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Sonntag, 29. Januar 2012

Lateinamerika Rückblick

Also erst mal off-topic: Ganz herzliche Gratulation an Renée und Res zur Geburt ihres Sohnes Nick! Schade, dass ich einmal mehr nur mit Fotos vorlieb nehmen muss, aber auch da sieht der Winzling mega schnüsig aus. Ich wünsche den jungen Eltern ganz viel Freude, Geduld, Ausdauer und was man eben alles so braucht in dem Moment und für die nächsten paar Jahre.



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Das Ende steht bevor. Nicht gerade das der ganzen Welt oder zumindest der Reise, aber doch immerhin unseres Aufenthaltes im Spanisch sprechenden Teil Amerikas. Das ist hart. Nicht nur, weil die Medien uns  ein Leben lang ein fieses Bild der USA vermittelt haben, sondern vielmehr weil unsere eignen Erfahrungen in den letzten zwei Jahren die meisten von denselben Medien (und Berichte anderer Velofahrer) vermittelten gemeinen Bilder so vieler Latino-Länder widerlegt haben. Ich weiss gar nicht recht, wo ich beginnen soll und bestimmt ist ein solcher Rückblick etwas unfair gegenüber schon lange verlassenen Ländern in Südamerika, einfach, weil da die Erinnerungen nicht mehr so frisch sind und von so vielen neuen Eindrücken überlagert werden. Aber ich werde mal versuchen, mich an jedes Land und die entsprechenden Vorurteile, so es denn welche gab, einzeln zu erinnern.


VORURTEILE UND REALITÄTEN

Argentinien
Die Argentinier seien sauschlechte Autofahrer, gewisse Strassen damit gefährlich für Ciclistas.

Nun, wir waren in Argentinien zum Glück nie auf so richtig grossen, vielbefahrenen Transitstrecken unterwegs, wo das vielleicht zutrifft. Ich habe die Argentinier jedenfalls nicht als speziell agressive Fahrer erlebt.

Chile
Keine negativen Bilder die es zu widerlegen galt.

Bolivien
Auch hier, hartes Klima auf den Strassen. Dass das Land sehr arm ist, war nicht in dem Sinne ein negatives Bild, sondern schlicht eine Tatsache, die sich auch bestätigt hat.

Auch in Bolivien waren wir nicht extrem viel auf stark befahrenen Strassen unterwegs, die Strecke Potosí - La Paz war jedoch verkehrsmässig relativ harmlos mit Ausnahme der Einzugsbereiche/Zentren der Städte Oruro und La Paz. Martina wurde im Busterminal in La Paz beklaut.

Perú
Die Peruaner seien Gringos gegenüber unfreudlich, werfen Steine/Kartoffel, schreien "Gringo!" und klauen viel.

Die Gringo-Rufe stimmen, je nach Region mehr oder weniger, i.d.R. sind es jedoch die Kinder, meist waren die Rufe auch nicht unfreundlich gemeint. In/um einige Dörfer wurden wir sehr reserviert behandelt, d.h. ignoriert, selbst wenn wir grüssten. Das war aber sehr regional und konnte von Dorf zu Dorf stark varieren. Oft wurden wir auch enthusiastisch von einer Schar Kinder empfangen, Grüsse wurden i.d.R. erwiedert und wir wurden auch von völlig Unbekannten eingeladen, sei es zum Mittagessen, zu einem Teller Suppe oder es wurden uns Früchte geschenkt. In Cusco versuchte eine Gruppe älterer Señoras, mich zu beklauen, hat aber nicht geklappt. Sonst gab es keine Zwischenfälle. Verkehrsmässig war Perú für uns das übelste Land in Lateinamerika, Autofahrer hupen dauernd (was v.a. nervt) und sind absolut rücksichtslos. Auch die Hunde Perús waren die agressivsten überhaupt.

Ecuador
Auch Ecuador sei nicht gerade das sicherste Reiseland, es seien schon Überfälle auf Ciclistas vorgekommen.

Wir fühlten uns in Ecuador so sicher wie überall in Lateinamerika auch. In Quito muss man aber durchaus vorsichtig sein, wie in Cusco locken die vielen Touristen auch viele unehrliche Zeitgenossen an. Martina wurde im Bus nach Otavalo Geld geklaut. Die Hunde sind z.T. so mühsam wie in Perú.

Kolumbien
Uhh, Kolumbien hatte natürlich ein superschlechtes Image, zumindest was die Medien betrifft. Schlagworte: Guerilla, Drogen, Kriminalität. Berichte anderer Velofahrer sprachen jedoch eine ganz andere Sprache, insofern hatte Kolumbien im Gegenteil ziemlich hohe positive Erwartungen zu erfüllen, was z.B. die Freundlichkeit der Leute betrifft.

Im Süden Kolumbiens sind die FARC noch immer aktiv, deshalb hohe Militär- und Polizeipräsenz. Wir haben auf diese Leute gehört und hatten nie irgendwelche Probleme. Die Kolumbianer waren fast ausnahmslos extrem nett und hilfsbereit, ja erfreut über die Anwesenheit von Ausländern/Touristen in ihrem Land. Die hohen Erwartungen hat das Land/die Kolumbianer mit Bravour erfüllt.

Panamá
Keine wirklich negativen Vorurteile. Wir hatten gehört, Panamá sei teuer und sehr amerikanisiert.

Stimmt, in Panama City dominieren amerikanische Laden- und Restaurantketten das Bild, das Land ist teurer als z.B. Kolumbien. Die überaus netten Panameños, insb. die Bomberos haben das aber relativiert, wir konnten sehr oft gratis übernachten.

Costa Rica
Das "offizielle" Vorurteil von Costa Rica ist eigentlich ein sehr gutes. Etwa 25 % des Landes sind Nationalparks, es ist neutral und hat keine Armee. Klingt eigentlich sehr sympathisch.

Das Land ist schweineteuer. Wir haben keinen Nationalpark gesehen, da wir nicht bereit waren, solche Preise zu bezahlen. Wir hatten einen äusserst schlechten Einstieg im Land, Martina wurde in Puerto Limón beklaut, viele Leute dort waren extrem unsympathisch und unfreundlich, die Hotels verhältnismässig bis sehr schlecht für recht hohe Preise. Das hat sich später etwas relativiert, zumindest was die Leute betrifft. Auch viele Ticos sind Touris gegenüber hilfsbereit und aufgeschlossen.

Nicaragua
Was haben wir da erwartet? In den Medien existiert das Land kaum, Ciclistas meinten es sei arm und darum günstig, die Leute seien freundlich.

Nicaragua ist sicher arm, im Gegensatz zu Bolivien oder Perú trotzdem nicht sonderlich günstig. Die Leute sind sicher nett, die Männer aber so aufdringlich/primitiv, dass sie unser insgesamt gutes Bild von Nicaragua ziemlich beeinträchtigt haben.

Honduras
Wird in den Medien auch kaum erwähnt. Weibliche Ciclistas fanden schon, die Männer seien nervig, wohl etwa so, wie wir die Nicas empfunden haben.

Zwei Tage in Honduras war zu wenig, um eine Aussage zu machen. Am ersten Tag kam kaum ein blöder (männlicher) Spruch, besoffene Typen in Städten sind aber auch in Honduras nicht unser Ding.

El Salvador
El Salvador wird oft als gefährlich bezeichnet, viele Gangs (Maras), Drogenkriminalität, insgesamt eher instabil und mit brutaler Bürgerkriegsvergangenheit.

Yep, vor fast jedem Laden, bei jeder Tankstelle etc. steht ein Bewaffneter mit Pump-Gun. Vermutlich nicht aus Jux, wir fühlten uns aber sicher, wurden auch nie bedroht oder dumm angemacht. Die Männer sind höflicher als in Nicaragua. Wir haben uns aber kaum in grösseren Städten aufgehalten, gerade in San Salvador  gibt es bestimmt nicht empfehlenswerte Quartiere.

Guatemala
Soll auch gefährlich sein, v.a. wegen wegen organisierten Drogenbanden und der üblichen Kriminalität und Instabilität in einem Land mit langer Bürgerkriegsvergangenheit.

Hohe Polizeipräsenz in den Städten. Auf Nebenstrassen wurden wir von Einheimischen öfters gewarnt, die Region sei nicht sicher, passiert ist nie etwas. Die Leute sind oft eher zurückhaltend (Indígena), wenn wir aber gefragt haben, wurde uns immer geholfen (z.B. Übernachtung bei Kirchen, wenn es keine Unterkünfte gab).

Belize
Ich hatte kaum ein Bild von Belize, in unseren Medien spielt das Ländli keine Rolle.

Belize war ein Preisschock nach Guatemala, betr. Sicherheit waren wir aber nie besorgt. Wie wir später hörten, ist das Land aber durchaus nicht sicherer als der Rest von Lateinamerika, was aber schliesslich auch nie jemand behauptet hat.

Mexiko
Drogenkrieg in Mexiko!!!!!! Lastwagen voller Toten gefunden, Polizeichef ermordet!!!!!! Schiesserei hier, Massaker da!!!!!!!!! Mexikaner sind die schlimmsten Autofahrer überhaupt und dazu erst noch elende Obermachos. Zwei Frauen "allein" in Mexiko muss also fast Selbstmord gleichkommen!!!

