusammengefalteten Blättern Papier etwa
eine halbe Stunde lang den Boden, dann war mein Haus für die Nacht
bezugsbereit. Angesichts der dunkelgrauen Wolken am Himmel könnte so ein Dach
noch praktisch sein. Diese Vermutung bestätigte sich im Laufe des Abends. Die
Garage nebenan diente als Kochhaus, wo ich auch meinen Food-Sack im Dachgerüst
aufhängen und den Bear Vault lagern konnte. Ziemlich luxuriös. Eigentlich hatte
ich vorgehabt, ohne Zelt nur auf Tarp und Matte zu schlafen. Als es aber schon
am Nachmittag bei einem rechten Regenguss da und dort auf den Boden tropfte,
war die zusätzliche Hütte bald bereit.
Am Morgen
schien die Sonne, der kalte Wind machte aber bald klar, dass ich mir den
grössten Teil der aufgeschmierten Sonnencreme wohl hätte sparen können. Ich
montierte sogar meine Armwärmer, und das für bergauf. Und bergauf ging es für
die nächsten 30 km. Erst nicht so steil, später schon. Die letzten rund 8 km
waren relativ flach, dann hatte ich den Monashee Pass mit seinen 1‘241 müM
erreicht. Dort, 48 km ab der Fähre, befand sich auch die Lost Lake Rest Area, ein
hübsches bewaldetes Plätzchen mit Sites wie auf einem Zeltplatz. Und ohne
Camping-Verbotsschild. Nach einer kurzen Pause fuhr ich aber weiter in der
Hoffnung und Annahme, dass es nun bald bergab gehen würde. Damit hatte ich mich
geirrt. Es blieb noch einige Zeit flach, dann kam tatsächlich eine kurze und
steile Bajada, dann war es wieder flach und ging sogar wieder bergauf. Und auf
und ab. Vorbei an einem dampfenden See. Das kam mir komisch vor. Ich meine, es
war schon kalt, aber dass das Wasser gleich dampft?
Irgendwann
kam dann die ersehnte Abfahrt. In kurzen, steilen Abschnitten, dazwischen flach
und Gegensteigungen. Und viele Rehe auf den Wiesen neben der Strasse. Vor Lumby
galt es nochmals, eine längere steile Steigung zu bewältigen. Als ich dann aber
fand, nun sei langsam genug, befand ich mich wieder mitten in
Landwirtschafts-Gebiet ohne Möglichkeit, irgendwo unentdeckt zu zelten. Klar,
ich hätte auf einem Bauernhof fragen können, aber bekanntlich birgt das gewisse
Risiken. Ich wollte am folgenden Morgen ja zeitig losfahren können und nicht
mehr steckenbleiben. Unmittelbar vor dem Dorf sah ich einen schmalen
Spazierweg, dem ich nach erstem Zögern folgte. Er führte in eine Art
Naherholungsgebiet, wo ich auf einer Wiese tatsächlich einen brauchbaren
Nistplatz fand (93.43 km in 6:41 Stunden).
Auf dem
Pass oben hatte ich Überreste von kürzlichem Schneefall gesehen, aber dass es
auch in so viel tieferen Lagen unter Null Grad werden würde, hätte ich nicht
gedacht. Es dauerte am Morgen aber wieder einmal etwas länger bis ich aus den
Federn gekrochen war. Interessanterweise ist es aber jeweils, sobald ich mal
angezogen und in Bewegung war, kein Problem und ich frohr nicht wirklich.
Abgesehen von kalten Händen, die Eis auch von der Innenseite des Aussenzeltes
abkratzen mussten. Da das alles seine Zeit brauchte, war ich recht spät dran,
musste dann noch einkaufen gehen und ich Visitor Center nach der Umfahrung der
Stadt Vernon fragen. Kurz vor 10 Uhr kam ich dann aber los und erst mal
stellten sich keine grösseren Hindernisse in den Weg. Relativ flach ging’s wieder
durch Landwirtschaftsgebiet, was bewässert wird, ist grün, alles andere
braun. Die vertrockneten Hügel
erinnerten etwas an Mexiko oder auch Kalifornien im Winter.
In Kalifornien sah es ähnlich aus. |
In
Coldstream bog ich dann vom HWY 3 ab und fuhr durch’s Dorf. Erst etwas bergab
und danach, wie Janice in Nakusp mich gewarnt hatte, ging es wieder bergauf zum
HWY 97 in Richtung Kelowna. Aber mit Velostreifen, sehr fortschrittlich. Der
HWY 97 zwischen Vernon und Kelowna war stark befahren und für Ciclistas darum
nicht sonderlich angenehm. Der Seitenstreifen war zwar tauglich, wirklich
spassig war’s aber nicht. Auch die Aussicht auf den blauen Okanagan Lake konnte
daran nichts ändern. Nach einer ersten Steigung ging es mehrheitlich flach oder
bergab weiter bis die Strasse auf Höhe des Sees war. Dort gab es einige Dörfer
und die 4-spurige Autobahn verengte sich auf 2-spurig und auch mein schöner
Seitenstreifen löste sich fast in Luft auf. Gar nicht gut. In Lake Country
stoppte ich um zu essen und bald darauf war die Strasse wieder breiter. Ab dem
Flughafen gab es sogar wieder einen separat ausgeschilderten Veloweg. Das hilft
im Stadtverkehr natürlich immer. Ich hatte ein kleines Touri-Büechli über
Kelowna inkl. tauglichem Stadtplan und so fand ich die Adresse meiner WS-Hosts
ohne weitere Probleme (72.59 km in4:21 Stunden).
Veloweg, sehr vortschrittlich! |
Hier fürchtet man sich nicht vor anderen Religionen. |
David und
Alayna, ein ganz junges Paar, waren herzliche Gastgeber mit witzigem Hund und
Katze. Von David kriegte ich auch ein paar Tipps zum Kettle Vallay Rail Trail
und die Warnung, dass mich da eine 8 km lange, krasse Steigung erwartete.
Schöne Aussichten.
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