Freitag, 20. Juli 2012

Whitehorse - Watson Lake: Change of Winds


Wir haben Whitehorse bei bewölktem Himmel, zu unserer Faszination aber mit leichtem Rückenwind verlassen. Bei der ersten Steigung aus der Stadt raus stellte ich fest, dass Philippe, unser Velo-Mech-WS-Host, es geschafft hatte, meinen ersten Gang ausser Gefecht zu setzen. Man sollte wohl nie den Mech den letzten Test Ride machen lassen. Meine neue alte Bremse funktionierte dafür wunderbar, am Abend würde ich mal schauen, was die kurze Lektion in Sachen Gangschaltungs-Ajustierung gebracht hatte und versuchen, diesen ersten Gang wieder zum Funktionieren zu bringen. Vorerst aber pedalten wir mit leichtem Schub von hinten, oder besser gesagt, ohne Luftwiderstand, in Richtung Süden. Das ging zügig und wir waren ganz überrascht, in welchem Ausmass Velo fahren Spass machen kann wenn man nicht die ganze Zeit fies angepustet wird. Das Land war zwar hügelig, die Strasse, die da zwischen den Berglis hindurchführte, war aber recht flach und wir waren ohne grosse Anstrengung ziemlich schnell. 

Die Znünipause am hübschen, blau-grünen Yukon war noch trocken, während der Mittagspause wurden wir ganz leicht angeregnet und flüchteten darum unter’s Dach vor einem Klo. Abgesehen davon war das Wetter ok, ein steter Mix aus Sonne und Wolken. Am späteren Nachmittag trafen wir eine 4-er-Gruppe Ciclistas aus den Staaten, die einen geschlossenen Zeltplatz einige Kilometer weiter erwähnten. Als wir dort ankamen, stellten wir aber fest, dass der CG vermutlich geschlossen war, weil da ein Bär patrouillierte. Darauf deutete zumindest ein Schild hin. So brachten wir noch eine gewisse Distanz zwischen uns und dem Lieblingsplatz des Bären und schlugen uns dann in die Büsche (117.05 km km in 6:46) Stunden). 

Alaska Highway.
Noch mehr Blumen.

Was geschah am zweiten Tag? Hmm, ehrlich gesagt, keine Ahnung, muss mal mein Tagebuch konsultieren... Aaach so, richtig. Naja, nicht gerade umwerfend. Wir haben bei Johnson Crossings einen Kaffee getrunken und Cinnamon Rolls gegessen und dann den Teslin River überquert. Später sind wir lange dem Teslin Lake entlang gefahren. Es war leicht welliger als der Tag zuvor, um uns herum wurde es felsiger und wir hatten Rückenwind. Wie schon seit Dawson waren auch hier Unmengen an Motorradfahrer unterwegs. Davon scheint es drei Unterarten zu geben. Die Langzeit-Reisenden, die eine Menge Gepäck auf ihre Maschine geschnallt haben, und die meistens auf off-road gehen können. Die zweiten, so quais die Wochenend-, oder vielleicht Einbiszweiwochen-Fahrer, reiten auf Strassentöffs mit mehr oder weniger schicken Anhänger (auch Wohnwägelis sind vertreten!). Dann sind da natürlich gerade an Wochenenden noch ganze Herden Motorräder ohne Gepäck, oft Harleys oder wass da auch immer herumdröhnt. Einige der Langzeit-Fahrer grüssen, die anderen kaum je. Mehr Krach als nötig machen alle, ansonsten sind sie weniger lästig als die riesigen, völlig oversize RV in bis zu Busgrösse, vor denen man immer am Besten auf den Seitenstreifen flieht, der aber meist rau und kiesig ist und darum nicht so konfortabel. Aber eigentlich sollte man sich ja nicht über diejenigen beklagen, die man ab und zu mal um Wasser anbettelt. Und die meistens sehr nett sind. 