Unsere Familien hatten ihrer Sorge über unseren Aufenthalt in Mexiko durchaus Ausdruck verliehen und wir behaupten auch nicht, die Sicherheit hier nicht ernst genommen zu haben. Die Polizeipräsenz ist hier auch hoch, in gewissen Gegenden sogar extrem hoch. Polizei- und Militär-Pick-ups haben festinstallierte Maschinengewehre auf den Ladenflächen, die immer bemannt sind und schussbereit aussehen, bei Strassenkontrollen stehen auch mal Radpanzer herum. Wir wurden mehr als einmal von Polizisten oder Privatpersonen darauf aufmerksam gemacht, dass wir uns in nicht sicherer Gegend aufhalten und doch bitte aufpassen sollten. Wir haben solche Warnungen nie ausser Acht gelassen, viel mehr als weiterfahren konnten wir aber eh nicht machen. Es hat uns in fast sechs Monaten in Mexiko nie jemand bedroht, niemand hat auch nur versucht, uns zu beklauen! Die Leute sind nett und hilfsbereit, zwei Chicas gegenüber sowieso. Dank den Cuotas ("Zahlstrassen") mit breiten Seitenstreifen hatten wir auf den Strassen i.d.R. keine Probleme, auch auf den normalen, engen Strassen wurde es selten kritisch (ausser auf der Baja California). Abgesehen von zwei eher speziellen Fällen waren auch die Männer i.d.R. durchaus in Ordnung.

Insgesamt lässt sich also mit supergutem Gewissen sagen, dass Lateinamerika, wenn mit etwas gesundem Menschenverstand bereist, bei weitem weniger gefährlich ist als gerne behauptet wird. Wie viel Glück da im Spiel war, können wir natürlich nicht so genau sagen, da wir aber auch von anderen Ciclistas selten (nicht nie!) negative Sachen hörten, nehmen wir an, dass positive Erfahrungen der Alltag, Negatives die Ausnahme sind. Viele Leute fragen uns auch, welches unser Lieblingsland war. Auf diese Frage gibt es schlicht keine Antwort, zu unterschiedlich sind Länder und Leute. Da es aber in fast jedem Land Highlights gab, mache ich nochmals eine Liste mit dem, was mir persönlich jeweils am besten gefallen hat.


HIGHLIGHTS ZWISCHEN USHUAIA UND TIJUANA

Argentinien
Parque Nacional los Glaciares: Gletscher Perito Moreno und Gegend um El Chaltén (Fitzroy und Cerro Torre). Paso Jama.


Chile
Carretera Austral.


Bolivien
Lagunen Route.


Perú
Machu Picchu, Trekking in den Cordilleras Blanca und Huayhuash. Casa de Ciclistas in Trujillo.


Ecuador
Cuenca, Teilnahme am Huaira Sinchi, Casa de Ciclistas in Tumbaco.


Kolumbien
Die Kolumbianer als extrem gastfreundliches, offenes und hilfsbereites Volk. Hier etwas zu verlinken würde wohl nicht viel bringen, da das vermutlich sämtliche Kolumbien-Posts betreffen würde.


Panamá
Panama-Kanal, Inseln Bocas del Toro.


Costa Rica
Intakte Natur und wilde Tiere.



Nicaragua
Cañon de Somoto.


El Salvador
Die Pazifikküste mit ihren Megawellen.


Guatemala
Lago Atitlan, Tikal.


Mexiko
Cenotes, Chichén Itzá, Palenque, Landschaft zwischen Durango und Mazatlán, Baja California.



Der Grenzübertritt in die USA steht nun unmittelbar bevor. Für uns, wie ihr vermutlich schon erraten habt, einen viel grösseren emotionalen Schritt als der Wechsel von Süd- nach Mittelamerika. Das war mehr geographisch gewesen, aber alles in allem hat sich zwischen Kolumbien und Panama nicht so viel geändert. Jetzt wird ALLES anders werden, und beginnen wird das mit dem Durchschlupf durch den Tortillavorhang. In Lateinamerika waren Grenzübertritte meist eine kurze und unkomplizierte Sache gewesen, aber von Mexiko nach Gringolandia? Sollte das alles etwas skeptisch klingen, wir bemühen uns um eine offene Einstellung und sind bereit, uns von den Amis überzeugen zu lassen, dass auch in ihrem Fall die Vorurteile nicht gerechtfertigt waren. Aber vorerst mal: Adios amigo/as, adios Latino America, que les vaya bien!

Mittwoch, 5. Mai 2010

¡No podés pasar! Pass wegen Schnee gesperrt

Wer glaubt's denn, da regnet es in San Pedro de Atacama etwa alle zwei Jahre und gerade dann wollen wir ueber den Paso Jama. Das Problem dabei ist, wenn es in San Pedro regnet, schneit es auf dem Pass und die Strassen sind gesperrt.

Aber der Reihe nach. Wir sind eines fruehen Morgens von Susques aus losgefahren, in Begleitung von Matthias, eines Deutschen Radfahrers, den wir dort im Hostal getroffen hatten. Nach den obligaten paar Huegeln kamen wir runter auf die Ebene des Salars Olaroz, wo wir zwar Rueckenwind hatten, es aber leider auch regnete. Um den Mittag rum klarte es auf und wir freuten uns schon ueber die Sonne, die leider nicht lange anhielt. Am spaeteren Nachmittag machte Matthias eine Pause, da er sich nicht wohl fuehlte, und schickte uns voraus. Schlechten Gewissens fuhren wir weiter, immer auf eine graue Wolkenwand zu. Schon nach ein paar Kilometern mussten wir das Regenzeug anziehen und kurz darauf waren wir uns mitten in der Regenfront. Wir befanden uns auf einer Hochebene, das Land war wieder einmal platt wie gebuegelt, und es existierten noch zwei Farben: unten braun, oben grau. Ob da noch Berge drumherum waren, war unmoeglich zu erkennen.



Da wir auf ca. 4'200 Metern Hoehe waren, wurde aus dem Regen bald Schnee. In diesem flachen Land war an campen nicht zu denken, nicht bei diesem Wind, der unglaublicherweise immer noch von hinten blies. Darum entschieden wir uns auch, die - wie wir annahmen - 105 km bis zur Grenzstation durchzuziehen. Aus den 105 wurden schliesslich ueber 117 km, aber wir schaften die Strecke noch vor Einbruch der Dunkelheit. Neuerdings gibt es in dem kleinen Dorf Jama eine Tankstelle mit Motel, was uns jedoch zu teuer war. Wir fragten bei den Grenzbeamten, ob es eine andere Uebernachtungsmoeglichkeit gaebe und bekamen eine staubige Garage angeboten. Da es dort trocken und windgeschuetzt war, nahmen wir dankend an. Bevor wir dort drinnen das Zelt aufstellten, ging ich nochmals zu den Polizisten und bat sie, nach Matthias zu suchen. Mir war gar nicht wohl bei dem Gedanken, dass wir ihn alleine zurueckgelassen hatten. Die hilfsbereiten Herren kehrten jedoch erfolglos von der Suche zurueck, weshalb wir vermuteten, dass der Deutsche nach Susques zurueckgehitched war.

Am naechsten Morgen war der Himmel strahlend blau und die umliegenden Huegel weiss. Wir gingen erst mal zur Tankstelle etwas heisses trinken und entschieden danach, weiterzufahren (d.h. Flo entschied und Martina und ich gingen eben mit). Wir hatten etwa 5 km hinter uns und gerade die Grenze nach Chile passiert, als ein uns Fahrzeug der argentinischen Gendarmeria ueberholte und uns anhielt. Die Polizisten fanden, wir sollten umkehren, das Wetter weiter oben sei schlecht und die Strasse verschneit. Martina und ich waren sofort einverstanden, Flo fand die Idee total daneben. Wir hatten ihn gerade so knapp davon ueberzeugt, zurueckzufahren, als eine Gruppe Motorradfahrern ankam, die meinten, es sei kein Problem ueber den Pass zu fahren, es haette zwar Schnee aber die Strasse sei gut befahrbar. Also fuhren wir weiter.

Trockene Landschaft mit verschneiten Bergen im Hintergrund


Es ging wieder einmal bergauf, nicht steil zwar, aber gegen den Wind und es war kalt. Nach rund 22 km schneite es wieder und wir suchten hinter ein paar Felsen Deckung um etwas zu essen. Nachdem sich das Wetter kurz beruhigt hatte, begann ein regelrechter Schneesturm. Martina und ich hatten so kalt, dass wir uns weigerten, weiterzufahren. In Wind und Wetter stellten wir schliesslich die Zelte auf und krochen in die Schlafsaecke.

