Wir haben es tatsächlich geschafft Huaraz zu verlassen. Am 22. Oktober morgens um halb sieben sind wir losgeradelt, einerseits etwas wehmütig, wir haben dort schliesslich eine gute Zeit verbracht, andererseits froh, dass es endlich weiterging. Kaum zu glauben, dass unsere Velos uns nach so langer Vernachlässigung (8 Wochen) noch kannten.
Die bepackten Velos stehen vor dem Hostal bereit. |
Da Huaraz ja auf über 3'000 m und Trujillo auf Meereshöhe liegt, ging's erst mal kräftig abwärts. Die Strasse bis Caraz kannten wir ja bereits von zwei Busfahrten und wussten, dass wir eigentlich mindestens bis Yungay Aussicht auf den Nevado Huascarán haben sollten. So wäre das all die Tage zuvor auch gewesen aber wir hatten uns natürlich einen bewölkten, grauen Morgen ausgesucht, an dem rein gar nichts zu sehen war, kein einziger Berg der Cordillera Blanca zeigte sich.
Dafür kamen wir zügig vorwärts und machten bis Caraz nur wenige Fotos. Von einer hübschen Plaza etwa oder dem Friedhof von Yungay, dem einzigen Teil des ursprünglichen Dorfes, der, weil er erhöht liegt, die aus dem Erdbeben von 1970 resultierende Schlamm-, Stein- und Wasserlawine, die vom Huascarán herunterbrauste und das gesamte Dorf unter sich begraben hatte, überlebt hatte. Ursprünglich hatten wir vorgehabt, an jenem ersten Tag nur bis Caraz zu fahren. Da wir aber schon vor 11 Uhr dort ankamen, fuhren wir weiter. Das Wetter hatte sich bis dort leicht verbessert, während unserer Mittagspause fielen jedoch schon wieder ein paar Tropfen.
Wir waren noch nicht lange weitergefahren, als es so richtig zu regnen begann und wir unser ganzes Regenzeug montierten. Kurz darauf hatten wir den Cañon del Pato, die Entenschlucht, erreicht, die eigentlich die enge Fortsetzung des Callejón de Huaylas ist. Früher führte hier teilweise eine Eisenbahn durch, die aber von dem erwähnten Erdbeben grösstenteils zerstört wurde. Dem südamerikanischen Zeitgeist entsprechend wurde die Bahn stillgelegt bzw. die Strecke in eine Strasse umgebaut. Die Schlucht ist interessant, da sie über viele Kilometer extrem eng ist und die Strasse (die richtiggehend beschissen ist) durch insgesamt 46 Tunnels führt.
Steinschlag, hier noch auf Asphaltstrasse. |
Die ersten paar Kilometer im Cañon del Pato waren noch asphaltiert, bald aber holperten wir wieder über Felsen, Steine und viel Kies. Und da sich der Regen alle Mühe gab, verwandelte sich die Strasse in zwei Bäche und obwohl wir langsam fuhren, waren Velo und Taschen in kürzester Zeit wieder schmutzig wie eh und je. Dabei hatte ich in Huaraz alles pflichtbewusst geputzt, bzw. die Taschen sogar geduscht und gewaschen. Super, der Effekt hat gerade mal einen halben Tag gehalten.
Schade, jetzt hatten wir nicht nur die Cordillera Blanca nicht mehr gesehen, auch die Berge links und rechts des Río Santa wären bestimmt interessant gewesen, so enge Schluchten gibt es bestimmt nicht viele. Aber was dort zu sehen gewesen wäre, konnten wir nur erahnen. Nach etwa zwei Stunden durch den Regen strampeln, erreichten wir die Ortschaft Huallanca. Das Dorf war klein und es gab drei Hospedajes. Da kann es ja nicht so schwierig sein, eine Unterkunft zu finden. Dachten wir jedenfalls. Versuch Nr. 1: Niemand da. Versuch Nr. 2: voll belegt. Versuch Nr. 3: zu teuer. Ok, was jetzt? Es regnete immer noch in Strömen und langsam wurde uns kalt. Wir wiederholten den Versuch Nr. 1, aber es war wirklich niemand da. Ich checkte das Centro Deportivo, vielleicht kann man ja in einer Turnhalle schlafen. Es gab aber keine. In einem Lädeli fragten wir nach den Besitzern des verlassenen Hostals und erfuhren, dass die Leute weg waren. Tropf, frier, schlotter... Die Dame hatte aber offensichtlich Mitleid mit uns armseligen Gestalten und bot uns einen Raum an, wo wir unsere Matten für die Nacht ausbreiten durften. Das war nett, so konnten wir alles Nasse aufhängen, kochen, essen und ab in die Federn.
