Freitag, 30. September 2011

Chetumal - Palenque: Ruinen, Cenotes und Irrfahrt auf Yucatán

Um es vorweg zu nehmen: Velo fahren auf Yucatán ist todlangweilig. Undser Motto "der Weg ist das Ziel" findet dort eindeutig keine Anwendung. Es hat zwar immer wieder absolut lohnende, wunderschöne Zwischenziele, breite, fadengerade Strassen in brütender Hitze sind aber äusserst unwitzig.  Immerhin, da war nicht nur die Fahrbahn breit, es gab auch einen Seitenstreifen, so dass man das Gehirn weitgehend abschalten konnte und nicht dauernd nach dem Verkehr Ausschau halten musste. Als wir am ersten Tag  aber nach etwa 35 km das Schild sahen, das auf den "Cenote Azul" hinwies, gingen wir der Sache natürlich nach. Cenotes sind mehr oder weniger unterirrdische Seen, z.T. ganz offen, z.T. in tiefen Löchern oder in Höhlen. Der Cenote Azul ist, wie der Name schon sagt, tiefblau und hatte eine geniale Badetemperatur. Und es wurde nicht einmal Eintritt verlangt. Wunderbar.

Im Cenote Azul.

Nach diesem kurzen Bad mitsamt allen Kleidern ging's weiter. Unser erstes Ziel war Tulum, dort sollte es hübsche Ruinen zu sehen geben. Die Distanzangaben widersprachen sich allerdings etwas und so wussten wir nicht genau, wie lange wir bis dort brauchen würden. Nach etwa 75 km sahen wir ein Schild, das auf den Campingplaz Laguna Azul hinwies und folgten dem, nachdem wir die Information erhalten hatten, dass dies das letzte Dorf für eine ganze Weile war. Da beim Laguna Azul niemand war, gingen wir uns noch "Mis Casas" anschauen und blieben schliesslich dort, nachdem wir den Preis zum campen von P. 150 auf 100 runtergehandelt hatten. Mis Casas gehört Kim, einer sympatischen Kanadierin und hat eine gut ausgerüstete Küche für die Gäste. Da das Plätzli zum campen sehr klein war, schliefen wir kurzerhand in der Küche, was kein Problem war, da wir die einzigen Gäste waren. Das Bad in der hellblauen Lagune war nach  86 km und fünf Stunden im Sattel sehr willkommen. 

Der nächste Tag konnte leider nicht mehr mit blauem Wasser aufwarten, es passierte eigentlich überhaupt nichts. Links und rechts war weiterhin Wald soweit das Auge reichte (nicht sehr weit, eben wegen den Bäumen) oder ab und zu ein Rancho oder eine tote Schlange auf der Strasse. Wie schon auf der ganzen Strecke ärgerte uns immer mal wieder ein lästiger Gegenwind. In Felipe Carrillo Puerto machten wir nach 82 km Schluss für den Tag und versuchten unser Glück bei den Bomberos. Auf einem kleinen Wiesli neben dem Palmendach-Gebäude durften wir unser Zelt aufstellen auf und erhielten Wasser zum waschen aus dem Löschfahrzeug (die Dusche funktionierte nicht und auch sonst gab es kein fliessendes Wasser). Wie immer wurde die Nacht im Zelt heiss, aber immerhin klappte es, die Armadas von Mücken draussen zu halten.

Die letzten 97 km bis Tulum waren ebenfalls nicht weiter spektakulär, es war über sechs Stunden lang bügelbrett-platt, heiss und langweilig. In Tulum quartierten wir uns im "Rancho Tranquilo" ein, hatten dort für teure P. 300 unsere eigene Cabaña (mit Gemeinschaftsbad), Küche und Panqueques zum Frühstück. Die Küche hatte uns überzeugt, es hätte günstigere Unterkünfte gegeben, mit selber Kochen kann man das aber ausgleichen, und Pancakes sind sowieso immer ein gutes Argument. Die Ruinen öffnen blöderweise erst um 8 Uhr, die Hitze war so schlicht unvermeidbar. Immerhin kam die grosse Schar Touristen erst später, so hatten wir zumindest zu Beginn noch freie Bahn und mussten uns nicht zwischen den Massen durchkämpfen. Die Ruinen von Tulum sind an sich nicht weiter spektakulär, was jedoch unschlagbar ist, ist deren Lage an der karibischen Küste. Das Wasser dort ist so blau und das Ganze so unglaublich schön, dass es sich schon gelohnt hatte, drei Tage blindlings geradeaus zu fahren.

Die Ruinen hier sind nicht spektakulär...
... die Lage hingegen schon.
Auch die vielen Echsen sind cool.

Eigentlich hatten wir vorgehabt, am nächsten Tag weiterzufahren, kamen dann aber zum Schluss, dass wir so den Besuch der nächsten Ruinen, Chichén Itzá, auf einen Sonntag timen würden und an Sonntagen haben die Mexikaner freien Eintritt. Kurzerhand entschlossen wir uns darum, einen weiteren Tag in Tulum zu bleiben und füllten den dann auch gewinnbringend aus. D.h. erst mal musste ich meine teuren Flipflops, die ich erst in Cartagena gekauft hatte, nähen lassen, da die Riemen aus der Sole rauskamen. Bei der Gelegenheit stellte ich auch fest, dass meine Laufschuhe aus Trujillo sich in einem vortgeschrittenen Stadium des Zerfalls befanden und konnte die gleich mit flicken lassen. Sehr praktisch. Der Señor, der mir den Schuhspital zeigte, war auch Guía und nahm uns am nächsten Tag mit zum Gran Cenote, der zum Sac Atún,  einem riesigen Unterwasserhölensystem gehört, wo wir schnorchelten und unter einem Felsen hindurch in eine Höhle tauchten. Dort drin war das einzige Licht dasjenige, das durch's Wasser reinkam, was gar nicht so wenig war. Wenn man dort abtauchte und in Richtung Eingang zurückschaute, leuchtete alles strahlend blau. Man sah auch die Unterwasser-Fortsetzung des Höhlensystems, Stalagmiten und Stalaktiten und was da eben noch so rumturnte. In einem anderen Teil des Cenotes war der Boden mit weissem Sand bedeck, an der Decke hingen dutzende Fledermäuse und in Löchern nisteten kleine Vögel. Im bewachsenen Teil wohnten auch Wasserschildkröten. Das fanden wir witzig, bis Jorge, unser Guía, eine davon einfing um sie uns zu zeigen, was die ihrerseits natürlich überhaupt nicht lustig fand.

Gran Cenote.

Bitte fangt mich nicht!

Anschliessend war noch schnorcheln im Meer angesagt. Auf dem Weg dorthin kaufte sich Jorge doch tatsächlich ein Bier, was uns nochmals sehr schräg reinkam. Abgesehen von der Schildkröten-Fangaktion waren wir von der Tour bisher recht begeistert gewesen, aber ein Touri-Führer, der bei der Arbeit Bier trinkt, fanden wir eher etwas daneben. Die Schnorchel-Tour im karibischen Meer war dagegen wieder cool. Da schwammen auch jenes Schildkröten herum, sehr grosse diesmal und als einige deppische Touris die anfassten, machte Jorge sie auch pflichtgemäss darauf aufmerkasam, dass das verboten war.

Kitesurfer bei Tulum.

