Freitag, 16. Juli 2010

Salkantay Trek und Machu Picchu

Wegen eines Unglücks in der Casa de Ciclista blieb Martina unerwartet länger in La Paz und ich trekkte "alleine" nach Machu Picchu.

Am 11. Juli morgens um 4.45 Uhr wurde ich abgehohlt für den 5-tägigen Trek vom Dorf Mollapata über die Abra (Pass) Salkantay nach Aguas Calientes ("Base Camp" für alle Machu Picchu-Besucher). Nach einigem Herumgekurve in Cusco und längeren Wartereien fuhren wir endlich los. Die Strecke auf der Hauptstrasse ist die, die wir nehmen müssen, wenn wir nach Abancay radeln werden, so erhielt ich gleich einen ersten Eindruck von dem, was uns dort erwartet (auf und ab und auf und ab). Nach einiger Zeit bogen wir von der asphaltierten Strasse ab in Richtung Mollapata. Dort gab es Frühstück, welches nicht im Gesamtpreis einbegriffen war und statt den erwarteten 3-4 Soles 10-20 Soles kostete. Das war wohl ein erster Vorgeschmack der Touri-Abzocke, wie sie in Aguas Calientes betrieben wird.

Nach dem Zmorge ging es los, mehrheitlich auf einer Art staubigem Kiessträsschen, wobei wir immer wieder Abkürzungen steil den Hang hinauf nahmen. Die Landschaft war noch nicht sonderlich spektakulär, das übliche braun-grüne peruanische Hochland eben. Dass die Leute in dieser Region gelernt hatten, vom Tourismus zu profitieren, bewies das Vorhandensein kleiner Kioske am Wegrand, die es während des ganzen Treks in unregelmässigen Abständen gab. Beim ersten dieser Lädeli kam auch schon der erste 6'000er in Sicht, der Nevado Umantay, neben dem wir die erste Nacht verbringen würden.

Nevado Umantay (Quechua: wilder Kopf)


Auf einem kleinen Hügel mit Strohdach wartete unser Koch mit dem Mittagessen auf uns. Gewiss nicht schlecht, aber ich vermisste Siro (der Koch der Manú-Tour) schon ein wenig. Danach ging es weiter in den Talkessel hinein, weniger steil aber immer bergauf. Inzwischen war es auch ziemlich heiss geworden und der Staub der Strasse klebte so richtig schön auf der verschwitzten Haut. Insgesamt waren wir an jenem ersten Tag gute sechs Stunden unterwegs, was einige Teilnehmerinnen schon als recht anstrengend empfanden. Am nächsten Tag erwarteten uns 8-9 Stunden und eine heftige Steigung. Wie sollte das denn gehen?

Als wir beim Camp ankamen, waren unsere Zelte schon aufgestellt, was selbstverständlich dazu gehörte, aber ein recht cooles Feeling ist, wenn man sich gewöhnt ist, abends als erstes selber sein Hüttchen hinpflanzen zu müssen. Da auf jener Wiese offenbar regelmässig mehrere Gruppen campten, gab es ein fest installiertes Esszelt, was sich als ganz schön nützlich erwies, wir befanden uns schliesslich auf 3'900 m.ü.M. und es wurde abends erwartungsgemäss eiskalt. Nach dem Essen gab ich meine u.a. in San Pedro erworbenen "Astronomie-Kenntnisse" weiter und zeigte meinen Mit-Wanderern das Southern Cross, das Scorpion und das Llama in der Milchstrasse. Viel mehr gab es nicht zu sehen, resp. für mich zu erkennen, da die Berge rundherum alles andere verdeckten.

Am Morgen darauf wurden wir um 5 Uhr mit heissem Coca-Tee geweckt. Super, daran könnte man sich echt gewöhnen. Sobald wir losmarschierten, war die Kälte aber kein Problem mehr, wir hatten immerhin 700 Höhenmeter zu überwinden, der höchste Punkt des Treks ist die Abra Salkantay mit 4'600 Metern. Drei unserer Gruppe trauten sich diesen Abschnitt nicht zu und mieteten Pferde (oder eher Ponies) und frohren noch viel länger als wir Marschierende.

