Sonntag, 18. April 2010

Ausflug zum Mars??

Da wir an einem Sonntag in Chos Malal angekommen waren, und die Laeden in dieser Region an Sonntagen geschlossen sind, mussten wir am Montag Morgen erst mal einkaufen und konnten daher erst nach dem Mittag starten. Super Timing, denn uns erwartete einmal wieder eine fette Steigung, und das in der grössten Mittagshitze (mit Rückenwind!!!). Bei der Información Turistica wurde uns gesagt, die Strasse steige nördlich von Chos Malal auf über 2000 m an. Wie hoch Chos Malal liegt, wissen wir mangels funktionierendem GPS leider nicht. Jedenfalls waren wir am Abend noch nicht oben, aber wir fanden ein hübsches Camp auf einer Pferdeweide. In dieser Nacht war der Himmel wieder glasklar und wunderschön. Das ist zwar eigentlich sehr oft so, manchmal muss es aber wieder erwähnt werden, so faszinierend ist das.



Am nächsten Morgen war es einmal mehr saukalt. Obwohl es bergauf ging, packten wir uns ein und hofften auf die Sonne, die natuerlich gerade an jenem Tag von Wolken verdeckt war. Nach einer Weile, wir waren gerade so knapp aufgewärmt, erreichten wir die Passhoehe und konnten auf der anderen Seite runterfetzen. Brrrr frier, das war gar nicht gemütlich! Landschaftlich hingegen wurde es immer interessanter. Da war z.B. ein kleiner Salar, unser erster Salzsee, dem noch weitere folgen werden. Gras gab es immer weniger, der Boden war mehrheitlich von ganz kleinen Bueschen bedeckt, fleckenweise war der Fels völlig kahl. Später glaubten wir uns auf den Mars versetzt, so trocken und vegetationslos war die Region. Mehr oder wengier erodierte Vulkankegel zeugen von der bewegten Vergangenheit dieses Landes. Allerdings gab es auch beeindruckende Schluchten, die beweisen, dass es hier durchaus Wasser gibt, aber offensichtlich ist der Herbst dafür die falsche Jahreszeit.

Marslandschaft im Norden der Provinz Neuquén


Während einer kurzen Pause am Nachmittag kamen uns plötzlich ein paar Pferde und ein bepacktes Muli entgegen, gefolgt von einer riesigen Ziegenherde und drei Gauchos, der örtliche "Alpabzug" im Herbst. Interessanterweise kamen die Ziegen über eine senkrechte Felswand auf die Strasse hinab, das sah doch eher kamikazenhaft aus.

Gauchos mit Ziegen


Am Nachmittag schien zwar die Sonne, es blieb aber extrem kalt. Kurz vor der nächsten Ortschaft, Buta Ranquil, wies ein Schild auf Termas, heisse Quellen, hin. Sofort hin! Wie sich auf Nachfrage aber leider herausstellte, gibt es dort nur im Winter heisses Wasser, im Sommer ist es kalt. Also absolut pointless. Enttäuscht sind wir umgekehrt und haben unsere Zelte auf dem verlassenen und verwarlosten Camping Municipal von Buta Ranquil aufgestellt. Immerhin gab es fliessend Wasser.

Der nächste Tag war sonniger aber genauso kalt wie der vorherige. Fazl fand das gar nicht witzig und beschloss schon in Barrancas, einem kleinen Dorf, welches wir gegen Mittag erreichten, den Bus nach Mendoza zu nehmen, anstatt bis nach Malargüe weiterzufahren. Nach einem Mittagessen auf der Plaza verabschieden wir uns vorübergehend von ihm und Martina.

Fazl und Martina auf der Plaza in Barrancas


Nach einer kurzen Abfahrt erreichen wir die Grenze zur Provinz Mendoza. Mit Polizeiposten und Passkontrolle, wie sich das für eine Grenze gehört. Das ist nun schon das vierte Mal, dass wir von der Polizei kontrolliert werden. Machmal schreiben die sogar die Passnummern auf, wie z.B. vor Chos Malal oder nach El Calafate. Oft werden wir auch nur durchgewunken. Keine Ahnung, wozu diese Checkpoints gut sind, "damit man weiss, wer wo ist", wie uns das von einem Polizisten erklärt wurde.