Ueber Nacht hatte sich das Wetter einmal mehr beruhigt und wir machten uns auf den Weg. Auch wenn die Sonne schien, war es eiskalt und gegen diesen Wind anzukaempfen war ziemlich witzlos. Zum Glueck gab es dort noch mehr Felsen, wo wir Schutz suchten (und halbwegs fanden). Nach einer heftigen Diskussion beschlossen wir zu versuchen, ein Auto bzw. Laster anzuhalten, der uns nach San Pedro mitnehmen koennte. Es fuhren aber keine Autos, anscheinend war der Pass gesperrt. Da es zu kalt war um noch laenger zu warten, kehrten wir nach Argentinien zurueck. Das ging ruck-zuck, mit Rueckenwind und bergab waren wir innert kuerzester Zeit wieder beim Grenzposten. Auf dem Rueckweg trafen wir Matthias. Er hatte das Unwetter unbeschadet ueberstanden, ja es hatte ihn gar nie erreicht. Er war am Tag zuvor bei der Grenze angekommen, wurde wegen der gesperrten Strasse aber nicht durchgelassen. Trotzt des starken Windes wollte er jetzt weiter.

Zurueck beim Polizeiposten fragten die besorgten Beamten, wass denn passiert sei, und wir schilderten unsere Story. Dann warteten wir, ob allenfalls der Pass wieder geoeffnet und ob sich ein Lasterfahrer finden wuerde, der uns mitnehmen koennte. Nach einigen Stunden kam jedoch der Bescheid von chilenischer Seite, dass der Pass an diesem Tag endgueltig geschlossen bleiben wuerde. Da wir immer noch frohren und keine Lust auf eine weitere kalte Nacht in der Garage hatten, bezogen wir ein Zimmer im Motel. Ironischerweise gab es dort zwar eine Heizung, die aber nicht funktionierte, also frohren wir weiter.

Am naechsten Morgen war der Pass noch immer gesperrt und der Vorsteher der Station sprach ganz gezielt Flo an: "El paso está cerrado. !No podés pasar!" Der Pass ist geschlossen, Du kannst nicht durch. Das letzte Mal haetten wir uns schon in Chile befunden, deshalb haette er nichts machen koennen, aber jetzt wuerde er uns nicht durchlassen. Punkt, Ende der Diskussion. Also setzten wir uns in die Sonne und warteten auf News.

Die knapp zwei Stunden spaeter auch ploetzlich kamen. Zwei chilenische Pickups brachten die Nachricht, dass die Strasse offen sei. So bildete sich erst mal eine lange Schlange vor der Migración, immerhin hatten auch drei Busse und eine Menge Autos gewartet. Waehrend wir warteten, organisierten wir fuer Martina einen Transfer nach San Pedro. Sie hatte mit ihrer Erkaeltung keine Lust mehr, ueber den kalten Pass zu fahren. Netterweise erklaerten sich die Leute der chilenischen Vialidad, der Strassenbehoerde, bereit, sie mitzunehmen. Flo und ich fuhren auch ein paar Kilometer mit um in etwa dort weiterzumachen, wo wir am Vortag umgekehrt waren.

An diesem Nachmittag fuhren wir zu unserem Glueck gegen nur schwachen Wind und durch eine wenn auch oede, aber schoene Landschaft mit Lagunen und Vicuñas, kleineren, wilden Verwandten der Lamas. Wir campten hinter ein paar Felsen und richteten uns auf eine kalte Nacht ein. Am Morgen zeigte das Thermometer ausserhalb des Zeltes -8 Grad an. Wrrr, das war kalt. Der Bidon im Aussenzelt war komplet durchgefrohren. Zum Glueck ging die Sonne bald auf und die Strasse fuehrte ernsthaft bergwaerts, wir kamen also schnell ins Schwitzen.

Was mich allerdings weit mehr stresste als die steile Steigung, war meine Fahrradkette, die ich in Mendoza neu montiert hatte. Im leichtesten Gang faellt sie dauernd raus. Das Problem hatte ich schon seit Purmamarca, an jenem Morgen war es aber extrem. Ich kam gerade mal 10 - 100 Meter weit, bis ich absteigen musste und die Kette wieder ins Zahnrad basteln. Und mit Handschuhen geht das schlecht. Voellig entnervt schob ich das Velo die letzten paar hundert Meter den Pass hinauf. Oben warteten Flo und Matthias, der etwa 5 km vor uns gecampt hatte und den wir jetzt eingeholt hatten.

Auf dem Paso de Jama, 4'838 Meter hoch


Auf der anderen Seite ging es dann rasant etwa 300 Meter in ein Tal hinunter. Auf dem Weg dorthin habe ich einen Schmetterling gesehen! Dass Voegel und Vicuñas an so einem Ort leben koennen geht ja noch. Aber was dieser Schmetterling dort oben weit ab von jeder Blume gesucht hat, ist mit absolut schleierhaft! Unten im Tal fanden wir zu unserer Ueberraschung eine grosse Wiese, Baeche und kleine Weiher. Fuer die heimische Fauna ein richtiges Schlarffenland.



Nach ein paar Kilometern im flachen Tal ging es wieder die Huegel hoch. Ich fand die Landschaft dort extrem faszinierend. Sie ist fast voellig trocken, wir konnten keine Grasbueschelchen mehr erkennen, alles nur rotbraune Erde und Steine. Es gab aber durchaus verschiedene Rot-, Braun- und Gelbtoene, die sich in eleganten Mustern durch die Huegel und Berge zogen. Das Land ist unberuehrt bis auf die gelegentlichen Autospuren oder die Narbe einer Gaspipline, die in der Unendlichkeit verschwindet. Ah ja, es hat auch noch ein paar Antennen, die irgendwelche astronomische Informationen enpfangen. Sonst gibt es da rein gar nichts. Diese Hochebene liegt auf ca. 4'600-4'800 Metern und ist wortwoertlich atemberaubend. Dass wir dort, in einer so unwirtlichen Region, Vicuñas sahen, hat uns doch ueberrascht. Warum waren die nicht im Paradis im Tal unten? Was die dort oben zu fressen fanden, haben wir nie herausgefunden.



Weiter ging's, immer rauf und runter, wieder rauf und runter, bis zur zweiten Passhoehe ueber 4'800 Metern. Inzwischen blies wieder ein kalter Wind und wir waren nicht mehr so sicher, dass wir es an jenem Tag noch bis San Pedro de Atacama schaffen wuerden. Wir erwarteten sehnlichst die Abzweigung nach Bolivien, da es gemaess Velobuch danach endgueltig abwaerts gehen soll. Die Abzweigung kam dann auch, ganz anonym, ohne irgendwelche Ankuendigung. Einzig ein kleines gruenes Schild mit einer Strassennummer und einem "B" wiesen darauf hin, dass die Strasse nach Bolivien fuehrte.

Oben auf dem Pass hat es noch Schnee, unten liegt die Atacama, eine der normalerweise trockensten Wuesten der Welt.


Diese Abfahrt war es wert gewesen, dafuer lange auf und ab zu fahren. Es geht da in etwa 25 km ueber 2'000 Meter runter! Nach ein paar Minuten runterfetzen sah ich ploetzlich zwei Leute am Strassenrand stehen und winken. Marlis und Matthias, auf dem Weg nach Bolivien. Flo musste erst angeschrien werden, bis er realisierte, wer da winkte, aber er war es dann, der vorschlug dort mit den beiden zu campen und am naechsten Morgen nach San Pedro zu fahren. Fuer mich kam das etwas ueberraschend, nachdem er so darauf bestanden hatte, am selben Tag dort anzukommen. Aber gut, umso besser. Wir tauschten alle moeglichen Informationen und Erfahrungen aus und ich war wieder beeindruckt, wie genau Marlis unseren Blog kennt. Man koennte meinen, sie haette die Texte auswendig gelernt.

Da es bald kalt wurde, verzogen wir uns alle in die Zelte. Angeblich wurde es in dieser Nacht nur -3 Grad kalt, was wir als deutliche Verbesserung ansahen. Den Rest der Abfahrt am Morgen genossen wir in der Morgensonne, immer im Wissen, dass wir da in ein paar Tagen wieder rauf muessen. Ein interessantes Detail dieser Strasse: In den wirklich steilen Abschnitten hat es etwa pro Kilometer eine "Pista Emergencia". Das ist eine etwa 200 Meter lange, mit Kies aufgefuellte Spur, das in huebschen Wellen "frisiert" ist, und in einen grossen Sandhaufen muendet. Es waere sicher ein spektakulaerer Anblick, wenn ein Laster dort hineinblocht, weil er nicht mehr bremsen kann.

In San Pedro erwartete uns das uebliche Einreiseprozedere von Chile. Wie von Marlis und Matthias angekuendet, wurden alle Taschen genaustens durchsucht, immerhin mussten wir nicht alles durch den Roentgenapparat schicken. Diesmal versuchten wir jedoch nichts zu schmuggeln, ausser ein paar Cocablaettern besassen wir nichts "de origen vegetal o animal" mehr. Den Honig hatten wir diesmal auf ca. 3'900 Metern Hoehne deponiert, um ihn bei der Ausreise nach Bolivien wieder mitzunehmen.

San Pedro de Atacama ist ein interessantes Dorf, ganz anders als alle Ortschaften, die wir bisher gesehen hatten. Auf den ersten Blick koennte man meinen, man sei irgendwo in Nordafrika. Der Baustil und die Tatsache, dass das Dorf sich mitten in der Wueste befindet, wirkte auf uns richtig exotisch und hat nichts mit den Doerfern beispielsweise an der Carretera Austral gemeinsam. Wie viele Einheimische jedoch noch hier wohnen ist fraglich, der Dorfkern besteht praktisch nur aus Hostales, Restaurants und Tourenanbietern.