Der Nacht war überraschend warm, aber wir waren schliesslich auch noch auf gerade mal ca. 1'400 müM. Der nächste Morgen kam bald und mit ihm gutes Wetter. Die Strasse war zwar noch nass, was aber von Vorteil war, da so niemand Staub aufwirbelte. Sehr weit kamen wir aber nicht, ohne die ersten Foto-Stopps. Diesmal hatten Kakteen unsere Aufmerksamkeit geweckt.
Kaktus kurz nach Huallanca. |
Ob wir hier schon alle Tunnels schon hinter uns hatten, wussten wir nicht. Beim zweiten Tunnel hatte ich mir vorgenommen, mitzuzählen. Beim dritten hatte ich das schon wieder vergessen, da meine Aufmerksamkeit woanders absorbiert wurde. Kurze Tunnels ohne Licht sind ja easy, wo sie aber länger werden und v.a. nicht mehr asphaltiert sind, wird's kompliziert. Selbst wenn man den Ausgang in der Ferne sieht, die nahen Unebenheiten, Steine und Sand sind alle schwarz. Ich hatte zwar meine Taschenlampe an, das hat aber herzlich wenig gebracht. Braucht vielleicht neue Batterien. Bei einigen Tunnels fuhr man einfach in ein schwarzes Loch ohne Ausgang, ohne Nichts. Da hätte auch ein Abgrund sein können, wir wären vertrauensvoll hinabgestürzt. Das war schon ein Bischen creepy da durchzufahren, Biegungen etc. der Strasse bekam man erst mit, wenn man irgendwo feststeckte oder fast in eine Wand fuhr. Teilweise gab es ein oder zwei "Fenster", durch die ein wenig Licht drang. Das half leider auch nicht weiter, im Gegenteil, es machte die Orientierung endgültig zur Sau.
Beim guten Wetter am Tag nach Huallanca konnen wir die Landschaft um uns herum wieder gebührend würdigen. Das Tal, das zwischen Huallanca und weiteren Dörfern recht breit und grün gewesen war, war inzwischen wieder eine schmale Schlucht, Pflanzen oder sonst irgendetwas lebendes gab es nicht, jetzt mal abgesehen von uns und ein paar Autofahrern. Wir waren am frühen Morgen glücklich gewesen über die Sonne, aber schon um acht Uhr schwitzten wir an einem kleinen Hügeli wie blöd. Sogar der Gegenwind, immer unser treuer Begleiter, war heiss und brachte keine Kühlung. Mann, wie sollten wir da Trujillo überleben, wenn wir hier schon fast verschmachteten?
In voller Regenmontur im Cañon del Pato. |
Während es in der Schlucht nichts Lebendes gab, waren Zeugnisse von vergangenen Mienenaktivitäten zahlreich. Ab und zu ein schwarzer Stollen, verlassene Häuserreihen oder Schmelzöfen säumten den Strassenrand oder das andere Flussufer.
Zerfallene Mine und Schmelzofen? |
Auch die Strasse selber war höchst kurzweilig. Die Oberfläche fühlte sich an wie mit festen Felsen durchsetzter Bahnschotter. Normalerweise wäre man damit beschäftigt, sich den besten Weg durch so eine Strasse zu finden. Hier stellte ich aber irgendwann fest, dass das Kies neben der Strasse, so es denn ein Neben-der-Strasse gab, bedeutend besser zu befahren war, als die offizielle Fahrbahn. Damit uns dort nicht langweilig wurde, stellten unangenehm viele Autos und Lastwagen sicher, dass wir regelmässig braun eingepudert wurden. Einzig die Begegnung mit einem Berner Päärchen mit Jeep war interessant. Von ihnen hatten wir auch etwas Wasser bekommen, was sehr erfreulich war, da das Wasser aus dem Hahn am Morgen bräunlich gefärbt gewesen war.