Wieder eine Steigung. Inzwischen war es windstill und ganz schon heiss geworden. Die Vulkanhügel waren zwar nichts ausserordentliches mehr, schön und wert, fotografiert zu werden, waren sie allemal.

Vulkanische Landschaft, inzwischen in der Provinz Mendoza


Ein paar Stunden und Steigungen später fuhren wir in den winzigen Ort Ranquil Norte ein. Da man uns schon früher gesagt hatte, dass es da nichts, auch kein Campingplatz gibt, versuchten wir die übliche Taktik, die Polizisten nach einem legalen Camp zu befragen. Leider war wieder mal keiner da. Zu unserer Überaschung gab es aber in diesem Käffli ein Touristenbüro, wo uns ganz freundlich erklärt wurde, dass es sehr wohl ein Campingplatz gibt. Zwar ohne Baños, d.h. WCs und Duschen, dafür mit fliessend Wasser und Licht während der ganzen Nacht. Wer kann bei so einer Festbeleuchtung noch schlafen?!?

Als wir am Morgen unsere Wasserflaschen füllen wollten, kam leider kein Tropfen mehr. Wir fragten bei einem Haus nach Wasse und erfuhren, dass eine Leitung gebrochen war und das ganze Dort kein Wasser hatte. Die alte Dame hatte aber ein paar Krüge gefüllt und gab uns je eine Bidonfüllung. Hoffentlich hatte sie für sich selbst genug bis die Leitung geflickt war! Seit diesem Tag füllen wir jeweils abends alle Flaschen, das war jetzt immerhin schon das zweite Mal in kurzer Zeit, dass am Morgen eine Leitung kaputt war (das erste Mal in Las Lajas).

Am nächsten Tag war die Landschaft wieder für Überraschungen gut. Erst fährt man in wüstenähnlicher Region den Berg rauf, dann geht es runter und plötzlich liegen da zwei Seen. Ganz schön unerwartet. Etwa einen Kilometer danach dann die zweite Überraschung, unser erster Platten. In Flos Hinterrad steckte ein fieser Dorn. Also halten, alles abladen und Schlauch wechseln. Nach 40 Minuten ware wir wieder auf Achse und schon bald war die schöne Asphaltstrasse fertig und wir kämpfen wieder mit Kies und Sand. Wenigstens hügelabwärts.

Um den Strassenzustand hier noch genauer zu beschreiben: Hier war die Strasse einmal asphaltiert worden und dann elegant vor die Hunde gegangen, d.h. absolut nie unterhalten worden. Teilweise existiert die Asphaltdecke noch, befindet sich jedoch in fortgeschrittenem Zustand der Zerbrösmelung und Auflösung. Zusätzlich hat der Wind das Ganze mit Sand überdeckt, streckenweise sieht es aus, als habe ein Lastwagen voll Staub seine Ladung auf der Strasse verteilt. Um euch zu zeigen, wie tief die durchschnittliche Sandschicht ist, hat Flo die Strasse mit ein paar Fusspuren verziert.

Die Ruta 40, hier eine üble Sandpiste


An jenem Nachmittag überholten uns viele auffallend bunt markierte Autos, die aussahen, als gehörten sie zu einer Art Rennen. Besonders eilig schienen sie es allerdings nicht zu haben, die meisten fuhren recht rücksichtsvoll und einer filmte uns im Vorbeifahren sogar. Ein Wagen hielt an und wir schwatzen eine Weile. Sie waren tatsächlich Teil eines Raids, dem "Desafío Ruta 40", einem Rennen von Rio Grande nach Jujuy, alles der Ruta 40 nach, so um die 5'000 km. Meistens fahren sie aber auf Nebenstrassen, da man auf einer öffentlichen Strasse ja keine Rennen fahren kann. Im Moment waren sie auf dem Weg nach Malargüe, nicht renn-mässig. Sie hielten noch ein weiteres Fahrzeug an, das Getränke dabeihatte. Ich habe gar nicht gewusst, dass Gatorade so gut schmeckt:-) Wir erhielten auch noch ein Bischen kaltes Wasser, was wir natürlich dankend annahmen. Das einzige Wasser, das wir seit dem Morgen hatten, stammte vom Rio Grande und war nicht eben toll und im Moment weit weg.