Trotzt der Hoehe und den schwierigen Bedingungen haben wir bei der Ueberquerung des Paso de Jama einige neue Rekorde aufgestellt. Da waren erst mal die 117 km von Susques zur Grenze, die den Kilometerrekord pro Tag darstellen, und das erst noch auf ueber 4'000 Metern Hoehe. Auf dem Rueckweg zum argentinischen Grenzposten stellte ich den neuen persoenlichen Geschwindigkeitsrektord von 69 km/h auf, allerdings mit Rueckenwind von ueber 60 km/h. Dann ist da noch der gestrige Tages-Geschwindigkeitsdurchschnitt, der genau 30 km/h betraegt, was wir bisher noch nicht annaehernd geschaft hatten.

Mein Ketten-Problem sollte jetzt auch geloest sein. Gestern hat ein Mech ein Bischen an der Schaltung rumgeschraubt, was erwartungsgemaess rein gar nichts genuetzt hatte. Waehrend einem kurzen Test heute ist die Kette in kuerzester Zeit gleich drei mal rausgeflogen. Jetzt habe ich den gesamten Zahnradkranz wechseln und eine neue Kette montieren lassen, womit auch dieser Aerger aus der Welt geschaft sein sollte. An alle Ciclistas, die in San Pedro einen Mech suchen: an der Avenida de Incas liegt die Velowerkstatt "BRUNA", dort wird einem kompetent und guenstig geholfen.


PS: Viel Glueck an alle Weinbergschnecken und -turbos an der Sola-Stafette am Samstag!

Donnerstag, 29. April 2010

Andines Hochland

Krass, wo man überall Internetanschluss hat. Wir sind hier in Susques, einem kleinen Dorf aus roten Lehmhäusern auf über 3'600 Metern Höhe. Um hierher zu kommen mussten wir die Questa de Lipan, einen 4'190 Meter hohen Pass überqueren.

Wir sind von Jujuy in einem Tag ca. 65 km und etwa 1'000 Höhenmeter nach Purmamarca gefahren. Mit Rückenwind und flachen Steigungen war das kein Problem. Kurz vor Mittag kamen wir durch Leon, einem winzigen Dorf, gerademal gross genug, um auf der Karte verzeichnet zu sein. Dort war offensichtlich eine Laufveranstaltung im Gange. Von einem der Läufer erfuhren wir, dass dort jeden Sonntag ein Lauf stattfindet und das halbe Dorf mitläuft! Unglaublich, Leon, das Läuferparadies von Argentinien!

In einem kleinen Campingplatz in Purmamarca (ca. 2'300 m) trafen wir zwei holländische Radfahrer, was immer gut ist für interessante Gespräche. Am nächsten Morgen stieg die Strasse dann ernsthaft an und wir schaften gerade noch 26 km, was über 1'300 Höhenmetern entsprach. Mit dem heftigen Gegenwind, der am Nachmittag aufkam, und dem vielen Wasser, das wir mitschleppen mussten, war das nicht mehr gerade unterhaltsam. Am folgenden Tag warteten immer noch über 500 Meter Steigung, selbstverständlich mit dem üblichen Gegenwind, auf uns. Vom Pass aus ging es dann, immer noch gegen den Wind kämpfend, auf ca. 3'400 m hinunter, wo wir schon um ca. 16 Uhr ausbremst wurden. Netterweise durften wir im Ziegen- und Schafgehege eines älteren Bauern zelten, wo es weniger windig war als in der offenen Ebene der Salinas Grandes. Dieses "Gehege" war windgeschützt, da es aus Mauern aus einer Art Blöcken aus getrocknetem Tierkot gestand. Der Staub aus diesem Material war speziell nervig, da er leicht und faserig war, überal hingeblasen wurde und dort steckenblieb. Die Übernachtung haben wir mit ein paar Voltaren-Tabletten "bezahlt". Ich hoffe, sie helfen dem Herrn gegen seine Rückenschmerzen.

Salinas Grandes


Der nächste Pass, der Mal Paso, war "nur" etwa 3'800 Meter hoch, und da wir uns schon auf 3'400 Metern Höhe befanden, konnte das unserer Meinung nach ja nicht mehr so schlimm werden. Schliesslich hatten wir an jenem Morgen sogar leichten Rückenwind. Allerdings mussten wir erst durch die weite Fläche der Salinas, was sich bis zu den nächsten Bergen als rund 45 km herausstellte. Bis dahin war Nachmittag und der Gegenwind hatte nur auf uns gewartet. Und Nomen est Omen, dieser Pass war wirklich oberfies. Drei Mal dachten wir, dass wir nun oben sein müssten, bis wir nach der vierten Steigung, schon am späteren Nachmittag, endgültig nach Susques runtersausen konnten.

Hochtal von Susques


In diesen Höhen stellen sich uns, abgesehen von den steilen Strassen, noch andere Probleme. Am ersten Tag nach Purmamarca hatte ich ab Mittag Kopfschmerzen und Martinas Erkältung war die kalte, trockene Luft auch nicht gerade zuträglich. Ich trank so viel Wasser, dass am ersten Tag schon die Hälfte meiner Ration weg war. Wir machten uns mit der Idee vertraut, Autofahrer um Wasser zu bitten, als wir zu unserem Glück gleich an zwei Orten Wasser fanden, das direkt aus dem Berg, bzw. aus einer Röhre aus dem Berg kam. Und da wir ab den Salinas die 75 km bis Susques in einem Tag schaften, hatten wir keinerlei Wasserprobleme mehr.

Ganz so unerwartet kamen diese Wasserfunde allerdings nicht. Die Landschaft ist zwar trocken, es wachsen nur noch Kakteen und kleine Büsche, aber es leben hier überall Menschen, die auch eine Art Landwirtschaft und Viehzucht (Esel, Ziegen, Schafe und Lamas) betreiben. Die grünen Flecken sieht man in den braun-gelblichen Tälern schon von weitem, die braunen Lehmhäuser sind meist gut getarnt. Auf dem Weg den Pass hinauf sahen wir mehrere Höfe, auch in weit entfernten, unzugänglichen Seitentälern, auf dem Runterweg auch mindestens einen und unten im Tal ist die Bevölkerungsdichte geradezu hoch. Konkret heisst das bei den Salinas gibt es ein kleines Dorf, sonst steht mindestens alle paar Dutzend Kilometer ein Haus. Woher die ihr Wasser nehmen, war uns in den meisten Fällen jedoch ein Rätsel.

Unsere erste Lamaherde sahen wir einige Kilometer nach den Salinas. Erst war uns nicht ganz klar, ob das wilde Lamas sind oder ob die jemandem gehören. Dann sahen wir aber, dass ein paar der Tiere mit farbigen Fäden an den Ohren markiert waren, was hier auf der Foto allerdings nicht erkennbar ist.


Die Landschaft war natürlich auch wieder einmal überwältigend. Als wir unsere ersten Kakteen sahen, zückten wir alle die Kameras, inzwischen ist der Anblick normal.



Die Berge mit ihren vielen Farben hier sind auch sehenswert. Schon vor Purmamarca glaubte man, jemand hätte die Felsen angemalt. Verschiedene Rot- und Orangewtöne, gelb, grün, violett, alles ist vertreten. In Purmamarca selber steht dieser Felsen, der Siete Colores, sieben Farben, heisst. Dort sind auf kleinstem Raum alle diese Farben vertreten, der das kleine Dorf zur Touristen-Attraktion macht.



Aber diese Hochebenen mit ihren unendlichen Weiten sind auch sonst unglaublich. Die Ebene der Salinas z.B. ist völlig platt, ohne die geringste Erhebung. Der Mal Paso ist eigentlich auch eine Art Ebene, aber hügelig und von Schluchten durchzogen, darum auch das elende Auf und Ab um auf die andere Seite zu gelangen.

Gewisse Leute sind ja schon beeindruckt, wenn sie sehen, wie sich Schweizer Pass-Strassen die Berge hinaufwinden. Glaubt mir Leute, das ist gar nichts im Vergleich zu hier. Wo die hier ihre Strasse durchbauen, ist schlicht nicht vorstellbar. Wie es sich anfühlt, dort hinaufzuradeln, allerdings auch nicht.

Dieser Ausschnitt hier ist nur ein kleiner Teil der gesamten Steigung.

Samstag, 24. April 2010

San Salvador de Jujuy

Wir sind gestern Abend tatsächlich mit nur etwas mehr als einer halben Stunde Verspätung, pünktlich also, in Jujuy angekommen. Auch unsere Velos seien hier, allerdings nicht im Terminal de Omnibuses, sondern in einem Frachtraum etwa fünf Minuten von dort entfernt. Ein Mitarbeiter von Andesmar, unserem Busunternehmen, brachte uns netterweise gleich dorthin. In leichtem Regen bauten wir unsere Velos zusammen. Fluchend stellten Flo und ich fest, dass wir unsere Pedalen nicht dabei hatten, die befanden sich im Rest des Gepäcks, das wir im Busterminal eingestellt hatten, in Flos Fall auch die Achse des Vorderrades. Schon mal gut. Irgendwann stellte Flo fest, dass an seiner Gabel irgendwas verbogen war, jedenfall brachte er das Rad nicht rein.

Das Taxi, das ein hilfsbereiter Kioskbesitzer für uns gerufen hatte, war denn auch viel zu klein, um ein Velo zu transportieren und der versprochene Kollege mit einem grösseren Wagen tauchte nie auf. Also stiessen respektive trugen wir die Velos in Richtung des Busterminals in der Hoffnung, unterwegs eine Bicicletería zu finden, was auch klappte. Flo und der Mechaniker bastelten dort ziemlich lange am Velo herum. Martina fuhr inzwischen zum Terminal um die Achse und die Pedalen zu holen. Bis Flos Velo wieder in fahrtüchtigen Zustand war, war es längst dunkel und ein Licht hatte natürlich niemand dabei, da wir nicht mit einer solchen Verspätung gerechnet hatten. Bei der Turi-Info beim Busterminal erhielt ich einen Stadtplan und so fanden wir auch in der Dunkelheit das schon vorher ausgewählte Hostal.

Heute wanderten wir etwas durch die Stadt um die üblichen Einkäufe zu tätigen. Jujuy scheit wieder extrem Indígena-Land zu sein, als Weisse fühlen wir uns hier (wie schon gestern im Bus) etwas fehl am Platz. Hier hat es auch viele Stände an der Strasse, wo man allerlei, z.B. kopierte CDs und DVDs, kaufen kann, aber auch Märkte mit Früchten und Gemüse. Wir besorgten uns auch die obligatorischen Coca-Blätter, schliesslich haben wir vor, demnächst in höhere Gefilde vorzustossen. Heute fand auch eine Demonstration statt, mit Trommeln, Pauken und Sirenen. Ich habe einen Teilnehmer gefragt worum es denn ginge, habe von seiner Antwort aber leider kein Wort verstanden. Hier im Hostal wurde mir eben gesagt, dass es fast jeden Tag irgend eine Demo gäbe, das sei völlig normal.

Viele verschiedene Kartoffeln aus Bolivien


Heute findet in Jujuy das Lateinamerikanische Festival der freien Installation von Software statt, Eintritt frei. Eigentlich müsste man hier gehen, einfach um zu sehen, was da abgeht.



Morgen wird unsere Velotour nun endgültig ernst. Wir starten in Richtung Chile via Paso de Jama. Der höchste Punkt dieses Passes, der eigentlich aus mehreren Pässen besteht, liegt auf ca. 4'800 m. Immerhin wird das wohl als Akklimatisierung für das Altiplano taugen.

Sonntag, 18. April 2010

Ausflug zum Mars??

Da wir an einem Sonntag in Chos Malal angekommen waren, und die Laeden in dieser Region an Sonntagen geschlossen sind, mussten wir am Montag Morgen erst mal einkaufen und konnten daher erst nach dem Mittag starten. Super Timing, denn uns erwartete einmal wieder eine fette Steigung, und das in der grössten Mittagshitze (mit Rückenwind!!!). Bei der Información Turistica wurde uns gesagt, die Strasse steige nördlich von Chos Malal auf über 2000 m an. Wie hoch Chos Malal liegt, wissen wir mangels funktionierendem GPS leider nicht. Jedenfalls waren wir am Abend noch nicht oben, aber wir fanden ein hübsches Camp auf einer Pferdeweide. In dieser Nacht war der Himmel wieder glasklar und wunderschön. Das ist zwar eigentlich sehr oft so, manchmal muss es aber wieder erwähnt werden, so faszinierend ist das.



Am nächsten Morgen war es einmal mehr saukalt. Obwohl es bergauf ging, packten wir uns ein und hofften auf die Sonne, die natuerlich gerade an jenem Tag von Wolken verdeckt war. Nach einer Weile, wir waren gerade so knapp aufgewärmt, erreichten wir die Passhoehe und konnten auf der anderen Seite runterfetzen. Brrrr frier, das war gar nicht gemütlich! Landschaftlich hingegen wurde es immer interessanter. Da war z.B. ein kleiner Salar, unser erster Salzsee, dem noch weitere folgen werden. Gras gab es immer weniger, der Boden war mehrheitlich von ganz kleinen Bueschen bedeckt, fleckenweise war der Fels völlig kahl. Später glaubten wir uns auf den Mars versetzt, so trocken und vegetationslos war die Region. Mehr oder wengier erodierte Vulkankegel zeugen von der bewegten Vergangenheit dieses Landes. Allerdings gab es auch beeindruckende Schluchten, die beweisen, dass es hier durchaus Wasser gibt, aber offensichtlich ist der Herbst dafür die falsche Jahreszeit.

Marslandschaft im Norden der Provinz Neuquén


Während einer kurzen Pause am Nachmittag kamen uns plötzlich ein paar Pferde und ein bepacktes Muli entgegen, gefolgt von einer riesigen Ziegenherde und drei Gauchos, der örtliche "Alpabzug" im Herbst. Interessanterweise kamen die Ziegen über eine senkrechte Felswand auf die Strasse hinab, das sah doch eher kamikazenhaft aus.

Gauchos mit Ziegen


Am Nachmittag schien zwar die Sonne, es blieb aber extrem kalt. Kurz vor der nächsten Ortschaft, Buta Ranquil, wies ein Schild auf Termas, heisse Quellen, hin. Sofort hin! Wie sich auf Nachfrage aber leider herausstellte, gibt es dort nur im Winter heisses Wasser, im Sommer ist es kalt. Also absolut pointless. Enttäuscht sind wir umgekehrt und haben unsere Zelte auf dem verlassenen und verwarlosten Camping Municipal von Buta Ranquil aufgestellt. Immerhin gab es fliessend Wasser.

Der nächste Tag war sonniger aber genauso kalt wie der vorherige. Fazl fand das gar nicht witzig und beschloss schon in Barrancas, einem kleinen Dorf, welches wir gegen Mittag erreichten, den Bus nach Mendoza zu nehmen, anstatt bis nach Malargüe weiterzufahren. Nach einem Mittagessen auf der Plaza verabschieden wir uns vorübergehend von ihm und Martina.

Fazl und Martina auf der Plaza in Barrancas


Nach einer kurzen Abfahrt erreichen wir die Grenze zur Provinz Mendoza. Mit Polizeiposten und Passkontrolle, wie sich das für eine Grenze gehört. Das ist nun schon das vierte Mal, dass wir von der Polizei kontrolliert werden. Machmal schreiben die sogar die Passnummern auf, wie z.B. vor Chos Malal oder nach El Calafate. Oft werden wir auch nur durchgewunken. Keine Ahnung, wozu diese Checkpoints gut sind, "damit man weiss, wer wo ist", wie uns das von einem Polizisten erklärt wurde.

Wieder eine Steigung. Inzwischen war es windstill und ganz schon heiss geworden. Die Vulkanhügel waren zwar nichts ausserordentliches mehr, schön und wert, fotografiert zu werden, waren sie allemal.

Vulkanische Landschaft, inzwischen in der Provinz Mendoza


Ein paar Stunden und Steigungen später fuhren wir in den winzigen Ort Ranquil Norte ein. Da man uns schon früher gesagt hatte, dass es da nichts, auch kein Campingplatz gibt, versuchten wir die übliche Taktik, die Polizisten nach einem legalen Camp zu befragen. Leider war wieder mal keiner da. Zu unserer Überaschung gab es aber in diesem Käffli ein Touristenbüro, wo uns ganz freundlich erklärt wurde, dass es sehr wohl ein Campingplatz gibt. Zwar ohne Baños, d.h. WCs und Duschen, dafür mit fliessend Wasser und Licht während der ganzen Nacht. Wer kann bei so einer Festbeleuchtung noch schlafen?!?

Als wir am Morgen unsere Wasserflaschen füllen wollten, kam leider kein Tropfen mehr. Wir fragten bei einem Haus nach Wasse und erfuhren, dass eine Leitung gebrochen war und das ganze Dort kein Wasser hatte. Die alte Dame hatte aber ein paar Krüge gefüllt und gab uns je eine Bidonfüllung. Hoffentlich hatte sie für sich selbst genug bis die Leitung geflickt war! Seit diesem Tag füllen wir jeweils abends alle Flaschen, das war jetzt immerhin schon das zweite Mal in kurzer Zeit, dass am Morgen eine Leitung kaputt war (das erste Mal in Las Lajas).

Am nächsten Tag war die Landschaft wieder für Überraschungen gut. Erst fährt man in wüstenähnlicher Region den Berg rauf, dann geht es runter und plötzlich liegen da zwei Seen. Ganz schön unerwartet. Etwa einen Kilometer danach dann die zweite Überraschung, unser erster Platten. In Flos Hinterrad steckte ein fieser Dorn. Also halten, alles abladen und Schlauch wechseln. Nach 40 Minuten ware wir wieder auf Achse und schon bald war die schöne Asphaltstrasse fertig und wir kämpfen wieder mit Kies und Sand. Wenigstens hügelabwärts.

Um den Strassenzustand hier noch genauer zu beschreiben: Hier war die Strasse einmal asphaltiert worden und dann elegant vor die Hunde gegangen, d.h. absolut nie unterhalten worden. Teilweise existiert die Asphaltdecke noch, befindet sich jedoch in fortgeschrittenem Zustand der Zerbrösmelung und Auflösung. Zusätzlich hat der Wind das Ganze mit Sand überdeckt, streckenweise sieht es aus, als habe ein Lastwagen voll Staub seine Ladung auf der Strasse verteilt. Um euch zu zeigen, wie tief die durchschnittliche Sandschicht ist, hat Flo die Strasse mit ein paar Fusspuren verziert.

Die Ruta 40, hier eine üble Sandpiste


An jenem Nachmittag überholten uns viele auffallend bunt markierte Autos, die aussahen, als gehörten sie zu einer Art Rennen. Besonders eilig schienen sie es allerdings nicht zu haben, die meisten fuhren recht rücksichtsvoll und einer filmte uns im Vorbeifahren sogar. Ein Wagen hielt an und wir schwatzen eine Weile. Sie waren tatsächlich Teil eines Raids, dem "Desafío Ruta 40", einem Rennen von Rio Grande nach Jujuy, alles der Ruta 40 nach, so um die 5'000 km. Meistens fahren sie aber auf Nebenstrassen, da man auf einer öffentlichen Strasse ja keine Rennen fahren kann. Im Moment waren sie auf dem Weg nach Malargüe, nicht renn-mässig. Sie hielten noch ein weiteres Fahrzeug an, das Getränke dabeihatte. Ich habe gar nicht gewusst, dass Gatorade so gut schmeckt:-) Wir erhielten auch noch ein Bischen kaltes Wasser, was wir natürlich dankend annahmen. Das einzige Wasser, das wir seit dem Morgen hatten, stammte vom Rio Grande und war nicht eben toll und im Moment weit weg.

Rio Grande


An jenem Abend campten wir in einem trockenen Flussbett, dessen Boden fast so hart wie Beton war. Wir waren umringt von Dornbüschen mit bis zu 10 cm langen Mörderstacheln. Krasse Typen, zum Glück war für unsere Velos genug Platz zum ausweichen vorhanden.

Am Morgen war fertig lustig, wir hatten unseren treusten Begleiter wieder, den Gegenwind. Nach zwei Tagen ohne Wind oder sogar mit Rückenwind war das speziell frustrierend. Immerhin war die Strecke mehrheitlich so flach als wäre sie gebügelt. Das Rio Grande-Flusstal war blendend grün und von einigen Menschen und zahlreichen Rindern und Ziegen, vielen Pferden und ein paar Eseln bewohnt. Der Tag hätte eigentlich relativ gemütlich werden sollen, der Wind und die aufziehenden, bedrohlichen Wolken wussten das jedoch gekonnt zu verhindern. Flo war zwar überzeugt, dass es dort nie regnen würde, wurde aber später am Nachmittag eines Besseren belehrt. Wir hatten es allerdings schon nach Bardas Blancas geschaft und unser Zelt aufgestellt, als der halbwegs Regen ernst machte.

Der nächste Tag wurde dagegen recht anspruchsvoll. 66 km nach Malargüe, dazwischen eine lange Steigung, natürlich mit Gegenwind. Das ginge ja noch, nach ein paar Kilometern war der Asphalt jedoch wieder einmal zu Sand erodiert, und das meine ich wörtlich. Das Foto vorhin von der sandigen Ruta 40 stammte zwar von zwei Tagen früher, würde aber auch perfekt hierhin passen. Ausser, dass die Strasse hier nicht stellenweise sehr sandig war, sondern teilweise etwas weniger sandig. Das ist im Fall verdammt anstrengend, 20 km durch einen Sandhaufen bergwärts zu pedalen! Und dazu von jedem Autofahrer noch eingepudert zu werden, dass man den Erstickungstod fürchtet und eine Minute lang blind fährt.

Irgendwann waren wir doch oben auf der Cuesta angekommen und kurz darauf gab es da auch wieder so etwas wie Asphaltbelag. Auf der anderen Seite der Bergen war eindeutig keine Wüste mehr. Grüne Büsche, sogar Gras, natürlich noch mit den obligaten Vulkankegeln. Und zack! Plötzlich ist man unten in der Ebene und das Land ist platt so weit das Auge reicht. Die letzten 20 km nach Malargüe fühlten sich an wie auf einer Zielgeraden.

Nochmals Ruta 40, auf dem Weg nach Malargüe


Diese "Stadt" ist überraschend interessant. Da ist erst mal das günstigste Camping Municipal, das wir bisher gesehen haben. Und da wird permanent geputzt, Laub gerechelt und aufgeräumt. Dann gibt es hier ein Observatorio, in dem irgendwelche kosmische Strahlen erforscht werden und ein Planetario, in dem interessante Filme und Sternenhimmel gezeigt und Führungen angeboten werden. Es gibt ein lokales Museum, wo auch Saurierfunde der Gegend gezeigt werden. Es gibt eine ganze Broschüre über diesen Turismo Científico, den man in einer so kleinen, eher ländlichen Stadt nicht erwarten würde.

Leider gibt es hier noch viele unbebaute Grundstücke, die einfach blosse Erden-, bzw. Sandflächen sind. Kombiniert mit heftigem Herbstwind gibt das regelrechte Sand- und Blätterstürme, die man, endlich frisch geduscht und sauber angezogen, nicht so wirklich zu schätzen weiss.

Heute Nachmittag nehmen wir einen Bus nach Mendoza, wo wir Martina und Fazl treffen werden. Gemäss Martinas letzter Information hat die Stadt momentan wegen einer Quecksilberkontamination kein Wasser. Kann ja toll werden...

Montag, 12. April 2010

Deutsche Gastfreundschaft in Chile

Im Parque Nacional Torres del Paine hatten wir drei Deutsche Motorradfahrer getroffen und eine Einladung nach Villarrica erhalten. Damals schien das noch weit weg und wir wussten nicht, ob wir auch nur in die Naehe dieser Region kommen wuerden. Sind wir dann aber und wir haben auch Ulis Einladung angenommen und von Elkes Kochkuensten profitiert, von denen wir schon so weit unten im Sueden gehoert hatten. Wir verbrachten zwei entspannte und interessante Tage bei den beiden und tauschten Reisestories aus und studierten Karten fuer weitere Reisetipps. Uli und Elke: Nochmals ganz vielen herzlichen Dank fuer Eure Gastfreundschaft!

In Villarrica trafen wir wie verabredet Martina und Fazl, ein Schweiz-Pakistani Radlerpaar. Fazl hatte festgestellt, dass er Velofahren doch nicht so toll findet wie erwartet und wird Ende April wieder nach Hause fliegen. Martina steht nun vor der Frage, ob sie mit dem Bus alleine weiterreisen oder sich uns anschliessen moechte. Wir sind nun so eine Art am Probefahren.

Landschaftlich war die Strecke nach Villarrica nicht umwerfend, wir wurden auf der ueblichen Kiesstrasse gehoerig eingepudert. Am Abend fanden wir ein Fussballfeld mit einer Art Clubhaus, wo wir uebernachten durften. Cool. Am naechsten Tag genossen wir noch mehr Schotterstrasse, abends fanden wir kein Clubhaus, dafuer jede Menge reifer Brombeeren. Auch cool. Tags darauf sparten wir uns etwa 15-20 km und etliche Hoehenmeter als wir einen Ride angeboten bekamen und annahmen. So konnten wir die Landschaft, die wieder bergiger wurde, und die Araukarienwaelder so richtig geniessen. Am Morgen darauf erwartete uns noch eine heftige Steigung, diesmal aber asphaltiert. Der Pass war der Rueckweg nach Argentinien.

Diese Grenzuebertritte sind immer wieder interessant. Erstmal war der schone Asphaltbelag bei der Grenze schlagartig fertig, auf argentinischer Seite war nur noch Ripio, mies wie immer. Das Chile sehr restriktive Regeln hat, was die Einfuhr von Lebensmitteln betrifft, wussten wir ja, aber dass Argentinien auch "so drauf ist", war uns nicht bewusst. Wir kamen gerade mit unseren gestempelten Paessen aus dem Gebaeude als ein Grenzbeamter begann, Fazl "auseinanderzunehmen". Danach kam Martina dran, dann Flo und ich. Unsere Zwiebel, die ich in Chile erst gerade gekauft hatte, wurde konfisziert, den Honig durften wir freundlicherweise dort noch essen. So genau, wie dieser Beamte jedoch Jacken- und Lenkertaschen durchsuchte, war der nicht nur auf der Suche nach illegalen Fruechten und Gemuesen. Sehen wir denn aus wie Drogenschmuggler?!?

Etwas interessantes beim Grenzposten: Araukarien, die direkt auf Fels wachsen.