Je höher wir kamen, desto besser kam der Nevado Salkantay in Sicht, ein wunderschöner, verschneiter und vergletscherter, 6'271 m hoher Berg. Das Tempo unserer Gruppe war recht schnell, allerdings mit vielen Pausen. Da ich lieber gemütlich und regelmässig unterwegs bin, befand ich mich meistens am Ende unseres Trupps. Ich liess dann aber die letzte Pause vor dem Pass aus und war unter den Ersten, die nach gut drei Stunden oben ankamen. Die Sicht von der Abra aus auf den Salkantay ist umwerfend, kein Wunder, dass die Quechua den Berg anbeteten und hier rauf kamen und Opfergaben brachten.

Nevado Salkantay (Quechua: wilder Berg)


Als alle vollzählig angekommen waren, gab's das obligate Gruppenfoto beim Schild mit Passnamen und Höhenangabe. Anschliessend machten wir einen kleinen Spatziergang zum Lago Salkantay. Der ist ein weiteres hochandines Juwel, türkisblau leuchtend mit weiteren Schneebergen im Hintergrund. Dort war anscheinend auch der Gebetsplatz der Quechua, die dem Salkantay und Pachamama (Mutter Erde) dort Llamas opferten. Auch wir feierten eine kleine Zeremonie mit Coca-Blättern.

Lago Salkantay mit Nevado Pumasillo im Hintergrund


Auf dem Rückweg zum Passübergang sahen wir sogar noch einen Hirsch. Dass auf solchen Höhen Vicuñas leben, wusste ich ja, dass es dort auch noch Hirsche gibt, war mir neu. Besonders viel Futter gibt es dort auf jeden Fall nicht zu finden. Ausser trockenen Grassbüscheln, Moos und einigen wenigen Blümchen wächst dort nicht mehr viel.

Dann ging es bergab, und zwar steil und weit. Der Weg war unglaublich mühsam. Staubtrocken, mit der Betonung auf Staub, staubiger, am staubigsten. Und natürlich voller kleinen und grösseren Steinen, die dort fröhlich herumrollten, sobald man mit vollem Gewicht daraufstand. Erst ging es etwa drei Stunden steil abwärts bis wir auf einer Ebene ankamen, wo wieder unser Kochteam auf uns wartete. Die waren mit vier Pferden und Mulis zwar nach uns gestartet, hatten uns auf dem Pass aber überholt und dafür gesorgt, dass das Essen bereit war, als wir ankamen.

Am Nachmittag ging es nochmals rund drei Stunden abwärts, jetzt durch einen buschigen Wald voller Schmetterlinge, Vögel und Blumen. Es war wieder heiss und immer noch staubig. Und dazu hatte ich Bauchschmerzen, irgendwas, dass ich schon in Cusco aufgelesen hatte, am Tag zuvor jedoch nicht weiter schlimm gewesen war, sich jetzt aber äusserst unangenehm bemerkbar machte.

Die Landschaft war wieder einmal genial. Wenn mich der letzte Abschnitt vor dem Pass an den Aufstieg zur Keschhütte erinnert hatte, und der erste Teil des Abstieges teilweise ans Avers, so hatte dieser Abschnitt gewisse Ähnlichkeit mit dem Kalalau Trail auf Kaua'i. Durch dichten Wald, entlang eines steilen Abhanges mit jenen Viechern, die herumflatterten und flogen. Ausser natürlich, dass die Aussicht nicht aufs Meer, sondern auf den Hang auf der anderen Talseite reichte. Und dass es viel trockener und staubiger war als auf Kaua'i. Und wenn man sich umwandte und zurückschaute, sah man zwischen den Wolken noch die hohen Berge und wunderte sich, wie sich die Umgebung so schnell verändern konnte.