Rio Grande


An jenem Abend campten wir in einem trockenen Flussbett, dessen Boden fast so hart wie Beton war. Wir waren umringt von Dornbüschen mit bis zu 10 cm langen Mörderstacheln. Krasse Typen, zum Glück war für unsere Velos genug Platz zum ausweichen vorhanden.

Am Morgen war fertig lustig, wir hatten unseren treusten Begleiter wieder, den Gegenwind. Nach zwei Tagen ohne Wind oder sogar mit Rückenwind war das speziell frustrierend. Immerhin war die Strecke mehrheitlich so flach als wäre sie gebügelt. Das Rio Grande-Flusstal war blendend grün und von einigen Menschen und zahlreichen Rindern und Ziegen, vielen Pferden und ein paar Eseln bewohnt. Der Tag hätte eigentlich relativ gemütlich werden sollen, der Wind und die aufziehenden, bedrohlichen Wolken wussten das jedoch gekonnt zu verhindern. Flo war zwar überzeugt, dass es dort nie regnen würde, wurde aber später am Nachmittag eines Besseren belehrt. Wir hatten es allerdings schon nach Bardas Blancas geschaft und unser Zelt aufgestellt, als der halbwegs Regen ernst machte.

Der nächste Tag wurde dagegen recht anspruchsvoll. 66 km nach Malargüe, dazwischen eine lange Steigung, natürlich mit Gegenwind. Das ginge ja noch, nach ein paar Kilometern war der Asphalt jedoch wieder einmal zu Sand erodiert, und das meine ich wörtlich. Das Foto vorhin von der sandigen Ruta 40 stammte zwar von zwei Tagen früher, würde aber auch perfekt hierhin passen. Ausser, dass die Strasse hier nicht stellenweise sehr sandig war, sondern teilweise etwas weniger sandig. Das ist im Fall verdammt anstrengend, 20 km durch einen Sandhaufen bergwärts zu pedalen! Und dazu von jedem Autofahrer noch eingepudert zu werden, dass man den Erstickungstod fürchtet und eine Minute lang blind fährt.

Irgendwann waren wir doch oben auf der Cuesta angekommen und kurz darauf gab es da auch wieder so etwas wie Asphaltbelag. Auf der anderen Seite der Bergen war eindeutig keine Wüste mehr. Grüne Büsche, sogar Gras, natürlich noch mit den obligaten Vulkankegeln. Und zack! Plötzlich ist man unten in der Ebene und das Land ist platt so weit das Auge reicht. Die letzten 20 km nach Malargüe fühlten sich an wie auf einer Zielgeraden.

Nochmals Ruta 40, auf dem Weg nach Malargüe


Diese "Stadt" ist überraschend interessant. Da ist erst mal das günstigste Camping Municipal, das wir bisher gesehen haben. Und da wird permanent geputzt, Laub gerechelt und aufgeräumt. Dann gibt es hier ein Observatorio, in dem irgendwelche kosmische Strahlen erforscht werden und ein Planetario, in dem interessante Filme und Sternenhimmel gezeigt und Führungen angeboten werden. Es gibt ein lokales Museum, wo auch Saurierfunde der Gegend gezeigt werden. Es gibt eine ganze Broschüre über diesen Turismo Científico, den man in einer so kleinen, eher ländlichen Stadt nicht erwarten würde.

Leider gibt es hier noch viele unbebaute Grundstücke, die einfach blosse Erden-, bzw. Sandflächen sind. Kombiniert mit heftigem Herbstwind gibt das regelrechte Sand- und Blätterstürme, die man, endlich frisch geduscht und sauber angezogen, nicht so wirklich zu schätzen weiss.

Heute Nachmittag nehmen wir einen Bus nach Mendoza, wo wir Martina und Fazl treffen werden. Gemäss Martinas letzter Information hat die Stadt momentan wegen einer Quecksilberkontamination kein Wasser. Kann ja toll werden...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen