Mittwoch, 10. März 2010

Tschuess Carretera

Wir sind in Futaleufú, dem Dorf mit dem coolsten Namen. In Mapuche, der Sprache der lokalen Indigenas, heisst das Rio Grande, Grosser Fluss. Wer dieses Wort als erstes laut aussprechen kann, hat wieder mal gewonnen:-) Die Betonung liegt auf dem letzten U.

Nach fast drei Wochen, davon einen halben Tag! Regen, haben wir die Carretera Austral verlassen und sind jetzt wieder auf dem Weg nach Argentinien. Die Landschaft noerdlich von Coihayque ist genial schoen und teilweise glaubten wir uns in der Schweiz, so aehnlich sah alles aus. Bewaldete Berghaenge, unten im Tal gruene Wiesen, weidende Kuehe. Wenn man genau hinschaut, sieht man allerdings, dass an den Haengen nicht Tannen sondern eine Art Buchen wachsen und die Kuehe andere sind, aber das sind Details. Der Hauptunterschied besteht in der Strasse, jede Wette, dass es in der Schweiz keine so miese Pisten gibt.

Hier die Carretera kurz nach Ende des Asphalts, die Qualitaet der Strasse hier noch erstaunlich gut. Hinter der naechsten Kurve beginnt die Steigung ueber einen Pass. Hier ist alles Urwald, extrem dicht und wunderschoen.



Kurz vor der Passhoehe hat es einen Wanderweg durch den Bosque Encandado, den verzauberten Wald. Es faellt mir schwer zu beschreiben, wie schoen dieser Wald ist. Die Baeume sind alle ganz vermost und es wachsen rosarote und orange Bluemchen an den Staemmen. Der Boden ist kaum sichtbar, alles ist voll von kleinen und groesseren Pflaenzchen, Bueschen und umgestuerzten Baumen. Ein Durchkommen waere ohne diesen Weg absolut unmoeglich. Natuerlich fuehrt auch ein Bach durch diesen Wald und zwar mit so glasklares Wasser, dass man jedes Steinchen auf dem Grund sieht. Nach ein paar Bruecken und Streppen kommt man zu einem Aussichtspunkt, von wo aus man einen Gletscher sieht. Der Gletscher ist huebsch, im Vergleich zu dem Wald darunter aber eher unscheinbar.



Auf der anderen Seite des Passes ist die Strasse schlagartig katastrophal, teilweise wird sie wohl zum Flussbett umgewandelt, so je nach Wetter. Dafuer haben wir dort die groessten Nalcas gesehen. Das sind Pflanzen mit gigantischen Blaettern, Durchmesser von 50 cm bis ueber 1.5 m.



Wirklich etwas Erwaehnenswertes passiert ist eigentlich seit Tagen nicht. Wir haben an huebschen und weniger huebschen Orten gecampt und einmal haben wir uns ein Hostal mit Abendessen und Fruehstueck geleistet.

Dieser kleine See mit mystischen Nebelschwaden und klaren Spiegelungen liegt ca. 50 km vor Futaleufú.



Hier nochmals ein - eher klaeglicher - Versuch die Schoenheit der Landschaft zu zeigen. Der Fluss heist El Azul, der Blaue, was auf dem Bild nicht so klar ersichtlich ist. Das Wetter spielt dagegen wieder perfekt mit.



Da wir sie jetzt verlassen haben, widme ich mich nochmals der Carretera Austral und ihren vielen verschiedenen Gesichtern. Bevor ich die "Strasse" gesehen habe, haben uns Leute von ihrem Charme vorgeschwaermt, wie schade es sei, dass immer laengere Stuecke davon asphaltiert seien. Meine Meinung dazu: die Carretera Austral hat genau den Charme eines langgezogenen Sand-, Kies und Steinhaufens, der mit Schlagloechern und Ripios garniert ist. Also ueberhaupt keinen. Wie ihr aber vielleicht schon erraten habt, ist die Landschaft, durch die sie fuehrt, absolut unschlagbar. Bloed nur, dass man das oft gar nicht richtig geniessen kann, weil man sich gerade krampfhaft am Lenker festklammert um einigermassen sicher durch den naechsten Kieshaufen zu kommen.

