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Sonntag, 29. Januar 2012

Lateinamerika Rückblick

Also erst mal off-topic: Ganz herzliche Gratulation an Renée und Res zur Geburt ihres Sohnes Nick! Schade, dass ich einmal mehr nur mit Fotos vorlieb nehmen muss, aber auch da sieht der Winzling mega schnüsig aus. Ich wünsche den jungen Eltern ganz viel Freude, Geduld, Ausdauer und was man eben alles so braucht in dem Moment und für die nächsten paar Jahre.



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Das Ende steht bevor. Nicht gerade das der ganzen Welt oder zumindest der Reise, aber doch immerhin unseres Aufenthaltes im Spanisch sprechenden Teil Amerikas. Das ist hart. Nicht nur, weil die Medien uns  ein Leben lang ein fieses Bild der USA vermittelt haben, sondern vielmehr weil unsere eignen Erfahrungen in den letzten zwei Jahren die meisten von denselben Medien (und Berichte anderer Velofahrer) vermittelten gemeinen Bilder so vieler Latino-Länder widerlegt haben. Ich weiss gar nicht recht, wo ich beginnen soll und bestimmt ist ein solcher Rückblick etwas unfair gegenüber schon lange verlassenen Ländern in Südamerika, einfach, weil da die Erinnerungen nicht mehr so frisch sind und von so vielen neuen Eindrücken überlagert werden. Aber ich werde mal versuchen, mich an jedes Land und die entsprechenden Vorurteile, so es denn welche gab, einzeln zu erinnern.


VORURTEILE UND REALITÄTEN

Argentinien
Die Argentinier seien sauschlechte Autofahrer, gewisse Strassen damit gefährlich für Ciclistas.

Nun, wir waren in Argentinien zum Glück nie auf so richtig grossen, vielbefahrenen Transitstrecken unterwegs, wo das vielleicht zutrifft. Ich habe die Argentinier jedenfalls nicht als speziell agressive Fahrer erlebt.

Chile
Keine negativen Bilder die es zu widerlegen galt.

Bolivien
Auch hier, hartes Klima auf den Strassen. Dass das Land sehr arm ist, war nicht in dem Sinne ein negatives Bild, sondern schlicht eine Tatsache, die sich auch bestätigt hat.

Auch in Bolivien waren wir nicht extrem viel auf stark befahrenen Strassen unterwegs, die Strecke Potosí - La Paz war jedoch verkehrsmässig relativ harmlos mit Ausnahme der Einzugsbereiche/Zentren der Städte Oruro und La Paz. Martina wurde im Busterminal in La Paz beklaut.

Perú
Die Peruaner seien Gringos gegenüber unfreudlich, werfen Steine/Kartoffel, schreien "Gringo!" und klauen viel.

Die Gringo-Rufe stimmen, je nach Region mehr oder weniger, i.d.R. sind es jedoch die Kinder, meist waren die Rufe auch nicht unfreundlich gemeint. In/um einige Dörfer wurden wir sehr reserviert behandelt, d.h. ignoriert, selbst wenn wir grüssten. Das war aber sehr regional und konnte von Dorf zu Dorf stark varieren. Oft wurden wir auch enthusiastisch von einer Schar Kinder empfangen, Grüsse wurden i.d.R. erwiedert und wir wurden auch von völlig Unbekannten eingeladen, sei es zum Mittagessen, zu einem Teller Suppe oder es wurden uns Früchte geschenkt. In Cusco versuchte eine Gruppe älterer Señoras, mich zu beklauen, hat aber nicht geklappt. Sonst gab es keine Zwischenfälle. Verkehrsmässig war Perú für uns das übelste Land in Lateinamerika, Autofahrer hupen dauernd (was v.a. nervt) und sind absolut rücksichtslos. Auch die Hunde Perús waren die agressivsten überhaupt.

Ecuador
Auch Ecuador sei nicht gerade das sicherste Reiseland, es seien schon Überfälle auf Ciclistas vorgekommen.

Wir fühlten uns in Ecuador so sicher wie überall in Lateinamerika auch. In Quito muss man aber durchaus vorsichtig sein, wie in Cusco locken die vielen Touristen auch viele unehrliche Zeitgenossen an. Martina wurde im Bus nach Otavalo Geld geklaut. Die Hunde sind z.T. so mühsam wie in Perú.

Kolumbien
Uhh, Kolumbien hatte natürlich ein superschlechtes Image, zumindest was die Medien betrifft. Schlagworte: Guerilla, Drogen, Kriminalität. Berichte anderer Velofahrer sprachen jedoch eine ganz andere Sprache, insofern hatte Kolumbien im Gegenteil ziemlich hohe positive Erwartungen zu erfüllen, was z.B. die Freundlichkeit der Leute betrifft.

Im Süden Kolumbiens sind die FARC noch immer aktiv, deshalb hohe Militär- und Polizeipräsenz. Wir haben auf diese Leute gehört und hatten nie irgendwelche Probleme. Die Kolumbianer waren fast ausnahmslos extrem nett und hilfsbereit, ja erfreut über die Anwesenheit von Ausländern/Touristen in ihrem Land. Die hohen Erwartungen hat das Land/die Kolumbianer mit Bravour erfüllt.

Panamá
Keine wirklich negativen Vorurteile. Wir hatten gehört, Panamá sei teuer und sehr amerikanisiert.

Stimmt, in Panama City dominieren amerikanische Laden- und Restaurantketten das Bild, das Land ist teurer als z.B. Kolumbien. Die überaus netten Panameños, insb. die Bomberos haben das aber relativiert, wir konnten sehr oft gratis übernachten.

Costa Rica
Das "offizielle" Vorurteil von Costa Rica ist eigentlich ein sehr gutes. Etwa 25 % des Landes sind Nationalparks, es ist neutral und hat keine Armee. Klingt eigentlich sehr sympathisch.

Das Land ist schweineteuer. Wir haben keinen Nationalpark gesehen, da wir nicht bereit waren, solche Preise zu bezahlen. Wir hatten einen äusserst schlechten Einstieg im Land, Martina wurde in Puerto Limón beklaut, viele Leute dort waren extrem unsympathisch und unfreundlich, die Hotels verhältnismässig bis sehr schlecht für recht hohe Preise. Das hat sich später etwas relativiert, zumindest was die Leute betrifft. Auch viele Ticos sind Touris gegenüber hilfsbereit und aufgeschlossen.

Nicaragua
Was haben wir da erwartet? In den Medien existiert das Land kaum, Ciclistas meinten es sei arm und darum günstig, die Leute seien freundlich.

Nicaragua ist sicher arm, im Gegensatz zu Bolivien oder Perú trotzdem nicht sonderlich günstig. Die Leute sind sicher nett, die Männer aber so aufdringlich/primitiv, dass sie unser insgesamt gutes Bild von Nicaragua ziemlich beeinträchtigt haben.

Honduras
Wird in den Medien auch kaum erwähnt. Weibliche Ciclistas fanden schon, die Männer seien nervig, wohl etwa so, wie wir die Nicas empfunden haben.

Zwei Tage in Honduras war zu wenig, um eine Aussage zu machen. Am ersten Tag kam kaum ein blöder (männlicher) Spruch, besoffene Typen in Städten sind aber auch in Honduras nicht unser Ding.

El Salvador
El Salvador wird oft als gefährlich bezeichnet, viele Gangs (Maras), Drogenkriminalität, insgesamt eher instabil und mit brutaler Bürgerkriegsvergangenheit.

Yep, vor fast jedem Laden, bei jeder Tankstelle etc. steht ein Bewaffneter mit Pump-Gun. Vermutlich nicht aus Jux, wir fühlten uns aber sicher, wurden auch nie bedroht oder dumm angemacht. Die Männer sind höflicher als in Nicaragua. Wir haben uns aber kaum in grösseren Städten aufgehalten, gerade in San Salvador  gibt es bestimmt nicht empfehlenswerte Quartiere.

Guatemala
Soll auch gefährlich sein, v.a. wegen wegen organisierten Drogenbanden und der üblichen Kriminalität und Instabilität in einem Land mit langer Bürgerkriegsvergangenheit.

Hohe Polizeipräsenz in den Städten. Auf Nebenstrassen wurden wir von Einheimischen öfters gewarnt, die Region sei nicht sicher, passiert ist nie etwas. Die Leute sind oft eher zurückhaltend (Indígena), wenn wir aber gefragt haben, wurde uns immer geholfen (z.B. Übernachtung bei Kirchen, wenn es keine Unterkünfte gab).

Belize
Ich hatte kaum ein Bild von Belize, in unseren Medien spielt das Ländli keine Rolle.

Belize war ein Preisschock nach Guatemala, betr. Sicherheit waren wir aber nie besorgt. Wie wir später hörten, ist das Land aber durchaus nicht sicherer als der Rest von Lateinamerika, was aber schliesslich auch nie jemand behauptet hat.

Mexiko
Drogenkrieg in Mexiko!!!!!! Lastwagen voller Toten gefunden, Polizeichef ermordet!!!!!! Schiesserei hier, Massaker da!!!!!!!!! Mexikaner sind die schlimmsten Autofahrer überhaupt und dazu erst noch elende Obermachos. Zwei Frauen "allein" in Mexiko muss also fast Selbstmord gleichkommen!!!

Unsere Familien hatten ihrer Sorge über unseren Aufenthalt in Mexiko durchaus Ausdruck verliehen und wir behaupten auch nicht, die Sicherheit hier nicht ernst genommen zu haben. Die Polizeipräsenz ist hier auch hoch, in gewissen Gegenden sogar extrem hoch. Polizei- und Militär-Pick-ups haben festinstallierte Maschinengewehre auf den Ladenflächen, die immer bemannt sind und schussbereit aussehen, bei Strassenkontrollen stehen auch mal Radpanzer herum. Wir wurden mehr als einmal von Polizisten oder Privatpersonen darauf aufmerksam gemacht, dass wir uns in nicht sicherer Gegend aufhalten und doch bitte aufpassen sollten. Wir haben solche Warnungen nie ausser Acht gelassen, viel mehr als weiterfahren konnten wir aber eh nicht machen. Es hat uns in fast sechs Monaten in Mexiko nie jemand bedroht, niemand hat auch nur versucht, uns zu beklauen! Die Leute sind nett und hilfsbereit, zwei Chicas gegenüber sowieso. Dank den Cuotas ("Zahlstrassen") mit breiten Seitenstreifen hatten wir auf den Strassen i.d.R. keine Probleme, auch auf den normalen, engen Strassen wurde es selten kritisch (ausser auf der Baja California). Abgesehen von zwei eher speziellen Fällen waren auch die Männer i.d.R. durchaus in Ordnung.

Insgesamt lässt sich also mit supergutem Gewissen sagen, dass Lateinamerika, wenn mit etwas gesundem Menschenverstand bereist, bei weitem weniger gefährlich ist als gerne behauptet wird. Wie viel Glück da im Spiel war, können wir natürlich nicht so genau sagen, da wir aber auch von anderen Ciclistas selten (nicht nie!) negative Sachen hörten, nehmen wir an, dass positive Erfahrungen der Alltag, Negatives die Ausnahme sind. Viele Leute fragen uns auch, welches unser Lieblingsland war. Auf diese Frage gibt es schlicht keine Antwort, zu unterschiedlich sind Länder und Leute. Da es aber in fast jedem Land Highlights gab, mache ich nochmals eine Liste mit dem, was mir persönlich jeweils am besten gefallen hat.


HIGHLIGHTS ZWISCHEN USHUAIA UND TIJUANA

Argentinien
Parque Nacional los Glaciares: Gletscher Perito Moreno und Gegend um El Chaltén (Fitzroy und Cerro Torre). Paso Jama.


Chile
Carretera Austral.


Bolivien
Lagunen Route.


Perú
Machu Picchu, Trekking in den Cordilleras Blanca und Huayhuash. Casa de Ciclistas in Trujillo.


Ecuador
Cuenca, Teilnahme am Huaira Sinchi, Casa de Ciclistas in Tumbaco.


Kolumbien
Die Kolumbianer als extrem gastfreundliches, offenes und hilfsbereites Volk. Hier etwas zu verlinken würde wohl nicht viel bringen, da das vermutlich sämtliche Kolumbien-Posts betreffen würde.


Panamá
Panama-Kanal, Inseln Bocas del Toro.


Costa Rica
Intakte Natur und wilde Tiere.



Nicaragua
Cañon de Somoto.


El Salvador
Die Pazifikküste mit ihren Megawellen.


Guatemala
Lago Atitlan, Tikal.


Mexiko
Cenotes, Chichén Itzá, Palenque, Landschaft zwischen Durango und Mazatlán, Baja California.



Der Grenzübertritt in die USA steht nun unmittelbar bevor. Für uns, wie ihr vermutlich schon erraten habt, einen viel grösseren emotionalen Schritt als der Wechsel von Süd- nach Mittelamerika. Das war mehr geographisch gewesen, aber alles in allem hat sich zwischen Kolumbien und Panama nicht so viel geändert. Jetzt wird ALLES anders werden, und beginnen wird das mit dem Durchschlupf durch den Tortillavorhang. In Lateinamerika waren Grenzübertritte meist eine kurze und unkomplizierte Sache gewesen, aber von Mexiko nach Gringolandia? Sollte das alles etwas skeptisch klingen, wir bemühen uns um eine offene Einstellung und sind bereit, uns von den Amis überzeugen zu lassen, dass auch in ihrem Fall die Vorurteile nicht gerechtfertigt waren. Aber vorerst mal: Adios amigo/as, adios Latino America, que les vaya bien!

Montag, 4. Juli 2011

English Summary No. 9

Hi folks, I know these English texts are getting rare, it's just that they take so much time that I think I will have to cut them a bit shorter.

After leaving Cali we cycled up North towards Medellin where we were invited to stay with friends. After two days on flat roads we reached the Zona Cafetera and we were back in the hills. (The bomberos in Buga were very helpfull and even gave us a bedroom with private bath. The ones in Cartago couldn't/didn't want to take us in.) After several hot days in beautiful countryside we reached la Pintada where the last long climb up to Las Minas began. We also stayed in Sta Barbara which is a bit more than halfway up the mountain.

After some ten days in Medellín we were happy to be on the road again. Somehow, Colombian hospitality seemed to be too much for us. One and a half years of travelling made us feel like we were up to surviving by our own and being treated like little children made us want to escape back to freedom. Another big mountain was waiting for us just a few kilometers after Medellín. It would have been nice and cool there, with rain  in the afternoon it was rather cold and annoying. We found a cheap room in Don Matías after a long and steady climb. The next day was full of long and short ups and downs together with some rain until Yarumal, where bomberos don't have room for cyclists. Another day was rather eventless. More ups and downs until La Ventana, then a long and fantastic descent down to the river Cauca where we felt we were getting boiled. It was just brutaly hot. From now on it was going to be flat with only very few hills for a long time.

Following a tip from Scott we visited Mompóx and were very impressed by the positive attitude of people who lived in an area that has been flooded for several months. We also liked the pretty colonial town and the sandy path that finally brought us back to a bigger gravel road that brought us to the main road leading to Sta Marta. We had planned to do a trip to the Tairona National Park, but when we found out how much they carge we skipped that. We didn't like Sta Marta much. When it rained half the city was flodded and smelled  nasty. So we left soon and made it to Cartagena in two days, setting a new record of 136 km in one day. Information about that city had been correct. It has a beautiful colonial center but was quite expensive. We spent two weeks there before boarding the Stahlratte, a relatively big sail ship, to take us to Panama. The four days on the ship and swimming in the Caribean sea were fun. The fun ended on the road from the little port of Cartí to the Panam where the climbs were so incredibly steep that we gave up pushing after 5 km and hitched.

Arriving in Panama City wasn't exactly entertaining, way too much chaos and traffic. We spent two days there, visited the Canal and the historic center and then set out again. We managed to find the Avenida de los Mártires which is supposed to be the safer route to the Puente de las Americas. The fist day was hilly, the second mostly flat, the third very hilly again. The only thing worth mentioning during these days were my three flat tires. We slept at the bomberos' in San Carlos, Natá, Santiago and Gualaca. The day after Gualaca was finally different. We crossed the mountains from the Pacific side to the Atlantic on a typical panamanian road: absurdly steep. Before noon, now up in the mountains, it startet to rain and got cool, so we stayed at the restaurant Brisa de Hornito in La Mina, drank a hot chocolate and had lunch. As the rain didn't stop, the nice lady offered us a room in ther house for free. There were no beds, but two old matresses and we were gratefull for not having to get out into the rain to look for accommodation.

The next day started cool but dry. We had another 22 km of steep ups and downs until the descent to the sea began. Racing down the mountain was big fun. Bad luck only in Palma Real, where there was no place to sleep. We finally found somebody who gave us permission to camp in the comedor of the local school. Panamanians have always been very helpfull, we really liked this country (also for its cheap stuff in supermarkets). Next morning we rode the remaining 46 km to Almirante and took a boad that brought us to the Bocas del Toro islands. We figured we deserved a few days to relax.

And that's what we did. Our first afternoon on the island was filled with siesta. The second day was so rainy that we had a good excuse to not do much more than laundry. Then we made a nice boat trip with snorcheling and fun with big waves on the red frog beach. On the last day we did a little bike tour and found the Playa de las Estrellas, a beach with a lot of cute starfishes.

Already the next day we headed for Costa Rica. That meant 20 km of more steep hills until Changuinola, then another 30 km flat to the border. There was no sign whatsoever but the friendly locals pointed the bridge out to us. We had to pay USD 3 each to get the passports stamped in Panama, but no payments were necessary in Costa Rica. From what we had heard about Costa Rica it was suposed to have a rather high standard and was more expensive than other Latin American countries. The many gravel streches on the road mad us doubt the thing with the high standard but we should soon find out that the country is, in fact, very expensive. It was extremely hot again, so after 30 km we tried to find a place in the town of Bribri. Bad luck again, no bomberos, no room at the red cross, schools full until 10 pm and the padre  of the church wasn't there either. Happy or not, we went on to Cahuita, a touristy town 20 km further. The hill we had to climb was neither high nor steep, but the road was gravel and all the traffic made sure we weren't only sweaty but also dusty.

In Cahuita we encountered Costa Rican prices for the first time and wished to be elsewhere. As there were no bomberos and we couldn't camp at the police station we had to find a hostel, where they charged USD 7 for an unconfortable dorm bed. Things didn't get any better the next day in Puerto Limón. Couldn't stay at the bomberos' and nearly despaired when seeing hotel prices and quality. In all South America I have never seen so crapy hotels that were so expensive. Not to mention the good ones...

Finally we decided to stay at the Continental which was the cheapest but not the worst. Only bad thing was that we weren't allowed take the bikes inside the house. There was a supposedly locked parking lot guarded by a poor lonely pitbull. Next morning when we went to find a car wash to wash the bikes, Martina's saddle cushion was gone. So much about a secure parking lot. Then they charged us a dollar each for for not even a five minute shower for our bikes. So far, we never had to pay anything, sometimes we even got free soap. When we told the ladies from the hotel that some stuff was stolen from our bikes they didn't seem to be particularly bothered. And we still didn't get permission to park the bikes inside inspite of lots of room. We tried the hotel International across the street, but it's the same administration, so no luck either. I asked at the Hotel Ng but the lady was about the unfriendliest person I've met on my whole trip. What's wrong with this country??? In the end we moved to the Hotel King which is not superfriendly but the bikes are now (hopefully) safe on the balcony.

Martin's package from home, the only reason why we even stay here, has arrived. It seemed to have been complicated to receive it from customs, but no expensive taxes were raised. Now we are waiting to get some bad bugs out of our stomachs and then try to get out of the country as fast as possible.

Samstag, 18. Juni 2011

Cartagena - Panama City: Kuna Yala und Irrsinn in Panama

Nun, der Freitag hätte eigentlich ein ruhiger letzter Tag in Kolumbien werden sollen. Diese Absicht wurde mir aber von meiner EC-Karte zunichte gemacht, die, nach nur ganz wenigen Wochen in Gebrauch, schon wieder den Geist aufgab. Ich wollte Geld für das Schiff abheben, als der Automat mir mitteilte, dass meine Karte verkehrt herum im Schlitz stecke. Das war nachweislich falsch, also habe ich es wieder und wieder versucht, aber erfolglos. Der einzige Effekt war, dass ein anderer Spruch gekommen ist, der besagte, dass die Karte nicht gelesen werden konnte. Versuche bei einer anderen Maschine oder anderen Bank brachten keinen Erfolg. Das war natürlich extrem frustrierend. Die blöde Karte hatte schon von Beginn weg gezickt, bem zweiten Versuch konnte sie aber jeweils gelesen werden. Und gerade jetzt, wo ich dringen einen Haufen Geld bauchte, lief gar nichts mehr. Ziemlich sauer wollte ich meine Bank anrufen und stellte dabei (zum zweiten Mal) fest, dass die Notrufnummer der ZKB in Kolumbien nicht funktioniert. Ach hier habe ich es bei zwei verschiedenen Telefonen probiert, der Erfolg war absolut gleich 0. Was übrig blieb, war, ein Mail nach Hause schicken (anrufen ging nicht, es war niemand da), das Problem schildern und hoffen, dass Papi zweites Mal bereit sein wird, mir eine neue Karte zu besorgen und sie mir zu schicken. Zum Glück hatte ich aber noch eine Kreditkarte, mit der man auch an Kohle rankommt, auch wenn doppelt so teuer.

Am Nachmittag gingen wir nochmals in die Caribe Plaza, eine grosse, schön kühle Mall, wo es einen Crepes & Waffers Laden hat. Dort gibt es Helados, die mit den besten europäischen Glacés mithalten können. Und wir konnten eine Weile aufatmen. Die letzten paar Tage in Cartagena waren so heiss gewesen, dass wir nachts kaum mehr schlafen konnten. Um fünf Uhr brachten wir Velos und Gepäck wie mit Kapitän Ludwig verabredet zur Anlegestelle, so dass das alles schon am Vorabend der Abfahrt auf der Stahlratte verstaut werden konnte.

Am Samstag Morgen um 9 Uhr war "Boarding Time". Als wir beim Steg warteten, brachte Ludwig die Passagiere eines gerade ankommenden Schiffes an Land und wir trafen eine Deutsche Radlerin, Silke, die alleine unterwegs ist. Da sie gerade aus Mittelamerika gekommen war und wir an News von dort besonders interessiert waren, mussten wir natürlich etwas quatschen. Bald schon mussten wir aber ins Böötli steigen und uns zur Stahlratte kutschieren lassen. Dort wartete schon das Frühstück auf uns, und was für eins!!! Da gab es eine riesige Schüssel Fruchtsalat, plattenweise Käse, Gurken, Tomaten, Schinken, Salami, frische, noch warme Baguetts, Nutella, kurz, alles, was man sich irgendwie wünschen oder was man von zu Hause vermissen könnte. Und das sollte sich noch drei weitere Male wiederholen. Unglaublich!!!

Etwa um 10 Uhr hatten wir die "Starterlaubnis" gekriegt und wir fuhren los. Ich hatte die Karte nicht so genau im Kopf gehabt und es war mir nicht bewusst gewesen, dass wir so lange unterwegs sein würden, bis wir durch die letzte Meeresenge endlich aufs offene Meer hinauskamen. Bevor das gelang, mussten wir ein letztes Mal zwischen zwei Fortalezas hindurch, die den Hafen bewachten. Da war mir schon schleierhaft, wie da Piraten je reingekommen sind, wenn man sie hier ins Kreuzfeuer hatte nehmen können. Vielleicht wurden die Festungen aber auch erst gebaut, nachdem die Stadt ein paar Mal überfallen worden war.

Festung schützt Hafeneinfahrt von Cartagena.


Noch vor dem hammergeilen Frühstück suchten wir uns eine Koje aus und hatten Glück, diese hier zu erwischen. Wir hatten zwei Einzelbetten zugesichert bekommen, dies waren aber die einzigen zwei, die auch wirklich separat waren und ein "Viererzimmer" mit fremden Männern zu teilen, wenn man hitzebedingt fast nackt schlafen möchte, wäre nicht optimal gewesen.

Unsere Koja auf der Ratte.

Einmal mehr passierte nicht sonderlich viel. Wir fuhren den ganzen Tag mit Motor, da um diese Jahreszeit kaum Wind herrscht. So viel zum Thema "Segel"schiff. Am nächsten Morgen stand ich extra früh auf, um den Sonnenaufgang bewundern zu können. Da der Horizont ziemlich dunstig war, war das nicht gerade überwältigend. Ich schnappte mir ein Buch der umfangreichen Bibliothek und verzog mich bald ins Schiffsinnere. Draussen wurde mir zuviel geraucht (von Passagieren und Crew) und zeitweise regnete es auch. So verpasste ich fast unsere Ankunft in Coco Bandero, inzwischen war ich nämlich eingeschlafen. Das hat dann aber ungefähr so ausgesehen:

Aussicht durch's Bullauge.

Das heisst, in Realität regnete es gerade und es war unangenehm kühl. Da wir aber der Ansicht waren, dass, wenn wir schon hier wären, wir auch baden gehen müssten, zogen wir uns um und juckten ins Meer. Der erste Eindruck war, dass das Wasser viel salziger war als in Cartagena, der zweite Eindruck war, dass das Wasser wärmer war als die Luft. Wir schwammen mal kurz zur einen, dann zur anderen Insel, die nahe beieinander lagen. Die Ratte hatte dazwischen geankert. Eigentlich wäre grillen am Strand geplant gewesen, der Regen vermieste den Spass aber, so assen wir eben auf dem Schiff.

Später in am Abend klarte der Himmel auf und die Crew verschiffte eine Menge Bier, Rum und was auch immer auf die Insel, damit wenigstens das Strandbesäufnis noch stattfinden konnte. Da wir in der ersten Nacht auf dem Schiff wenig geschlafen hatten und müde waren, hatten Martina und ich erst nicht so Lust, da hinzugehen. Andererseits klang ein kleiner Schwumm in der Nacht ganz verlockend uns so schlüpften wir nochmals in die Badekleider und sprangen ins schwarze Wasser und padelten zur Insel rüber. Da Besäuffnisse, weder am Strand noch sonst irgendwo so ganz meine Sache sind, haben wir uns mehr oder weniger bald wieder. Diese Nacht wollte ich auf dem Deck schlafen, suchte mir also eine Matte, Kissen und Leintuch. Das war so zwar schön kühl, dafür gab es diverse Störungen, wie ein paar Regentropfen und die anderen Partyfritzen, die um 3 Uhr vom Strand zurückkamen. Nicht mal der nächste Sonnenaufgang war es wert, früh aufzustehen.

Coco Bandero, Kuna Yala (San Blas).

Wir blieben den ganzen Tag am selben Ort vor Anker. Martina und ich schwammen zu einer anderen, etwas weiter entfernten, ganz kleinen Insel, auf der ur zwei Palmen wuchsen. Trotzt Schnorchelausrüstung gab es im Wasser nicht viel zu sehen und meine Maske leckte und nervte ganz extrem. Da ich mein zweites Buch fertig lesen wollte, blieb ich längere Zeit auf dem Schiff im Schatten anstatt mir im Wasser einen Sonnenbrand zu holen (wie das andere vorzuziehen schienen). Am Abend war nochmals grillen geplant, der Kapitä hatte bei den Kuna eine ganze Menge Lobster bestellt. Zum Glück gab es dazu noch Salat und Reis, diese Krabbelviecher waren mir eher suspekt.

Gerade eben von der Stahlratte rübergeschwommen.

Am Dienstag Morgen um 5.15 Uhr began der Motor wieder, Krach zu machen, um 5.30 Uhr fuhren wir los. Wir hatten die "Stadt" Cartí schon um etwa 9 Uhr erreicht und ankerten wieder. Es kamen diverse Kuna aufs Schiff, einerseits einer der Immigración und einige Freunde von Ludwig. Wir frühstückten erst, dann bezahlten wir den Kapitän und konnten gleich noch unsere verbleibenden kolumbianischen Pesos wechseln. Die Leute, die mit Jeep nach Panama City fahren würden, wurden dann von einem Boot abgeholt, die Motorradfahrer und wir zwei blieben noch um direkt an Land gesetzt zu werden.

Kuna "Stadt" Cartí.


Zuerst wurden die Töffs einer um den anderen vom Kran auf dem Kai abgesetzt, dann kamen unsere beiden Drahtesel dran. Während es ziemlich kompliziert gewesen war, die Motorräder abzuladen, ohne, dass sie irgendwo hinknallten, waren unsere Velos recht simpel. Wie es sich herausstellte, war aber Martinas hinteres Schutzblech total verkrümmt und verbogen, was speziell nervte angesichts der Tatsache, dass wir für den Transport der Räder USD 50 bezahlt hatten und dafür eigentlich einen schonenden Umgang erwartet hatten. Die Ratte war aber schon abgefahren, als sie den Schaden bemerkte, zu spät um sich zu beklagen.

Velos entladen...

Bevor wir losfuhren, mussten wir noch kurz einige Sachen umpacken, währenddessen uns ein Trupp Kuna umringte und beobachtete. Sehr anders als z. B. in Peru war das schon mal nicht. Als wir das "Hafengelände" verlassen wollten, mussten wir uns erst noch registrieren (bei wem auch immer) und einen Dollar bezahlen. Vermutlich war das so eine Art Hafensteuer gewesen. Dann galt es ernst. Ludwig hatte uns vorgewarnt, die Strasse sei zwar asphaltiert und in gutem Zustand, die Steigungen aber extrem steil. Und er hatte nicht übertriebn. Der erste Hügel war soweit noch normal, ausser dass uns dort obend die zweite Passkontrolle innerhalb etwas mehr als einem Kilometer erwartete. Die Soldaten waren aber nett und liessen uns ohne Probleme weiterfahren. Nach einer kurzen Bajada ging's eng um eine Kurve, so dass man nicht mal viel Schwung mitnehmen konnte und dann stand ich sehr schnell still bzw. musste, um nicht rückwärts wieder runterzurollen, schnell absteigen und zu schieben beginnen.

Vielleicht sieht's nicht so aus,
es war aber verdammt steil hier.

Wir schoben und schoben, zwischendrin konnten wir mal kurz ein Hügeli runterfahren, wirklich schnell sausen zu lassen getrauten wir uns kaum so steil war es. Dann kam auch schon die nächste Steigung, dann ging's kurz runter und auch schon wieder aufwärts. Hier trafen wir ein paar Strassenarbeiter, die Mitleid mit uns zu haben schinen und meinten, in zwei Stunden würden sie mit ihrem Lastwagen da rausfahren. Wenn wir wollten, könnten sie uns bis zur Panamericana mitnehmen. Da uns diese ganze Sache eher witzlos vorkam, nahmen wir das Angebot an. Wir würden noch etwas weiterschieben und dann auf sie warten. Zwei der netten Herren halfen uns noch auf den nächsten Gupf rauf und waren bis oben genauso schweissnass wie wir.

Während wir Pause machten, fanden wir, dass es wenig Sinn machen würde, hier noch zwei Stunden rumzuhängen, vor allem, da wir auf der Panam immer noch etwa 20 km vor uns hatten. So streckte ich kurzerhand den Daumen raus und siehe da, der zweite Pick-up hielt an und lud uns ein. Wir hatten von den 40 km gerade mal 5 geschafft, aber auf den verbleibenden 35 km waren wir sehr froh, dass wir da nicht aus eigenen Kräften durchmussten. Selbst vom Innern des Autos wirkten die seilen Auf und Abs noch bedrohlich und irrsinnig und der starke Motor heulte manchmal ziemlich laut bis wir wieder oben angekommen waren. Es war etwa halb vier als uns die beiden wortkargen Männer wieder ausluden, selbst mit der Camioneta hatten wir für die Strecke fast eine Stunde gebraucht.

Einmal mehr Perspektivenwechsel.

Am nächsten Morgen erwartete uns ein total anderes Szenario. Die Panamericana war bis auf wenige flache Hügel platt, dafür herrschte ein Verkehr, dass einem Angst und Bang werden konnte. D.h. die ersten paar Kilometer am frühen Morgen waren noch ok, je näher wir Panama City kamen umso schlimmer wurde es aber. Immerhin, ausser einer schwarzen Lunge passierte nichts und wir fanden nach einigen Malen nachfragen auch die gesuchte Strasse. Wie immer in einer Grosstadt gestaltete sich die Hotelsuche etwas schwieriger und die Feststellung kam bald, dass günstige Unterkünfte in Panama nicht mehr so leicht zu finden waren. Dank eines guten Reiseführers klappte es aber auch diesmal, in der Pension Las Tablas bezahlen wir für ein Zimmer mit Doppelbett USD 18, was mit Abstand das Günstigste war.

Und da wir uns in Panama befanden, stand am Morgen darauf erst mal ein Besuch des Kanals auf dem Programm. Dahin zu kommen, erwies sich als nicht ganz einfach, wenn wir nach der im Footprint erwähnten Bushaltestelle fragten, wurden wir von Ecke zu Ecke und Strasse zu Strasse geschickt. Schon mal eine Ähnlichkeit mit Kolumbien, eine Antwort zu erhalten, heisst noch lange nicht, dem Ziel auch nur ein kleines Bischen näher gekommen zu sein. Ein netter Herr konnte uns schliesslich tatsächlich helfen. Er schickte uns zum Terminal de Buses, von wo aus wir den richtigen Bus zu den Esclusas Miraflores fanden. Nun sind ja auch in Südamerika Busse längst nicht gleich Busse, hier in Panama sind sie aber oft sehr originell angemalt bzw. gesprayt und in der Nacht veranstalten einige von ihnen ein regelrechtes Lichterkonzert.

Bunte Busse in Panama.


 Der Chofér warf uns freundlicherweise an der richtigen Haltestelle raus. Beim Eingang zu den Schleusen fragte uns ein Wachmann, wohin wir denn wollten. Offensichtlich kommen nicht viele Touris zu Fuss dort an. Als wir uns als Besucher der Miraflores Locks zu erkennen gaben, wurden wir aber durchgelassen und bekamen noch gleich eine genaue Wegbeschreibung mit, obwohl wir nur den Pfeilen zu folgen brauchten. Auf der Brücke über einen Fluss wurde uns gleich bewusst, dass von nun an mit anderen Tieren als Zebus und Wasserbüffeln zu rechnen ist. Da unten lag nämlich ein Krokodil (oder Alligator oder Kaiman, keine Ahnung) und schaute mit leuchtenden Augen zu uns herauf. Das war bemerkenswert. Das Vieh war doch eher weit weg und seine Auge sind auch nicht gerade gross, Martinas Frage, ob der überhaupt noch lebt, war schnell und zweifellos geklärt. Ich bin sicher, dass das Kroki uns genauso genau und interessiert studierte wir wir es. Ob es sich wohl gefragt hat, wie es uns dazu bringen könnte, zum Fluss runterzukommen?

Man sieht die leuchtenden Augen hier nicht,
sie waren aber da, und zwar sehr beeindurckend.

Das Visitor Center der Schleusen war schon sehr voll und da gerade ein Filmli über die Geschichte des Kanals beginnen sollte, setzten wir uns die das total unterkühlte Teatro. Interessant war z.B. die (für mich) Neuigkeit, dass vor den Amis die Franzosen einen Versuch unternommen hatten, hier einen Kanal zu graben. Anscheinend waren sie aber von Tropenkrankeiten wie Gelbfieber und Malaria besiegt worden. Der Kanal, der 1914 schliesslich in Betrieb genommen wurde und den seither über eine Million Schiffe durchquert haben, ist schon seit einigen Jahren an seine Kapazitätsgrenze gestosse, weshalb nun ein Set weiterer Schleusen im Bau sind. Während bisher Schiffe mit bis zu 4'500 Container durchpassen, soll die nächste Generation Schleusen gross und breit genug sein für Frachter mit 12'000 Containern.

Von der Terrasse hatten wir einen guten Ausblick auf die Schleuse und die vorbeikommenden Schiffe. Kurz vor 13 Uhr kam der Tanker Conqueror an, der von vier kleinen Lokomotiven mit Stahlseilen verbunden wurde, damit er schön in der Mitte des Kanals bleibt. Viel Platz war da nicht übrig, gemäss Speaker bei den grössen Schiffen je 0.5 Meter. In der Entfernung sahen wir bereits ein grosses Kreuzfahrtschiff sich langsam nähern. In der Zwischenzeit wurde das Wasser bereits aus der Kammer des Tankers rausgelassen und das Schiff verschwand langsam zwischen den Betonwänden.

Tanker Conqueror in der Schleuse.

Als der Nippon Maru die Tore geöffnet wurden, schauten vom Tanker nur noch die höchsten Aufbauten heraus. Er wechselte in die nächste Kammer, während der Kreuzer ebenfalls langsamt runtergelassen wurde. Das alles wirkte auf uns wie in Zeitlupe, nichts passierte schnell, ausser vielleicht das Winke der Passagiere der Nippon Maru und der Tanz ihres Clowns waren in normaler Echtzeit. Wir schauten zu, bis diese beiden Schiffe die beiden "Treppenstufen" runtergebracht worden sind. Von der anderen Schleuse her konnten wir schon die beiden nächsten Schiffe sehen. Der Kanal wird seit Jahren während 24h betrieben. Tagsüber werden die grossen Schiffe durchgelassen, am Morgen vom Pazifik in Richtung Atlantik, am Nachmittag umgekehrt. In der Nacht sind die kleineren Boote dran, die jeweils zu zweit das Kammersystem durchl

Die Nippon Maru in der Schleuse,
die Conqueror ist bereits "versenkt".

Heute Morgen haben wir noch einen Ausflug zum "Casco Viejo", einem schönen historischen Viertel der Stadt gemacht. Dort wurden wir von einer Guía angesprochen und wir liessen uns für eine Führung anwerben. Das war noch ganz interessant, so konnten wir u.a. auch den Präsidentenpalast von der Nähe sehen und wir kriegten Zutritt zu einem weiteren Regierungsgebäude, das früher ein Kloster war. Dort gab es auch eine Art kleine Ausstellung zu Simón Bolívar, seinem Leben, Taten und gescheiterten Plänen.

Regierungsgebäude Panamas.

Dass der Libertador mit seinen Ideen von Freiheit, Demokratie und Gleichberechtigung sehr futuristisch dachte, wusste ich schon länger (darum ist er mir ja auch so sympatisch). Dass er aber meinte, dass Panama als Hauptstadt der Welt geeignet sei, finde ich interessant. Die Stadt befände sich so richtig in der Mitte der Welt und weder im Norden noch im Süden. Ok, warum nicht? Sobald Panama keinen Präsi mehr hat, der gegen den Willen seiner Leute mit Autobahnen die Küste zubauen will, könnte man wohl darüber reden...

Wenn die Welt eine Hauptstadt wählen müsste,
wäre der Isthmus von Panama für diese ehenvolle Aufgabe geeignet.
Simón Bolívar.

Die Stadt Panama ist eh irgendwie seltsam. Auf den Velos haben wir den Verkehr als Horror erlebt, weit chaotischer als zum Beispiel in Cartagena. Aus der Perspektive von Fussgängern erleben wir nun etwas, dass in Lateinamerika vermutlich einmalig ist. Autos, sogar auch Taxis halten hier freiwillig, ja bereitwillig an, wenn man die Strasse überquert, auch wenn da kein Fussgängerstreifen ist (von denen gibt es sehr wenige). Das ist eine überaus erstaunliche Tatsache, ich kann mich nicht daran erinnern, dass das in den letzten eineinhalb Jahren irgendwo vorgekommen ist. Die Stadt hat also durchaus das Zeug für eine Hauptstadt der Welt:-)

Eher negativ ist uns aufgefallen, dass Panama extrem von ausländischen, vor allem amerikanischen Futterketten überzogen ist. Ich habe hier in einem Tag mehr McDonalds u.ä. gesehen, als bisher auf der gesamten Reise. Die Vororte der Stadt sind voll von riesigen Ami-style Malls mit zum Grossteil genau den gleichen Läden, wie man sie in Nordamerika finden würde. Nach einer ausgeprägten eigenen Identität sieht das für uns nicht aus.

Panama City, im Vordergrund der Mercado de Mariscos.

Dazu noch scheint irgendwer im Land schon einmal etwas von Abfalltrennung gehört zu haben. Jedenfalls haben wir an einer Uferpromenade gleich fünf Abfalleimer gefunden für: Organico, Vidrio, Plastico, Papel und Metal, also Kompost, Glas, Plastik, Papier und Metall. Wenn das keine Errungenschaft ist. Oder wäre, der Inhalt ist überall in etwa gleich. Die gesamte Grünanlage ist aber blitzblank sauber, auch etwas, das man eigentlich kaum glauben kann.

Ob diese Abfalltrennung wohl funktioniert???

In einer Mall hier haben wir zu unserer Freude auch schon Aufkleber fast aller Mittelamerikanischen Länder gefunden. Praktisch, das erspart uns die Suche in jedem Land von Neuem. Und Länder gibt es hier recht viele auf recht engem Raum. Das kommt auch unserem Entschluss entgegen, dass jeder Grenzübertritt zum Kauf eines Sacks Chips berechtigt.

(Sorry für allfällige Tippfehler etc., zum Durchlesen dieses Geschriebsels bleibt keine Zeit mehr.)

Donnerstag, 9. Juni 2011

Cartgena de Indias: Noch mehr Missverständnisse in Kolumbien

Wir sind nun eine Woche in Cartagena, sehr viel haben wir von der Stadt aber eigentlich nicht gesehen, zumindest nicht bei Tageslicht. Bei Nacht sind wir ein paar Mal durch die Altstadt spaziert, da sind die Temperaturen viel angenehmer bzw. aushaltbar.

Nächtlicher Spaziergang in Cartagena.

Dass die Internetcafes alle klimatisiert sind, ist natürlich schön wenn man, wie wir, Stunden-, ja fast Tage darin verbringt. Da wir mit dem Velo fast 10 Minuten bis zum nächsten Strand brauchen, sind wir bisher nur einmal baden gegangen. Die Strände hier sind aber bedeutend sauberer als in Santa Marta und eigentlich durchaus einladend. Tagsüber ist es uns aber zu heiss, so bleibt noch der frühe Morgen und der Abend. Da wir aber nicht bei Dunkelheit durch die Stadt kurven wollen, kommt eben doch nur der Morgen in Frage.

Stadtmauer bei Nacht.

Die etwas längere Anwesenheit hier hat auch wieder die eine oder andere Joggingrunde möglich gemacht, hier haben sich (verregnete) frühe Morgenstunden als sehr angenehm erwiesen. Da ist es kühler und da man ohnehin nass wird, merkt man nicht, wieviel Schweiss dabei fliesst.

Vor zwei Tagen konnten wir nun zwei Schiffe besichtigen, das eine von der Casa Viena vermittelt, das andere von Elke, der Eigentümerin des Cafés Gato Negro, zwei Türen von der Casa Viena entfernt (blaues Haus). Die Gypsy Moth haben wir als erstes besucht und Amy und Symian sowie ihre neun Monate alte Tochter waren uns sofort extrem sympatisch. Wir sagten, dass wir sehr interessiert seien, aber vor der Entscheidung noch ein anderes Boot anschauen möchten. Sym meinte, wir könnten uns tags darauf melden, das sei kein Problem. Für uns war die Sache eigentlich klar, wir wollten die Santana von Kapitän Gisbert mehr aus Prinzip noch sehen. Dieser Katamaran ist bedeutend grösser als die kleine Gypsy Moth und hat uns auch gut gefallen. Trotzdem sagten wir Amy und Sym noch am selben Abend per Mail zu und liessen uns von der Liste der Santa Ana streichen. Am nächsten Morgen gingen wir bei Elke den Vorschuss bezahlen und organisierten anschliessend Plastik um die Velos zu verpacken.

Siesta?

Als ich dann am Nachmittag meine Mails anschaute, war ich fies überrascht, als ich von der Gypsy Moth eine Absage im Briefkasten fand. Am Abend zuvor hätten zwei andere Personen das Schiff besucht und gleich eine Anzahlung geleistet. Für uns habe es jetzt keinen Platz mehr. Wir waren einigermassen empört, da wir davon ausgegangen waren, dass wir bei der Gypsy Moth, wie bei der Santana, auf einer Liste standen und bis zu unserer Entscheidung gesicherte Plätze hatten. Hätten wir gewusst, dass diese beiden letzten Betten noch offen "auf dem Markt" waren, hätten wir gleich vor Ort zugesagt. Wir schrieben auch Sym ein entsprechendes Mail, worauf er antwortete, er habe nie gesagt, dass wir einen sicheren Platz auf seinem Schiff haben und dass er erwähnt habe, dass er ohne Anzahlung keine Plätze offen halte. Dass er uns einen Platz bis zu unserer Entscheidung offenhalte, hat er wirklich nicht gesagt, wir waren davo ausgegangen, dass dem so sei, weil dies bei der Casa Viena so gehandhabt wurde. Elke hatte uns dort angesprochen und wir hatten nie in Frage gestellt, dass die Dinge bei ihr gleich laufen. Und sie hatte am Morgen, als wir bezahlt hatten, offensichtlich noch gar nicht gewusst, dass das Boot voll ist.

Klar, alles in allem war hier ganz gewiss kein so richtig falsches Verhalten von irgendwem involviert, die Kommunikation hat aber auch nicht geklappt. Sym hatte uns nämlich ganz sicher nicht gesagt, dass uns die Plätze auf seinem Schiff flöte gehen könnten, wenn wir nicht sofort zusagen. Und dass seine "Agentin" nicht wusste, dass auf der Gypsy Moth kein Platz mehr vorhanden war, und sogar noch Vorschüsse kassierte, wirkt auf uns auch nicht sonderlich professionell.

Zum Glück hatten wir unsere provisorische Reservation auf der Stahlratte noch nicht gecancellt und sie war auch sonst nicht irgendwo in den Tiefen des Universums verschwunden. Leider fährt dieses grosse Schiff erst am 11. Juni, so dass wir noch weitere vier Tage in Cartagena rumhängen müssen. Die Stadt gefällt uns zwar gut, ist aber sehr teuer und wir würden eigentlich lieber weiterfahren. Natürlich gibt es hier auch viel zu tun oder anzuschauen, aber das kostet alles Geld, welches wir jetzt eigentlich lieber in die Weiterfahrt in Panamá investieren würden. Nach vielen kleinen und wenig grösseren Missverständnissen in Kolumbien war dies ganz klar der frustrierendste Fall. Und es waren nicht einmal undeutlich sprechende Einheimische, sondern nur Gringos daran beteiligt. In Zukunft werden wir wohl einfach immer doppelt und dreifach nachfragen um sicher zu gehen, dass wir nicht nur vom selben reden und sondern auch wirklich das gleiche meinen.

Hier gibt's viele hübsche Häuser.

Inzwischen war ich auch beim Dermatologen um einen alten, aber wachsenden hellen Hautfleck anschauen zu lassen. Für ein etwa 10 - 15-minütiges Gespräch mit dem Arzt bezahlt man hier COP 80'000, was in etwa CHF 40 entspricht. Ein zweiter Termin war nötig, da der Dermatologe meinte, das Ding sei "precanceroso" und müsse entfernt werden. Precanceroso heisst wohl, dass daraus theoretisch in ferner (oder mit etwas Pech naher) Zukunft ein Krebslein rauskriechen könnte. Also habe ich nochmals 80'000 bezahlt und ewig lang gewartet. Hier gibt es eben kein Termin auf eine bestimmte Zeit. Abends um 17 Uhr geht die Praxis auf und man erhält eine Nummer, in der Reihenfolge, in der man erscheint. Das erste Mal ging das recht zackig, das zweite Mal eben nicht. Und nun hat es der schlaue Arzt nicht einmal geschafft, den ganzen Flecken zu entfernen. Werde am Montag wohl nochmals vorbeigehen und nachfragen. .... .... ....

Papageien mitten in der Stadt.

.... .... .... Inzwischen haben wir die Stahlratte besichtigt. Klar, sie ist nicht so elegant und familiär wie die Gypsy Moth, aber Kapitän Ludwig ist sympatisch, das Schiff ist cool und bietet natürlich weit mehr Platz als so ein kleines Segelböötli. Da gibt es auch einen Raum im Innern des Schiffes, wo die Velos vor Salzwasser sicher verstaut werden können. Da wir nun aber noch einige Tage zum vertrödeln hatten, habe ich mir wieder einmal ein Buch gekauft und zur Abwechslung Museen besucht. Schon in Bogatá hätte ich gerne das Museo de Esmeraldas gesehen, nach dem Museo de Oro war dafür aber keine Energie mehr übrig. Hier haben wir nun eine riesige Smaragdsammlung bewundert und gelernt, dass es nicht nur grüne sondern auch bläuliche, knallpinke und braune Smaragde gibt. Hat sich echt gelohn, viele der Steine waren wirklich sehr edel.

Im Museo Naval have ich nicht nur viel über verschiedene Schiffe gelesen, sondern auch über Cartagenas bewegte Vergangenheit. Als reiche Stadt an der karibischen Küste war sie ein äusserst beliebtes Ziel englischer und französischer Piraten, die die Stadt widerholt (mit offizieller Genehmigung ihrer Könige) überfallen und ausgeraubt hatten. Als Konsequenz wurde schliesslich eine Mauer um die ganze Stadt gebaut, die mehrheitlich so dick ist, dass eine zweispurige Strasse darauf Platz hätte. In jenem Museum habe ich auch erfahren, warum das Wasser in den Lagunen in Cartagena so schmutzig braun-grün ist, und eher an Flusswasser erinnert. Im Jahr 1571 bauten die Spanier den Canal del Dique, einen Kanal, der Cartagena mit dem Río Magdalena verbindet um die Kommunikation mit dem Landesinneren zu erleichtern. Leider hat das örtliche Ökosystem an diesem neuen Wasser nicht so Freude gehabt.

Cartagenas Vergangenheit ist wirklich
voller Piraten.

Um uns die Zeit zu vertreiben, haben wir auch ein paar Spaziergänge durch die Stadt unternommen, da einige Dinge bei Tageslicht eben doch besser erkennbar sind als bei Nacht. Zum Glück war es einige Tage bewölkt, sonst hätten wir das vermutlich nicht überlebt.

Martina nimmt's genau.

Während dieser urbanen Wanderungen haben wir interessante Dinge gefunden, wie z.B. komische Figuren aus Eisen aber auch, wie so oft, Situationen, die, oberflächlich betrachtet, nicht zu dem herausgeputzten Viertel passten. Tatsache ist aber, dass hier in vielen Hauseingängen und auch anderswo Obdachlose schlafen, meist auf dünnen Karton "gebettet".

Auch in Cartagena gibt es viele Obdachlose.

Natürlich hat Cartagena auch einige Pärke und wie es sich gehört, ist einer davon der Parque Bolívar mit der obligatorischen eleganten Statue des "Padre de la Patria". Könnte sein, dass dies das letzte Mal ist, dass wir dem Libertador begenen (vielleicht noch in Panamá), Mittelamerika hat aber bestimmt seine eigenen Helden, die den Spaniern einen Tritt in den Ar..... gegeben haben.

Simón Bolívar, zum letzten Mal?

Um uns, wenn auch nun minim, beschäftigt zu halten, haben wir gestern die Fortaleza San Felipe besucht. Dort war schon der Eintritt recht teuer und um zu verstehen, was wir da sehen, haben wir uns einer geführten Tour angeschlossen und nochmals einen Haufen Geld ausgegeben für etwas, dass ich schlussendlich absolut nicht gelohnt hat, da der gute Mann mit seinem Costeño-Dialekt für uns schlicht nicht zu verstehen war. Schade, diese Festung, die gut erhalten bzw. zum Teil wieder aufgebaut ist, wäre äusserst interessant. gewesen Sie weist diverse bauliche Finessen auf, die ein Eindringen sehr schwer gemacht hatten. Angeblich gibt es in und um diese Burg auch 4'000 Meter unterirdische Gänge, um die 600 Meter davon sich Besuchern (und Mücken!) zugänglich. Das Beste am anschliessenden Filmli, das wir problemlos verstanden und noch ganz amüsant war, war für mich der klimatisierte Raum.

Fortaleza San Felipe.

Am Nachmittag im Carrefour fand ich die krasse Unterkühlung dann nicht mehr so witzig. Tatsache ist, dass, wenn man von drausse einen so kalten Laden betritt, einem beinahe der Schweiss, der einem den Rücken runterfliesst, gefriert. Das ist nicht lustig und man riskiert effektiv, sich hier zu erkälten, was Martina auch prompt passiert ist (es wurde ihr im Internet Café aber auf ganz fies ins Gesicht gehustet, vielleicht war auch das die Ursache).

Heute stand ein Türli zum Monasterio Santa Cruz de la Popa auf dem Programm. Das steht auf einem 185 m hohen "Berg", dem höchsten Punkt von Cartagena. Die Aussicht von dort oben auf die gesamte Stadt ist  ziemlich cool. Wir leisteten uns wieder einen Führer, den wir diesmal ohne Weiteres verstanden. Ich hatte schon irgendwo gehört oder gelesen, dass es in Cartagena keine Brunnen gäbe/gegeben habe da das Wasser, auf das man stöst, faulig und nicht trinkbar sei. Flüsse oder Bäche gibt es hier auch keine. Was denn nun die Lösung zu diesem Problem gewesen war, hatte ich aber irgendwie nicht mitgekriegt. Sie sieht folgendermassen aus: Unterhalb des nach oben offenen Hofs gibt es ein grosses Wasserreservoir. Das Regenwasser wird vom Dach in den Hof geleitet, dessen Boden wasserdurchlässig ist. So wurde während der Regenzeit offenbar genug Wasser gesammelt, und auch gleich noch gereinigt. Anscheinend haben die Spanier diese Wassersammel-Methode den Arabern abgeschaut. ....

Im Monasterio Santa Cruz de la Popa.

.... Heute war ich ein letztes Mal joggen. Zum ersten Mal waren da noch viele andere Jogger und Geher unterwegs, die meisten Gringo/as. Die scheinen aber etwas seltsam drauf zu sein, alle starren vor sich in den Boden, kaum einer grüsst. Die einzigen, von denen ein "Buenos Días" zurückkommt, sind die schwarzen Frauen, die am Strand Früchte verkaufen. Auch nicht logisch fand ich, dass bei Regen hier kaum wer joggen geht, wo es dann doch soooooooo viel angenehmer ist. Und nässer wird man bei Regen auch nicht, ob Schweiss oder Wasser ist nicht so relevant.

Dies ist nun der letzte Text aus Südamerika und der Abschied von einem mega schönen, interessanten und vielfältigen Kontinent. Oft werden wir gefragt, welches Land oder welcher Ort uns bis jetzt am besten gefallen hat. Auf diese Frage gibt es keine Antwort, die Landschaften waren zu unterschiedlich. Auch die Leute, und ebenfalls die Sprache. In einigen Ländern waren die Einheimischen recht europäisch (Argentinien, Chile), in anderen Touristen gegenüber eher gleichgültig (Bolivien), anderswo war es regional sehr verschieden (Peru). In Ecuador waren wir positiv überrascht, dass es wieder Frauen gibt, die Autofahren und in Kolumbien sind die Leute so überschwänglich, dass es uns manchmal fast zuviel war. Die Sprachschwierigkeiten hielten in Argentinien nicht so lange an, da die Aussprache gewissen erkennbaren Regeln folgte, in Chile war das nicht so einfach gewesen und in Bolivien und den peruanischen Bergen ist das Spansich so klar, dass wir überhaupt keine Probleme hatten. In Ecuador hatte ich sehr viel Kontakt mit Einheimischen, die oft Umgangssprache benutzten, was nach einmal Nachfragen aber meist geklärt war. Bacán! Kolumbianisches Spanisch ist auch nicht überall gleich, für uns war es aber of fast gar nicht verständlich.

Cartagena, in der Mitte der Frachthafen.

Nun, auf der Stahlratte können wir mit dem Kapitän Deutsch reden, die Umgangssprache unter den Passagieren wird vermutlich Englisch sein. Wir sind mal gespannt, wie Mittelamerika diesbezüglich sein wird und auch generell, was anders und was gleich ist.

@ Flo: Dass die Sonneneinstrahlung am Äquator am stärksten ist, ist schon klar. Viel mehr Auswirkung als Äquatornähe hat aber die Höhe über Meer und da wir uns nicht mehr so bald in hohe Lagen verirren werden, wird sich diesbezüglich auch nicht so bald etwas ändern. Wenn Du aber Lust hast, uns eine Tube Daylong zu schicken, würden wir das bestimmt nicht ablehnen.

Kilometerstand von Ushuaia bis Cartagena: 11'849 km.
Tschüss Südamerika, hasta luego.

Samstag, 28. Mai 2011

Medellín - Cartagena: Hier endet unsere Südamerika-Tour

Erklärtes Ziel wäre es gewesen, zwischen 8.30 und 9 Uhr loszufahren. Dass das nicht klappen würde, war vorhersehbar gewesen und darum nicht weiter tragisch. Wir waren zwar pünktlich fertig mit Bepacken und Beladen, mussten dann aber noch auf Oliva und Susanna warten, die sich auch von uns verabschieden wollten, wegen Pico y Placa aber erst nach halb neun auf die Strasse konnten (Pico y Placa ist ein System zur Reduktion des täglichen Verkehrschaos, das in diversen grossen Städten angewendet wird, zum ersten Mal haben wir das in Quito gesehen. Die Regel ist, dass an bestimmten Tagen in der Woche Autos mit bestimmten Nummern zu Stosszeiten nicht fahren dürfen.).

Abschied von Santiagos Familie.

Nach einer längeren Abschiedszeremonie, während der wir vom Nachbar noch Tips zur Strecke erhielten, schafften wir es um ca. Viertel vor zehn, auf die Sättel zu steigen. Da Oliva und Susanna in die gleiche Richtung mussten, fuhren sie voraus und lotsten uns durch die Strassen und auf die Autobahn in Richtung Norden. Medellíns Kilometer 0 hatten wir schon anlässlich der Turibus-Fahrt kennengelernt, vor hier aus war die Sache einfach, immer geradeaus in Richtung Norden.

