Dienstag, 15. Februar 2011

Rennorganisation auf Ecuadorianisch

Wie angekündigt wurde ich also dazu "verknurrt", am Samstag an einem Duathlon und am Sonntag an einem Mountainbike-Rennen teilzunehmen. Wobei ich den Duathlon allerdings im Paarmodus mit Santiago absolvierte, d.h. ich lief die 9 km, Santiago pedalte 12 km. Beim Einlaufen spulte ich mein übliches Aufwärmprogramm ab, so wirklich fit fühlte ich mich jedoch nicht. Immerhin, der Wettkampf begann pünktlich, zuerste Elite und Herren einzeln, 15 min. später die Damen einzel und nochmals 15 min. später die Mixed-Paare. Da diese Staffelung nicht angekündigt gewesen war, hatte ich eine halbe Stunde mehr Zeit als geplant zum Einlaufen, was auch nicht tragisch war.

Als endlich unser Startschuss fiel, respektive unsere Startpfeiffe schrillte, lief ich wie gewohnt eher verhalten los, obwohl es bergab ging, hatte ich nicht die geringste Lust auf einen schnellen Start. Die Route kannte ich,  sie führte dem Chaquiñan, dem lokalen Veloweg entlang, durch einige Tunnels hinunter zu einem Fluss und dann auf der anderen Seite wieder hinauf. Die Taktik ging einigermassen auf, in der Steigung fühlte ich mich wohler und holte ich einige LäuferInnen wieder ein. In der Zona de Transicion, wo Santiago auf mich wartete, klappte die "Übergabe" reibungslos und nach einem Handschlag brauste Santiago wie vom Affe gebissen davon. 

Fotos von diesem Anlass habe ich leider keine. Scott, der auch immer noch hier rumhängt und das Ende der Regenzeit in Peru abwartet, wollte eigentlich kommen und föteln, der Taxifahrer hat ihn aber an der falschen Stelle abgesetzt.

Das Mountainbike-Rennen vom Sonntag, el "Desafío de los Lagos", machte mir bedeutend mehr Sorgen. Gemäss (unübersichtlicher) Website waren das 57 km, 15 km in der ersten Steigung, dann eine gerade Strecke, nochmals eine kleine Subida, dann Bajada und zum Schluss nochmals um die 12 km Steigung. Im Gegensatz zum Samstag war es von Anfang an bewölkt und der Himmel sah nicht aus, als würden wir so bald die Sonne zu Gesicht bekommen. Immerhin holte mich Alfonso relativ pünktlich ab, wir fuhren zurück nach Quito, luden die Velos in Nicolas' grössere Camioneta um und rasten in Alfonsos üblicher Überschallgeschwindigkeit nach Malchingui.

Gemäss Programm sollte das Rennen um 8.30 Uhr beginnen, entsprechend war ich etwas besorgt, als wir erst nach 8 Uhr dort ankamen, Alfonso und Nicolas schienen damit aber überhaupt kein Problem zu haben. Alfonso ging unsere Startnummern abholen, kam jedoch mit leeren Händen zurück. Anscheinend waren die noch nicht bereit. Also schlossen wir uns den anderen Velofahrern an, die im Kreis um die Plaza fuhre um sich aufzuwärmen. Irgendwann kriegte ich mal mit, dass der Start für 9 Uhr geplant sei und entspannte mich etwas. Dass 8.30 Uhr nicht klappen würde, war ja schon bald klar gewesen. Irgendwann versuchten wir unser Glück  mit den Startnummern nochmals und diesmal waren wir erfolgreich. Mit zwei feinen Drähtlis montierte ich das Kartonschild an Brems- und Schaltkabel und hoffte, dass das so halten würde. 