Im Laufe des Nachmittags kamen wir an einem für uns doch eher trostlosen Ort vorbei, einem Dorf mit Namen "Mirador, Pueblo de Fé y Esperanza", Dorf des Glaubens und der Hoffnung. Ja, Hoffnung braucht man tatsächlich, wenn man dort wohnt. Wir haben im ganzen Kaff ein Huhn, einen Hund und einen Mann gesehen, sonst bewegte sich nichts. Abgesehen von den Autospuhren und einer Blechtonne könnte der Ort problemlos als Kulisse eines Western dienen, verändern müsste man kaum etwas.
Mirador, Pueblo de Fé y Esperanza. |
Es wurde langsam spät und wir hofften, den nächsten Punkt auf der Karte, Estacion Chuquicara, zu erreichen, waren aber nicht sicher, wie weit das noch weg war. Auch wurde unser Wasser knapp und sauberer Nachschub schien äusserst unwahrscheinlich. Und wie es in solchen Situationen, wenn man schneller vorwärtskommen möchte, eben ist, hatte Martina gerade jetzt einen Platten. Ihren ersten überhaupt, und sie ist seit über einem Jahr unterwegs! Ob Platten Nr. 1 oder 15, der Schlauch muss ersetzt und der Störenfried im Mantel entfernt werden. Und das dauert so seine Zeit.
Martinas erster Platten in über einem Jahr! |
Aber, wie wir ja wissen ¡todo es possible! und so stiegen wir kurz vor 17 Uhr wieder auf die Sättel und kämpfen uns weiter. Von einem Lastwagenfahrer, den wir um Wasser baten, erfuhren wir, dass Estacion Chuquicara nicht mehr weit entfernt war. Schön, aber was heisst das für uns Ciclistas? Nicht mehr weit ist bekanntlich relativ. Die Information wurde von zwei Strassenarbeitern bestätigt und tatsächlich, etwa um 18 Uhr erreichen wir das Dörflein. Das aber auf den ersten Blick gewisse Ähnlichkeit mit Mirador hatte, klein und viele verlassene Häuser. Aber hier gab es Menschen, anscheinend Restaurants und sogar eine Polizeistation. Dort fragten wir nach einer Unterkuft und bald darauf quartierten wir uns in einem Zimmer ein, das zugleich als Lager- und Abstellraum eines Restaurants diente. Dusche gab es nicht, aber eine Wassertonne, wo man sich waschen konnte. Wir waren einmal mehr von Kopf bis Fuss verstaubt und auch ziemich müde obwohl es fast den ganzen Tag lang bergab gegengen war. Aber eben auf eine anstrengende Art und Weise.
Am Morgen waren wir früh startbereit, das Restaurant aber leider noch zu und wir hatten praktisch kein Wasser mehr. Super Organisation, das hatten wir abends zuvor verpennt. Zu Glück war ein Polizist schon wach und wir konnten die Flaschen bei ihm füllen. Dein Freund und Helfer, stimmt eben auch in Peru. Zu unserer Freude begann im Dorf die Asphaltstrasse und wir genossen es, schnell und ohne Geholper das Tal hinunterzufetzen. Bis zur Abzweigung zu einer Privatstrasse, die quer durch die Wüste führt und mit der man die Stadt Chimbote umgehen kann. Andere Velofahrer sind auch da durchgekommen, auch wir bogen hier ab. Es gab ein Tor und einen Wachmann aber wir wurden problemlos durchgelassen. Schon wieder fertig Asphalt. Die Qualität der Strasse war aber erst nicht schlecht, wir kamen gut vorwärts. Die Strasse wurde sogar noch besser, plötzlich fuhr es sich fast wie auf Asphalt. Juhuu, hoch leben private Strassen! Dann war der Spass mit einem Schlag vorbei, die "Strasse" hatte sich in einen nassen Schlammhaufen verwandelt. Am Rand lagen weitere Erdhaufen bereit. Offensichtlich wurde hier gearbeitet, die Reparatur war in vollem Gange. Das ist ja schön, aber leider klebte der Schlick so dick an den Rädern, dass bald die Schutzbleche vollgestopft waren und gar nichts mehr ging. Ich klaubte mein Messer aus einer Tasche und begann eine langwierige Rausgrabungsaktion.
Wie soll denn so einer fahren??? |
Zu unserem Glück verbesserte sich die Situation als die Strasse trockener wurde. Wir fuhren hier durch ein weites, flaches Flusstal, immer noch dem Río Santa entlang. Rechts begann die Wüste mit grau-braun-violetten Hügeln, links erstreckten sich leuchtend grüne Felder. Wir erkannten Mais und Reis, es wuchsen aber auch andere Pflanzen, von denen wir keine Ahnung hatten, was sie sein könnten. Auf der anderen Seite des Flusses führte die öffentliche Strasse den selben trockenen, vegetationslosen Hügeln entlang wie es sie auf unserer Seite auch gab.