Medellíns Kilometer 0.

Medellín ist komplet verwachsen mit den Städten ringsum, die Grenze zu Bello, dem nächsten Ort, wäre nicht erkennbar gewesen, wenn da nicht plötzlich ein Schild mit "Bienvenidos en Bello" gestanden hätte. Als wir aber auch hier die letzten Häuser hinter uns gelassen hatten, atmeten wir auf. Auf Autobahnen durch Grosstädte zu pedalen, ist alles andere als lustig. Man wundert sich nichth mehr über die dichte Smogschicht über der Stadt und hat das Gefühl, die Lungen müssten bis in den untersten und letzten Zipfel dunkelgrau bis schwarz verfärbt sein. Eine Gasmaske wäre auf jeden Fall keine Übertreibung (nur wohl zu heiss). Endlich im Grünen hatten wir dann ein gutes Gespür für die Auswahl unseres ersten Pausenplatzes. Wie wir nach einigen Minuten feststellten, sassen wir gleich neben einem Lager für giftige Abfälle (es war leider der einzige Ort, wo man sich neben der Strasse hinsezten konnte).

So suchen wir unsere Rastplätze aus: Toxico!

Gerade viel passierte nicht an jenem Vormittag. Auch ausserhalb Medellíns hatte es noch viel Verkehr und wir waren froh, dass wir fürs Mittagessen eine Wiese etwas abseits der Strasse finden konnten. Nach diesen ersten ca. 32 flachen Kilometern begann die Steigung, die gemäss Nachbar so krass sein soll, dass wir bestimmt absteigen und schiebn müssten. Da dies auf einer Asphaltstrasse bisher noch nie vorgekommen war, waren wir nicht sonderlich besorgt. Auf unsere Nachfrage hatte der Nachbar noch präzisiert, dass dieser Pass ähnlich steil sei wie der Alto de Minas südlich von Medellín. Na also, halb so wild.

Die Subida war schliesslich steil genug um uns in den ersten oder zweiten Gang zu zwingen, schieben mussten wir aber nicht. Am Nachmittag wurde der Himmel je länger je stärker bewölkt, was für uns sehr angenehm war. Leider begann es später zu regnen, was auf dieser Höhe nicht mehr optimal war. Solange wir strampelten, war das zwar kein Problem, sobald wir aber stoppten, wurde es aber unangenehm kühl. Um etwa vier Uhr erreichten wir eine kleine Anhäufung von Häusern, eine Art "Vorort" des Dorfes Don Matías. Dort fanden wir auch eine günstige Unterkunft, zu unserer Überraschung sogar mit heisser Dusche.

Meine neuen Gallionsfigürchen hatten den ersten Tag überlebt.

Der Abend und der nächste Morgen wurden kalt, da die Fortsetzung der Steigung aber nicht lange auf sich warten liess, wurde uns bald wieder warm. Der Tag war geprägt von dauerndem Auf und Ab und grauem Himmel. Einziger Zwischenfall, um 9 Uhr hatte ich einen Platten, wenn meine Buchführung stimmt, Nr. 6. Nach gut kolumbiansicher Art war sogleich ein einheimischer Ciclista zur Stelle um mir bei der Reparatur zu helfen. Langsam nervte mich diese fast schon aufdringliche Hifsbereitschaft und ich antwortete, ich wisse schon, die ich den Schlauch wechseln müsse. Als ich dabei war, den neuen Schlauch zu montieren, schien dem anderen etwas nicht zu passen und er nahm mir Schlauch, Mantel und Rad einfach aus der Hand. Ok, wenn Du meinst. Schulterzuckend begann ich, meine Sachen wieder einzupacken und schaute dem Typ zu, wie er damit kämpfte, das Rad wieder in die Kette zu flechten. Zum Glück kam dann mein Spezialschlüssel zum Zug, so dass ich wieder selber Hand anlegen durfte. Dann war alles wieder aufgepumpt und -geladen und fahrbereit. Einige Kilometer weiter befand sich eine Autowerkstatt, dort konnte ich noch etwas mehr Luft in den Reifen blasen lassen.

Schon kurz nach 11 Uhr begann es zu regnen, diesmal zogen wir unsere Regenjacken an, hier oben war es zu kalt um nass zu werden. D.h. solange es bergauf ging, wäre das kein Problem gewesen, die Abfahrten zwischendrin wären aber in durchnässtem Zustand nicht mehr witzig gewesen. Und wie üblich hielt der Regen auch nicht an, z.B. stoppte er kurz bevor wir in einem Restaurant etwas heisses trinken gingen und setzte wieder ein als wir weiterfuhren.

Am Nachmittag überlegten wir uns, ob wir wetterbedingt früh anhalten sollten, man sagte uns dann aber, dass es bis zur Ortschaft Yarumal fast nur noch bergab gehen sollte. Und da für den Moment gerade die Sonne wieder schien, fuhren wir weiter. Nach zwei weiteren Güpflis begann denn auch tatsächlich die erwähnte Bajada, und was für eine. Das war wieder einmal spitzenmässig, die letzten zwei Kilometer nach Yarumal waren dafür spitzenmässig steil. Da die Bomberos dort keinen Platz für Ciclistas hatten, machte ich mich, nun wieder in totalem Pisswetter, auf die Suche nach einer Unterkunft. Auch hier wieder hängte sich ein so mühsamer Typ an mich ran, der mir unbedingt behilflich sein wollte. Mir einige Unterkünfte zu zeigen, wäre ja noch in Ordnung gewesen, er hat mir aber auch jeweils sogar mein Sprüchlein abgenommen, was mir ziemlich auf den Wecker gegangen ist. Dass er anschliessend für seine Dienste bezahlt werden wollte, war eher unkolumbianisch, hat mich aber etwas gelernt. Auch wenn es unhöflich ist, werde ich in Zukunft ungebetene Hilfe von mir unsympathischen Personen nicht mehr annehmen.

Wir verbrachten eine weitere Nacht in der Höhe (hier etwa 2'300 müM) und hatten am folgenden Morgen weitere ca. fünf Kilometer bergauf zu klettern. Danach sollte eine Abfahrt bis auf etwa 200-300 müM folgen. Erst sah das etwa so aus: sieben Kilometer bergab, drei wieder rauf, runter, rauf usw. Was mir auf jener Strecke auffiel, war wieder einmal ein krasser Kontrast. Kurz nach Yarumal protzten einige grosse, schöne Holzhäuser, ein paar Kilometer später fuhren wir an kleinen Bretterbuden mit Plastiküberzu vorbei, dass ich mich erst fragte, ob da Leute wohnen oder ob das nur Verkaufsstände waren. Im Vorbeifahren konnte ich jedoch durch eine Tür spähen und sah dort ein Bett stehen. Also eindeutig ein Wohnhaus.

Ab Km 20 und einem kleinn Kaff namens Ventanas begann die Abfahrt aber ernsthaft. Da konnte man wieder einmal so richtig blochen, und alles ohne die geringste Anstrengung. Kurve um Kurve und... Vollbremsung. Fast wäre ich in eine stehende Kolonne gekracht. Was weiter unten los war, war von oben nicht zu erkennen, da aber kein Gegenverkehr kam, fuhren wir an den Autos vorbei und gingen wir nachschauen. Als wir einen umgekippten Lastwagen sahen und zwei Krahnfahrzeuge, die gerade dabei waren, den wieder auf die Räder zu stellen, war der Grund für die gesperrte Strasse klar. Und so, wie hier z.T. gefahren wird, überraschte dieser dritte Unfall mit einem Lastwagen, den wir in Kolumbien gesehen haben, auch nicht wirklich.

Verunfallter Lastwagen wird gerettet.

Schon bald stand der Laster wieder aufrecht, die Krähne fuhren weg und wir Ciclistas wurden als erste durchgelassen. Danach waren die Autos der Gegenseite dran und so hatten wir unsere Fahrspur eine ganze Weile für uns allein. Die Aussicht ins Tal hinab war cool, wie immer in Kolumbien leuchtend grüne Bergen. Je weiter hinunter wir kamen, umso heisser wurde es und wir schwitzten trotzt Fahrtwind von Geschwindigkeiten von 30-50 km/h. Teilweise war die Strecke etwas abenteuerlich, da der auf den ersten Blick schöne Asphalt an vielen Stellen ziemlich verbeult war und die Velos öfter mal bocken liess. Oder man hatte in einer Kurve plötzlich einen entgegenkommenden Lastwagen auf seiner Spur, der gerade den Unebenheiten auf seiner Seite auswich und sich dabei nicht um allfällige Velos kümmerte.

Plötzlich waren wir unten am Fluss. Zack, einfach so und fertig war die Abfahrt. Einmal mehr überquerten wir den Río Cauca und folgten schliesslich seinem Kurs. Dort unten war es so drückend, dass wir im ersten Moment kaum mehr atmen konnten. Zum Glück gab es dort der Strasse entlang unzähige Lavaderos, Lastwagen-Wäschereien, bei denen permanent Wasser aus den Schläuchen in die Luft spritzte und wir uns einen Spass daraus machten, durch diese Springbrunnen hindurch zu fahren. Bald begann es aber ein wenig zu regnen, die Abkühlung war jedoch nicht sonderlich gross. Bei einem jener Lavaderos fanden wir auch einen Schattenplatz für eine Mittagspause. Als wir uns anschliessend wieder in die Sättel setzten, setzte der Regen wieder ein, diesmal aber stärker und länger. Das war erst einmal äusserst angenehm. Auch dass der Russ, der an den Armen klebte, abgewaschen wurde, störte uns nicht im Geringsten. Nach längerer Zeit wurden die am Körper klebenden Kleider aber etwas mühsam und als wir in einem kleinen Dorf namens Puerto Belgica ein günstiges Hotel fanden, entschieden wir uns, für den Tag Schluss zu machen. Über 100 km waren genug, auch wenn viele davon Teil einer Bajada waren.

In jenem Ort war es zwar heiss, aber auch sehr feucht, was natürlich das Trocknen unserer Wäsche nicht gerade beschleunigte. Der Ventilator an der Decke sollte da behilflich sein und da wir keine nasse Wäsche auf dem Bett ausbreiten wollten, spannten wir kurzerhand ein paar Wäscheleinen über's Bett. Wirklich trocken waren die Sachen bis zum Morgen allerdings nicht, zumal wir das Bett in der Nacht ja selber brauchten, aber am nächsten Morgen legte ich meine Sachen während Pausen eben auf dem Velo aus, so klappte das nicht schlecht.

Wäschetrocknen im Zimmer.

In Caucasia stoppten wir kurz beim Exito, einem grossen Supermercado, um Futter nachzutanken. Kurz darauf sahen wir auf einem Strassenschild den untrüglichen Beweis dafür, dass wir uns der Karibik näherten: "Region Caribe" stand dort angeschrieben. Juhuii, bald würden wir am Strand hängen.

"Region Caribe": wir nähern uns der Karibik.

Das sollte aber erst noch etwas dauern. Bis zur Karibik waren es noch ein paar hundert Kilometer in brütender Hitze entlang Strassen, wo stinkende Lastwagen uns regelmässig Russwolken ins Gesicht bliesen. Es war dort nicht ganz so platt wie vor und nach Cali, die Hügel waren aber selten hoch oder steil, aber aufwärts pedalen ist bei solcher Hitze immer mühsam. Ich stellte mir vor, wie es jemandem gehen würde, der von dieser Seite her nach Medellín möchte und jene Steigung hochklettern muss, bei der uns schon beim Abwärtsfahren der Scheiss nur so den Rücken runtergelaufen war. Zweifelhaft, ob man so etwas überleben würde. So einige Male wünschten wir, kurz in den immer noch Hochwasser führenden Fluss zu jucken um uns etwas abzukühlen. Die Wasserbüffel, die wir auf jener Strecke sahen, machten das schliesslich auch so und hatten damit absolut recht.

Die machen's richtig!

Natürlich wurden wir am Nachmittag nochmals so richtig verpisst, das schien ein gut eingespieltes Wettermuster zu sein: Am Morgen heiss, am Nachmittag Schauer oder Dauerregen. Zu Beginn war das jeweils die grosse Erleichterung, mit der Zeit wurde der Regen manchmal etwas lästig, problematisch war er höchstens für meine Velokette. Bei Trockenheit läuft alles geschmeidig und geräuschlos, sobald die Kette nass ist, rattert sie, dass mir die Haare zu Berg stehen. Komischerweise macht sie dann nicht nur Krach, es fühlt sich so an, als ob sie irgendwo streift, was den Lärm verursacht. Kaum ist sie wieder trocken, ist alles wieder in Ordnung. Abends putzte und ölte ich die Kette jeweils pflichtbewusst, was an dem Problem jedoch rein gar nichts änderte. Was zählte, ist die Nässe (und allenfalls die Tatsache, dass die Kette schon ein paar tausend Kilometer hinter sich hat).

Es hatte sich auf jener Strecke bewährt, für Übernachtungen nicht in eine Ortschaft zu fahren, sondern in Hotels entlang der Strasse zu bleiben. Das ist das Einfachste und oft auch sehr günstig, Restaurants gab es  nebenan auch immer. So schliefen wir in jener Nacht kurz vor Planeta Rica, wo wir uns tags darauf betr. einer Routenänderung entschliessen mussten. Anstatt nach Montería zu fahren und dort der Küste nach nach Cartagena zu radeln, würden wir erst geradeaus nach Sincelejo fahren und später die Abzweigung nach Managué und ein Boot nach Mompóx nehmen. Scott hatte mir den Ort empfohlen und wir waren neugierig, also fuhren wir geradeaus. Bis zum Dorf Sahagún, wo wir die nächste Nacht verbrachten, passierte nicht viel. Es war flach, grün und heiss.

Am Morgen darauf wurde von meinem Platten Nr. 7 erst mal unser frühe Start zunichte gemacht. Diesmal war das ein grosses Loch, man hörte die Luft so richtig rauszischen. Obwohl wir gleich neben der Strasse hielten und uns vor einer Art Werkstatt, wo es einen überdachten, sauberen Platz gab, einrichteten, liessen mich alle Männer in Ruhe den Schlauch wechseln. Kein einziger musste mir beweisen, dass er das alles viel besser konnte als ich. Etwa 45 Minuten später ging's weiter, immer sanft auf und abwärts durch leuchtend grüne Weiden.  Für Abwechslung sorgte Sampués, wo es dutzende Artesanía-Läden mit wunderschönem Kunsthandwerk gab. Dort wurden z. B. Möbel, Hüte, Taschen und Hängematten angeboten. Was mir aber am besten gefallen hatte, war ein Stand mit ganzen Schwärmen von hölzernen Papagien. Das bunte Vogelgewirr sah schlicht genial aus.