Rückblick in Tal hinauf


Nach fast unendlich langem Bergabgehen kamen unten im Tal ein paar Häuser in Sicht. Hoffentlich ist das unser Campingplatz! Aber erst führte der Weg noch um einige Biegungen und Kurven, und siehe da! Noch mehr "Häuser", unser Camp (auf ca. 2'900 m.ü.M.). war sogar noch näher als erhofft. Im Gegensatz zum ersten Campingplatz gab es hier sogar ein sauberes WC, was uns alle, speziell aber die Grossstadt-Chicks, freute. Auch die Flora im Garten war interessant, ein Busch Engelstrompeten mit grossen roten Blüten! Ich glaube zwar nicht, dass das noch jemand in unserer Gruppe wahrgenommen hatte, aber diese Blumen waren schon sehr schön.

Jener Abend, der eigentlich gemütlich gewesen wäre, war für mich schlicht beschissen. Der Zustand meines Magens erlaubte es mir kaum, etwas zu essen und ich musste die ganze Zeit auf die Toilette rennen. Und das ausgerechnete nach einem solchen Tag und neun Stunden Wandern. Schlauerweise hatte ich aber ein Medi dabei, dass zwar nicht nullkomaplötzlich wirkte, mich aber auf längere Sicht nicht im Stich liess.

Am Morgen ging es mir dann auch tatsächlich besser, wenn auch noch nicht wirklich gut. Wir wanderten weiter durch den Wald, diesmal viel auf und ab, aber nichts weiter anstrengendes. Zum Glück, ich hatte Muskelkater vom Vortag, der sich im Laufe des Tages langsam aber sicher verstärkte. Die Region war dichter bewohnt als tags zuvor und wir machten die erste Pause bei einem jener Kioske, wo man auch Granadillas kaufen konnte, mit der Passionsfrucht verwandte Früchte, aber viel süsser. Diese Früchte stammten von Bäumen direkt hinter dem Haus, so frische Früchte hatte ich bestimmt kaum je gegessen. Dort spatzierte auch ein grosser Truthahn herum, der recht bedrohlich aussah, sich aber als völlig friedlich herausstellte.

Die nächste Pause an jenem Tag machten wir bei einem "Shopping Center". Es war zwar ein kleines Lädeli, wie es sie dort viele gab, hatte aber einen hochtrabenderen Namen.



Bei diesem Einkaufszentrum gab es auch Bananen- und Avocadobäume und es wuchsen auch ein paar Kaffee-Sträucher mit roten Beeren. Wir waren eindeutige in einer landwirtschaftlich intensiver genutzten Zone angekommen. Trotzdem sahen wir hier noch interessante wilde Pflanzen. Am Wegrand wuchsen z. B. viele Walderdbeeren, die jedoch nicht sonderlich süss waren. Wenn da so viele Touristen vorbeikommen, schaffen die es wohl nie, richtig reif zu werden. Unauffälliger war eine kleine Orchidee, die angeblich ein Heilmittel gegen Krebs enthält.



Schon bald wanderten wir durch ein richtiges Dorf, wo es sogar noch grössere Lädelis und eine Menge Leute gab. Und Enten, die mangels Teich in schmutzigen Pfützen auf der Strasse badeten. Das arme Entchen, das sah schon eher jämmerlich aus. Kurz nach dem Dorf sahen wir noch eine Entenfamilie, zu der witzigerweise nicht nur eigene, sondern dazu noch ein adoptiertes Hühnerküken gehörte.



Im nächsten Dorf war auch schon unser Campingplatz (auf gut 2'000 m.ü.M), dieser Tag war angenehm kurz gewesen. Nach dem Mittagessen stiegen wir runter an einen Fluss, wo die Jungs baden gingen und die Frauen die müden Füsse ins kalte Wasser hielten und sich bestenfalls kurz die Arme wuschen. Unglaublich, wie schmutzig wir waren.

Eigentlich wäre jenes Camp noch hübsch gewesen, irgendwie waren die Leute aber nicht sehr sympatisch. Dass mein Twix völlig überteuert war, ging ja noch, aber dass man an einem Ort, wo man für's campen bezahlt, für eine saubere Toilete zusätzlich bezahlen muss, hat uns alle ziemlich genervt. Es gab zwar ein Plumpsklo, aber das roch nicht so gut, und gefiel den Ladies unserer Gruppe nicht sehr. Sooo schlimm war's eigentlich nicht aber bekanntlich ist alles relativ.

