Auf dem
Farmers‘ Market hatten wir Alvaro und Pablo getroffen und die beiden hatten den
Wunsch geäussert, bis Jasper oder Banff mit uns zusammen zu fahren. Da sie aber am Samstag
„obdachlos“ wurden, wollten sie in einer Recreation Site etwa 35 km ausserhalb
von PG auf uns warten. Und da wir deshalb am ersten Tag nur eine ganz kurze
Etappe vor uns hatten, fuhren wir erst kurz vor Mittag los. Aus der Stadt
herauszufinden, war nicht weiter kompliziert und schon bald pedalten wir wieder
auf dem bekannten Yellowhead Highway. Diesmal aber wieder mit breitem
Seitenstreifen und deutlich weniger Verkehr als auf der anderen Seite der
Stadt. Nach etwa 37 km kamen wir an die Willow River Rest Area und nahmen an,
dass das der Ort war, den Alvaro erwähnt hatte. Die beiden Jungs waren aber
nirgendwo zu sehen und so fragten wir einige Leute, ob es in der Nähe eine
Recreation Site gäbe, es wusste aber niemand davon. Wir checkten den Kiesweg
auf der anderen Strassenseite, aber nichts. Äh, ja, und jetzt? Da es noch früh
war, entschieden wir uns, weiterzufahren und stoppten beim nächsten Fluss, dem
Bowron River um Wasser zu filtern. Bis wir soweit waren, war es schon spät und
so blieben wir halt über nacht da und stellten das Zelt ein paar Meter neben das
Camping-Verbotsschild (61.51 km in 3:43 Stunden) auf die Rest Area. An jenem Abend waren wir
wieder einmal platt ab den Lösungen, die Kinder für ihre Probleme finden. Einem
Mädchen muss das (eigentlich recht saubere) Plumpsklo als extrem widerlich
erschienen sein, jedenfalls fanden wir später heraus, dass sie anstatt ins Klo
im Toilettenhäuschen MITTEN AUF DEN BODEN geschissen hatte. Nicht einmal in eine Ecke, einfach fadengerade in die Mitte! Wie gesagt, wir
waren total platt und fanden es schade, das nicht früher gesehen zu haben um
ihr unsere Meinung zu sagen. Wir fanden dieses beschissene Klo nun nämlich auch
widerlich.
Am Morgen
darauf ging es bei bewölktem Himmel weiter. Überhaupt war der Wetterbericht,
der am Freitag noch genial gut gewesen war, am Samstag schon etwas
zweifelhafter geworden, wir konnten uns ab etwas Schatten aber nicht beklagen.
Wir hielten immer mal wieder nach unseren beiden Clowns Ausschau, fanden sie
aber nirgens. Schräg. Der Tag wurde ganz schön hügelig, das Auf und Ab war
konstant und zwischendrin auch steil. Die Luft war seltsam dunstig, was die
eigentlich hübsche Landschaft nicht recht zur Geltung brachte. Angenehm war
aber, dass es nicht so heiss war, dass man bei jeder Steigung Schweissausbrüche
bekam. Für die Mittagspause fanden wir eine richtig luxuriöse Rest Area, die
auch perfekt zum campen geeignet gewesen wäre. Nach nur rund 60 km kam das aber
natürlich nicht in Frage und so ging es bald weiter den nächsten Hügel hinauf.
Irgendwo auf jener Strecke hiess uns ein grosses Schild willkommen im Robson
Valley, aber die versprochene Scenery blieb auch dort hinter dem Dunst
verborgen.
Als wir die
geplanten 95 km erreicht hatten, begannen wir nach einem becampbaren Spot
Ausschau zu halten, aber vergeblich. Was wir sahen, waren zwei Viecher, Rehe
oder Hirschkühe, oder was auch immer. Eine der beiden war scheu und hüpfte wie
ein Känguruh davon. Die andere liess sich weder von uns noch von Lastern
stören und nagte weiter an ihren Blättern. Wir fuhren dann auch weiter und
wurden langsam frustriert und müde. Das Schild, dass eine Rec Site ankündigte,
hob die Stimmung an, der supersteile Weg, der von der Strasse wegführte, liess
uns allerdings zögern. 6-7 km weiter gab es eine Rest Area, das wussten wir,
der Himmel sah aber ziemlich bedrohlich aus und wir wollten unser Haus eigentlich lieber
früher als später aufgestellt kriegen. So stürzten wir uns schlussendlich in den
Abgrund und kamen nach knapp 500 m an einen See, wo es auch einen CG gab. Da
standen schon zwei Wohnwägen und wir fanden bald ein windgeschütztes Plätzchen
für uns.