Reisfelder in der Quebrada del Silencio. |
Wir erreichten ein kleines Dorf, die Ronda Campesina Tanguche, dort drehte unsere Strasse in ein Seitental ab, wo es auch noch es noch einige Häuser und Felder gab. Und einen Haufen Mais, der dort zum trocknen ausgebreitet war.
Viel Mais! |
Danach war schon bald schluss mit grün oder gelb. Wir pedalten durch eine erst mal bügelbrett-flache Wüste, hier dominierten die Farben grau, rötlich-braun, beige und braun-violett. Es war heiss und Schatten gab es keinen. Immerhin wehte ein relativ kühler Wind, wenn auch selbstverständlich ein Gegenwind. Es ging auf den Mittag zu und wir suchten eigentlich einen Platz zum essen, aber wenn möglich nicht in der prallen Sonne. Den fanden wir auch tatsächlich, unter einem feinen Bäumlein, dass ein ebenso feines und verzweigtes Schätteli warf. Pralle Sonne war das nicht, richtiger Schatten aber auch nicht.
Ab in die Wüste. |
Der Käse, den wir seit Huaraz dabei hatten, hatte die letzten beiden Tag tatsächlich überlebt, auch wenn er nicht mehr so toll aussah wie zu Beginn. Leider war das Brot, das wir tags zuvor im kleinen Dorf Yuramarca gekauft hatten, schon ziemlich trocken (ich hatte es auch frisch nicht gemocht) und so brauchten unsere Käse-Zwiebel-Sandwiches kräftige Unterstützung aus der Wasserflasche, anders wären die kaum runterzukriegen gewesen.
Und weiter ging's, jetzt ein wenig auf und ab. Meine Schaltung war durch irgendetwas massiv beleidigt (könnte wohl Schlamm der Schuldige sein???) und einige Gänge quitschten ähnlich übel wie damals vor Ayacucho, wo wir sämtliche Staubrekorde gebrochen hatten. Nach 12 km Wüste kamen in der Ferne Autos und Lastwagen in Sicht und schon bald hatten wir das Wachhäuschen bei der Abzweigung erreicht. Nach einem kurzen Schwatz mit dem Wachmann bogen wir auf die PanAm ein. Die ersten paar Minuten auf der berühmten aber todlangweiligen Strasse genossen wir Rückenwind, dann war fertig lustig und der Gegenwind pustete uns wieder frontal ins Gesicht. Immerhin gab es einen etwa zwei Meter breiten Seitenstreifen, so dass der starke Verkehr in nicht weiter beeinträchtigte. Im Gegenteil, ich hätte gerne mehr von hinten kommende Lastwagen gehabt. Deren Sog erwies sich als extrem nützlich und "Bugwellensurfen" machte so richtig Spass.
Wir kamen Mitte Nachmittag im Städtchen Chao an, wo wir uns ein Hostal suchten und so richtig glücklich waren über das Vorhandensein einer Dusche. Das Geniessen von Glacés hinterher wurde etwas komplizierter, die kamen so warm aus dem "Gefrierschrank", dass alles gleich davontropfte.
In Erwartung eines weiteren sonnigen und heissen Tages standen wir wieder früh auf und fuhren um 6.15 Uhr los. Alles war jedoch grau, die Wolken hingen bis an den Boden, von den Hügeln rechts war nichts zu sehen, gerade mal die Felder unmittelbar neben der Strasse dienten uns als Unterhaltung. Entsprechend langweilig wurde die Strecke. Meistens ging es ein wenig auf und ab, aber nichts, dass einen wirklich geweckt hätte. Fast im Halbschlaf rätselte ich, was da wohl auf diesen Feldern angebaut wurde. Mais war einfach, Zuckerrohr auch. Von anderem hatte ich keine Ahnung, Spargeln vielleicht? Um welche Jahreszeit kann man bei uns Spargeln aus Peru kaufen?