Der vierte Tag wurde wieder ganz schön anstrengend. Der Muskelkater hatte sich am Abend erst so richtig entwickelt und an diesem Morgen konnte ich kaum mehr gehen. Die Option, den anstrengenden Teil auszulassen und einen Bus zu nehmen, kam für mich jedoch nicht in Frage, also litt ich ziemlich. Glücklicherweise waren die ersten Kilometer einigermassen flach, so dass ich mich einlaufen konnte. Dann ging es wieder bergauf, durch Buschland, Wald und Kaffeeplantagen. Dort klaute ich ein paar Beeren, die enthalten einen süssen Saft und eignen sich gut zum Lutschen. Bis anhin hatte ich nur Kaffee-Büsche mit rote Beeren gesehen, hier gab es aber auch ein paar mit gelben Beeren.

Kaffeepflanze in der Region Santa Teresa


Weiter oben wurde führte der Weg durch Grasland und es wurde so richtig heiss. Aus irgendeinem Grund waren wir auch extrem schnell unterwegs, was meinen Beinen gar nicht gut bekam. Zu meiner Freude war es später wieder bewaldet und nach etwa zweieinhalb Stunden waren wir oben angekommen. Nur gab es dort nichts zu sehen, es ging nur kurz flach, dann schon wieder bergab. Autsch, das tat nun ernsthaft weh. Doch die schönen Schmetterlinge sorgten für Ablenkung, noch viel effektiver als die Kaffeebeeren. Da flatterten einige grosse dunkelrote, schwarze, rotgelbe und kleine zitronengelbe und gelbschwarze Typen herum. Der speziellste war wohl jener Kleine, der schräg betrachtet hellblau war mit schwarzen Punkten, gerade von oben jedoch durchsichtig. Wow.

Schmetterling Nr. ???


Gegen 11 Uhr erreichten wir Llactapata, einen ehemaligen Kontrollposten vor Machu Picchu, von dem, wie von den meisten Quechua-Gebäuden, nur noch ein paar Ruinen übriggeblieben sind. Die Aussicht von dort oben war genial, man sah sogar übers Tal bis nach Machu Picchu hinüber.

Llactapata


Schon bald hiess es wieder runter vom Berg. Wir mussten wieder bis ganz hinunter ins Tal, d.h. wo weit, wie wir eben aufgestiegen waren, wieder hinab. Sogar verkaterte Muskeln gewöhnen sich an solches und mit der Zeit war auch das nicht mehr so schlimm. Nach etwa der Hälfte des Abstiegs kam auf der anderen Talseite ein beeindruckender Wasserfall in Sicht, der immer schöner wurde, je näher wir kamen. Irgendwann stellte ich fest, dass der nicht von oben kam, sondern mitten aus der Wand. Hm, komisch. Als ich unseren Führer fragte, wie der Wasserfall denn heisse, meinte er, der hätte keinen Namen, der sei Teil des Wasserkraftwerkes. Paa, sowas von Betrug! Da freut man sich an dem Wasserfall und stellt dann fest, dass der gar nicht natürlich ist! Cool ist er trotzdem.

Unten im Tal stiessen wir auf das Bahngleis und kurz darauf auf den Ort, wo wir zu Mittag assen. Dort wohnten auch zwei herzige Hündlis, wohl Pekinesen-Mixe. Noch herziger war, als jemand einen Welpen rausbrachte. Der Knirps war so winzig, der wäre der perfekte Lenkertaschen-Hund! Ausser, dass er ganz gierig bei der Mutter saugte. Der wäre wohl noch nicht alt genug für eine lange Reise.

Nach dem Essen mussten wir nicht nur unsere Tagesrucksäcke, sondern auch die grossen Rucksäcke selber schleppen. Angeblich dürfen Pferde nicht auf den Inkatrail, deshalb konnten sie nicht mehr mitkommen. Schon am Vormittag mussten wir einen Bus für den Gepäcktransport bezahlen. Keine Ahnung, wo wir denn auf dem offiziellen Inkatrail waren, aber der gesamte Teil am Nachmittag führte entlang den Gleisen, wieso da ein Transport nicht möglich war, war mir echt nicht klar. Nicht, dass das Rucksacktragen ein echtes Problem dargestellt hätte, aber man wüsste solche Sachen eben gerne im Voraus.