Hirschkuh beim Abendessen. |
Ja, unser
Platz war windgeschützt. Als es zu regnen begann, stellten wir aber fest, dass er nicht sehr geeignet war,
einen Tarp aufzuhängen. Irgendwie brachten wir aber auch das noch zu Stande
indem wir zwei Ecken an den Velos befestigten. Insgesamt eher mehr schlecht als
recht, aber was soll’s. Die Dämmerung war schon weit fortgeschritten und unser
Znacht war gerade in Produktion als zwei weitere Ciclistas aufkreuzten. Unsere
beiden Clowns. Wie sich nun herausstellte, hätte es jene Rec Site, die Alvaro
erwähnt hatte, durchaus gegeben, jedoch ohne Schild an der Hauptstrasse und
anscheinend hatte die Kommunikation zwischen Alvaro und Martina irgendwo nicht
ganz geklappt. Unsere beiden Helden hatten nun gerade 140 km abgestrampelt,
knappe 130 seit ihrer Rec Site und noch etwas mehr da sie auf der Suche nach
uns in einige Seitenstrassen reingefahren waren. Alvaro schien etwas genervt
oder gestresst, Pablo juckte das Ganze kaum und wir hatten die Sache eh
ziemlich locken genommen.
Frosch auf dem Zelt, denen gefiel der Regen. |
Wirklich
böse war sich aber niemand und am Morgen vereinbarten wir einen klaren Ort, das
Visitor Center in McBride, wo wir uns spätestens wieder treffen wollten. Wie
schon die ganze Nacht, pisste es auch den gesamten Vormittag hindurch. Soviel
zum Thema guter Wetterbericht. Jede Steigung, und deren hatte es einige,
führten zu neuen Schweissausbrüchen. Oder wir waren, da langsam, immer wieder
fiesen Luftangriffen ausgesetzt. Die Jungs holten uns dann schon im Laufe des
Morgens ein, Alvaro fuhr mit uns weiter, Pablo pedalte voraus. Wie sich
herausstellen sollte, hatte er die Abmachnung des Treffpunktes verpasst. Als
wir drei nämlich bei dem schönen alten Bahnhofsgebäude, nun dem Visitor Center,
ankamen, war da weit und breit kein Pablo zu sehen. Alvaro ging ihn suchen und
Martina und ich warteten. Nach einiger Zeit kam Alvaro jedoch alleine zurück
und, siehe da, Pablo tauchte sogar von alleine auf. Sehr organisiert war unser
Trupp zwar nicht, irgendwann und irgendwo fanden wir uns aber immer wieder.
Es blieben
gute 30 km bis Dunster, wo Alvaro uns einen WS-Platz organisiert hatte. Wir
fuhren nun durch ein hübsches Tal, nicht mehr Wilderness wie während den
letzten beiden Tagen, sondern mit Landwirtschaft. Dazu schien nun ab und zu die
Sonne, es war flach und wir hatten Rückenwind! Mensch, hat das Spass gemacht.
Da wir die kleine, unscheinbar vergilbte Hausnummer übersahen, dauerte es eine
Weile und einen Hügel länger, bis wir die Farm fanden, der Ort war jedoch
wunderschön. So richtig paradisisch gelegen, ruhig und mit einer Menge bunter Blumen. Dies ist auch der Brutort für eine riesige Menge Kolibris, die im
Sommer hierher kommen, aber vor wenigen Tagen wieder „abgereist“ waren. Schade,
die hätten wir gerne gesehen. Witzig war aber auch die Unterbringung in alten
Planwagen und einer kleinen Cabin, die bis vor kurzem das Wohnhaus des Vaters
gewesen war. Und als Bonnie, unsere Gastgeberin, uns kurzerhand vier Pizzas zum
Abendessen machte, mussten wir uns irgendwann geschlagen geben, soviel konnten
nicht einmal vier hungrige Ciclistas essen.