Nach der Mittagspause am Teslin Lake kamen wir ins Dorf Teslin, tankten Wasser und kletterten die nächste Steigung hinauf. Dort standen bei einer Aussichtsplatzform Tafeln, u.a. mit Information über Lachse. Für die Einheimischen hier waren/sind Lachse naheliegenderweise seit jeher von Bedeutung und schwache „Salmon Runs“, d.h. wenn wenig Lachse kommen, ist das für sie alarmierend. Um die Bestände zu schonen kommt es vor, dass der ganze Stamm in einer Saison nicht fischt, wobei ich mich dann frage, wieviel das wohl ausmacht, wenn unten im Meer schon kommerzielle Netze ausgeworfen werden. Interessante Details: Die Lachse kommen im Juli/August oben in den Flüssen an.  Ein Weibchen legt bis zu 5‘000 Eier. Die Baby-Lachse schlüpfen im folgenden Frühling und verbringen ein Jahr im Fluss bevor sie ihre gefährliche Reise flussabwärts zum Meer starten. Diejenigen, die die das Meer erreichen, bleiben dort 2-6 Jahre und wer dann immer noch lebt, versucht, "seinen" Fluss wieder hochzuwandern, dahin wo er/sie geschlüpft ist. Ganz einfach ist natürlich auch das nicht, da warten kommerzielle Fangflotten noch vor der Mündung der Flüsse und dann ganze Heerscharen von zweibeinigen und Vierbeinigen Fischer, die ihren Teil des Kuchens abschneiden möchten. Von den 5‘000 gelegten Eiern kommen 5-6 geschlechtsreife Lachse zum laichen an ihren Geburtsort zurück. 

Teslin Lake mit Dawson Peaks.

Nach längerer Suche fanden wir auch an jenem Tag einen Kiesplatz, nicht wirklich sichtgeschützt von der Strasse, aber was soll’s (99.82 km in 7:10 Stunden). Trotzt der Warnung einer Einheimischen, wir sollten doch in offiziellen CGs übernachten, wo auch andere Leute sind, blieben wir bei unseren Wildcamps. Trotzt dem angeblich so unglaublich guten Geruchsinn der Bären hat uns bis jetzt noch nie einer überfallen und auch weder unsere Foodboxen noch –säcke zu plündern versucht. Ich meine, ich will damit nicht sagen, dass wir die Bären unterschätzen, unsere Meinung/Hoffnung ist aber, dass wir irgendwo da daraussen weniger schnell entdeckt werden als auf einem Zeltplatz, den die Bären kennen und wo sie wohl noch ab und zu mal auf Futtersuche gehen. Auf diesen läppischen Campgrounds hat es nämlich selten Boxen oder sonstige Vorrichtungen zur sicheren Essensverstauung, was den gesamten Zeltplatz etwas pointless macht. 

Tag Nr. 3 begann mit strahlendem Sonnenschein, der jedoch bald von dunklen Wolken verdeckt wurde. Wir fragten uns den ganzen Tag, ob und wann es wohl regnen würde, was jedoch ausblieb. Dafür pustete der Wind recht stark und freundlicherweise von Westen. Wunderbar. Ansonsten hob sich der Tag genauso wenig ab wie die anderen auch. Ich will jetzt nicht den Eindruck erwecken, die Strecke sei todlangweilig gewesen. War sie nicht. Sie war aber auch nicht aufregend, die Landschaft sah immer ähnlich aus (Wald, Hügel, Berge, Seen und Flüsse). An jenem Tag überquerten wir aber die kontinentale Wasserscheide. Vor dem Hügel floss alles Wasser schlussendlich in den Yukon und damit ins Beringmeer, nach dem Hügel landete alles im McKenzie River und floss in die Beaufort Sea, das Arktische Meer. Das war so in etwa die Sensation des Tages. Als Pennplatz fanden wir eine riesige flache Kiesgrube, wo der Wind sein Bestes gab, die Mücken von uns fernzuhalten (93.85 km in 6:04 Stunden). 

So langsam wird's bergig.
 
Dies wurde nun der schon fast perfekte Tag. Nach nur 15 km erreichten wir das Restaurant/Hotel/CG Rancheria und weil der Food dort so gut aussah, bestellten wir uns gleich je ein Yukon Breakfast. Das war ziemlich gross, v.a. wenn man bedenkt, dass wir gerade mal eine gute Stunde zuvor schon zum ersten Mal Zmorge gegessen hatten. Martina fand es dann auch grenzwertig, ich hatte nicht wirklich Probleme, das alles wegzuputzen. Aber klar, voll war ich hinterher schon, das Preis-Leistungs-Verhältnis war aber sehr gut gewesen. Schon bald ging’s weiter, erst recht flach, dann wieder ein wenig hügelig. Meine Gangschaltung zickte mich jeden Tag  von Neuem an. Jeden Abend schraubte ich daran herum bis alles funktioniert, am nächsten Morgen oder spätestens am nächsten Abend war der erste Gang wieder tot. Nicht, dass ich den oft gebraucht hätte, komisch war das aber schon. Am späteren Nachmittag fanden wir wieder einen schicken Kiesplatz mit schön ebenem Boden (101.49 km in 5:52 Stunden). Der Himmel bedrohte uns wieder mit Regen, der dann auch wirklich kam. Und später, gerade als ich am Zähneputzen war, für ein absolut geniales Bild sorgte. Da war der grosse, offene Platz, zur Hälfte noch Sonne, zur Hälfte im Schatten, rundherum Wald und dunkelgraue Wolken. Das Zelt stand da klein und allein in der Lichtung in der Sonne unter dem Regenbogen. Wenn das nicht die perfekte Camping-Idylle ist. Foto gibt es leider keines, wer geht schon mit der Kamera zähneputzen. 