Bunte Holzpapageien in Sampués.

In Sincelejo, dem letzten grösseren Ort vor der Abzweigung nach Mompóx hielten wir wieder einmal bei einer Panadería um Brot zu kaufen. Wie meistens erregte unsere Anwesenheit Aufsehen, weshalb wir eigentlich lieber ausserhalb Ortschaften Pause machten, einfach weil's entspannter ist. Ein Señor, der dort Artesanía verkaufte, schien unsere Reise äusserst cool zu finden und schenkte er uns je ein Armbändli und Ohrringe in Form der hier typischen Sonnenhüte. Unsere waren natürlich ganz winzig, sahen aber hübsch aus.

Nach der Stadt wurden wir wie üblich von einem kurzen aber heftigen Regenschauer bis auf die Knochen eingenässt. Dann schien wieder die Sonne und wir bogen von der Hauptstrasse ab. Nach einer weiteren Stunde checkten wir im kleinen Dorf San Pedro in eine Unterkunft ein, die nicht supergünstig war, aber die einzige, die wir fanden. Dort hängte ein etwa sechs oder sieben Jahre alter, äusserst neugieriger Junge herum. Normalerweise haben wir damit kein Problem, dieser Chico wollte aber nicht hören, als wir ihm sagten, er solle doch bitte unser Werkzeug und unsere Velos nicht anfassen oder nicht in unser Zimmer inhein kommen. Als auch wiederholte Mahnungen nichts nutzten, ging ich bei der Señora des Hotels nachfragen, ob der denn zum Hotel gehöre. Sie verneinte das und warf ihn schliesslich raus. Irgendwie erschien uns das etwas fies, aber wir wollten gerne unsere Privatspäre und unsere Sachen respektiert sehen. Später realisierte ich, dass der doofe Goof sogar einige meiner Galionsfigürchen weggekratzt hatte.

Der folgende Tag begann warm wie immer, nicht einmal am frühen Morgen fühlte sich die Luft kühl an. In der Stadt Managué erhielten wir einen Tipp betr. den Weg nach Mompóx. Das Städtchen befand sich auf einer Insel im Río Magdalena, und anscheinend war das Dorf Yatí der beste Ort um ein Boot zu nehmen. Erst mussten wir in der äusserst südamerikansich wirkenden, sprich total chaotischen Stadt die richtige Abzweigung finden. Wie immer klappte das mit Hilfe der Einheimischen reibungslos und kurz darauf befanden wir uns auf einem Strässlein, das dem Flussufer entlang führte. Auch hier sahen wir Korräle, Weiden und Häuser unter Wasser. Das sollten wir in den nächsten Tagen noch oft zu Gesicht bekommen.

Bis zum Anlegeort der Lancha war es nicht mehr weit, allerdings mussten wir dort noch etwa zwei Stunden warten, was eher langweilig war. Es war heiss, staubig und gab nichts zu tun. Bei einem Restaurant rutschte ein Gelähmter auf den Knien rum und bettelte die Leute an. Ich hatte mich zuvor schon einige Male gefragt, was Gelähmte wohl gemacht hatten, bevor es Rollstühle gab. Hier fand ich darauf die Antwort. In Südamerika habe ich noch nicht viele Einheimische gesehen, die Bettlern Geld oder sonst etwas gegeben hätten. Einerseits verständlich, es gibt soooo viele davon. Andererseits frage ich mich bei gewissen offensichtlich kranken oder behinderten Leuten, wie die es schaffen, zu überleben. Auf jeden Fall kaufte ich diesem Mann etwas zu essen und zu trinken und war ganz erleichtert, als ich sah, dass auch andere ihm ab und zu etwas zusteckten.

Ausser uns und unseren Velos warteten noch ein paar Motorräder und ein in Karton verpackter neuer Kühlschrank auf den Transport auf die Insel. Einige Leute sassen auch da, besonders viele waren es aber nicht. Umso überraschter waren wir, als das Boot dann doch randvoll war, hauptsächlich mit Passagieren. Vermutlich gab es hier sogar so etwas wie einen Fahrplan und die Einheimischen, die den ja kennen, tauchten erst kurz vor der Abfahrt auf.

Unsere Velos warten zusammen mit Motorrädern und
Kühlschränken aufs Aufgeladenwerden.

Die Bootsfahrt war nicht weiter spektakulär. Wir sassen dicht gedrängt auf den Holzbänken und wahren froh über den leichten Wind, der uns ins Gesicht wehte. Wir sahen mehr überflutete Fincas, an diversen Stellen sah man Zaunpfosten aus dem Wasser ragen und musste annehmen, dass sich dort einmal Gärten oder Rinderweiden befunden hatten. Da unsere Velos als letztes eingeladen worden sind, wurden sie nach der Ankunft als erstes ausgeladen. Währenddessen waren wir noch hinter diversen Bänken und vielen Leuten blockiert, was mich etwas nervös machte. Da draussen tummelten sich so viele Leute, Autos, Pferdekutschen, Esel etc., die es uns unmöglich machten, zu sehen wo die Räder abgestellt wurden und wer möglicherweise daran herumfingerte. Für etwas Ablenkung sorgte ein junger Bursche, der offenbar total fasziniert war von der Tatsache, mit zwei Gringas auf dem Schiff gewesen zu sein und uns ohne Witz um Autogramme bat. Als ich etwas verständnislos fragte, warum er das möchte, meinte er, weil wir Ausländerinnen seien. Ja, und??? Das sei speziell und er freue sich über unseren Besuch in seinem Land und hätte gerne eine Erinnerung an uns. Was soll man da noch sagen? Wir erfüllten seinen Wunsch und schrieben auf sein Hemd. Mir gelang es kurz darauf, mich zwischen einigen Passagieren durchzuquetschen und nach unseren Gefährten zu fragen. An einen Lastwagen gelehnt und von einem Besatzungsmitglied bewacht erwarteten uns unsere treuen zweirädrigen Freunde. Wieder einmal super Service. "A la orden", wie es in Kolumbien immer heisst.

Die letzten knapp 40 km nach Mompóx wurden recht unterhaltsam. D.h. erst mal war es natürlich heiss, zum Glück wehte aber meistens eine leichter Brise. An einer Baustelle mussten wir kurze Zeit warten. Dort hatte der Fluss ein Stück der Strasse mitgerissen und im Moment war ein Provisorium im Bau. Als wir dann in einem kleinen Dorf in einem Pärkli Pause machten um etwas zu essen, waren wir fast sofort von einer Gruppe Kinder umringt, die uns begutachteten als wären wir Aliens. Sie besprachen auch die Frage, woher wir wohl kommen könnten und ob wir evtl. sogar Spanisch sprächen. Ein besonders Mutiger wagte es dann und sagte "Hola". Da sagte ich auch mal hola. Sie waren ganz fasziniert, dass wir den Gruss offensichtlich verstanden hatten. Aus dieser ersten zögerlichen Kontaktaufnahme wurde schliesslich ein richtiges Gespräch, zu dem sich später auch Erwachsene gesellten. Anscheinend verirren sich nicht so oft weisse Radfahrer in jenes Dorf und halten dort sogar noch an.

Wie wir gewarnt worden waren, waren nach der Ortschaft Teile der Strasse tatsächlich unter Wasser. Dieses war jedoch nicht tief, vielleicht 30 cm, der Boden dort aber voller losen Steine, wie in einem Flussbett eben. Mit einigem Strampeln kamen wir aber problemlos hindurch, die Abwechslung kam uns gerade recht. Auf einigen Kilometern gab es keinen Asphalt mehr und wir genossen die erste Kiesstrasse seit hunderten von Kilometern so richtig. Auf Asphalt kommt man zwar schneller vorwärts, irgendwann wird's aber etwas langweilig. Was wir hier zu sehen bekamen, ein überschwemmter Bauernhof nach dem anderen, lies die Frage aufkommen, ob dieser zweite Ernteausfall in Serie nicht die Nahrungsmittelversorgung dies Landes gefährde. Bis jetzt hatten wir zwar noch nichts von einer drohenden Hungersnot gehört, eine gewisse Nahrungsknappheit liegt aber extrem nahe.

Auf dem Weg nach Mompóx.

Englang der Strasse waren einige erhöht liegende Häuser bewohnbar und entweder via provisorische Holzstege oder Kanus erreichbar, andere waren verlassen. Entsprechend standen auf der Strasse, die ebenfalls erhöht liegt, unzählige Holz- und Plastikhütten, in denen die Leute wohnen. Im Ortseingang von Mompóx sahen wir eine richtige Zeltstadt. Tragisch, was der Río Magdalena hier anrichtet, und das anscheinend, in einem gewissen Mass, jedes Jahr. Irgendwie erscheint aber auch die Lebensform der Menschen hier nicht gerade an die Natur angepasst. In einem Museum in Bogatá hatten wir ein kleines Filmli zu der Region gesehen. Die Indígena, die die Gegend früher bewohnt hatten, hatten hier ein riesiges System an Kanälen und erhöhten Plattformen angelegt, so dass der Fluss jedes Jahr die Felder zwar bewässert, aber nicht total geflutet hatte. Und Häuser wurden nur auf noch höheren Plattformen gebaut. Aufnahmen aus der Luft zeigen die Überreste dieser genialen Anlagen immer noch deutlich. Wenn so etwas vor hunderten oder tausenden Jahren möglich war, wieso macht man denn heute das nicht nach???

In Mompóx, während der Suche nach einer Unterkunft, wurden wir von einem älteren Herrn angesprochen, der uns ein Zimmer in seinem Haus anbot. Für COP 25'000, was dem Preis eines nicht allzu teuren Hotels entspricht. Da das Zimmer durchaus in Ordnung war und wir in dem touristischen Städtchen kaum etwas günstigeres gefunden hätten, nahmen wir das Angebot an. Dass es abends ab 20 Uhr kein fliessendes Wasser mehr gab, sagte er uns erst, nachdem wir eingezogen waren, dass das auch schon um 19 Uhr der Fall sein konnte, merke ich erst, als ich am zweiten Abend unter der Dusche stand und kein Wasser mehr kam. Sonst war der Señor noch ganz nett, redete viel und richtete ganz nach südamerikanischer Manier ein Chaos an.

Am nächsten Morgen gingen wir mit ihm in einem Hotel gegenüber frühstücken. Das Hotel war ein schweineteures, in welches wir uns alleine nie verirrt hätten. Die Besitzerin hatte uns aber am Abend zuvor ein Frühstück zum halben Preis angeboten, weil sie von unserer Veloreise beeindruckt war. Auf dem Weg dorthin wurden wir von einem Touriführer angesprochen, der uns schon tags zuvor kurz nach unserer Ankunft angequatscht hatte. Er wollte uns für eine Bootstour auf dem Ciénaga (eine Art See, aber nicht sehr tief und mit vielen Pflanzen) gewinnen. Wir waren interessiert, sagten aber noch nicht definitiv zu. Im Hotel plauderten wir dann mit Manuel und Rudolf, einem Kolumbianer und einem Deutschen, die dort logierten. Unser Gastgeber schlug auch ihnen diese Bootstour vor, da der Guía ein guter Freund von ihm sei. Irgendwann und irgendwoher kam plötzlich noch eine andere Tour ins Gespräch, was Martina und ich allerdings zu jenem Zeitpunkt nicht realisierten. So verabredeten wir uns mit den beiden anderen für den Ausflug und verabschiedeten uns, da wir zuerst noch das Dorf anschauen wollten. Draussen trafen wir jenen Guía nochmals, der nun wissen wollte, ob wir mit auf seine Tour kamen. Da wir inzwischen etwas verunsichert waren, fragte ich nach, ob er denn der Führer des Hotels sei, was er bejahte, wenn auch in einem nicht so überzeuten Tonfall. Da aber Programm und Uhrzeit in etwa übereinstimmten, nahmen wir nun an, dass da von derselben Tour die Rede gewesen war.

Also spazierten wir durch das koloniale Städtchen, in dem es hübsche Strassen, schöne Gebäude und, wie immer, coole Kirchen zu sehen gab. Hier zeigte sich auch wieder einmal, das Kirchenbesichtigungen in heissen Gegenden schlaue Beschäftigungen sind. Dort ist es oft bedeutend kühler als in den Strassen, wo man riskiert, gegrillt zu werden. Wie auch in anderen Städten waren die kolonialen Häuser hier recht speziell. Von aussen sah man die Tür und Mauern, vielleicht ein paar Fenster. Wenn man da aber hineinschauen oder gar -gehen konnte, tat sich oft eine andere Welt auf. In grosszügigen Innenhöfen gab es Gärten mit in allen Farben leuchtenden Blumen und andern Pflanzen, manchmal Brunnen und sogar Bäume. So ein Haus zu besizten wäre echt der Hammer.

Iglesia Sta. Barbara.

Mompóx hätte eigentlich eine hübsche Uferpromenade mit Spielplatz und Fussballplatz. Da sich das alles aber, wie das ganze Dorf, unter dem momentanen Wasserspiegel des Magdalena befindet, war es dort äusserst feucht. Wobei der Zustand des Kinderspielplatzes sowieso nicht auf intensive Nutzung schliessen liess, die meisten der Schaukeln waren kaputt.

Überschwemmter Spielplatz.

Wir sassen mit unserem Gastgeber noch beim Mittagessen, als "unser" Guía vorbeikam um sich zu vergewissern, dass wir für seine Tour bereit waren. Nun stellte sich heraus, dass am Morgen von zwei verschiedenen Ausflügen die Rede gewesen war. Unser schlaue Señor, der quasi beides in einem Atemzug vorgeschlagen hatte, hätte das unserer Meinung nach eigentlich merken müssen, hatte aber natürlich nichts gesagt. Als ich den Guía fragte, warum er denn ja gesagt habe, als ich ihn gefragt hatte, ob er der Guía des Hotels sei, meite er, dass ich das nicht gefragt habe. Wieder einmal wunderte ich mich, ob die Leute hier mich wirklich nicht verstehen oder ob sie schlicht nicht zuhören. Wie auch immer, für uns klang seine Version interessanter als die andere, vom Hotel organisierte. Da wir uns aber mit unseren neuen Freunden verabredet hatten, wollten wir uns nicht entscheiden ohne mit ihnen gerdet zu haben. Also gingen wir kurz über die Strasse und besprachen die Sache.