Diese Strecke nach Aguas Calientes zog sich zwar recht lange dahin, war aber landschaftlich super. Das Gleis führte durch ein schmales Tal, schon fast eher eine Schlucht mit senkrecht abfallenden Wänden. Unten war alles grün, mehrheitlich Wald, teilweise bewohnt mit Bananenbäumen und Gärten. Auch Büsche voller Bird of Paradise-Blumen verzierten den Weg und auch weitere Blumen gaben Anlass zu Pausen zum fotografieren.

Abends gegen halb sechs erreichten wir ziemlich kaputt Aguas Calientes und freuten uns auf die heisse Dusche im Hostal. Was natürlich wieder einmal nicht klappte. Auf meine Nachfrage hiess es, man müsse das Wasser ein paar Minuten laufen lassen, dann käme es schon warm. Nach einer halben Stunde gab meine Zimmer-Mitbewohnerin auf und verzichtete lieber als kalt zu duschen. Auch ich war genervt, fühlte mich jedoch zu schmutzig und stellte mich kurz unter/an den kalten Strahl um mich wenigstens halbwegs sauber zu kriegen. Ist ja super, der Ort heisst Aguas Calientes, Warmes Wasser und ich erfriere schier in der Dusche! Auch unsere Zimmernachbarn hatten kein heisses Wasser. Anscheinend hatte meine Kollegin sich beklagt, denn kurz nachdem ich mich angezogen hatte, bot uns die Señora des Hostals die Dusche eines anderen Zimmers an, mit heissem Wasser! Sehr witzig, ich hatte aber keine Lust mehr.

Vor dem Abendessen gingen wir einkaufen für den Machu Picchu-Besuch am folgenden Tag und stellten fest, dass alles mindestens doppelt so teuer war wie in Cusco. Nicht nett, aber typischen Touri-Rip-off. Wir wollten aber trotzdem sicherstellen, dass wir bei Machu Picchu nichts kaufen mussten, dort oben sind die Preise gleich noch um ein Vielfaches höher.

Nach dem Essen gingen wir früh ins Bett, erstens weil wir alle totmüde waren, zweitens weil wir um halb vier aufstehen und um vier loslaufen wollten. Da gibt es nämlich ein recht fieses Spielchen. Der Berg hinter Machu Picchu (Quechua: alter Berg), Wayna Picchu (Quechua: junger Berg), ist ein sehr attraktives Wanderziel, es erhalten jedoch nur 400 Personen pro Tag die Erlaubnis, hinaufzusteigen. Und zwar die 400 ersten, die beim Eingang zu Machu Picchu anstehen. Türöffnung ist um sechs Uhr, um etwa halb sechs beginnt die Ticketverteilung. Also, achtung, fertig, los, first come, first serve. Angeblich braucht man eine bis eineinhalb Stunden um da raufzusteigen. Wir gaben einigermassen Gas und schafften es unter einer Stunde, trotzdem wartete schon eine Menge Leute dort. Die Verteilung der Tickets lief zwar südamerikanisch chaotisch ab, aber wir erhielten alle unsere Wandererlaubnis.

Von sechs bis etwa halb neun hatten wir eine geführte Tour und kriegten einige Erläuterungen zu all den Steinmauern, die wir dort sahen. Zuerst stiegen wir zum Wachhaus hinauf, der Ort, von wo aus all die typischen Machu Picchu-Fotos gemacht werden. Danach besuchten wir den Tempel des Kondors, das Haus der Astronomen, den Inka-Kalender etc. Etwa die Hälfte, von dem, was heute dort steht, ist noch original, der Rest ist nachrekonstruiert und wieder aufgebaut. Meistens sieht man der Architektur an, was alt und was neu ist. Es gibt aber auch klare Unterschiede zwischen der Architektur der Tempel und der Wohnräume. Während die Steine für die Tempel sorgfältig zugehauen und geschliffen wurden und dem Baustil von Sacsayhuaman in Cusco ähnlich sehen, ist der Stil der "unwichtigeren" Gebäude ähnlich dem des Wiederaufbaus.