Schon bald  (so gegen 9.30 Uhr) rief der Speaker die Ciclistas zur Ordnung auf und es wurde ein Start nach Kategorien organisiert. Was dann aber aus welchem Grund auch immer nicht funktionierte und alle zusammen gleichzeitig starteten. Als totales Mountainbike-Greenhorn heftete ich mich an zwei andere Chicas in der Absicht, erst einmal abzuwarten, was die für ein Tempo anschlagen würden. Die waren aber noch gemütlicher drauf als ich, also schlich ich an ihnen vorbei und kroch in meinem Tempo den Berg hoch. Auf dem Höhenprofil hat die Steigung recht krass ausgesehen, in Realität war sie nur halb so wild. Was jedoch nach einigen Kilometern bald einmal ein Problem war, war der Zustand des Weges. Es begann zu regnen und die Strecke zu verschlammen. Erst zwangen uns nur einige Kurven zum schieben, später war der Weg so matschig, und z.T. so schluchtartig ausgewaschen, dass wir die Velos neben dem "Fahrsträsslein" auf einem schmalen Pfad zwischen Grasbüschel und Büschen durch schieben mussten. Das war zwar auch anstrengend aber Wandern bin ich mich ja gewohnt und fand dieses "Trekking con Bici" vielleicht etwas mühsam aber nicht weiter tragisch.

Das Wetter war ähnlich drauf wie der Weg, mal Regen, mal trocken, mal befahrbar, mal nicht. Irgendwann hatte ich aber die erste Steigung geschafft, fuhr eine kurze Bajada zum ersten Kontrollposten hinunter, wo ich einen gelben Kleber auf die Startnummer erhielt, der beweist, dass ich dort durchgekommen bin. Der Himmerl hatte seine Schleusen nun ernsthaft geöffnet und ich montierte meine Regenjacke. Die folgenden paar Kilometer waren relativ flach, jedoch mit Gegenverkehr. Beim Wendepunkt und Kontrollposten 2 traf ich Richi, ein Freund von Santiago. Der flitzte dann aber bald voraus und war wieder ausser Sicht. Die Abfahrt, die bald folgen sollte, besorgte mich etwas. Ich war nass, kalt und nur kurze Hosen an. Das könnte ungemütlich werden. Wurde es auch tatsächlich, aber früher als erwartet. Auf jenem eher platten Abschnitt juckte ich nämlich kopfvoran in eine Schlammpfütze. Bäähh, widerlich, noch nässer und noch kälter! Aber was soll's, ich klickte mich wieder in meine Pedalen und fuhr weiter. Nicht lange, und es sollte wieder ziemlich unterhaltsam, sprich schlammig werden. Was da genau geschah, habe ich nicht im Detail mitgekriegt, jedenfalls glitt das Velo plötzlich seitlich weg, ich sprang über den Lenker und konnte mich rennend vor einem Sturz retten. Von da an blieb ein Fuss auf der Pedale, der andere frei dicht über dem Boden. So rutschte ich schlingernd durch die Gegend bis es kein Vorwärtskommen auf Rädern mehr gab und ich wie alle andern mein Bici durch bodenlose Nässe, Schlamm und Tümpel stiess (wohlbemerkt, es ging abwärts). Bei einer Bachüberquerung nutzten so einige Ciclistas das Wasser um ihre Velos zu retten. Kette, Schaltung, Räder, alles war bis zur Unkenntlichkeit verdreckt und eingeschlammt. Da auch mir klar war, dass in diesem Zustand rein gar nichts gehen würde, gesellte ich mich dazu und plantschte mit den anderen im Bach herum. Und tatsächlich, da kam eine Kette zum Vorschein, da gab es einen Schalthebel und irgendwann tauchte auch das Profil der Pneus wieder auf. Juhui, weiter geht's! 

Ganz so einfach war die Sache dann aber doch nicht. Mit Aufsitzen und Fahren war noch eine ganze Weile nichts, jetzt ging es wieder bergauf, aber nach wie vor zu Fuss. Erst als der Weg steiniger wurde, konnte ich wieder in die Pedalen treten. Inzwischen war ich ziemlich alleine, diejenigen, die ich vor Kurzem noch vor mir gesehen hatte, waren auf und davon, die hinter mir hatte ich zu Fuss abgehängt. Der Weg war hier wieder breit und gut befahrbar, mit Ausnahme von diversen Pools auf der Strasse, von denen ich natürlich nicht wusste, wie tief sie waren. In der Mehrzahl der Fälle war das überhaupt kein Problem, vielleicht 10 cm Wasser. Einige waren aber tiefer, was unangenehm nass wurde, einmal verschwand das Vorderrad fast und ich lag zur Hälfte in der braunen Suppe. Nicht witzig aber andererseits eigentlich egal, nass und schmutzig war ich eh schon lange. Netterweise hatte es aber aufgehört zu regnen.