Ja, und wer mag es schon, zum Geklopfe von Regen auf dem Zelt zu erwachen? Wir nicht und obwohl wir den Wecker erst auf 7.30 Uhr gestellt hatten (es blieben gerade mal noch 35 km bis Watson Lake), blieben wir noch eine halbe Stunde länger liegen. Mit Erfolg, der Regen hatte fast aufgehört bis wir zusammenpackten. Viel passierte nicht auf den paar Kilometern, in Nugget City tranken wir einen überteuerten Kaffee und zogen das Regenzeug endgültig aus. Als wir in Watson Lake ankamen, schien die Sonne. Im Visitor Center fanden wir dann zu unserer Angepisstheit heraus, dass man in dem blöden Kaff nicht zelten kann. RV Parks gibt es schon, die akzeptieren aber keine Zelte. Nach zwei Stunden in der Bibliothek mussten wir also wieder 4 km zurück in Richtung Whitehorse und dann weitere 6 km auf einer Kiesstrasse zum Watson Lake Government CG. Da gab es Klos (sehr luxuriös) Tische, Bänke, eine Shelter und das war‘s. Unser Teil des CGs hatte keine Wasserpumpe mehr, da musste man erst einige Kilometerlis weiter düsen um das kalkige Wasser aus dem Boden zu kriegen (45.96 km in 3:00 Stunden). Die Shelter hatte kein Mosienetz, was doof ist weil die Population dort fast Dempster-Dichte erreicht. Und wie auf den meisten dieser Zeltplätze gab es auch keine Metallboxen oder sonstige Food-Aufbewahrungs-Vorrichtungen, die man eigentlich erwarten würde. Kurz gesagt, unsere gute Laune hatte bis zum Abend etwas gelitten. 

Heute sind wir logischerweise wieder nach Watson Lake pedalisiert, haben im Recreation Center für $ 3 geduscht, sogar Frottetücher gekriegt und unbeschränkte Zeit unter dem heissen Wasser stehen können. Laundromate hat das Nest natürlich auch und so sehen wir zumindest wieder etwas zivilisierter aus. Und fühlen uns auch so. Das Internet im Rec ist auch besser als in der Bibliothek und erst noch ohne Zeitbeschränkung. Die Ladies vom Visitor Center sind extrem nett und hilfsbreit und der Schilderwald dort ist in der Tat recht beeindruckend. Der Kurzfilm über den Bau des Alaska Highways war auch interessant. Die rund 2‘700 lange Strasse wurde im Jahr 1942 nach nicht mal einem Jahr Bauzeit fertiggestellt. Das ging so schnell, weil die Amis nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor die Aleuten unmittelbar bedroht sahen und dringend eine Versorgungsstrasse nach Alaska brauchten. Was wäre wohl passiert, wenn sich Kanada dem Bau der Strasse entgegengesetzt hätte??? 

Schilderwalt von Watson Lake.
 
Wir haben nur länger hin und her überlegt, welche Strasse wir nach Prince George nehmen sollen. Der Alaska Highway sei bis Fort Nelson extrem schön, danach aber eher langweilig Es gibt da viele Büffel und Bisons zu sehen und es hat Hot Springs. Der Steward/Cassiar HWY hat weder heisse Quellen noch Büffel etc., sei aber länger schön und ist insgesamt etwas kürzer. So wie’s im Moment aussieht, werden wir die etwas kürzere aber auf’s Ganze gesehen interessantere Route nehmen. Wir hoffen, Prince George zu erreichen bevor die Mücken uns aufgefressen haben.

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