Machu Picchu mit Wayna Picchu im Hintergrund


Nachdem sich unser Gía verabschiedet hatte, legten wir uns erst mal alle in die Sonne und holten etwas Schlaf nach. Für Wayna Picchu gibt es einen regelrechten Zeitplan, etweder man hat ein Ticket für sieben Uhr oder für zehn Uhr. Wir waren auf zehn Uhr getimed und hatten noch genügend Zeit zu vertreiben bzw. zu verschlafen.

Bevor wir den Wayna Picchu-Aufstieg starten konnten, mussten wir eine ganze Weile anstehen, denn das komplizierte Prozedere hielt an. Man muss sich dort mit Namen, Nationalität, Beruf, Geschlecht und Uhrzeit eintragen und unterschreiben. Und das dauert natürlich seine Zeit. Der schmale, steile Pfad den Berg hinauf ist wohl einer der Gründe, warum es diese Besucherbeschränkung pro Tag gibt. Überholen ist nur möglich, wenn der Vordere stehen bleibt und ausweicht und auch beim kreuzen musste man vorausschauend einen Platz mit Ausweichmöglichkeit suchen. Die steilsten und am meisten ausgesetzten Stellen sind mit Drahseilen gesichert, sonst würden die Leute vermutlich reihenweise abstürzen.

Was mir bald auffiel, war, dass es eine andere Möglichkeit der Ticketbeschaffung geben muss, als morgens um 4 Uhr den Hang raufzulaufen. Bei doch recht vielen (älteren oder übergewichtigen) Wanderern, die uns entgegen kamen, war klar, dass die das nicht gemacht hatten. Wahrscheinlich reichten die 400 Tickets auch für die Leute, die mit dem ersten oder zweiten Bus hochgefahren sind. Und wir hatten uns so beeilt, obwohl das offensichtlich gar nicht nötig gewesen wäre!

Aussicht von Wayna Picchu


Je höher wir kamen, umso besser wurde die Aussicht auf Machu Picchu und die umliegenden Bergen. Kurz vor dem Gipfel musste man durch eine enge Höhle kriechen und dann eine Leiter hinaufklettern. Dort oben sassen schon so viele Leute auf so engem Raum, dass wir kaum mehr Platz fanden. Und selbst da oben gab es Aufpasser! Und ausgerechnet da, wo wir uns hingesetzt hatten, befand sich offensichtlich eine Art Hauptverkehrsader und wir mussten wieder weg. Ein paar Meter weiter hinten nach einem kurzen Abstieg über eine steile Felsplatte fand ich auf einem grossen Stein den perfekten Ort zum Zmittag essen und rumhängen.

Nachdem wir das schöne Wetter und die gute Aussicht ausreichend gewürdigt hatten, beschlossen wir, zum Templo de la Luna, dem Mondtempel, runterzusteigen. Dort soll es auch eine Höhle geben. Erst mussten wir aber den Abstieg über lange, absurd steile und schmale Treppen überleben. Die waren nicht nur steil und schmal, die Tritte waren so kurz, dass darauf im besten Fall der halbe Fuss Platz hatte. Dazu waren sie teilweise rutschig, teilweise schräg nach vorne abfallend. Auf jeden Fall erforderten sie volle Konzentration auch von Leuten ohne Höhenangst.

Absurd steile Treppe am Wayna Picchu


Jep, wir schafften es alle ohne abzustürzen oder sonst wie zu verunfallen und fanden schon bald die Abzweigung zum Templo de la Luna. Je länger wir dorthin unterwegs waren, umso zwiespältiger erschien uns diese Wanderung. Erst ging es steil abwärts, dann wieder aufwärts, nur um dann wieder lange und steil in das Tal hinabzuklettern. Es wurde immer waldiger und heisser und die Aussicht, dort wieder hinaufzumüssen, war nicht gerade verführerisch. Dieser Tempel liegt schätzungsweise auf halbem Weg zum Talboden und wir waren gerade vier Tage lang rauf und runter marschiert und alle entsprechend müde.