Beim letzten Kontrollposten erhielt ich einen orangen Punkt auf die Startnummer, die ich inzwischen unter den Hüftgurt des Camelpaks gesteckt hatte. Dass Karton und Regen nicht zusammenpassen war ja vorhersehbar gewesen. Ich wurde dann geradeaus weiter geschickt, was mich etwas verunsicherte, da viele Velospuren nach rechts abbogen. Aber ok, der Streckenposten wird wohl wissen, wo ich hin muss. Es ging weiter immer bergab, bald mal erkannte ich den Weg, den ich einige Stunden zuvor heraufgekeucht war. Hmm, so hatte ich die Karte aber nicht im Kopf, da müsste doch noch eine grosse Schlaufe folgen. Nun führte die Strasse fadengerade berab und plötzlich stand da wieder ein Streckenposten, der mich nach links schickte. Die Verunsicherung wuchs. Kann nicht sein, mir fehlen noch gute 15 km bis zum Ziel. Jetzt war ich aber im Dorf und wurde nach rechts geschickt und ein paar hundert Meter weiter war auch schon die Plaza. Shit, da ist etwas schiefgegangen. Ein erkennbares Ziel sah ich nicht, aber da standen Alfoso und Nicolas, die mich anfeuerten und weiterschickten, als ich halten wollte. Ein paar Meter weiter standen ein paar Leute mit Stoppuhr und Zetteln, da musste wohl das Ziel sein. Die Zeit, die sie erwähnten, erfasste ich nicht richtig. Fünf Stunden und irgendetwas.

Im Ziel mit Nicolas, schmutzig und
ziemlich verwirrt wegen der  Distanz.

Meine Kilometeranzeige behauptete, ich hätte um die 41 km gemacht und ich wusste ja, dass auf dem Höhenprofil eine letzte Steigung verzeichnet war, die ich jedoch nie gesehen hatte. Ich sprach die Jungs auf das an und Nicolas fragte nach dem orangen Punkt, den der letzte Kontrollposten verteilt hatte. Und den hatte ich, also sei das in Ordnung so. Ich glaubte das zwar nicht wirklich, ändern konnte ich es aber auch nicht mehr. Also stellte ich mich in die Schlange um mein Velo und mich etwas abzuduschen. Da es hier keine Garderoben oder ähnliches gab, zog ich mich im Auto um und war froh über die Heizung, die Alfonso anstellte. Inzwischen frohr ich ernsthaft. Trotzdem vergass ich nicht, die Routenkarte zu konsultieren und kam zum Schluss, dass ich jene etwa 15 km-Schleife tatsächlich nicht gemacht hatte. Nicolas auch nicht, wie sich herausstellte, auch er war an jenem Punkt geradeaus geschickt worden. Später fanden wir heraus, dass das in meinem Fall richtig gewesen war, die Damen hatten eine kürzere Strecke zu absolvieren gehabt als die Männer (was so jedoch nirgendwo angekündigt gewesen war). Dass Nicolas die letzte Vuelta nicht gefahren war, war offensichtlich ein Fehler des Streckenpostens gewesen, der ihn in die falsche Richtung weitergeschickt hatte. Ihm selber war das jedoch gar nicht aufgefallen.

Alles in Allem war dieser Wettkampf weit weniger schlimm als erwartet gewesen. Die unübersichtliche Website und die chaotische Organisation hatten die Sache allerdings nicht gerade erleichtert. Man geht ein Rennen über 41 km mit einer langen Abfahrt zum Schluss doch anders an als eines über 57 km mit einer langen Schlusssteigung. Wenn es verschiedene Routen gibt, müsste es doch auch verschiedene Höhenprofile geben, oder nicht? Oder war das wieder nur meine Gringa-Ansicht, die sich tadellose Schweizer OKs gewöhnt ist? Nein, ich hörte auch von einheimischen TeilnehmerInnen Kritik an der Organisation. Und offensichtlich hatte auch Alfonso die Indikationen auf der Karte nicht richtig verstanden und war überrascht gewesen, dass er eine weitere Runde bzw. eine viel längere Steigung zu bekämpfen gehabt hatte als erwartet. Weil eben das Profil eine Art Mischung der beiden Versionen repräsentiert hatte.

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