Wiese mit Planwagen. |
So sah's in meinem Wagen aus. |
Wir hatten
nicht so konkret einen Pausentag geplant (wir hatten eh nicht viel geplant), irgendwie ergab sich dies aber und
von Seiten der Hosts war dies kein Problem. So verbrachten wir nach einem
genialen Frühstück einen äusserst gemütlichen Tag, der nur ab und zu von
hungrigen Mücken gestört wurde. Das Wetter war wieder genial, der Wind wehte jedoch
auch wieder von der falschen Seite. Da auf der Farm jedes Jahr unzählige Rufous
Kolibris nisten, die zwischen Mexiko und Kanada/Alaska pendeln, fängt Curtis seit einigen Jahren zwei bis dreihundert Vögel pro Sommer und wägt, vermisst und
beringt sie. Dieses Jahr waren fast alle schon wieder weg, einige wenige waren
aber noch da. Bei einer Futterstelle hatte Curtis ein Netz montiert, mit dem er die
Winzlinge einfangen kann, was er für uns an jenem Nachmittag gemacht hat. Er
hat vier Männchen erwischt, die diesen Sommer geschlüpft waren und sich
demnächst auch auf den Weg nach Mexiko machen müssen. Es ist schon ein
spezielles Gefühl, so einen rund 3 gr leichten Vogel in der Hand zu halten.
Kolibri wird gewogen. Wiegt etwa 3 gr. |
Zum
Abendessen gab es dann drei gegrillte Hühner, Bratkartoffen, Salat und sonst
noch so einiges und wir assen, bis wir fast platzten. Am Morgen darauf standen
wir zwar normalfrüh auf, wollten uns aber Bonnies Frühstück nicht nehmen lassen
und so war es kurz vor 11 Uhr bis wir losfuhren. Die ersten rund 40 km waren flach,
dann wurde es hügeliger. Das Wetter war immer noch unblaublich, der Himmel so
blau, wie man sich das kaum vorstellen konnte. Am Vormittag hatten wir etwas
Gegenwind, später kehrte das und wir kriegen Rückenschub. Was will man mehr?
Seit PG hatte sich der Verkehr in Grenzen gehalten, was sich nach der Kreuzung
mit dem HWY 5 schlagartig änderte. Immerhin blieb uns der breite Seitenstreifen
erhalten. Es ging nun wieder auf und ab und nach einer Steigung tauchte vor uns
ein grosser, vereister Klotz auf, Mount Robson, mit 3'954 müM Kanadas
höchster Berg. An dem ging es nun vorbei auf den Red Pass hinauf. Wir befanden
uns nun im Mt. Robson Provincial Park und man wird dort aufgefordert, doch
bitte nur auf offiziellen Zeltplätzen zu zelten. Dagegen verstiessen wir
natürlich, es dauerte aber eine ganze Weile, bis wir einen guten Ort gefunden
hatten. Wir brauchten Platz für drei Zelte und wollten uns nicht gleich neben
das Bahngleis stellen wo öfters extrem lange und lärmige Güterzüge
durchratterten. Der Parkplatz der Moose River Route kriegte schliesslich den
Zuschlag (87.46 km in 5:31 Stunden). Vor dem Kochen hatten wir noch eine
Diskussion mit den Jungs, bzw. vor allem mit Pablo. Als wir mit ihnen
besprochen hatten, ob wir allenfalls ein paar Tage miteinander fahren könnten,
hatten wir gesagt, dass wir in Bärengebiet nicht in der Nähe unseres Zeltes kochen und sie das
doch bitte auch nicht tun sollten. „Kein Problem“ war damals die Antwort
gewesen, woran sich Pablo nun nicht mehr so richtig erinnern wollte. Alvaro, von
dem die Initiative zum Zusammen fahren ausgegangen war, war kein Problem.
Hauptsache wir, bzw. Martina wird nicht verärgert. So suchten wir einen
gemeinsamen Kochplatz in einiger Distanz des Camps aus und alle waren
zufrieden. Die Nacht kam bald und die Sternen waren genial schön, Milchstrasse
inklusive. Ist schon cool, wieder einmal Sternen bewundern zu können.