Manuel kam schliesslich mit uns mit, Rudolf entschied sich, lieber Siesta zu machen und für einmal gar nichts zu tun. Das Reisli lohnte sich dann aber wirklich auch. Ausser uns dreien war noch eine französisch/kolumbiansiche Familie mit von der Partie. Erst fuhren wir über den Magdalena, danach konnte man an den Zaunpfählen links und rechts erkennen, dass wir uns eigentlich auf einem Strässchen befanden. Wir überquerten auch ein Fussballfeld, auf dem noch mehr Wasser stand als auf jenem im Dorf. All die gefluteten Häuser und Höfe ware allerdings langsam etwas deprimierend anzusehen.

Überschwemmter Bauernhof.

Der Ciénaga wurde dann aber interessant. Vom Boot aus sahen wir viele Vögel und auch Iguanas. Die sassen zu dutzenden auf Ästen über dem Wasser und die wenigsten hielten es für nötig, zu flüchten als wir vorbeifuhren.

Iguana.

Wir besuchten zwei Inseln, wo jeweils eine Familie wohnte. Auf diesen Inseln wuchsen diverse verschiedene Mangobäume und wir durften so viele Mangos aufsammeln wie wir wollten. Das war so richtig cool, diese Früchte waren ganz frisch und schmeckten so gut wie kaum welche zuvor. Die meisten waren allerdings klein, die kleinsten etwa so gross wie Aprikosen. Die schneidet man auch nicht auf, da beisst man ein kleines Loch in die Schale und drückt und quetscht Saft und Fruchtfleisch durch das Loch heraus. Diese Art, Mangos zu essen ist äusserst unterhaltsam, aber danach muss man Hände und evtl. sogar Kleider waschen.

Nach dem Besuch der zweiten Inseln hatten wir noch die Gelegenheit, im Ciénaga zu baden. Eine richtige Abkühlung war das zwar nicht, Spass machte es trotzdem. Zuerst wagten sich nur der Schiffsjunge, Martina und ich ins Wasser, nach einer Weile kamen auch Manuel und die Franzosen ins Wasser. Kurz vor Sonnenuntergang hiess es dann zurück auf's Boot und ab in Richtung Mompóx. Wieder ging's über  Fussballplatz und Feldwege auf den Magdalena, wo wir einen stimmungsvollen, schon fast kitschigen Sonnenuntergang bestaunen konnten. Auch auf dem Rückweg sahen wir wieder jenes Getier auf Bäumen und Sträuchern, diesmal machte uns jedoch nicht mehr der Führer, der sich schon fast verabschiedet zu haben schien, sondern einer der Bootsmänner darauf aufmerksam.

Río Magdalena bei Sonnenuntergang.

Am nächsten Morgen begann wieder der Ernst des Reisens. Um von der Insel wieder aufs Festland zu gelangen, mussten wir wieder eine Lancha nehmen. Diesmal mussten wir nicht warten unddas Böötli war auch nicht so überfüllt. Auch diesmal ging's einem Feldweg entlang, der kurzerhand zur stark befahrener Wasserstrasse umfunktioniert worden war.

Zweite Bootsfahrt mit Velos.

Im kleinen Dorf Peñoncito wurden wir ausgeladen, erhielten letzte Hinweise, wo wir durchfahren mussten und los ging's. Hier hatten wir nun endgültig das ländliche Kolumbien erreicht. Als Gringas erregten wir einiges an Aufsehen und Asphalt gab es keinen. Die ersten rund acht Kilometer gefielen uns besonders gut. Die "Strasse" war ein schmaler Sandweg, auf dem nichts und niemand schnell fahren konnte. Das hat einerseits mit der Qualität des Weges zu tun, andererseits mit den Zebuherden, die dort ganz gemütlich vor sich hin spazierten und die wir nicht zu sehr stressen wollten.

Schiesslich erreichten wir die "Hauptstrasse". Und doch, dort gab es Asphalt, für knapp einen Kilometer vielleicht. Bald darauf rumpelten unsere Räder wieder über Kies und wir wurden von vorbeirasenden Autos und Motos eingestaubt. Als wir an einer Schule vorbeifuhren, stand der Lehrer mit seiner ganzen Klasse am Zaun und rief uns etwas zu. Aus Neugierde hielten wir an und redeten eine Weile mit dem Profe. Die Kinder waren zu scheu um mit Ausländern zu reden. "Eine Weile" dehnte sich aus und aus bis wir nach geschätzten eineinhalb Stunden insistierten, dass wir weiter müssten. Der Lehrer hätte uns am liebsten den ganzen Tag dort behalten, die Jungs der Klasse hatten sich aber längst verabschiedet und waren Fussball spielen gegangen.

Unser Weg war aber noch weit und erfahrungsgemäss zogen sich Kiesstrasse oft sehr in die Länge. Die bisherigen hohen Tages-Durchschnittsgeschwindigkeiten von um die 18 km/h würden wir hier nie erreichen. Trotzdem wartete eine Strecke von über 85 km auf uns. Jene Gegend stellte einen krassen Kontrast zur modernen, herausgeputzten Metropole Medellín dar. Wenn die Hausmauern der Häuser im nächsten Dörfli, Pijiño (das ist sogar auf der Karte drauf), nicht farbig gestrichen wären, könnte man dort einen Film der Jungsteinzeit drehen. Die Wände bestehen aus geflochtenen dünnen Ästen, die mit Lehm verputzt sind, die Dächer sind aus Stroh. Wenn wir mal kurz stoppten, wurden wir von den Kindern aus sicherer Entfernung begutachtet, vielleicht rief uns mal jemand etwas zu. Die Erwachsenen, die wir ab und zu nach dem Weg fragten, schienen sich meist zu freuen, dass wir ihr Land besuchten und wir wurden oft gefragt, wie uns Kolumbien gefalle (falls ich es noch nicht erwähnt habe: sehr gut). Oft wurde dabei hervorgehoben, dass die Leute in der Region (wo auch immer wir uns gerade befanden) besonders gastfreundlich waren und dass man in anderen Provinzen mehr aufpassen müsse. Besonders Medellín scheint z.T. noch einen eher schlechten Ruf zu haben.

Ländliches Kolumbien 1.

Da wir in der Hitze manchmal ein kühles Getränk der lauwarmen Suppe in unseren Bidons bevorzugten, nutzten wir auch schon mal die Gelegenheit, wenn sich bei den Häusern an der Strasse Kioske mit Kühlschränken befanden. Weit besser als eine Flasche oder ein Wasserbeutel herausnehmen wäre zwar selben hineinsitzen, meist geht das ja aber nicht. Bei einem solchen Haus wanderte ein kleiner Knirps herum, der an den Velos interessiert war. Da der bestimmt kein verwöhnter Grossstadt-Goof war und ich seit Peru (und seit Cuenca mit noch mehr Nachschub) bunte Ballone mittrage, blies ich einen auf und schenkte in dem vielleicht Zweijährigen. Glaub nicht, dass der schon einmal einen Ballon gesehen hatte, besonders viel Spielzeug gab es in seinem Haus vermutlich nicht.

Wie so oft in Kolumbien war die Strecke auch diesmal länger als auf der Karte vermerkt. Oder mein Kilometerzähler zeigt einen zu hohen Wert, was aber eher unwahrscheinlich ist, da Martina immer ein paar Kilometer mehr drauf hat als ich. Wir waren auf jeden Fall froh, als wir die asphaltierte Strasse erreicht hatten, wie uns aber gesagt worden war, gab es in La Gloria keine Unterkünfte. Blieb nur, die neuen Kilometer bis El Difícil abzuspuhlen und dort zu schlafen. Bis wir an jenem Abend duschen konnten, wurde es spät, dafür hatte das Zimmer eine Klimaanlage.

Als wir am Morgen losfahren wollten, hatte ich schon wieder zwar nicht gerade einen Platten, aber doch einen verdächtig weichen Vorderreifen. Da ich keine Lust hatte, schon wieder einen Tag mit Schlauchwechseln zu beginnen, pumpte ich und hoffte auf das Beste. Nach El Difícil gab es dann wieder die Möglichkeit, auf einer Schotterstrasse eine "Abkürzung" zu nehmen. Dass wir dort nicht schneller sein würden, war klar, aber wenig Verkehr ist immer ein starkes Argument. Die Landschaft wurde hier ziemlich abwechslungsreich. Mal standen da Bäume und Büsche, dann gab es fast nur Wiese und Rinder zu sehen, später sahen wir Kakteen und meinten, bald in einer Wüste anzukommen. Eine oder zwei Kurven danach konnte alles wieder leuchtend grün sein, kurz darauf wuchsen ringsum wieder riesige schöne Bäume. Auch war es wieder viel hügeliger als in den Tagen zuvor, was einerseits für Abwechslung sorgte, uns andererseits manchmal fast verglühen liess. Wenn an so einer kleinen Steigung mal keine Wolke die Sonne verdeckte und gerade kein Wind wehte, hätte man meinen können, in einer Sauna unterwegs zu sein.

Ländliches Kolumbien 2.

Dafür, dass die Gegend etwas vernachlässigt wirkte, sorgten auch diverse Brücken, die für Autos gesperrt waren, da sie schon alt und der Last anscheinend nicht mehr gewachsen waren. Dort war dann jeweils eine Señora in Leuchtweste stationiert, die die Autos durch den Fluss schickte, was kein Problem war, da das Wasser dort nirgendwo tief war. Auch die Strassenoberfläche war sehr unterschiedlich. Es begann mit schön harter Erde, mal war da nur loses Kies oder viele spitze Steine, die uns holpern liessen und uns ausbremsten. Ein Abschnitt war besonders unterhaltsam. Bei Regen muss die Stelle wohl praktisch unpassierbar, da total verschlammt sein. Zu unserem Glück hatte es ein paar Tage nicht geregnet und die Erde war trocken und hart. Aber natürlich trotzdem total verbeult. Ich übersah dort eine Art natürliche Schwelle und fuhr etwas zu schnell darüber hinweg. Der Satz, den mein Velo machte, warf eine Vordertasche ab und auch mich beinahe in den Dreck.

Weiter vorne machte die Strasse eine Rechtskurve und mit einem Schlag war die Oberfläche wieder schön glatt und viel zügiger befahrbar. Einige Zeit später gab es keine wilde Vegetation mehr, links und rechts befanden sich kilometerweise Palmenplantagen. Das machte auch die Suche nach einem schattigen Rastplatz schwierig, da die Palmen eingezäunt waren. Schliesslich krochen wir bei einer Einfahrt unter dem Stacheldraht hindurch, da es nicht in Frage kam, in der Sonne zu essen.

Obwohl wir freiwillig die Holperstrasse gewählt hatten, waren wir froh, wieder auf Asphalt zu stossen. Mein Schlauch hatte nun stundenlange unter schwierigeren Verhältnisen dichtgehalten, nach einigern Kilometern auf dem glatten Belag war die Luft wieder draussen. Wir wollten eigentlich nicht mehr extrem viel weiter, also pumpte ich nochmals. Das war extrem schweisstreibend und es dauerte recht lange, bis der Reifen wieder hart war. Wieso wohl? Weil der Schlauch nun wirklich ein Loch (Nr. 8) hatte und eben doch noch ausgetauscht werden musste. Saublöd, drei Löcher in so kurzer Zeit. Da mir der Vorderreifen wegen einem beginnenden innwendigen Riss schon vor El Bordo Probleme bereitet hatte, vermutete ich, dass nun jener Parche, den mir Martina gegeben hatte, durchgewetzt war. War er aber nicht, der Übeltäter war wie so oft ein winziges Stück Draht.

Welcher Sauhund hat meinen Schlauch kaputt gemacht?

Da mein Vertrauen in diesen Reifen aber nicht mehr so gross war und ich ihn in Cartagena sowieso hatte wechseln wollen, entschied ich mich, bei dieser Gelegenheit gerade den Ersatzmantel zu montieren. Der war zwar etwas störrisch, jetzt sieht mein staubiges Velo aber wieder ganz fancy aus. Meine immer noch mangelnde Assimilierung in Südamerika beweis ich damit, dass ich den ausgedienten Reifen nicht einfach am Strassenrand liegen liess, sondern bis zum nächsten Abfalleimer mitschleppte (müsste man so etwas seigentlich speziell entsorgen?).

Die sinnlose Pumpaktion und das Schlauchwechseln danach hatten natürlich einiges an Zeit in Anspruch genommen und wir waren wieder einmal spät dran. Da die Strassenbeschilderung hier im Norden oft nicht mehr so genial war, verpassten wir auch noch die Abzweigung zum Dorf Fundación und mussten weiter nach Aracataca. Es war wieder ein langer Tag gewesen, wir waren müde und wollten Schluss machen. Es ging schon auf 18 Uhr zu, normalerweise stoppten wir vor 16 Uhr, was schon am Vortag nicht geklappt hatte. Immerhin hatten wir Glück und fanden ein Hotel gleich an der Strasse, so fiel mühsames Suchen in einem chaotischen Ort weg. Dass wir ein paar Kilometer weiter als geplant gefahren waren, war nicht weiter tragisch, wir wollten es am nächsten Tag bis Santa Marta schaffen und das würden wieder weit über 100 km werden.

Die nächste Tagesetappe wurde landschaftsmässig noch interessanter. Seit jenem Pass nach Medellín hatten wir keine richtigen Berge mehr gesehen, hier gab es sie nun wieder. In der Sierra Nevada Sta. Marta gibt es sogar einen über 5'000 m hohen Berg, der quasi gleich am Meer steht. Dort befindet sich auch die Cuidad Perdida, eine archäologische Stätte, die interessant sein soll. Man kommt dort aber nur zu Fuss hin, was ein Trek von mehreren Tagen bedeuten würde und die Zeit haben wir hier nicht mehr. Trotzdem, es tat gut, die grünen Hügel vor uns aufragen zu sehen.

Es gibt wieder Berge.

Die Strasse führte natürlich am Fusse der Bergen entlang, was für uns höchstens ein paar leichte Wellen bedeutete. Dort gab es auch wieder ganze Heerscharen von Mangobäumen und die beiden Früchte, die wir kauften, waren absolute Spitzenklasse. Wir erreichten die Gabelung Barranquilla/Santa Marta, wo wir feststellten, dass falsche Kilometerangaben auf der Karte ausnahmsweise zu uneren Gunsten sein können. Wir hatten 15-20 km weniger als erwartet vor uns. Ab jener Abzweigung war die Strasse ganz neu, zwei Spuren in jede Richtung und wie so oft waren die beiden Richtungen total getrennt. Und, das einzige, was uns wirklich interessierte, es gab wieder einen breiten Seitenstreifen. Einmal mehr pedalten wir ein Hügeli hinauf und was sahen wir da in der Entfernung? Das Meer! Wir hatten die Karibik erreicht! Juhuu, das musste gleich bildlich festgehalten werden! Tatsache war, dass da zwar das Meer zu sehen war, es wirkte aber eher grau und sah überhaupt nicht hübsch aus mit den vielen Frachtern und anderen komischen Schiffen und Schifflein, die da widerlich die Luft verpesteten. Da befand sich auch eine seltsame Plattform im Wasser, die vielleicht so etwas wie eine Tankerladestation sein könnte (???).