Das Ziel der folgenden Etappe war die Stadt Valladolid, gute 100 km von Tulum entfernt. Auf dieser Strasse kamen wir, da kein Wind, schön zügig vorwärts. Valladolid erreichten wir an jenem Tag jedoch trotzdem nicht. Nach etwa 96 km stand einmal mehr ein Schild am Strassenrand, das auf einen Cenote und Camping hinwies. Auch diesmal gingen wir der Sache nach und bekamen für P. 100 einen Platz zum Zelt aufstellen, es gab einen Pool, Hängematten, einen Cenote und ein Mayaritual. Also, erst mal hatten wir den Cenote, der in einer bis auf ein einziges Loch und den Eingang vollständig verschlossenen Höhle lag, fast für uns. Da da nie auch nur ein einziger Sonnenstrahl reindringt, war das Wasser denn auch recht kalt und wir brauchten eine Weile, bis wir uns reinwagten. Es war auch eher trüb, nicht so schön klar wie beim Gran Cenote. Am späteren Nachmittag fand dann das angekündigte Ritual statt und da tauchten auf ein mal auch jede Menge weitere Touris auf. Interessant an der Vorführung waren v.a. die Instrumente, die Muschelhörner gefielen mir ganz besonders.

"Maya-Ritual".

Den Abend in der Dunkelheit in der gemütlich warmen Piscina ausklingen zu lassen, war dann genau nach unserem Geschmack. Die Fledermäuse, die kamikazenhaft zwischen unseren Köpfen hindurchflitzten und ganz kurz Wasser tranken, machten die Sache richtig unterhaltsam. Dass Samstagabend war, hatten wir jedoch nicht bedacht gehabt und die etwas später steigende Party mit viel lauter Musik und sonstigem Lärm fanden wir dann nicht so toll. Trotzdem piepte am nächsten Morgen um 5.30 Uhr der Wecker. Als wir durch Valladolid fuhren, wurden wir von einer äusserst sportlichen Stadt überrascht. Erst wurde der Verkehr gestoppt um eine Menge Läufer durchzulassen, später brauste ein Feld Rennvelofahrer durch die Strassen. Als wir einkauften, stellten wir zum wiederholten Mal fest, dass die Werbeslogans der grossen Supermercados, dass dort alles billiger sei, eine glatte Lüge ist. Kurz darauf entschieden wir uns, zum ersten Mal eine Cuota-Strasse zu benützen. Da bezahlt man (d.h. Autofahrer bezahlen), hat dafür viel weniger Verkehr und eine breitere, bessere Strasse.  Diese Cuotas sind die Geheimtipps für Velofahrer in Mexiko, also ignorierten wir die Velo-Verbotsschilder und genossen Seitenstreifen und weitgehende Ruhe. Als jedoch nach einigen Minuten kurz vor uns ein Pick-up mit orangem Blinklicht auf dem Dach am Strassenrand hielt, befürchteten wir schon, nun gleich wieder von der Cuota runtergeschmissen zu werden. Das Auto gehörte denn tatsächlich auch zu der Strassenbehörde, oder was auch immer, die Herren grüssten jedoch nur, fanden aber sonst nichts weiter bemerkenswertes an unserer Anwesenheit auf ihrer Strasse.

Velos nicht erlaubt.

In Pisté, dem Zielort des Tages fanden wir das von anderen Ciclistas empfohlene Hotel, wo man campen konnte und richteten uns für zwei Nächte ein. Es gab auch dort einen Pool, der war jedoch nicht so schön sauber wie derjendige beim Cenote. Dafür gab es eine riesige Menge Katzen, zum Hotel gehörende und "Gäste", von denen eine eine hässliche Verletzung am Kopf hatte. Es sah so aus, als hätte jemand, vermutlich ja ein Hund, ihr ganz einfach ein Ohr abgerissen und nur die Ohrmuschel stehen gelassen. Das tat nur schon vom hinschauen weh. Armes Katzenviech.

Autsch!!!

Da Mexikaner eben keine Frühaufsteher sind, öffnen auch die Ruinen von Chichén Itzá erst um 8 Uhr. Es gelang uns, den Preis für eine 2.5-stündige Führung von 500 auf 400 Pesos runterzuhandeln. Blöd, dass Guías immer so teuer sind, wir sind aber der Meinung, dass man mit Life-Erklärungen viel mehr von einer solchen Besichtigung hat, als wenn man durch die Anlagen spaziert und sich aus all den Mauern keinen Reim machen kan. Im Gegensatz zu Tulum hat es in Chichén Itzá wieder einige recht grosse Gebäude, die anscheinend aber nicht in einem Mal erbaut wurden, sondern da drin stehen ein bis zwei kleinere Tempel und Pyramiden, die dann mit Steinen zugedeckt und mit einer weiteren Pyramide überbaut wurden. Die Maya lebten angeblich nach der Theorie, dass ihre Städte alle 52 Jahre untergehen könnten, darum deckten sie ihre Tempel eben alle 52 Jahre mit Steinen zu und verliessen die Stadt. Wenn nichts passierte, bedeutete das, dass ihre Götter ihnen eine weitere Chance gaben, dann bauten sie eben eine weitere Schicht Tempel über die alten. Die grössten Tempel, die wir sahen, sind aber nicht mehr rein Maya-Stil, da hat eine Vermischung mit den Tolteken, die von weiter oben im Norden stammen, stattgefunden. Gemäss unserem Guía haben die Tolteken die Maya aber nicht kriegerisch besiegt, sondern sich friedlich vermischt.

Die Kukulkan-Pyramide, Chichén Itzás Aushängeschild, ist interessant, auch abgesehen von ihrer Ästhetik. Wenn man unter ihr an bestimmten Stellen Lärm macht, z.B. in die Hände klatscht, dann wiederhallt das deutlich hörbar, klingt dann aber irgendwie anders. Die Theorie ist, dass die Priester von dort oben Ansagen an grössere Menschenmengen machen konnten, ohne dabei entweder brüllen zu müssen oder ein, ja eben nicht vorhandenes Megaphon oder einen Lautsprecher zu benützen. Auch findet da jeweils zur Sonnenwende am späteren Nachmittag ein spezielles Lichtschauspiel statt, das den Eindruck erweckt, eine Schlange krieche von der obersten Plattform nach unten. Der Kopf jener Schlange ist der Rechte unten neben der Treppe. Ich weiss, man kann sich nun nicht wirklich vorstellen, was damit gemeint ist, aber wie unser Führer sagte, was die Mayas hier bauten, war nie zufällig, das hatte alles seinen Sinn und war genau berechnet.

Kukulkan-Piramide mit Schlangenköpfen
links und rechts der Treppe..

In jener antiken Stadt gab es zwei Cenotes, von denen einer der Wohnsitz des Regengottes Chaac war, dem tausende von Gegenständen und auch Menschen geopfert wurden. Leider hatten, bevor Archäologen erstmals Zugang zu der Städte hatten, Schatzsucher sowohl den Cenote wie auch die Gebäude geplündert. Die sind natürlich nicht mit sehr subtilen Methoden vorgegangen, der Cenote wurde z.B. mit einem Krahn durchsucht, die Bauwerke wurden z.T. sogar gesprengt, so dass Unzählige Gegenstände und andere Überresten kaputtgemacht wurden. Diese Leute hatten von dem Gold gehört, das in den ägyptischen Pyramiden gefunden wurden und hofften nun auf ähnliche Reichtümer hier. Sie fanden wohl auch goldene Gegenstände, vermutlich aber nicht in den erhofften Mengen.

Chaac, der Regengott, wichtigste Maya-Gottheit.

In "Überbauung" gab es auch einige Spielfelder, deren Mauern mit aussagekräftigen Bildern verziert wurden. So weiss man, dass die Mannschaften aus je sieben Spielern bestanden, Schläger trugen und verschiedene Körperteile gepolstern hatten, vermutlich um damit den Ball abzufangen und ihn dann mit dem Schläger weiterzubefördern. In die Hände nehmen durfte man den Ball nicht und das Ziel war ein recht kleiner Steinreifen, wo der Ball hindurchbefördert werden musste. Gemäss den Wandreliefs wurde nach dem Ende des Spiels ein Captain den Göttern geopfert. Das Blut, das aus seinem Hals hervorschiest, verwandelt sich in Pflanzen und Bäume und stellt so ein Fruchtbarkeitssympol dar. Nicht einig ist man sich darüber, wer denn nun geopfert wurde: Sieger oder Verlierer? Wissen wird man das wohl nie, unser Guía meinte aber, wenn jemand als Botschafter zu den Göttern geschickt wurde, was eine grosse Ehre war, dann müsste das logischerweise ein Sieger sein und nicht ein Verlierer.