Mount Robson, 3'954 müM. |
Hübsche Blumen bei unserem Camp. |
Am
folgenden Morgen blieben uns noch 54 km bis Jasper ohne irgendwelchen grösseren
Steigungen oder sonstigen Hindernissen. Ok, das stimmt nicht ganz, es gab
nämlich ein Hindernis: den Eingang zum Nationalpark, wo man hätte Eintritt
bezahlen müssen und zwar fast $ 10 pro Person und Tag. Das erschien uns, bzw. v.a. den Jungs etwas
viel und so sagten wir erst mal, wir seien auf dem Weg nach Edmonton und wir
durften unbezahlt durchfahren. Bald darauf waren wir in Jasper, wo wir uns im
Visitor Center mit Kartenmaterial eindeckten und herausfanden, dass es auch
einen „Family Group“ Eintritt gab, der knappe $ 20 pro Tag kostete.
Da unsere beiden Freunde keine Lust hatten, viel Geld auszugeben, einigten wir
uns darauf, einen solchen Tagespass zu kaufen und zu hoffen, dass im Park
drinnen nicht kontrolliert würde. Nach einer kurzen Einkaufstour machten wir uns
auf die Suche nach einem gratis, ergo versteckten Pennplatz. Im Nationalpark
ist wildes campen nicht erlaubt, aber wie gesagt, unsere Jungs waren nicht
gerade ausgabefreudig. Mal abgesehen von den absolut horrenden Preisen, die
hier für Zeltplätze verlangt werden. Wir schlugen uns schliesslich entlang
eines Wanderweges am Miette River in den Wald (58.47 km in 3:25 Stunden), was
eigentlich noch ganz hübsch war. Nur mussten wir warten mit Zelte aufstellen,
nur so für den Fall, dass jemand vorbei kommen sollte. Wir nahmen auch ein
kurzes Bad im Fluss, der aber eiskalt war, darum war das auch wirklich ganz
kurz.
Am Morgen,
als wir am Zusammenpacken waren, spazierte auf der anderen Seite des Baches
eine Hirschkuh mit zwei Jungen vorbei. Viel mehr Viecher sahen wir dann aber
nicht mehr. Beim Park Gate kurz nach Jasper mussten wir nun den Eintritt
bezahlen, was pro Person ja nur noch $ 5 waren. Pablo verkaufte der jungen Frau an der Kasse kurzerhand eines seiner Püppchen, die auch $ 5 kosten und kam so
de facto gratis rein. So ging es dann weiter durch die wunderschöne Landschaft,
immer auf und ab mit klarer Aufwärtstendenz. Da Pablo jeweils schnell
vorausfuhr, schafften wir es kaum je, miteinander zu essen. Bis er irgendwo
wartete, hatten wir meist schon gegessen, oder er, weil wir unterwegs Pausen
gemacht hatten um Dinge anzuschauen. Aber wer will den schon an
Sehenswürdigkeiten wie den Athabasca Falls vorbeifahren? Obwohl, wirklich
genossen haben wir jenen Stopp nicht. Der Ort war so total überlaufen mit
Touris, die nicht nur die Fälle, sondern immer auch noch sich selber
mitfotografieren mussten, dass wir schon bald genug hatten und uns wieder
verzogen. Wir hatten ja gewusst, dass die Rockies von Touristen überlaufen sein
würden, trotzdem war die Erfahrung einigermassen ein Schock gewesen und unsere
Nationalpark-Motivation hatte etwas gelitten.