Erster Blick auf das karibische Meer.

Die letzten etwa 20 km bis nach Sta Marta waren nicht weiter speziell. Viele Ortschaften, stärkerer Verkehr und einige fette Beach Ressorts. Da wir planten, zwei oder drei Tage in der Stadt zu bleiben, suchten wir unsere Unterkunft mit etwas mehr Sorgfalt aus und fanden mit dem Hotel Titanic eine sympatische und günstige Bleibe. Wir waren am frühen Nachmittag angekommen, machten erst einmal Siesta und gingen gegen Abend noch an den Strand. Wir hatten uns geschworen, noch am Tag unserer Ankunft im Meer baden zu gehen. Was wir auch machten, unser erste Eindruck von Santa Marta und dem Stadtstrand war allerdings nicht gerade gut. Es war Sonntagabend und der Strand ist offensichtlich ein beliebtes Ausflugsziel für nicht sehr zivilisierte Einheimische. Das klingt jetzt hoffentlich nicht rassistisch aber die Mengen Abfall, die da herumlagen, rechtfertigen m.M. nach eine solche Aussage. Warum genau das Meer eher nach Kloake roch, war uns nicht ganz klar. Dass die Müllberge am Strand widerlich waren, fanden offensichlich auch andere. Ein junger Kolumbianer schien sich dafür zu schämen und entschuldigte sich bei uns (obwol der Abfall ja vermutlich nicht von ihm stammte).

Von Sta. Marta aus hatten wir eigentlich vorgehabt, den Parque Nacional Tairona zu besuchen. Als wir uns genauer darüber informierten, stellte sich jedoch heraus, dass so ein Ausflug ziemlich teuer werden würde und wir waren nicht bereit, so viel Geld auszugeben, nur um einen hübschen Strand zu sehen. Auch nervt uns diese Politik der Touristen-Abzockerei an gewissen Orten. Klar, anderorts (in Argentinien, Chile und Peru) hatten wir auch viel investiert um herausragende Landschaften zu sehen, teilweise (z.B. Torres del Paine) hatten wir die Preise im Nachhinein auch als zu hoch empfunden für das, was geboten wurde. So machten wir eben nur einen Halbtagesausflug nach Taganga, einem kleinen Fischerdorf nördlich von Sta. Marta.

Fischerbote in Taganga.

Das kleine Kaff wirkte auf den ersten Blick noch relativ ursprünglich, auf den zweiten Blick aber auch schon ziemlich touristisch. Der Fruchtsaft, den wir dort tranken war teuer und nur eine wässrige Brühe, die kaum nach etwas schmeckte. Typisch Touri-Ort. Wir machten einen etwa  10-minütigen Spaziergang zur Playa Grande, dem Dorfstrand. So schön wie angekündigt fanden wir den aber auch nicht, ein Restaurant nach dem anderen, die meisten davon jedoch geschlossen. So wanderten wir eben noch etwas weiter dem trocknen Hügel entlang zwischen Dornbüschen und Kakteen hindurch. Dort wuselten Unmengen von Eidechsen herum, die Männer leuchtend blau-gelb, die Frauen bescheiden braun aber bedeutend besser getarnt. Viel Aufregendes gab es jedoch nicht mehr zu entdecken. Ein paar winzige Strändlein mit einigen Hütten, wo offensichtlich Fischer wohnten, oder sich zumindest aufhielten.

Unser nördlichste Punkt in Südamerika.

Nach einer Mangoess-Pause gingen wir zurück zum Grossen Strand, wo wir eine Weile kleine Krebslein beobachteten, die dort in Löchern im Sand leben. Das Wasser war zwar auch nicht so bilderbuch-karibisch blau, der Strand war aber weitestgehend abfallfrei und das Wasser stank nicht. Dafür jagten einige Kids Krebse, die sie in aufgeschnittenen Petflaschen sammelten und dann in Sandgruben gegeneinander kämpfen liessen. In unseren Augen eine fiese Freizeitbeschäftigung, aber was soll man in einem Land erwarten, wo Hahnen- und Stierkämpfe normal sind?

Den Nachmittag verbrachten wir in Sta. Marta im Internet und auf der Suche nach leichteren Strandkleidern und einem Postbüro. Kolumbien ist postmässig extrem mühsam. Es gibt wenig Poststellen und niemand scheint zu wissen, wo diese sich befinden. Neben der staatlichen Post gibt es diverse privaten Post- und Kurierunternehmen, die jedoch sehr teuer sind. Auch varieren die Angaben, wie lange den eine Karte in die Schweiz benötigt, zwischen zwei und vier Wochen. Wie soll so je eine Karte auch nur annähernd genau an einem Geburtstag ankommen, wenn man keine Ahnung hat, wie lange sie für die Reise braucht und zur geschätzten Zeit dann keinen Briefkasten findet? Am Abend gingen wir wieder einmal ins Kino. Wenn man schon in der Karibik ist, ist ein Film über karibische Piraten schliesslich naheliegend.

Den letzten Tag in Sta. Marta verbrachten wir ähnlich. Da ich kein ärmelloses Top, dafür einen taubstummen Schneider fand, liess ich eines meiner T-Shirts ändern bzw. einfach die Ärmel abschneiden. Wenn es heiss ist, habe ich immer den Eindruck, dass auch kurze Ärmeli einen hohen Hitzestau verursachen und heiss genug ist es allemall. Wir gingen auch nochmals an den Strand um zumindest einige wenige Fotos der Stadt zu schiessen. Aber viel Interessantes gab es nicht zu sehen, am ehensten noch den Frachthafen. Immerhin war der Strand nicht mehr so zum Mülleimer degradiert wie am Sonntagabend und das Wasser roch auch wieder normal.

Frachthafen in Santa Marta.

Der Abschied von Sta. Marta viel uns nicht schwer. Unser erste Kontakt mit der Karibik war nicht gerade überwältigend gewesen und die Stadt, deren Strassen bei jedem Regen überschwemmt wurden und faulig stanken, hatte nicht sehr viel zu bieten. Aus der Stadt raus zu kommen, war nicht kompliziert, wir waren früh gestartet und es hatte noch nicht viel Verkehr. Etwa eine halbe Stunde später waren dafür die Vororte total verstopft und wir immer waren es vor allem Busse, die uns das Leben schwer machten. Später auf der neuen Autobahn mit Seitenstreifen fühlten wir uns wieder wohler.

Die Strasse von der Stadt Ciénaga nach Barranquilla führte dem Meer entlang, wobei die Aussenbezirke von Ciénaga extrem slumig wirkten. Jene Häuser waren nur wenige Centimeter über dem Wasserspiegel gebaut und zwischen Strasse und Siedlung befand sich ein flacher Tümpel mit so viel Müll, wie wir nun selten gesehen hatten. Naiv, wie wir offensichtlich noch immer sind, hielten wir an un machten ein paar Fotos, was eine Polizeistreife dazu veranlasste, ebenfalls zu stoppen und uns davor zu warnen, dort Pause zu machen, man würde sonst ausgeraubt. Gleichzeitig kam aber das Angebot uns zu begleiten, falls wir noch mehr föteln möchten. Da es aber nicht viel mehr zu sehen gab, fuhren wir weiter. Wir hatten schon kurz vor diesen Slums gestoppt und etwas gegessen und waren dort zum ersten Mal in Kolumbien und überhaupt das erste Mal seit sehr langer Zeit als Ausländer angefickt worden. Aber das war offensichtlich schon eine nicht empfehlenswerte Gegend gewesen und dass agressiv fordernde Bettler, die nichts erhalten, sauer werden, kann eben schon einmal sein.

Auch auf der anderen Seite der Strasse war Wasser, das eher nach Ciénaga als nach Meer aussah. Dort gab es recht baufällige Stege und ebenso baufällige Hütten, von denen wir auch nicht wussten, ob dort effektiv Leute leben, oder ob das so eine Art geschützte Anlegestelle für Fischer war.

Haus im Ciénaga.

Die Strecke durch jenes Feuchtgebiet war zu Beginn interessant, mit der Zeit aber eher eintönig. Die Strasse war schnurgerade ohne die kleinste Kurve, links und rechts Büsche, Bäume und Kakteen. Anlässlich einer Pause im Schatten eines Baumes meinte ich, dass unser Trinkwasser hoffentlich bis Barranquilla reichen würde und anschliessend liess ich prompt einen meiner Bidons stehen. Dummerweise bemerkte ich das erst über zehn Kilometer später. Wie's aussieht, hat mein Gehirn schon etwas unter der Hitze gelitten.

Kurz vor Barranquilla überquerten wir ein letztes Mal den Río Magdalena, der hier immens riesig war. Danach befanden wir uns für viele Kilometer in einer chaotischen Grossstadt, in der etliche Baustellen und unlogische Beschilderung die Navigation noch komplizierter machten. Ob wir die gewünschte Strasse je gefunden hatten, wissen wir bis heute nicht, die Karte war da auch nicht wirklich behilflich. Bis zur Ortschaft Puerto Colombia waren es dann auch nicht, wie uns vor Barranquilla gesagt wurde, etwa 16 km, sondern eher 35 km. An jenem Tag waren wir über 7.5 Stunden unterwegs gewesen und hatten um die 137 km zurückgelegt, unser absolute Rekord (Martinas Compüterli zeigte sogar 140 km an). Entsprechend platt waren wir am Abend und das Bad im Meer kam da gerade recht.

Letzte Überquerung des Giganten Magdalena.

Da es bis Cartagena nochmals über 100 km waren, hatten wir vor, bis kurz vor die Stadt zu fahren, dort eine Nacht zu bleiben und uns einen gemütlichen Nachmittag zu machen. Kurz vor Cartagena gab es jedoch nur teure Beach Ressorts und in der Ortschaft Boquilla, die uns empfohlenworden war, fanden wir auch nichts Günstiges. Da wir trotzt hügeliger Landschaft schon kurz nach Mittag vor Cartagena standen, entschieden wir uns, eben doch ins Zentrum zu fahren und dort ein nicht so teures Hostal zu suchen. Das stellte sich dann aber als nicht so einfach heraus. In kolonialen Gebäuden haben viele Zimmer keine Fenster, was für eine Nacht ok ist, aber nicht für über eine Woche. Dazu hätten wir gerne einigermassen gute Matratzen und bei diesen Temperaturen wäre ein eigenes Bad zum zwischendurch kurz duschen äusserst praktisch (ok, vielleicht sind wir inzwischen einfach verwöhnt).

Das Zimmer, für das wir uns (zumindest vorläufig) entschieden, ist teurer als alles, was wir seit Cusco bezahlt hatten. Die Casa Vienna in der Calle San Andrés können wir aber trotzdem empfehlen. Das Hostal ist hübsch, sauber mit gut ausgerüsteter Küche, Internet und gratis Kaffee den ganzen Tag. Auch werden dort Segelboote nach Panamá vermittelt, was natürlich äusserst praktisch ist. Praktisch ist auch, dass unser Badezimmer hier eine Tür hat und die Dusche nicht das ganze Badezimmer nass macht, da dort eine Schiebetür vorhanden ist. In letzter Zeit gab es das selten, da war immer alles offen. Dass die Klos und Duschen Wände zum Rest der Zimmer hatten, muss vermutlich schon fast als Luxus angesehen werden.

Unser erste nächtliche Spaziergang durch Cartagena war äusserst unterhaltsam. Auf einer Plaza fand eine Tanzvorführung statt, die uns absolut platt machte und nur schon vom Zuschauen zu Schweissausbrüchen führte. Krass, welche Verrenkungen diese Tänzer/innen machten und vor allem wie schnell sie sich bewegten. Speziell herzig war auch der kleine Junge, der dazuzugehören schien und immer mittanzte.

Nächtliche Tanzvorfürung in Cartagena.

Interessant ist für uns die Feststellung, dass wir hier trotzt extrem hohen Temperaturen oft sehr lange Tagesetappen geschafft haben. Seit Medellín haben wir fünf Mal über 100 km gemacht (gemäss Martina sechs Mal). Das ist klar ein Vorteil der flachen Regionen, andererseits ist platte Landschaft mit der Zeit auch nicht mehr so interessant. Die war hier zwar immer schön aber nicht spektakulär und nach einer Weile hat man genug grüne Wiesen, Büsche und Bäume gesehen. Auch überschwemmte Höfe und Hochwasser führende Flüsse haben irgendwann keinen Neuheitswert mehr. Kolumbien hat uns extrem gut gefallen, was Landschaft und Leute betrifft, aber es ist Zeit, etwas Neues zu sehen und wir hoffen, das in Mittelamerika bald auch zu finden.

Hier noch ein paar Überlegungen und Fragen zu Sonne und Sonnencremes. 

Erst mal: gibt es auf dem Markt ein Sonnenschutzmittel, das nicht zu erhöhter Schweissproduktion führt? Wir schwitzen auch so schon genug, dass muss nicht noch gefördert werden.

Zweitens: Woher stammt das Märchen, dass die Sonneneinstrahlung und daher die Sonnenbrandgefahr in den Bergen höher ist als in tiefen Lagen? Das ist eindeutig falsch. Bis Huaraz hatte ich mit Faktor 15 kein Problem, in Trujillo stellte ich auf Faktor 30 um und hier in der Karibik habe ich mir nach einem Sonnenbrand  (trotzt zweimaligem einschmieren) Creme mit Faktor 50 gekauft.

Drittens: Wieso kriegt man in der Hitze Pickel (vor allem aber nicht nur) im Gesicht? Die sind hässlich, tun weh und tauchten erstmals auf, als wir nach jenem Pass nach Medellín in so richtig heisse Gebiete vordrangen. Allerdings leidet hier nicht nur die Gesichtshaut, als wir in Santa Marta ankamen, war auch mein Hintern so voller roten und vereiterten Püggel, dass ich kaum noch wusste, wie auf dem Velosattel sitzen. An den Beinen verursacht die Sonne eine Art rote Ausschläge, die zwar meistens nicht weh tun, aber trotzdem seltsam sind. Ich habe sie vereinzelt, Martina flächendeckend. Sie meint, es sei Sonnenallergie. Sowas hatte ich noch nie und ich habe es nur an den Beinen, die nicht so viel Sonne abkriegen wie die Arme. Das erscheint mir etwas rätselhaft, mal sehen, ob der geplante Besuch eines Dermatologen hier Klärung bringt.