Die lang ersehnte rasante Abfahrt auf der anderen Seite des Passes wurde erst mal ein ziemlicher Murks. Vor dem Zoll wegen der bloeden Strasse, danach wegen dem bloeden Wind. Das war auf diesem Chiletrip krass, ganz egal, in welche Richtung wir fuhren, wir hatten immer Gegenwind. Und auf schlechten Schotter- oder steilen Passstrassen ist das gar nicht mehr spassig. Auch bergabwaerts war das frustrierend, vor allem, da die momentane Windrichtung eine Ausnahme war, was an der "Blickrichtung" der Grassbueschel klar zu erkennen war.

Wir schafften es an diesem Abend doch noch nach Las Lajas, einem kleinen Kaff mitten in der Pampa. Dort fanden wir eines der schoensten und saubersten Campings von ganz Argentinien und erst noch extrem guenstig. Die Leute dort waren supernett und die Empanadas saugut. Einziger Nachteil, irgendwelche Wuermer liessen einen klebrigen Saft von den Baeumen tropfen, dass wir am naechsten Morgen erst mal die Zelte waschen und umpflanzen mussten.

Fuer einmal hatten wir Glueck, was das Timing betraff. An jenem Wochenende fand in Las Lajas eine Fiesta statt, organisiert von der Agrupación Gaucha El Pegual, der oertlichen Gaucho-Vereinigung. Am Freitag standen Umzug durchs Dorf und Festreden auf dem Programm. Dieses Fest scheint in der Region recht wichtig zu sein, jedenfalls nahmen auch Gauchos aus anderen Provinzen teil, beim Umzug haeufig mit ihren Kindern mit auf dem Pferd. Die Wettkaempfe haben wir leider verpasst, da wir am Samstag weiter mussten.



Nach Las Lajas war wieder Pampa angesagt, teilweise schon fast eher Wueste. Zum Glueck gab es da noch ein paar Huegel und Berge runderum, das gab der Landschaft etwas Strucktur. Gruen war bald nur noch im fast ausgetrockneten Flusstal zu sehen, ein paar Meter weiter war alles braun. Kaum zu glauben, dass dort noch Menschen leben, ist aber so. An einigen Stellen fuehrten "Wege" von der Strasse weg zu Estancias, die trotzt der grossen Entfernung einfach zu erkennen sind. Bei Haeusern werden Papeln und andere Baeume gepflanzt, das sieht man in der Pampa von Weitem.



Die angekuendigten ca. 72 km bis zum naechsten Dorf, Chorriaca, dehnten sich schliesslich zu 91 km aus. Distanzangaben sind hier eben genauso relativ wie die Zeit. In Chorriaca angekommen, dauerte es etwa eineinhalb Stunden, bis wir einen Schlafplatz gefunden hatten, der dafuer umso konfortabler war: die Turnhalle. Sonst haetten wir auch vor dem Polizeiposten campen oder in der Zelle schlafen koennen, der Polizist war mega nett und die Abwechslung schien ihm willkommen zu sein. Interessante Details zum kleinen Dorf: Chorriaca ist eine Reserva Indigena, Weisse duerfen dort weder wohnen noch Land kaufen. Fliessend Wasser gibt es nur morgens fuer etwa eine Stunde, in der die Tanks der Haeuser gefuellt werden, dann ist Schluss. Schluss ist auch morgens um ein Uhr, naehmlich mit Strom. Und bis sieben Uhr morgens bleibt es dunkel. Auch gut, dort steht wohl eh keiner frueher auf.

Gestern Nachmittag sind wir in Chos Malal, einem etwas groesseren Dorf angekommen. Der Camping Municipal hier koennte von dem in Las Lajas noch einiges lernen in Sachen Sauberkeit und Freundlichkeit. Und warum jemand auf einem Campingplatz die ganze Nacht volle Beleuchtung braucht, ist uns allen schleierhaft. Heute geht es weiter in Richtung Mendoza.

Ruta 40 in die Unendlichkeit

Samstag, 3. April 2010

Wald, Berge, Seen, Pampa und Vulkane

Also, erst mal vorneweg, viel passiert ist seit Bariloche nicht. Aber landschaftsmaessig sind wir auf der Ruta de siete Lagos, der Strasse der sieben Seen, wieder einmal voll auf unsere Kosten gekommen. Nach ein paar Stunden Pampa nach Bariloche befanden wir uns fuer drei Tage in bewaldeten Huegel bzw. Bergen mit jeder Menge Seen. Die auf der Karte eingezeichneten Campingplaetze stimmten zwar nicht immer genau mit deren realen Lage ueberein, aber das war auch schon unser groesstes Problem:-)



Als wir an einem dieser Seen zu Mittag assen, kamen auch Marlis und Matthias an, ein Schweizer Radlerpaar, die wir im Nationalpark Torres del Paine kurz getroffen hatten. Wir fuhren an diesem Tag gemeinsam weiter und campten auch am selben "Campingplatz". Flo und ich brachen am naechsten Morgen frueher auf, trafen uns aber abends in San Martín wieder. Dort trennten sich unsere Wege fuer's Erste wieder. Da unsere groben Routen aber aehnlich sind, ist es gut moeglich, dass wir uns nochmals begegnen werden.

Wir verliessen San Martín de los Andes in stroemenden Regen. Nach ein einigen Stunden war aber alles wieder trocken und wir konnten eine gemuetliche Mittagspause einlegen. Fuer Unterhaltung war dort auch gesorgt. Es krabelten da ein paar Blattschneider-Ameisen rum, die versuchten, kleine Blaettlein in ihr Nest zu tragen. Leider schafften das nur ganz wenige, da es wieder einmal stark windete und die Ameisen immer wieder meterweise zurueck blies. Koennen Ameisen frustriert sein?

Wir packen alles wieder ruckzuck zusammen, da es wieder zu regnen begann. Und es regnete immer noch als wir in Junín de los Andes ankamen. Das Kaff wirkte extrem trostlos im Regen und vor allem, da wir das Centro erst nicht finden konnten. Schliesslich hatten wir doch noch Glueck und fanden sogar einen guenstigen Zeltplatz. Junín ist so eine Art Zentrum des religioesen Turismus der Region und scheint ein Zentrum der Missionierung gewesen zu sein. So jedenfalls habe ich den Spruch auf der Kirche interpretiert. Was mir an der Stadt aufgefallen ist, ist, dass sie vor allem von Indígenas bewohnt wird. So wenige europaeische Gesichter habe ich schon lange nicht mehr gesehen. In der Region gibt es auch drei Mapuche Reservate.

Die Landschaft nach Junín war einmal mehr genial schoen. Ein eher enges Flusstal zwischen trockenen Pampa-artigen Huegel. Rings herum war alles felsig braun mit ein paar wenigen Bueschen, im Talboden um den Fluss leuchteten hellgruene Buesche, Grass und teilweise sogar richtige Baeume. Mit der Zeit oeffnete sich das Tal etwas und die Heugel wurden etwas weicher, der frappierende braun-gruen Kontrast jedoch blieb.



Auch fuer Ornithologen waere die Gegend besuchenswert. Wir sahen vier Kondore am Himmel kreisen, einen ganzen Schwarm schwarzer Geier, Chimangos und diese kleinen braunen Greifvoegel, die es hier ueberal zu Hauf gibt und die Abfallsaecke zerfetzen (die fressen alles, sogar Pilze und Seife). Was wir bisher noch nicht gesehen hatten, war dieser beeindruckende grosse, graubraune Vogel, der wohl ein Adler sein koennte.

Somit waere unser naechstes Vogel-Raetsel eroeffnet: Wie heisst der Greifvogel auf diesem Bild?


Je weiter wir in Richtung Paso Tromen kamen, wo wir nach Chile rueber wollten, umso grauer und bedrohlicher wurde der Himmel. Wir hatten auch einen Deutschen Radfahrer getroffen, der kurz vor dem Pass zwei Tage im Zelt auf die Sonne gewartet hatte, da er keine Lust auf einen verschneiten Passuebergang hatte und schliesslich aus der Region gefluechtet war. Wir konnten nur hoffen, dass der Wetterbericht Recht haben und das Wetter am naechsten Tag besser sein wuerde. Fuer den Moment sah es nicht gut aus, da wo wir hinwollten, sah es Mordor-maessig dunkel aus. Zu allem Uebel kaempften wir seit Stunden gegen einen fiesen, sehr boehigen Wind an, der uns unbedingt davon abhalten wollte, an jenem Tag den Pass zu erreichen.

Wir wurden zwar nass an diesem Nachmittag, am Abend machte Flo aber schon wieder Fotos mit blauem Himmel im Hintergrund. Diese Baeume sind Araukarien, anscheinend eine uralte Spezies auf dem Entwicklungsstand von Baeumen vor 250 Mio. Jahren. Viele davon gibt es nicht mehr und der Araukarienwald dort ist eine Turistenattraktion. Selbstverstaendlich ist es verboten, die grossen, essbaren Samen mitzunehmen.



A propos essen, da hatten wir doch in San Martín endlich einmal in einer richtigen Chocolatería Artesanal Schokolade gekauft, die auch wirklich mega gut war und logischerweise nicht gleich alles gegessen, sondern das meiste davon gespart. Und ich habe mich an jenem Abend im Araukarienwald so richtig auf den Dessert gefreut. Und was teilt mir Flo da mit? Dass er die Schoggi an unserem Mittgspausenplatz vergessen habe!!!!!!!!! Autsch, das habe ich inzwischen (drei Tage spaeter) noch immer nicht ganz verkraftet.