Athabasca Falls. |
Wir fanden
Pablo bei einer hübschen Rest Area, schalteten unsere Mittagspause ein und
studierten die Karte in der Hoffnung, einen Hinweise auf einen möglichen
Campplatz zu finden. Alvaro fragte uns jeweils „Que es el plan/was ist der Plan?“ und unsere
Antwort war fast jedesmal „No hay plan/es gibt keinen Plan“. Er war einigermassen fasziniert davon,
dass wir normalerweise am Morgen mehr oder weniger planlos losfuhren und uns
erst am Abend Gedanken über den Nistplatz der Nacht machten. Für uns war das
bis jetzt so gut aufgegangen, zumindest seit Alaska, wo wir nicht mehr auf
blöde State Parks zielen mussten. Auch auf die Frage, wie unsere Reise
weitergeht, kam meistens die „Kein Plan“-Antwort und als wir einmal Madrid als
möglichen Zielort eines Fluges nach Europa erwähnten, stellte Alvaro ebenso
fasziniert fest, dass wir doch langsam so etwas wie Pläne machten. Als
illegalen Übernachtungsplatz wählten wir diesmal den Start- oder Endort der
Raftings auf dem Miette River. Gerade als wir an dem Weg vorbeigefahren waren,
kamen zwei Busse mit Booten beladen herauf und einer der Fahrer schloss das
Tor, bzw. die Kette über dem Weg. Das nutzten wir natürlich und schlichen uns
zum Fluss hinunter (61.36 km in 4:40 Stunden). Dort war es zwar mehrheitlich
mehr oder weniger sumpfig, wir fanden aber Pläte für unsere Zelte und kamen
auch wieder in den Genuss eines eiskalten Bades zum Abschluss des Tages. Für
die Strecke im Park hatten wir uns auf kürzere Etappen geeinigt, um die
Landschaft auch angemessen würdigen zu können. Wobei geeinigt vielleicht nicht
der richtige Ausdruck war, Martina und ich hatten gesagt, dass wir hier pro Tag
nicht so weit fahren würden und die Jungs mussten das entweder akzeptieren oder
alleine weiterfahren. Alvaro belasteten die kurzen Tagesstrecken nicht, Pablo
war damit offensichtlich nicht so glücklich. Eine Trennung wurde so bald
absehbar.
Camp am Miette River, illegal aber wunderschön. |
Am nächsten
Morgen fuhren wir wie immer voraus, da wir schneller startbereit waren als
Pablo. Als er und Alvaro uns einholten, verabschiedeten wir uns von Pablo und
er war schon bald ausser Sicht. Alvaro störte sich nicht an unserem gemütlichen
Tempo und so waren wir nun zu dritt. Es ging wie so üblich mal bergauf, mal
bergab, zwischendrinn war es auch mal für einige Kilometer flach. Das war in
Ordnung so, der Gegenwind wäre unserer Meinung nach nicht nötig gewesen. Dann
begann eine gut 3 km lange Steigung auf den Sunwapta Pass und dieses Stück war
ganz schön steil. Und da auch die Sonne schien, floss wieder eine Menge
Schweiss. Vermutlich war es in Chiapas in Mexiko gewesen, als wir das letzte
Mal unsere eigenen Schweisstropfen eingeatmet hatten. In Kanada fühlte sich das
nicht besser an. Aber immerhin war die Steigung kurz und von einem hübschen
Wasserfall unterbrochen. Dann kam eine noch kürzere, steile Abfahrt, ein
flaches Stück und dann der letzte Aufstieg zum Pass, wo sich auch das Icefield
Center befand mit Restaurant, Hotel und Bustouren auf den Gletscher. Dort assen wir auf dem Parkplatz Zmittag und raubten im
Restaurant ein paar Säckli Zucker und einige Kaffeerähmlis. Dafür kauften wir
einen sackteuren Muffin und ein Bounty.
Auch Streifenhörnchen sind hungrig. |
Nach dem
Pass (2'035 müM) ging es wie es sich gehört rasant hinunter bis wir in eine
Seitenstrasse, bzw. Wanderweg abbogen und einen Nistplatz suchten. Mit Wasser
in der Nähe bitteschön. Den fanden wir dann auch hinter einer Warden Cabin
(64.66 km in 5:11 Stunden), wobei wir insgesamt drei mögliche Orte gefunden
hatten. Wir fanden die Feststellung interessant, dass Alvaro, wie auch andere
männliche Ciclistas, die wir getroffen hatten, ihren Platz viel mehr nach
optischen Gesichtspunkten aussuchte als wir. Uns gefällt gute Aussicht oder
einen See oder Fluss zwar, das hat aber keine Priorität. Da oben wurde der Abend
erwartungsgemäss kühler als in tieferen Lagen, wo es meistens wärmer gewesen
war, als ich erwartet hätte.
Am Morgen,
als wir schon fast startklar waren, tauchte plötzlich ein Ranger auf, der in
wenig freundlichem Tonfall meinte, er nehme an, dass wir keine
Camping-Bewilligung für diesen Ort hätten. Da Alvaro, der schlagfertigste in
solchen Situationen, gerade die Zahnbürste im Mund hatte, musste ich wohl oder
übel antworten. Nein, wir hatten keine Bewilligung. Und, was unsere Story sei?