Bei den Mayas gab es natürich auch einige Tiere, die verehrt wurden. Dies waren v.a. der Jaguar, der Adler und die erwähnte Schlange. Darum winden sich in Chichén Itzá auch viele Schlangen entlang den Treppen zu den Tempeln, von oben nach unten, von unten nach oben oder auch gleich beides. Meistens haben die aber Köpfe oder Gebisse wie Jaguare, z.T. sind die Körper gefiedert.

Schlangenkopf mit Jaguargebiss.
Hieroglyphen an Säulen.

Am Abend fand noch eine Luz y Sonido (Licht und Ton) Show statt, da wurden einige Gebäude farbig angestrahlt und es wurde nochmals legendenmässig die Geschichte der Stadt erzählt. Das war ganz interessant und die Lichteffekte cool.

Damit war unsere Yucatán-Runde beendet, wir hatten gesehen, was wir uns zu sehen vorgenommen hatten. Jetzt galt es, so schnell wie möglich aus dieser heissen und teuren Region rauszukommen. Wir veranschlagten sechs Tage bis Palenque, die wir mehrheitlich auf Nebenstrassen fahren wollten um die schon bekannten langen, ereignislosen Geraden zu vermeiden. Das klappte zuerst gar nicht schlecht, die gewählten Strässchen waren tatsächlich schmal, die Vegetation wuchs bis an die Strasse ran, wir hatten am Morgen Schatten und fast immer wenig Verkehr. Die Leute in diesen untouristischen Orten waren auch meist freundlicher, wie sich zeigte die Hotels jedoch nicht unbedingt günstiger, auf jeden Fall nicht im Verhältnis zum Standard. Am ersten Abend in Peto (nach fast 113 km und 6:24 h) hatten wir vorgehabt, bei den Bomberos anzuklopfen, als wir das winzige Gebäude sahen und das kleine Wieslein daneben, verzichteten wir aber auf eine Anfrage.

Das Ziel des nächsten Tages hiess Hopelchén, die Strecke schätzten wir als etwa ähnlich lange ein. Das Problem mit dem Strecken-Schätzen ist in Mexiko, dass die Karte hier einen Massstab von 1:2'250'000 hat, damit ungenauer ist und generell weniger Km-Angaben hat. 1:650'000 war viel praktischer gewesen. Was uns schon bald verwirrte, war dass unser Zielort nirgendwo ausgeschildert war. Dafür Städte wir Oxkutzcab, wo wir nur wirklich nicht hinwollten. In Becanchén, einem kleinen Dorf, fragten wir darum nach und erhielten von einem netten Herrn eine Wegbeschreibung, die wie üblich recht kompliziert war. Er schrieb uns aber sogar eine Liste von Ortschaften, durch die wir hindurch mussten, und so konnten wir uns nicht mehr verirren.

Die Landschaft hatte sich für uns negativ verändert. Anstatt Wald war da nur noch Weide- oder Buschland, todlangweilig und ohne Schatten. Nachmittags um 15 Uhr fragten wir nochmals nach dem Weg nach Hopelchén und nach längerer, wieder eher umständlichen Erklärung erwähnte der Señor noch eine Dreckstrasse, mit der wir eine ganze Menge Weg sparen könnten. Das klang für uns etwas suspekt und die Nachfrage bei einer anderen Person ergab, dass jener Weg nicht in gutem Zustand sei, also entschieden wir uns, auf der asphaltierten Strasse zu bleiben und via Xul zu fahren, das hatte uns schon unsere erste Auskunftsperson so beschrieben. Irgendwann fand Martina dieses Xul auch auf der Karte und wir stellten entzetzt fest, dass wir in eine unserem Ziel entgegengesetzte Richtung fuhren. Eine genaue Analyse zeigte dann, dass die Strasse, die wir zu nehmen geplant hatten, jene Dreckstrasse für Traktoren sein musste, die der eine Herr erwähnt hatte. Ahh, Scheisse, wir waren schon gelangweilt genug und die Strecke war auch so lange genug, da brauchten wir keinen Tag und über 100 km zusätlich! Kein Wunder, sahen uns die Leute überrascht an, wenn wir nach Hopelchén fragten und ebenso kein Wunder, waren die Wegbeschreibungen so kompliziert.

Da half natürlich aber alles nichts, wir mussten jetzt nach Xul, andere Optionen hatten wir nicht. Nach über 126 km und fast 8 Stunden Nettofahrzeit hatten wir das Dörfli schliesslich erreicht. Aber, nein, Bomberos gebe es nicht, Hotels oder Hospedajes auch nicht. Wir sollten bei der Municipalidad anfragen, dort könne man schlafen. So machten wir das halt und bekamen ohne Umstände einen grossen, kahlen Raum zugewiesen, der immerhin relativ sauber war und Licht hatte. Wir durften auch die Toilette des Nachbars gebrauchen, die vermutlich das modernste war, dass die Familie besass. Wir kauften kurzerhand einen jener hier gängigen 20 l-Wasserkanister, was interessanterweise nur P. 10 kostete (+ P. 50 Depot). Ein einziger Liter Wasser kostet auch P. 10! So konnten wir uns waschen und hatten genug Wasser für den nächsten Tag. Zweites Problem: kein Restaurant. Ob das Gas, das wir noch haben, für einmal kochen reicht, wissen wir nicht. Wir fanden aber ein Mädchen, das Tamales verkaufte und so unseren Abend rettete. Problem Nr. 3: Tarantel im Zimmer. Mir egal, Martina nicht. Es gelang mir dann aber, die magere Spinne mit einem Löffel anzustupsen, so dass sie in den bereitgehaltenen Plastiksack floh und draussen im Hof wieder ausgesetzt werden konnte. So stand unserer Nachtruhe nichts mehr im Wege.

Ausser Taranteln gab es da auch kleine Skorpiönlis.

Ok, noch einmal hiess das Ziel des Tages Hopelchén. Noch einmal passierte herzlich wenig aber noch einmal war die Landschaft hügelig, wie jeden Tag seit Pisté. Wir fuhren erst lange 46 km auf unserer geliebten Nebenstrasse bis wir die Hauptstrasse erreichten, wo wir wieder einen Seitenstreifen, mehr Verkehr und keinen Schatten mehr hatten

Solche Strässlein mögen wir...
... solche sind todlangweilig.

Nach insgesamt 107 km, für die wir 6:46 Stunden brauchten, standen wir auf der Plaza von Hopelchén und liessen uns von sonderbar angezogenen Weissen begaffen. So ähnliche hatten wir schon in Belize und Chetumal gesehen und meistens haben sie uns sehr offen angeglotzt. Das sind Mennoniten, die von unseren fiesen Vorfahren unter der Führung von Zwingli (und in Deutschland Luther) verfolgt und in gewissen Regionen sogar ausgerottet wurden. Dabei klingen Grundsätze wie Gewaltfreiheit und Pazifismus, Glaubensfreiheit und Demokratie u.ä. eigentlich extrem vernünftig. Offensichtlich finden die Mennoniten andere Weisse aber äusserst bemerkenswert, keine Einheimischen haben uns je so angestarrt. Nach nur kurzer Suche hatten wir schliesslich ein recht gutes Hotel gefunden, wo Martina wegen lärmendem Ventilator den Preis von P. 235 auf 200 runterhandeln konnte. Zum Znach gab es Panuchos, das sind so eine Art kleine fritierte Tortillas mit Hühnerfleisch, Tomaten und anderem Gemüse. Echt fein.