Wegen den Wolken hatten wir ihn am Nachmittag kaum gesehen, am Abend und am Morgen war er dafuer umso schoener. Der Vulkan Lanín, nachdem der ganze Nationalpark benannt ist.



Am Morgen darauf hatten wir ein Problem. Wir hatten noch Trockenfruechte und einen feinen Honig, die wir natuerlich mitnehmen wollten, jedoch nicht nach Chile eingefuehrt werden durften. Wir hatten schon Oregano, Zwiebeln und Knoblauch weggeworfen und die getrockneten Aprikosen und der Honig waren einigermassen teuer gewesen. Da wir aber keine Busse riskieren wollten, deklarierten wir die Sachen und hofften, mit dem Zoellner diskutieren zu koennen. Was aber leider nicht geklappt hat. Der Mann war zwar nett, hat die Aprikosen jedoch weggeworfen und den Honig konfisziert. Flo hat dafuer noch eine Acta de Interceptión erhalten. Juhui:-(

Auf der chilenischen Seite ging's dann wieder einmal absurd steil den Berg runter, alles auf der ueblichen Sand- und Schotterstrasse. Da taten mir bald mal die Haende weh vom Bremsen. Und auf einmal, viel frueher als erwartet, fuhren wir auf ganz neuem Asphalt. Das krasse daran, diese Strasse war etwa so breit wie eine vierspurige Autobahn. So ganz im Sinne von, wenn schon, denn schon. Auf jeden Fall wurde das bergabfahren mit einem Schlag extrem spassig. Irgendwann waren wir natuerlich unten im Tal angekommen und was blieben, waren noch 50 km platt und schnurgeradeaus bis Pucón.

Vulkan Villarrica von Pucón aus.


Hier mal eine kleine Bemerkung zu den Campings libre, den Orten, wo man gratis campen darf. Davon gibt es doch einige, Infrastrukturen gibt es keine aber meistens einen Fluss oder Bach in der Naehe. Die meisten dieser Plaetze sind (oder waeren) schoene Orte fernab von Staedten und anderem Krach, wo man eigentlich die Natur geniessen koennte. Ich sage "koennte", da viele Argentinier und Chilenen anscheinend analphabeten sind und Schilder nicht lesen koennen, die einen dazu auffordern, seinen Abfall wieder mitzunehmen. Es ist widerlich, wie viel Buechsen, Glas- und Petflaschen und sonstige nicht mehr benutzbare Dinge auf diesen Campingplaetzen entsorgt werden (und auch sonst ueberall entlang den Strassen). Auch Feuerverbote werden oft ignoriert, als Konsequenz davon sieht man die quadratkilometerweise abgebrannten Waelder, und das in Nationalpaerken!!!

Freitag, 26. März 2010

Vuriloche, Buriloche, Bariloche

Bevor die Spanier sich hier breitmachten, lebten in dieser Region die Vuriloche, ein indigenes Volk. Entsprechend hiess auch die erste Siedlung der Spanier so. Im Laufe der Zeit hat der Name sich veraendert, wahrscheindlich durch schlecht leserliche Handschriften in offiziellen Dokumenten und schlechten Telefonverbindungen, mit denen die officiellen Namen durchgegeben und aufgeschrieben wurden.

Bekannterweise ist die Stadt heute eine Touristenhochburg, die im Winter absolut ueberlaufen ist von Schneesportlern, und seit ein paar Jahren im Sommer von Backpackern ueberrannt wird. Aber die Region ist nicht nur bei Touristen beliebt, sondern auch bei Einwanderern. Vermutlich ist es kein Zufall, dass die Colonía Suiza hier gleich um die Ecke liegt. Auch Bariloche unterliegt deutlich dem Einfluss von zugewanderten Schweizern. Fondue scheint hier hoch im Kurs zu stehen und die Anzahl Chocolaterías schlaegt sogar die Schweiz um Laengen. Die Hotels tragen Namen wie "Chalet Suisse" und "Gstaad" und auf der Plaza kann man sich mit den "traditionellen" Bernhardiner-Hunden fotografieren lassen, so wie ich mir das vom Jungfraujoch vorstelle.



Lagemaessig ist Bariloche kaum zu toppen. An den Ufern des Lago Nahuel Huapi und umgeben von Cerro Catedral, Cerro Lopez, Cerro Otto und wie sie alle heissen, sind ideale Bedingungen fuer alle moeglichen Sportarten gegeben. Da es ein Sanatorium gibt, muss man annehmen, dass die Lage auch fuer nicht gesunde Menschen von Vorteil ist. Das C.N.E.A, die Comisión Nacional de la Energía Atómico, wo wir dank Flos Beziehungen wohnen, scheint die beste Physiker- und Ingenieurausbildung von ganz Argentinien zu bieten.

Dazu gibt es noch drei Sprachschulen um den lernwilligen unter den Rucksack- und anderen Touris ein Bischen Spanisch beizubringen. Wir haben unsere Vormittage hier bei der "La Montaña" verbracht. Das ist eine sympatische Schule mit Klassen von nicht ueber vier Schuelern, was ich als eine Art Qualitaetsmerkmal sehe. Meine Stunden haben jedenfalls Spass gemacht und auch Flo hat sich positiv geaeussert. Wir werden ja sehen, wie sich sein Spanisch entwickelt...

Centro Atómico de Bariloche


Krass steile Strasse, da muss man schon zickzack fahren.

Donnerstag, 18. März 2010

Colonia Suiza

Wer sagt denn, dass die Schweiz keine Kolonien haette? Hier in Argentinien, etwa 20 km von Bariloche entfernt traegt ein kleines, sehr touristisches Doerflein den Namen Schweizer Kolonie. Wir haben dort eine Nacht auf einem Campingplatz verbracht und sind zum Schluss gekommen, dass die Ortschaft trotzt all den Schweizer Kreuzen nicht sehr schweizerisch ist. Gestern Abend sind wir um ca. 20 Uhr durch das Dorf spaziert, da waren schon alle Geschaefte geschlossen. Gut, das ist vielleicht eher unargentinisch als unschweizerisch. Aber heute Morgen war bis 12 Uhr immer noch voellig tote Hose, dass waere bei uns kaum vorstellbar. Trotzdem, das Kaff ist herzig.



Die Fahrt von Bolson dorthin haben wir auch genossen. Es war zwar etwas huegelig, das war in den Bergen aber naheligend. Wir haben auch endlich das perfekte wilde Camp gefunden, es hatte wirklich keinen Haken, es war alles da, was man sich wuenschen konnte. Weit genug von der Strasse entfernt um einigermassen Ruhe zu haben, Wasser in der Naehe, schoen flache Stelle fuers Zelt, keine Dornen oder Samen, die ueberall kleben bleiben, kein Wind, keine Viecher, die Laerm machen und nicht viele Muecken. Einfach ideal. Die Nacht war so klar, dass wir nach Mitternacht aufstanden und die Sterne bestaunten. Das war ein richtiges Geblinke und Geflackere, man haette meinen koennen, da oben finde eine Party mit Feuerwerk statt. Auch Sternschnuppen haben nicht gefehlt.

Flo schaffte es sogar, das Cruz del Sur, das Kreuz des Suedens zu fotografieren.


In Realitaet hatte es natuerlich viel mehr Sternen, hier sind nur die paar hellsten drauf.

Auf dem Weg nach Bariloche verbrachten wir noch eine Nacht im Nationalpark Nahuel Huapi. Dort haben wir eine "unbepackte" Velotour zu einem beeidruckenden Wasserfall, der Cascade de los Alerces gemacht. Die Strasse war wieder einmal eine Katastrophe, wie immer in Nationalpaerken, die Landschaft dafuer sehenswert.

Andri, was hast Du hier sensationelles geleistet, dass gleich ein See (und ein Berg) nach Dir benannt wurden?



Eine erste Erkundungstour durch Bariloche hat ergeben, dass es hier noch viel mehr Schokoladen- und Suessigkeitenlaeden gibt als in Zuerich. Dass Ostern nicht mehr fern sein kann, beweisen all die wunderschoenen bemalten und verzierten Eier in den Schaufenstern. Ausser den auch bei uns ueblichen Hasen und Huehnern gibt es hier auch Schokoladebaeren, Affen, Koalas, Handys und Fotoaparate. Und alles mit einer bemerkenswerten Liebe zum Detail.



Da sich Flos Spanischkenntnisse nach wie vor in Grenzen halten, haben wir eine Woche Sprachkurs gebucht. D.h. wir bleiben mindestens bis zum 28. Maerz hier. Ob in dieser Woche viel erwaehnenswertes passiert weiss ich nicht. Aber vielleicht gibt es ja irgendwelche Themen betr. unsere Reise, die euch interessieren und wir noch nie erwaehnt haben. Falls dem so ist, koennt ihr gerne einen Kommentar anbringen, dann werde ich einen entsprechenden Text komponieren.