Zum Glück übernahm unser Clown kurz darauf die Unterhaltung und ich verzog mich
um fertig zu packen. Was der Ranger von uns aber genau hören wollte, war nicht
klar, denn er liess eh nicht mit sich reden, so sehr Alvaro das auch probierte.
Mit der Bemerkung, er werde die Polizei rufen, marschierte er schliesslich
davon. „Alvaro, que es el
plan?“ „Vamonos, rapido“, lasst uns schnell abhauen. Dass wir auf Velos einem Ranger im Pick-up
nicht davonfahren konnten, war klar und ich erwartete schon fast ein
Empfangskommittee bei der Ausfahrt auf den Highway. Da war aber niemand und wir
flitzten in der morgendlichen Kühle den Berg hinunter und ins schattige Tal, wo
es noch kälter war. Für den Rest des Tages waren zumindest Martina und ich
etwas nervös, wir wurden jedoch weder verhaftet noch aus dem Park ausgeschafft,
vermutlich sind illegal campende Velofahrer trotzt des Ärgers des Rangers den
Aufwand nicht wert.
Es ging
weiterhin auf und ab in schöner Landschaft. Beim Restaurant an der Saskatchwan
Crossing machten wir Pause, etwas versteckt auf einem Parkplatz. Nur wenige
Kilometer später wagten wir uns in die Höhle des Löwen und stoppten bei einer
Warden Station. Dort bekamen wir von den anwesenden, übrigens sehr freundlichen
Rangern, Informationen über die nächsten beiden Campgrounds. Bei dem Waterfowl CG, der
wunderschön zwischen zwei Seen lag, wohnten aber auch die Ranger, so dass der
nicht in Frage kam, wir wollten ja schliesslich nicht unseren „Freund“ vom
Morgen antreffen. Der andere, der Silvertrail CG, der auch als Overflow CG es
Waterfowl CG fungiert, war ohnehin billiger (65.44 km in 4:16 Stunden). Alvaro
schien nicht sehr begeistert von der Idee, auf einem Zeltplatz zu schlafen,
hatte aber Verständnis dafür, dass wir es nicht riskieren wollten, ein zweites
Mal beim wilden zelten erwischt zu werden. Der CG war auch nahezu leer und
sonst eigentlich ganz hübsch. Nur gab es kein Trinkwasser, was wir für $ 15.70
recht lausig finden.
Silvertrail Campground. |
Bow River zum Ersten ... |
... Bow River zum Zweiten. |
Aus diesem
Grund fanden Martina und Alvaro, dass wir eher nicht bezahlen sollten. Da aber
am Morgen ein Ranger Kontrolle machte, übergaben wir halt den vorbereiteten
Umschlag. Dass wir den nicht schon am Abend zuvor eingeworfen hatten, war kein
Problem. Der Tag begann mit einer Steigung auf den über 2'000 m hohen Bow Pass, die 12 km waren
aber nicht sonderlich steil. Kurz vor dem Pass wartete der Peyto Lake,
angeblich der blaueste See der Rockies, auf uns. D.h. ob er wirklich auf uns
wartete, darf angezweifelt werden, als wir schweissgebadet da oben ankamen,
waren nämlich schon hunderte von Japanern, Koreanern und sonstigen
sich-selbst-in-Pose-werfenden Touris da. Aber was soll’s, auch wir wollten den
See sehen. Danach sausten wir ins nächste Tal hinunter, wo es noch mehr Seen
und Gletscher zu sehen gab und wo ein Beeren essender Bär einen Verkehrsstau verursachte. Kurz vor dem Dörfli Lake Louise verliessen wir den
Highway auf der Suche nach einem Schlafplatz. Die teuren CG im Ort kamen nicht
in Frage. Der ältere Herr mit Hund, den wir fragten, gab uns gerne Auskunft und
warnte uns vor Ranger-Patrouillen, und lud uns schliesslich ein, in seinem Back
Yard zu übernachten. Das war natürlich mega nett, v.a. auch die Dusche wussten
wir absolut zu schätzen.