Wieder einmal hatten wir uns mit der Entfernung ein wenig verschätzt und so zeigten unsere Compüterlis 135 km als wir die nächste Stadt, Champotón, erreicht hatten 8:13 Stunden haben wir dafür gebraucht, hatten viele Papayaplantagen gesehen, auch wieder Wald und Felder. Ich hatte wieder einmal einen Platten, zum Glück schaffte ich es mit etwa drei Mal aufpumpen bis Champotón und musste nicht in der Hitze des Nachmittags auf der Strasse den Schlauch wechseln. Dafür eben am Abend, als ich mich ganz schön erschlagen fühlte. In Coban hatten wir neue Flicken gekauft, solche, die keine Vulkanisierlösung brauchen, sondern die einfach so aufgeklebt werden können. Soll angeblich gleich gut sein, wir werden ja sehen, ob das hält.

Dass der Weg nach Francisco Esgárcega verhältnismässig kurz (84 km, 5:29 h) sein würde, hatten wir gewusst und es hatte sogar auch gestimmt. Speziell war das Städtchen eigentlich nicht, das coolste war das fette Hotel, wo wir ein Zimmer, das normalerweise P. 400 kostet, für 250 erhielten. Neue, leise Klimaanlage, heisses Wasser (das man wegen der Klimaanlage auch braucht) und riesiger Flachbildschirm-Fernseher. Wow, das war mal was andseres. So schauten wir uns einen halben Film an, gingen einkaufen und hatten einen stresslosen Nachmittag.

Die "Quittung" dafür erhielten wir tags darauf. Auch diesmal wussten wir, dass die Versorgungslage auf den kommenden Kilometern nicht überragend gut sein würde. Wir fuhren am Morgen bei Regen los, es war lange bewölkt, meist flach und bis am späteren Nachmittag keinen Wind. Perfekte Verhältnisse zum Rekorde brechen. Wirklich geplant war das zwar nicht, wir machten es trotzdem. Bis Chablé spulten wir sage und schreibe 152 km ab, was 8:47 Stunden dauerte und auch gefühlsmässig sehr lange war. All die Körperteile, die uns von den letzten Tagen schn weh taten (Ärsche, Füsse und Hände), hatten langsam aber sicher keinen Spass mehr. Da gab es keinen Wald mehr, nur noch Weideland, das teilweise überflutet war und das fahren noch langweiliger machte. In Chablé war ich dran mit Unterkunft abchecken und das einzige Hotel, das wir sahen, gehörte zu einem Restaurant, das v.a. Bar war. Und da Sonntag war, war die Bar voll mit stockbesoffenen Mexen, die sich natürlich sehr für eine plötzlich in ihrer Mitte auftauchenden Gringa interessierten. Das Interesse war jedoch sehr einseitig und ich wurde sogar irgendwann bedient, bzw. mir wurden die Zimmer gezeigt. Nich beeindruckend, aber die Betten waren ok und wir eh viel zu müde um gross wählerisch zu sein. Dass wir trotzt Klimaanlage kein warmes Wasser hatten, störte uns auch nicht all zu sehr.

Der Sonnenaufgang war das Interessanteste an jenem Tag.

Der Vorteil jener langen Etappe war der "kleine Rest" von gerade mal knappen 60 km, der für den folgenden Tag blieb. Die ersten 30 km auf der Hauptstrasse nach Villahermosa, nun aber ohne Seitenstreifen, war mittelmässig ungemütlich und der tote Affe am Strassenrand belegte, dass es gefährlich war. Nach der Abzweigung nahm der Verkehr ab und wir waren glücklicher. Wir kamen noch vor Mittag in Palenque an, fanden bald ein günstiges Zimmer in einem gar nicht so schlechten Hotel und genossen dann auch die lang ersehnte Siesta. 780 km in sieben Tagen ist für uns nicht wirklich üblich und wird so schnell vermutlich auch nicht mehr vorkommen. Der Tag darauf war klar dem Ausruhen, Rumhängen und Internetlen verschrieben, das Einzig wirklich konstruktive, das wir machten, war die Buchung einer Tour zu den Ruinen und zwei Wassenfällen, die am nächsten Morgen um 8 Uhr begann.

In der ehemalige Maya-Stadt Palenque wurden angeblich etwa 1400 Tempel und andere Gebäude gefunden, es ist allerdings nur etwa 1 % ausgegraben und restauriert. Eines der markantesten Bauwerke ist der Templo de los Inscripciones, der Tempel der Inschriften, in dem sich auch die Grabkammer des Herrschers Pakal befindet. Coolerweise kann man da rein und den Sarkophag bestaunen, der Inhalt (Mumie, Jademaske und weiterer Schmuck) befindet sich in einem Museum in Mexiko City. Im Palast der Stadt gibt es Wandreliefs, die u.a. auch missgebildete Personen zeigen. Verkrüppelte Beine z.B. oder Leute mit sechs Fingern. Gemäss unserem Führer waren dies Fehlbildungen die Folge von Inzest zwecks "Blutreinhaltung". Da die Elite sich ja gerade vom Volk abheben wollte, wurde dieses Anderssein gar nicht als negativ angesehen, sondern war sogar durchaus erwünscht und ergänzte jene selbstgemachte Verformung der Schädel, die an Babies praktiziert wurde und die als Merkmale der Götter galten. Selbstverständlich hat der Palacio auch einen Astronomieturm und ein Ort, wo Zeremonien abgehalten und vermutich Kriegsgefangene geopfert wurden. Etwas, was wir bis jetzt noch in keinen anderen Ruinen gesehen hatten, waren Klos, die hier offenbar sogar mit einem richtigen Abwassersystem verbunden waren.

Antikes Klo.

Plattgedrückter Kopf = Gott.
Sechs Finger = Gott.
Kann's jemand lesen?
Links Templo de los Inscripciones, rechts el Palacio
mit Astronomieturm.

Anschliessend an die Führung durch die Ruinen wanderten wir noch durch den Wald, wo der Guía uns zwei Eingänge in weitere, nicht ausgegrabene Tempel zeigte, einige Brüllaffen entdeckte (auch ein Baby, mega schnusig!) und uns einen Baum zeigte, der einen anderen am umwachsen und erwürgen war. Auf dem Weg zurück zum Bus kamen wir an einem wunderhübschen Wasserfall vorbei, der perfekte kleinere und grössere Pools bildet. Ist natürlich edel, so ein Flüssli in der Stadt zu haben, vorausgesetzt, dass das nicht der Abflusskanal der WCs war.

Um 12 Uhr ging die Tour weiter. Zugegeben, vier Stunden waren etwas knapp, um die doch recht grosse Anlage so richtig zu würdigen, aber der Wasserfall Misol Ha, der als Nächstes auf dem Programm stand, war ein Besuch durchaus auch Wert. Der ist nämlich nicht nur gross und fetzig, da kann man auch hinter dem Wasser durchlatschen (und dabei natürlich total verpisst werden). Krass, wie windig es dort ist. Man hätte noch weiter zur einer kleinen Höhle gehen können, da der Weg aber unter Wasser stand, verzichteten wir darauf.

Cascada Misol Ha.

Nochmals so richtig spektaklär sollte es bei den Cascadas de Agua Azul, einem Wasserfallsystem mit blauem Wasser werden. Die Fotos, die wir gesehen hatten, sahen denn auch wirklich genial aus, da aber im Moment leider gerade Regensaison ist, war das Wasser anstatt blau eher grau-brau. Natürlich gefielen uns die Fälle trotzdem, die aussahen wie ein gigantisches Semuc Champey. Etwas mühsam waren dort all die Kinder, die, kaum waren wir aus dem Bus ausgestiegen, über uns herfielen und uns alles mögliche verkaufen wollten und unser "no" ganz einfach ignorierten. Einige Erwachsene machten das so vor, da muss man sich ja nicht mehr wundern. Da wir aber von mehreren Seiten gewarnt wurden, dass bei diesen Wasserfällen viel geklaut werde, waren wir besonders misstrauisch, auch den Kindern gegenüber.

Cascada de Agua Azul.
Sieht aus, wie ein Mega-Semuc Champey.

Da wir für die Besichtigung der Fälle und zum baden drei Stunden Zeit hatten, spazierten wir erst dem Fluss nach nach oben und fanden dort sogar einen Arm, der vermutlich nach oben verschlossen war und noch ganz schön klares, blaues Wasser hatte. Juhuu, immerhin. Fernes Donnergrollen und dunkelgraue Wolken machten klar, dass baden vermutlich äusserst nass werden würde. Und tatsächlich, es begann schon zu regnen, bevor wir uns auch nur umgezogen hatten. Aber was soll's, jetzt hätten wir sieben Tage lang fast alles dafür gegeben baden zu können, jetzt würden wir das auch tun! Allerdings brauchten wir eine Weile, um uns in das kalte Wasser zu kriegen, schwammen dort dann ein paar Minuten wie in einer Gegenstromanlage bis das Gewitter unsere Individualdistanz zu unterschreiten begann und wir wieder an Land flüchteten.

Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass diese mühsamen und etwas rätselhaften Erkältungssymptome, wie Halsweh, dauerverstopfte Nase und schmerzend-steifer Nacken bald abhauen und aufhören, mir das Leben schwer zu machen so langsam wird's nämlich etwas nervig.

Sonntag, 11. September 2011

Coban - Chetumal: Via Tikal und Belize nach Mexiko

Dass wir nach Coban noch einige Hübel zu überwinden haben würden, war uns ja klar gewesen (kein Profil mehr für diese Strecke). Dass diese Colinas aber so fies und so steil ausfielen, war nicht so nett. Dazu kam, dass wir beide eben doch noch nicht so fit waren, wie wir es gerne gehabt hätten und mit ungeplanter Müdigkeit, ab und zu Kopfschmerzen und Bauchproblemen kämpften. Abgesehen davon passierte nicht viel, wir pedalten langsam und bedächtig die Subidas hinauf und flitzten vergnügt und schnell die Bajadas runter. Die Landschaft war grün in diversen Tönen, hell, wo Gras wuchs, dunkel wo noch Wald stand. Zwischendrin lagen kleinere Ortschaften, wo wir auch mal stoppten für ein wieder sehr in Mode kommendes Gatorade. Da unser momentanes Ziel die tiefliegende Region El Petén war, kam auch irgendwann die langersehnte Abfahrt hinab in die "Ebene". Ebene deshalb in Anführungszeichen, weil es dort unten selbstverständlich auch Hügelketten und sonstige heftige Wellen gab, die den Schweiss wieder in Sturzbächen fliessen liessen. Nach etwa 74 km und fast 5.5 Stunden im Sattel erreichten wir Chisec, wo wir ein günstiges Hotel fanden und wo wir u.a. auch die von Coban mitgereisten Kakerlaken rauswerfen konnten.

Platt aber eben doch hügelig.

Früh am nächsten Morgen schwangen wir uns wieder auf unsere Sättel, immer in der Hoffnung, nun keine blinden Passagiere mehr mitzuschleppen. Es war neblig, was der Landschaft einen mysthischen Touch verlieh. Die Strasse war zwar relativ flach, wand sich aber zwischen dicht bewaldeten Felsen hindurch. Der nächtliche Regen hatte die Luft abgekühlt und die morgendliche Verschleierung tat ihr Übriges dazu, dass sich die Temperaturen in erträglichen Grenzen hielten. Eine Zeit lang folgte die Strasse einer Ölpipline, dann bogen wir scharf rechts ab, hatten kein Öl mehr und auch etwas weniger Verkehr. Einige Kilometer lang ging es noch durch Hügel, dann beginnt ein Abschnitt, der auf der Karte vermutlich mit dem Lineal gezeichnet wurde. In der Realität gab es aber eine oder zwei ganz leichte Biegungen und auch ebenso leichte Wellen.

Zwischen bewaldten Felsen ist es hübsch...
...hier nicht mehr wirklich spannend.

Wir befanden uns nun im Petén, einer Region, die ich mir zwar flach aber bewaldet vorgestellt hatte. Vor Jahren hätte das wohl auch noch gestimmt, leider haben aber nur wenige Bäume die Ankunft der Siedler überlebt. Jetzt sahen wir da gerade mal noch Gras, teilweise Büsche und quadratkilometerweise Palmenplantagen. Grosse Flächen sind nicht einmal mehr grün, sondern braun, es hat vereinzelt verdorrts Gestrüp und ein paar Grashalme. Keine Ahnung, wieso man den Wald roden sollte, wenn man danach nichts auf dem "gewonnenen" Land anbaut. Oder es war einmal etwas angebaut worden und nun ist der Boden ausgelaugt und gibt nichts mehr her. Ich weiss es nicht, es ist aber zum heulen.

Nach unendlich erscheinenden Stunden bogen wir um eine Rechtskurve und befanden uns im Dorf Las Pozas. 86 km und wieder über 5.5 Stunden hatten für den Tag gereicht und die nächste grössere Ortschaft hätten wir eh nicht mehr erreicht. Das Problem nun war, dass Las Pozas selber eben auch nicht gross war und es kein Hotel o.ä. gab. Auch keine Bomberos. Das war ja aber nicht das erste Mal, dass es keine offizielle Unterkunft gab, und so galt es eben, die nicht offizielle Version zu finden. Die tausenden Kirchen im Land sollen auch einmal zu etwas gut sein und so fragten wir beim Pastor an. Der sprach so gut wie kein Spanisch, zum Glück war aber sein Sohn da, der übersetzen konnte. Bei der Kirche campen wäre grundsätzlich möglich gewesen, der Pastor hatte aber auch eine Art Zimmer mit einer Art Betten für Besucher und wir durften es uns dort netterweise bequem machen.

Praktischerweise lag das Dorf Las Pozas gleich neben der gleichnamigen Lagune und so setzten wir uns am späteren Nachmittag mitsamt den Kleidern auf einige Steine im Wasser und kühlten unsere Körpertemeratur auf ein gesundes Mass runter. Wobei das auch nur mit Stillsitzen klappte, in dem lauwarmen Wasser zu schwimmen hätte zu erneuten Hitzewallungen geführt. Dieser erste so richtig heisse Tag seit langem hatte auch in unseren Gesichtern seine Spuren hinterlassen. Wie damals in Kolumbien war alles voller schmerzhaften Pickeln, einzig meine Stirn, dort wo das Schweissband durchgeht, hatte es keine. Zurück im Haus des Pfarrers waren wir nicht überrascht, in einer Spalte krabbelnde Mitbewohner zu finden. Die hat es einfach überall, selbst in gar nicht so schlechten Hotels und hier auf dem Land natürlich umso mehr. Und diese hier war mit ihren 4 cm Länge nichteinmal ein besonders grosses Exemplar.

La Cucaracha, la Cucaracha...

Der dritte Tag seit Coban hatte La Libertad als Ziel und wurde somit kürzer. Erst mussten wir aber natürlich kilometerweise durch traurig öde Graslandschaft strampeln. Was in dieser Gegend vermehrt wieder auffiel, waren die Kinder am Strassenrand, die "Gringo, Gringo" riefen. Komischerweise riefen die auch weiter, wenn man gewunken und "hola" gesagt hat, einige, die ganz nahe waren, streckten auch in unmissverständlicher Geste die Hände aus. Ist doch interessant, wie man als Gringo in einigen Regionen als wandelnder Bankomat angesehen wird, anderswo jedoch nicht. Immerhin, der manchmal etwas fiese Tonfall, der auf der Strecke Huehuetenango-Coban ab und zu angeschlagen wurde, kam hier eigentlich nicht vor. Trotzdem, besonders hilfsbereit waren die meisten Leute da nicht. Martina war, als sie um eine dieser unzähligen lästigen Schwellen herumgekurvt war, an der neusten Asphaltschicht hängengeblieben und umgekippt. Und obwohl das mitten in einem Dorf passiert war, gafften die Rumstehenden nur, auf die Idee, ihr zu helfen, ist keiner gekommen. In Ländern wie Kolumbien oder Panamá wäre das undenkbar gewesen.

Als wir plötzlich wieder durch dichten Wald fuhren, war klar, dass es damit etwas Spezielles auf sich haben musste. Wir befanden uns im Nationalpark Rosario und da wir uns nicht unter Zeitdruck fühlten, machten wir einen kurzen Abstecher zur Lagune Rosario. Gerade umwerfend war das nicht, aber ein hübscher Ort zum Pause machen, Tische und Bänke und idyllische Aussicht auf den Weiher. Daneben stand ein Schild, das den Gebrauch von Seife im See verbot und vor Krokodilen warnte. Also ehrlich, wo Krokis wohnen, gehe ich sowieso nicht baden.

Bald fuhren wir weiter und kamen schon kurz darauf in Sayaxche an, wo die Strasse im Río de la Pasión endete. Die Fähre war aber schon unterwegs und legte wenige Minuten später auf unserer Seite an. Damit, dass das für Ciclistas gratis sein würde, hatten wir nicht gerechnet. Aber gut, nehmen wir gerne an. Da es weiterhin oberplatt bis nur leicht wellig war, erreichten wir kurz nach Mittag La Libertad. Ein Strassenschild meinte, bis zum nächsten Ort seien es noch über 50 km, und so entschieden wir uns zum bleiben. Umso besser für mich, mein Bauch war nämlich gerade wieder beleidigt und so freute ich mich mehr über eine Siesta als über ein paar weitere Stunden im Sattel in der brütenden Hitze.

Dass jenes Strassenschild gelogen hatte, stellten wir natürlich erst am folgenden Tag in Flores fest, bis wohin es nur wenig mehr als 40 km waren. Zusammen mit den 68 km vom Vortag und den ortsüblichen Temperaturen würden wir sowas in einem Tag nur machen, wenn es nicht anders geht. Bis Flores, einem kleinen Städtchen auf der Isla de Flores im Lago Petén Itza passierte nicht viel, ausser, dass wir nach einer Stunde anhielten um nochmals zu frühstücken. Nicht, weil's unbedingt nötig war, mehr, weil gerade dieses hübsche Restaurant am Strassenrand stand. Dass Flores touristisch sein würde, hatten wir ja gewusst, WIE touristisch der Ort aber war, wäre kaum vorstellbar gewesen. In einigen Strassen war jedes zweite Haus ein Hotel, die andere Hälfte waren Restaurants. Autsch! Wir hatten wieder einmal das Guidebook konsultiert, wo das Hostal Los Amigos, das als günstigste Unterkunft aufgelistet war. Das grosse Gringo-Hostal, kostete aber weit mehr als wir zu zahlen bereit waren ohne dabei einen besonders hohen Standard aufweisen zu können. Im El Mirador bezahlten wir für ein Zweierzimmer mit eigenem Bad pro Person schliesslich weniger, als im anderen ein Dorm-Bett gekostet hätte (Q. 80). Das war natürlich auch den Israelis bekannt und so teilten wir das Hotel mit einer riesigen Horde rauchenden und äusserst lärmigen Horde Brüllaffen.

Zum Los Amigos gingen wir am selben Tag aber doch noch einmal zurück, nämlich um umsere Tour nach Tikal, Guatemalas grössten und bedeutendsten Maya-Ruinen, zu buchen. Am Morgen darauf um 4.30 Uhr ging es denn auch schon los. Die Fahrt im Minibus verschlief ich wie wohl alle anderen auch. Kurz vor 6 Uhr standen wir beim Eingang zum Nationalpark, bezahlten die Q. 150 (oder US$ 20) und kurz darauf parkierten wir vor dem Jaguar Inn, einem Hotel/Restaurant im Park, wo man zu brutal überteuerten Preisen frühstücken und Sandwiches kaufen konnten. Wir hatten aber schon in Flores unseren üblichen Granola-Zmorge "genossen" um hier nicht unser Budget räubern zu müssen.

Nach etwa einer halben Stunde rumhängen, ging die Tour endlich los. Blöderweise hatten sich selbst unsere sonst extrem preisbewussten Freunde vom Hotel auch eine Führung geleistet und so waren wir eine recht grosse Gruppe. Caesar, unser Führer machte seine Sache aber sehr gut, wir bekamen auch interessante Informationen zu Pflanzen. Da wuchs z.B. ein Arbol de la Vida, ein Baum des Lebens, der den Maya heilig gewesen war und der die neun Stadien des Lebens repräsentiert hat (wie genau das im Detail funktioniert hat, habe ich vergessen). Jener Baum war über und über mit anderen Pflanzen, v.a. Orchideen bewachsen, von denen Caesar aber betonte, sie seien keine Parasiten und schadeten dem Baum nicht. Die parasitären Pflanzen, die den Baum umbringen, langsam aber sicher, zeigte er uns später.

Der Baum wird langsam erdrosselt.

Wir spazierten dann einige Zeit durch dichten Jungel bis wir auf einmal ein ziemliches Getöse hörten. Da turnte eine grosse Familie Coatis rum und die scherten sich keinen Deut um Touris, die sie umringten und knipsten wie wild. Zwei davon schienen eine ernste Meinungsverschiedenheit auszutragen, sprangen sich an, fauchten, fletschten mit den Zähnen und machten einen Riesenradau. Entschieden wurde die Sache erst, als einer der beiden von einem Kollegen Hilfe erhielt.

Coati-Fight.

Nun erreichten wir bald die ersten Gebäude und erhielten eine Einführung in die Maya-Kultur, die Conquista durch die Spanier, deren mitgebrachten Schweine hier anscheinend die erste Schweinegrippe-Epedemie auslösten und deren religiös übereifrigen Mönche kurzerhand eine Bibliothek mit rund 20'000 von den Maya geschriebenen Büchern verbrennen liessen. Jaja, hoch lebe das Christentum!!!  Anschliessend gingen wir jede Menge Ruinen anschauen. Eine erstaunliche Menge ist ausgegraben, geputzt und teilweise wieder aufgebaut, während noch eine ebenfalls riesige Anzahl an Bauwerken noch von Gras und/oder Bäumen überwachsen sind. Diese Tempel haben alle quasi eine Schale aus Steinen, das Innere ist mit Kies/Erde/Sand gefüllt und wenn das Gewächs die Steinschicht mal aufgebrochen und zur Seite geräumt hat, leistet das weiche Innern der Gebäude keiner Pflanze mehr Widerstand. Bei den vielen steilen Hügel in Tikal muss man wohl annehmen, dass darunter Ruinen versteckt liegen, von denen aber von aussen meist kein Stein mehr zu sehen ist.

Ausgebuddelt und geputzt...
...oder eben auch nicht.

Natürlich gibt es in Tikal auch Gebäude, die so hoch sind, dass sie über die Baumkronen herausragen (so hat man die Stadt überhaupt erst gefunden), dort hinaufzusteigen ist aber wegen der Hitze äusserst anstrengend und lange kann man die Aussicht dort oben auch nicht geniessen, da man sonst ganz einfach gegrillt wird. Um die Ruinen nicht zu beschädigen und weil die Originaltreppen meist so steil sind, dass man kaum raufkommt, wurden bei den hohen Tempeln Holztreppen oder -leitern gebaut, die jedoch teilweise auch schon wieder am einstürzen und darum gesperrt sind. Der Tempel Nr. 1, sozusagen das Wahrzeichen Tikals ist momentan mit hässlichem Gestänge versehen (vermutlich wird da restauriert), einige Gegenstände wie verzierte Steine oder ein riesiges Gesicht wurden mit einem Strohdach geschützt.

Tempel Nr. 2.
Verewigter Maya-Herrscher.
Tempel Nr. 5.