Zu den Ripios: Das sind wellbelchartige "Oberflaechenveraenderungen", die es in dieversen Ausfuehrungen gibt. Da sind z.B. Babyripios, kleine, nur ein paar Centimeter tiefe Wellen mit einem Abstand von vielleicht 10 - 15 cm. Darueberzufahren holpert schon ganz schoen. Die haeufigsten "normalen" Ripios sind noch etwas tiefer und wenn man da zu schnell drueber brettert, fliegt man fast aus dem Sattel und die Fuesse von den Pedalen. Meine ganz speziellen Lieblinge sind aber die Moerderripios. Das sind 15 - 20 cm tiefe Zacken in/auf der Strasse. Wenn man da drauffaehrt, dann knallt es ein paar mal, dann steht man. Da gibt es kaum ein Vorwaertskommen. Hat man das Pech und sieht sie nicht und kommt darum zu schnell, kann man schon mal von der Strasse geworfen werden. Wir haben jedenfalls von Leuten gehoert, denen das passiert ist. Oder von Gepaecktraegern, die dabei gebrochen sind. Eher selten sind die Riesenripios. Die haben wir bis jetzt nur in engen Kurven von steilen Strassen angetroffen. Das sind wieder Wellen, recht tief aber auch weiter auseinander. Da kommt man, wenn man langsam ist, problemlos drueber. Das fuehlt sich ein Bischen wie eine Berg-und-Tal-Bahn an, was aber nicht weiter schlimm ist.

Natuerlich hat es hier auch die Verbuendeten der Ripios zu Hauf, die Schlagloecher. In Puerto Natales haben wir mal zu jemandem gesagt, dass Schlagloecher fuer Velofahrer kein Problem seien, wir koennten denen ausweichen. Ja, theoretisch koennten wir das. Leider sind Schlagloecher aber extreme Herdentiere und kommen bevorzugt in grossen Massen vor. Die sind dann meistens so richtig ineinander verwoben, so dass ausweichen voellig aussichtslos ist. Manchmal hat es auch so viele nacheinander, dass man gar nicht mehr sicher ist, ob das jetzt eine Reihe Loecher oder Ripios waren. Ist ja auch egal, geholpert und geknallt hat es auf jeden Fall.

Klar, dass diese beiden Spielverderber nicht die einzigen sind. An einigen Stellen bestehen die Strassen nur aus groben Steinen, was auch sehr unangenehm zu befahren ist. Noch schlimmer ist aber grobes, loses Kies, so in etwa wie der Schotter zwischen Bahngleisen. Das ist zum Velofahren absolut untauglich. Feiner Sand darin hilft auch nicht, um das Fahrgefuehl zu verbessern. Heisst das nun, dass die Carretera asphaltiert werden sollte? Ich weiss nicht, irgendwie waere es vielleicht doch schade.

Jetzt einmal etwas zu den haeufigsten Benutzern der Stasse, den Autofahrern. Eigentlich sind Suedamerikaner fuer schlechte und ruecksichtslose Fahrweise bekannt. Auf Argentinier und Chilenen scheint das bis jetzt nicht zuzutreffen. Dass nicht alle langsamt mit viel Abstand vorbeifahren, versteht sich von selbst. Aber uebers Ganze gesehen, fuehlen wir uns hier nicht aufs Korn genommen. Um Coihayque herum nahm das manchmal sogar groteske Zuege an. Da blieb ein Laster konsequent hinter uns, da er in einer unuebersichtlichen Kurve nicht ueberholen wollte. Und andere Fahrer verhielten sich dort aehnlich. Je weiter noerdlich wir aber gekommen sind, umso normaler wurde auch die Fahrweise um uns herum.


Worueber ich schon laenger mal schreiben wollte ist Dulce de Leche. Das ist der nationale Brotaufstrich in Argentinien und auch in Chile unter dem Namen Manjar weit verbreitet. Interessanterweise ist aufs Brot streiben nur eine von vielen Anwendungsmoeglichkeiten dieser zaehen Masse. Weit erwaehnenswerter sind die diversen Torten und anderen Suessigkeiten, die man damit fuellen kann. Da wir beim Velofahren taeglich viele Kalorien vernichten, scheuen wir uns nicht, all die feinen Sachen zu testen. Und das lohnt sich auch, die sind wirklich gut.

Das Beste in Sachen Suessem, was wir bisher gegessen hatten, war allerdings eine Nusstorte in El Chalten. Die war zwar abartig teuer, aber eben auch abartig gut. So gut, dass wir der Baeckerei das Rezept abgeluchst haben. Hier, falls jemand das ausprobieren moechte:

100 Gr. Baumnuesse gehackt
250 Gr. Rahm
4 Eier
100 Gr. Honig
100 Gr. Zucker

Alles mischen und in eine flache, runde Form (etwa wie fuer unsere Nusstorte) mit Muerbteigboden giessen und etwa 45min bis 1h bei ca. 100 Grad backen. Das Resultat sieht so aus: Ueber dem Muerbteigboden bildet sich eine Schicht mit etwa der Konsistenz einer Nidelwaehe, darueber eine Schicht mit den Nuessen, die irgendwie karamelisiert wirken.

Wir warten auf eure Erfolgsmeldungen!

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