Peyto Lake. |
Auf Beerensuche. |
Der Abend
war kühl gewesen, der Morgen war mit unter 5°C für mich kalt genug für eine
Kappe. Wir pedalten ins Dorf und fragten im Visitor Center nach dem Weg zum
Morraine Lake, den ich als einen der schönsten Seen der Rockies in Erinnerung
hatte. 14 km, teils steil bergauf. So wählten wir halt den Lake Louise, nur 4
km steil bergauf. Dort trafen wir wieder auf die Massen an Touristen, dass wir
schon fast wieder davon rennen wollten. Die Abfahrt zurück nach Lake Louise
Village war dafür fetzig und die folgende Steigung weder lange noch steil. Dann
ging es durch waldige Hügel, für uns mehr ab als auf weiter in Richtung Banff.
Am Nachmittag hatten wir zu unserer Überraschung sogar etwas Rückenwind. Um die Freude darüber zu kompensieren, mussten wir immer wieder Angriffe agressiver Mücken ertragen,
von denen wir eigentlich geglaubt hatten, es habe nun je länger, je weniger.
Nicht hier jedenfalls. Nachdem wir im Johnston Canyon Resort Wasser aufgefüllt
hatten, machten wir einen richtigen Plan für den Rest des Tages. Und der hiess
versteckter Ort zum zelten suchen. Wir hätten es zwar schon bis Banff schaffen
können, wenn wir aber schon einen überteuerten Camping bezahlen mussten, dann
wollten wir wenigstens früh ankommen. Die
Seitenstrasse, auf die wir darum in einem autofreien Moment abbogen, führte hinunter
zum Bow River und zur Bahnlinie. Da wir dort auch ein kleines Häuschen
vorfanden, folgten wir dem Weg der Bahn entlang, bis wir sicher ausser
Sichtweite waren. Nun hofften wir, dass in der Nacht nicht allzu viele Züge
vorbei donnern würden, einen anderen Platz zu finden, war aber im schmalen Tal
hoffnungslos gewesen (50.84 km in 3:06 Stunden).
Die Nacht
verlief ohne allzuviele Störungen und das Auto, das am Morgen in der Ausfahrt
stand, beeinträchtigte uns auch nicht. Es war noch ziemlich kalt, besonders im
Schatten zwischen den Bäumen. Da es noch relativ früh war (so um die 9 Uhr),
waren offenbar auch noch mehr Viecher aktiv, jedenfalls spazierte da ein Reh
unbeeindruckt vom Verkehr gemütlich über die Strasse. Bei einem View Point
stoppten wir und bewunderten das Bow Valley mit dem leuchtend blauen Bow River.
Chic, diese Landschaft.
Bow Valley und Bow River zum Dritten. |
Bald darauf
hatten wir die Einfahrt zum Hwy 1 erreicht, fanden aber gleich eine „Ausfahrt“
zu einem Bike Path, der das Ganze sehr viel angenehmer machte. Wir sahen
nochmals ein Reh, ebenso ungerührt wie das erste und nochmals hübsche Seelis
und Sumpflandschaften und schon hatten wir Banff erreicht. Bei der Bahnlinie
mussten wir warten bis der Zug durch war, was wie immer mit ohrenbetäubendem
Lärm (Zug und heulende Barriere) verbunden war. Im Safeway verfielen Martina
und ich in den Konsumrausch, der nach mehreren Tagen Wildniss und/oder nur
kleinen, teuren Läden üblich geworden war. Nach einem kurzen Stopp im Visitor
Center kletterten wir die Tunnel Mountain Road hinauf, die zu den lokalen
Zeltplätzen führte. Der „günstigste“, der immer noch absurde $ 27.40 kostete,
war natürlich am weitesten weg. Trotzt des horrenden Preise gibt es dort weder
Wifi noch Laundromat. Zum Glück fanden wir aber beides in einem Umkreis von
rund 2 km.
Hier in Banff sind nun zwei Ruhetage angesagt (si, hay plan!), dann werden sich die Wege, zumindest vorübergehend trennen. Martina geht nach Edmonton, Alvaro nach Calgary und ich zurück nach Vancouver. Martina und ich werden uns spätestens in Madrid wieder treffen um von dort aus, auf mehr oder weniger direkten Wegen zurück in die Schweiz zu radeln.