Etwa um 10 Uhr war die geführte Tour beendet und wir hatten noch zwei Stunden Zeit, auf eigene Faust durch den Park zu wandern. Es hätte auch die Möglichkeit gegeben, erst um 14 Uhr zurück nach Flores zu fahren, was wir eigentlich geplant hatten, aber die ganze Anschauerei hatte uns ziemlich geplättet. Die ehemalige Stadt ist denn auch riesig, mit fünf grossen (ausgegrabenen) Tempeln, unzähligen anderen Gebäuden wie z.B. Wohnhäusern und was weiss ich allem. Auf den supersteilen Treppen mit ihren rech hohen Tritten kam die Frage auf, wieso Leute, die selber kaum 1.50 m gross wurden, so hohe Treppenstufen bauten. Wer Höhenangst hat, hat in Tikal jedenfalls Probleme bei der näheren Besichtigung der Anlagen.

Unser Guía hatte eine Tarantel gefunden.

Zurück in Flores spazierten wir noch etwas durch die Stadt, schautem einem Tanzfestival zu, das uns jedoch nicht sonderlich beeindruckte, bewunderten den Sonnenuntergang und später eines der krassesten Gewitter mit brutalstem Regen, das wir je gesehen hatten. Zum Glück hatte unser Hotel ein eigenes Restaurant, da hinauszugehen wäre vermutlich lebensgefährlich gewesen.

Der nächste Tag war unser letzte in Guatemala. Die Karte behauptete, es seien 100 km bis zur Grenze zu Belize, dass wir schon nach 93 km in der Grenzstadt Ciudad Melchor de Mencos ankamen, störte uns aber nicht weiter. Die Strecke war erst platt, danach etwas hügelig aber im Grossen und Ganzen langweilig gewesen. Die Ausreise aus Guatemala am Morgen kostete Q. 20, war sonst aber nicht weiter kompliziert. Mein Geldwechsel-Typ wirkte etwas improvisiert und hatte nicht einmal einen Taschenrechner und ich vermute, der Quetzales- Belize Dollar-Tausch hat nicht wirklich gestimmt. Relevanter war aber der Wechsel von US Dólares zu Belize Dólares, was bei einem Kurs von 1:2 nicht wirklich schwierig ist und mit Hilfe eines anderen Wechslers hatte das dann tatsächlich korrekt geklappt.

Der Empfang in Belize war nicht sonderlich freundlich, immerhin hatte die Information des Schweizer Honorarkonsuls gestimmt, dass Schweizer für Belize kein Visum mehr brauchen. Wir kriegten beim Zoll einen handschriftlichen Eintrag in den Pass, dass wir ein Reisevelo im Wert von USD 2'000 mitführten. Das würden wir bei der Ausreise stempeln lassen müssen damit wir die Bicis in Belize nicht illegal verscherbeln konnten. Dann ging es auch schon los, immer noch heiss, immer noch flach, nun aber für ein paar Tage auf Englisch. Das kam mir extrem komisch vor, mit anderen Gringos Englisch zu reden waren wir uns ja gewohnt, aber mit Einheimischen?!? Und wie grüsst man auf der Strasse, mit "Good Morning" oder einfach "Hi"? Mal so, mal so, zwischendrinn, wenn ich vergass,wo ich gerade war, auch mal wieder auf Spanisch.

Im Grenzgebäude von Belize hatte es, im Gegensatz zu so vielen anderen Ländern, kein Warnschild gegeben, dass z.B. Kinderprostitution strafbar ist und ich habe mich schon gefragt, ob das hier evtl. kein Thema sei. nach der Grenze stand da jedoch ein fetts Schild am Strassenrand, das auf das Problem des Menschenhandels aufmerksam machte. Belize mag vielleicht nicht wirklich zu Lateinamerika gehören, soooo viel anders scheint die Situation im Land aber nicht zu sein.

Yep, Menschenhandel ist eine Sauerei.

Wir hatten uns vorgenommen, ca. 80 km bis zum Örtli La Democracia zu fahren und uns dort ein Bett zu suchen. Dummerweise bestand La Democracia aber nur aus einer Abzweigung und einigen wenigen verstreuten Häuslein. Blieb nichts anderes übrig als in das 24 km weiter entfernte Hattievill zu strampeln und zu hoffen, dass unser Wasservorrat reicht. Das war noch langweiliger als die ersten 80 km in Belize weil noch flacher, links und rechts war nichts als Sumpf, braunes Gras und Büsche. Hattievill hatte dann sogar einen Supermarket, wo es kühle Getränke gab, ein Hotel oder etwas ähnliches glänzte aber durch Abwesenheit. Ein Burrito-Verkäufer schien aber jemanden zu kennen, der evtl. Zimmer vermietete und brachte uns freundlicherweise gleich dorthin. Leider war aber niemand zu Hause und beim zweiten Haus, wo er es versuchte, gab es nichts zu vermieten. Weiss allerdings nicht, ob ich dort hätte übernachten wollen, wir wurden nämlich gerade Zeugen, wie ein Mann seine etwa fünf oder sechs Jahre alte Tochter anschrie und aufs Übelste beschimpfte, was gar nicht zu dem "Keep cool man, take it easy"-Bild passte, das oft von Belize vermittelt wird.

Nachdem unserem Freund nun auch die Ideen ausgegangen waren, meinte er schliesslich, er hätte auch ein Haus, und wenn wir wollten, könnten wir bei ihm schlafen. Wir gingen also sein Haus anschauen, einigten uns auf einen Preis und darauf, dass wir in einem leeren Zimmer unsere Matten ausbreiten würden. Das Angebot, dass er für uns kochen könnte, wir müssten nur die Zutaten bezahlen, lehnten wir natürlich nicht ab. Seine Burritos waren nämlich echt fein. So waren dann auch unsere Eier, Reis und Bohnen:-)

Gecko staunt in die Kamera.

Besonders geruhsam wurde die Nacht allerdings nicht. Das lag nicht an unserem Gastgeber Stanley, sondern u.a. an seinem Cousin, der auch dort wohnte und die halbe Nacht vor dem Fernseher sass. Dazu war es auch schlicht viel zu heiss zum schlafen und die Mücken hielten uns trotzt Ganzkörperbehandlung mit Repellente wach. Zum Glück hatten wir uns für den folgenden Tag keine Monsteretappe mehr vorgenommen, bis zum Crooked Tree Wildlife Sanctuary waren es keine 60 km mehr. Das einzige Erwähnenswerte, das wir unterwegsd sahen, war das Central Prison of Belize, vor dem ein Schild stand, das auf den Prison Gift Shop hinwies und wo einige orange angezogene Gestalten johlten und piffen als sie uns sahen. Sehr sicher da die Anlage eh nicht aus und wir hofften, dass die Typen, die dort rumspazierten nicht die so richtig bösen Jungs waren. Nach der Abzweigung von der Hauptstrasse kämpften wir noch etwa 6 km mit einer nassen Stein- und Sandstrasse, wo unsere Räder ganz fies kleben blieben. Im Visitor Center wurden wir von Steve, dem langjährigen Angestellten des Sanctuarys sehr freundlich begrüsst und bekamen Information, was man dort alles tun und wo man schlafen kann.

Die Suche nach einer solchen Unterkunft war dann aber gar nicht so einfach bzw. die Leute nicht sonderlich nett. Erst bei der Crooked Tree Lodge wurden wir fündig. Eine Lodge ist zwar nicht unser üblicher Übernachtungsort, da viel zu teuer, wir konnten aber für USD 5 campen und hatten das ganze grosse Grundstück für uns allein. D.h. wir mussten es mit Princess, einem waisen Kalb und einem Krokodil im Weiher teilen. Mick, ein Engländer, und Angie, seine Frau, die aus Crooked Tree stammt, waren nett, wir bekamen ein megafeines, megagrosses Abendessen für gerade mal USD 4 pro Person, der Zeltplatz war perfekt und wir wurden von keinen lauten Fernsehern, Autos oder bellenden Hunden gestört. Das einzige Problem war die Hitze. Natürlich hatten wir das Zelt erst am späteren Nachmittag aufgestellt und unter den Bäumen war es zu keinem Zeitpunkt direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt, trotzdem heizte es sich auf wie eine Sauna.