Aber wir schafften es doch noch. Ob der Tempel, die paar überwucherten Terrassen und das Höhlchen die Anstrengung wert waren, ist nicht sicher. Am witzigsten fand ich noch die Fledermäuse in der Höhle, die ich zwar nicht sah, die aber eine gut hörbare Diskussion führten, wohl darüber, wie sie uns von dort wieder verjagen könnten. Zu unserer Überraschung waren wir recht schnell wieder oben, mir kam es sogar weniger lang vor, als der Weg runter. Schon seltsam, diese Wahrnehmung.

Aber umso besser. Beim Wayna Picchu-Ausgang mussten wir wieder die Uhrzeit (15 Uhr) notieren und unterschreiben, Kontrolle muss schliesslich sein. Sah aus, als wären wir unter den letzten, die noch am Berg rumgekrabbelt waren. Nach einer Pause entschieden wir uns, zur Puerta del Sol raufzugehen. Die befindet sich auf der anderen Seite der Anlage, mindestens so hoch wie Wayna Picchu, aber der Weg ist weiter und darum nicht so steil. Aber erst mussten wir den Weg durch das Labyrinth finden und den Beginn es Pfades, den wir zwar sehen konnten, aber nicht wussten, wo er begann.

Die Puerta del Sol, die Sonnentüre, ist der Ort, wo der offizielle Inkatrail beginnt bzw. endet. Die Aussicht von dort war auch cool, und es war nicht alles komplett mit Touris zugepflastert. Da Machu Picchu um halb sechs schliesst und unser Zug um sieben Uhr in Aguas Calientes losfahren sollte, mussten wir etwas Gas geben, als wir um 17 Uhr bei der Puerta del Sol losmarschierten. Wir mussten immerhin noch unsere Zugtickets organisieren und die Rucksäcke im Hostal abholen. Und man weiss nie, wie lange gewisse Dinge in diesem Land dauern.

Puerta del Sol oberhalb von Machu Picchu


Beim Ausgang stempelten wir unsere Pässe mit dem offiziellen Machu Picchu-Stempel und rannten mehr oder weniger schnell den steilen Pfad nach Aguas Calientes hinab. Die Zugtickets waren in dem Restaurant deponiert, wo wir am Abend zuvor zu Abend gegessen hatten. Und es stellte sich heraus, dass der Zug erst um halb acht fuhr. Ok, auch gut. Dummerweise fehlte ein Ticket und nach einer Weile beratschlagen, was zu tun sein, kamen wir zum Schluss, dass es nur eine Möglichkeit gab, nämlich ein neues Ticket kaufen und am nächsten Tag bei der Agentur vorbeizugehen und das Geld zurückzufordern. Der Zug ist immer im Tour-Preis inbegriffen, da hatte die Agentur irgendwas verhängt.

Die Zufahrt selber verlief ereignislos. Ein kleiner Snack war inbegriffen, den Rest verschliefen eh alle. Da anfangs dieses Jahres heftige Regenfälle Überschwemmungen verursacht und das Gleis fortgespült hatten, mussten wir in Ollanta auf Busse umsteigen. Kurz vor Mitternacht kamen wir totmüde in Cusco an. Nochmals mobilisierte ich alle Aufmerksamkeit, um sicher ins Hostal zu gelangen, was zum Glück kein Problem war, aber man weiss ja nie.

Jetzt kann ich noch ein paar Tage meinen Muskelkater auskurieren. Am Sonntag sollte Martina ankommen und dann geht es los in Richtung Trujillo.

1 Kommentar:

  1. Wow, coole Fötelis! Hoffe deine Beine haben sich inzwischen vom Muskelkater wieder gut erholt! Jetzt werden dann bald wieder andere Mukkis strapaziert;-)
    Wünsch eine angenehme Weiterreise mit vielen tollen Erlebnissen!
    Liebs Grüessli Marlis

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