Im Laufe des Morgens stieg die Nebelgrenze ein wenig an und ein paar Hügel kamen in Sicht. Woah, umwerfend, die Landschaft hier hat ja Struktur! Eine Struktur, die folgendermassen aussah: Wo bewässert wurde, war die Ebene auf beiden Seiten der Strasse grün, wo nicht bewässert wurde, war alles braun-grau wie die Sanddünen und Hügeli rechts ein paar hundert Meter von der Strasse entfernt. Wirklich für Ablenkung sorgten nur zwei Polizeistreifen. Die eine folgte uns eine Weile, die Polizisten plauderten durchs Fenster mit uns und geleiteten uns schliesslich sicher durch eine Mautstelle hindurch. Die Streife Nr. 2 fing uns auf dem letzten Hügel knapp 15 km vor Trujillo ab und befragte uns nach woher und wohin. Sie schienen einigermassen besorgt um unsere Sicherheit zu sein und meldeten uns einer weiteren Patrouille in der Stadt an.
PanAmericana ca. 15 km vor Trujillo. |
Nach diesem Hügel ging's fetzig hinab in die Vororte der Grossstadt. Hier wechselten sich Wohnhäuser, Industrie und Landwirtschaft während etwa einer halben Stunde ab bis wir uns langsam dem Zentrum der Stadt näherten. Die Vorstadt war sympatisch gewesen mit vielen Leuten, die uns gewinkt und gegrüsst hatten. Nun wurde die Gangart härter, mit Bussen und Taxis, die uns fast platt machten und einem generellen, fast unüberschaubaren Verkehrschaos. Aber die Wegbeschreibung, die uns ein Polizist gegeben hatte, funktionierte nach ein paar Mal nachfragen und wir fanden die Casa de Ciclistas von Lucho, einem peruanischen Rennfahrer, ohne Probleme.
Unangenehm wurde es für uns erst dort. Tags zuvor war Luchos Vater verstorben und die Beerdigung war gerade in Vorbereitung. Und genau jetzt kommen wir hier an! Luchos Familie schien damit aber keine Probleme zu haben, erst kam Angela, seine Tochter, und meinte, Lucho käme bald, wir sollten kurz warten. Auch Aracelly, seine Frau, begrüsste uns und versicherte uns auf meine Frage, ob wir nicht besser erst mal ein Hostal suchten sollten, dass es überhaupt kein Problem sei und wir ganz gewiss bleiben könnten. Und tatsächlich, auch Lucho schien sich über unsere Ankunft zu freuen und plante gleich unsere Hilfe ein. Martina wurde zum Filmen der Beerdigung abkommandiert, ich würde hinterher helfen, Boxen und Musikinstrumente zurück zum Haus zu bringen. Ruck-zuck, kurz und pragmatisch waren wir integriert.
Zu Glück blieb noch genügend Zeit zum duschen und umziehen. Nicht, dass wir wirklich dem Anlass entsprechende Kleidung dabei hätten, aber wir wollten die Kirche zumindest in sauberen Zustand betreten. In der Casa befanden sich ausser uns zwei weitere Ciclistas, Mauricio aus Kolumbien und seine Freundin Luana aus Mexiko. Die beiden waren schon seit einer Woche da und würden auch an die Beerdigung kommen.
Vom Gottesdienst selber habe ich herzlich wenig verstanden, aber egal, Hauptsache ich konnte mich ein klein wenig nützlich machen und beim Boxentransport helfen. Spannender wurde es am Abend als wir mit Mau und Lua im Zimmer sassen und uns gegenseitig etwas kennenlernten. Als Kolumbianer bzw. Mexikanerin hatten die beiden natürlich keine so fancy Ausrüstung und auch kein mehr oder weniger dickes Bankkonto, von wo aus ihre Reise finanziert wurde. Auf ihren ganz normalen Velos haben sie hinten und vorne ebenfalls ganz normale Plastikkörbe draufgebunden, von funktioneller Kleidung haben sie vermutlich noch nie etwas gehört. Luana stellt Schmuck her und verkauft ihn, Mauricio macht Musik und jongliert auf der Strasse um Geld für die Weiterreise zu verdienen. Krass, Martina und ich waren echt beeindruckt von dieser Art zu Leben und zu Reisen. Schliesslich tauchte noch Lucho auf, beteiligte sich an der Unterhaltung und "testete" Mauricios Trommel. So wurde der Abend noch richtig gemütlich und die Casa de Ciclista in Trujillo wurde ihrem Ruf als "Zuhause in der Ferne" schon am ersten Abend gerecht.
Angela, Luchos Tochter, Martina, Luana aus Mexiko, Mauricio aus Kolumbien und Lucho mit Trommel. |
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