Mhm, wir haben wieder einmal gecampt.

Früh am nächsten Morgen standen wir auf und unternahmen eine kleine Wanderung durch die Insel in der Hoffnung, irgend etwas Interessantes zu finden. Klar, Vögel schwirrten wie immer herum, dabei blieb es aber auch schon. Neben einem schmalen Pfad lagen einige rostige Kühlschränke herum und später am Seeufer sahen wir in der Ferne noch einige weitere Flatterviecher, aber vermutlich ist so ein Sanctuary einer jener Orte, wo man einen Führer braucht, der sich auskennt und der die Tiere dann auch wirklich sieht. Das Unterhaltsamste für uns war eine Hundefamilie, die mitten auf dem Weg lag, deren erwachsenen Mitglieder unbedingt gestreichelt werden wollten und der Welpe zu scheu war um sich anfassen zu lassen. Nun, "Wild" waren die zwar nicht, immerhin hatten wir etwas "Life" gesehen.

Crooked Tree Wildlife Sanctuary.
Hundefamilie auf der Strasse.

Nach unserer "Entdeckungstour" packten wir unsere Sachen zusammen, genossen noch ein gutes Frühstück bei Mick und verabschiedeten uns dann von ihm und Angie. (Hier noch eine kurze Bemerkung zur Crooked Tree Lodge. Wir hatten hier Camping und Essen zu einem absolut super Preis-Leistungs-Verhältnis bekommen, wobei das aber klar Off-Season-Preise waren, in der Hochsaison bezahlt man mehr, wie an so vielen Orten auch.) Der Abschied von Steve zog sich auch noch etwas in die Länge und schliesslich war es schon fast Mittag als wir über die nun bedeutend trockenere Sandpiste zur asphaltierten Strasse zurückfuhren. Das Ziel des Tages war das etwa 45 km entfernte Orange Walk, wo es gemäss Mick eine sehr gute Bäckerei geben sollte. Die Fahrt war ereignislos, es war platt und heiss.  In Orange Walk stellte sich die Frage, ob wir uns ein Hotel suchen (Belize ist extrem teuer) oder die Firestation versuchen sollten. Feuerwehrmänner sind auch wenn sie Englisch sprechen nett und zuvorkommend und dass es in Orange Walk keine Zimmer sondern nur eine Garage gab, das war schlicht Pech. Wir durften uns in einer Ecke installieren (wir hätten auch campen können *hitzschwitz*), wo wir einigermassen eine Privatsphäre hatten. Nackt schlafen ging natürlich nicht, wir hatten aber einen Ventilator gekriegt und die offene Garage war wenigstens gut durchlüftet. Die von Mick empfohlene Bäckerei La Popular fanden wir auch und was dort gebacken wird, ist wirklich extraklasse.

Orange Wald war sogar ein richtiges Dorf. Sämtliche Ortschaften in Belize waren bis jetzt in unseren Augen nichts anderes als eine Ansammlung weit verstreuter Häuser gewesen ohne richties Zentrum, Plazas schien es keine zu geben. Da sah man z.B. ein Schild mit "Welcom to Sand Hill" in der Landschaft stehen, irgendwo taucht vielleicht mal ein Haus auf, ein paar hundert Meter weiter das nächste, oder ein paar Sandwäglis, die vermutlich zu Häusern führen, aber ein Dorf, wie man es erwarten würde, taucht nie auf, im besten Fall verdichten sich die Wohnhäuser etwas, vielleicht gibt es ein paar Läden, that's it.

Die letzten gut 60 km in Belize sahen etwa so aus wie all das, was wir bisher gesehen hatten. Ein paar kleine Mädels riefen mir "Gringa!" nach, was wir in ganz Belize nie gehört hatten. Einerseits danke für's Bemerken, dass ich eine Frau bin, andererseits, du sprichst auch Englisch, und da soll ich eine Gringa sein!?! An jenem Tag war nun Martina dran mit Bauchproblemen und irgendwo schien sie sich noch erkältet zu haben, was wieder einmal die Frage aufwarf, wie man sich denn eigentlich er"kältet", wenn es dauernd brutal heiss ist. Immerhin, wenn es flach ist, kommt man wenigstens rasch vorwärts und es gab nichts, dass sich uns in den Weg stellte. Bis auf die Grenze zu Mexiko natürlich. Da gibt es auf der Belize-Seite eine riesige Free-Zone, die jedoch ganz unfrei mit Stacheldraht hoch eingezäunt ist. Die Grenzbeamten hier waren viel freundlicher als bei der Einreise und dass wir Bz$ 37.50 bezahlen mussten, das hatten wir ja schon lange gewusst. Auch der Velo-Eintrag wurde problemlos gestempelt und wir konnten an einigen fetten Casinos vorbei nach Mexiko radeln.

Jupiiee, endlich in Mexiko.

Juhuuu, wir waren in Mexiko! Bevor das offiziell war, mussten wir aber einen jener Einreisefötzel ausfüllen, erhielten dann aber anstandslos 180 Tage Aufenthalt, zusammen mit einer Art Rechnung, d.h. bei der Ausreise werde ich 262 Pesos bezahlen müssen. Dann waren wir drin, sogar ohne von den sonst immer anwesenden Geldwechslern belästig zu werden. Komische Grenze. Zum Glück fanden wir aber ein unscheinbares Fensterli, wo wir unsere letzten Belize Dollars in Pesos tauschen konnten und dann steuerten wir unser erstes Ziel, die Stadt Chetumal, an. Das einige Dinge hier anders waren, sah man bald. Z. B. gibt es hier Motorrasenmäher. Zwar alt und rostig, aber das Gras wird nicht mit der Machete kurzgehackt. Der Knast, an dem wir vorbeipedalten, sah um einiges moderner und sicherer aus als das Central Prison of Belize und Chetumal selber wirkt (wie im Footprint beschrieben) recht amerikanisch. Es war denn auch nicht einfach, ein einigermassen bezahlbares Hotel zu finden. Wir bezahlen nun, weil wir drei Nächte bleiben, nur MXN 275, was gut USD 21 entspricht. Geht noch. Interessant ist, dasses in dem für unsere Verhältnisse noble Hotel keinen Toilettensitz gibt, in der Vorrichtung zum Handtuch aufhängen die Stange fehlt, ebenso in dem Klopapier-Aufhängteil. Die Tatsache, dass die Lampe eingekerkert ist, erklärt vermutlich, warum das so ist. Scheint, also ob hier alles, was nicht niet- und nagel-, bzw. schraubfest ist, geklaut wird.

Sogar das Licht muss eingekerkert werden.

Insgesamt hat Chetumal unsere Erwartungen allerdings nicht erfüllt. Wir hatten gehofft, in der Stadt schnelles und relativ günstiges Internet zu finden, nun sind Internet-Cafés rar, teuer und, zumindest da, wo ich gerade sitze, Schlaftabletten-langsam. Es fühlt sich irgendwie peruanisch an, die Tastatur ebenso. In Mittelamerika war der Standard diesbezüglich meistens höher gewesen. Dazu gibt es in der Nähe keinen Super- sondern nur ein paar Minimercados, die teuer sind und natürlich nur ein beschränktes Angebot haben.

Aber gut, der Plan ist nun, bald weiterzufahren, durch Yucatan zu kurven, ein paar weitere Ruinen anzuschauen und dann quer durch Mexico ins Amiland hochzustrampeln. Falls die uns einlassen, und falls wir nach zwei Jahren Lateinamerika das überhaupt über uns bringen.